Teilnehmende Politiker der NMK 2021

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Es wird sich noch viel ändern müssen

Nationale Maritime Konferenz zwischen Aufbruch und Sorge

Im vorvergangenen Jahr war die 11. Nationale Maritime Konferenz (NMK) in Friedrichshafen eine gelungene Selbstdarstellung der maritimen Industrie im Süden unter dem Motto „Global-Smart-Green“. Ob der dort durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vorgestellte Nationale Masterplan Maritime Technologien zur Koordinierung und Stärkung der maritimen Branche Früchte trägt, konnten über 1200 Besucher auf der diesjährigen NMK in Rostock virtuell verfolgen.

Unter dem Motto „Wirtschaft braucht Meer“ kamen Politik, Wirtschaft und Fachpublikum am 10. und 11. Mai in Branchenforen zusammen. Virtuelle Konferenzen sind derzeit bedauerliche Normalität, das BMWi führte dies technisch souverän, dennoch fehlte spürbar die persönliche Begegnung und das Informelle. Niemand schlug vor, zukünftig dieses Format beizubehalten.

Der Druck auf die maritime Industrie ist noch weiter gewachsen. Die zukünftigen Herausforderungen sind riesengroß. Es geht um neue Technologien, um moderne Kraftstoffe und Klimaziele. Es geht um die chinesische Offensive, um nationale und europäische Fähigkeiten, um kluge Regulierung und richtige Rahmenbedingungen für die Wertschöpfung dieser Branche. Betroffen sind Schiffbau, Handel und Umschlag, Klimaschutz und die Digitalisierung.

Norbert Brackmann, maritimer Koordinator der Bundesregierung, bedankte sich in seiner Begrüßung bei allen maritimen Dienstleistern und Unternehmen, die es in der Coronapandemie vermochten, die Lieferketten aufrecht zu erhalten. Er betonte die Maßnahmen des Bundes, die mit einer Milliarde Euro zusätzlich für die maritime Wirtschaft und durch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds und das Schulden-Moratorium für die Kreuzfahrer die Auswirkungen der Pandemie mildern.
Lag es am fehlenden Publikum oder an der anregenden Seeluft am Kreuzfahrerterminal? Es wurden nämlich nicht nur nette Grußworte und Bekenntnisse von vielen Politikern und Branchenvertretern gesendet, in den Foren wurden deutliche Worte gesprochen. Auffälligstes Beispiel: Das aggressive Vorgehen Chinas wurde in nahezu allen Gesprächen ungeschönt als Bedrohung benannt, nur Schirmherrin Angela Merkel vermied es, das Wort „China“ auszusprechen.

Die Bundeskanzlerin betonte die Bedeutung der maritimen Branche, die durch die Pandemie in schwere See geraten sei. Sie forderte, nach vorne zu schauen und über die Krise hinaus zu denken: „nachhaltiger und digitaler, Nutzen der Potenziale“. Unerwartet kam ihre Aussage, die maritime Wirtschaft sei das Flaggschiff unserer Volkswirtschaft. Ein Zeichen dafür, dass die Zeiten der Seablindness sich dem Ende neigen? Nicht nur sie, auch Wirtschaftsminister Peter Altmeier, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, Verkehrsminister Andreas Scheuer und die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, betonten in ihren Ansprachen die Bedeutung der See für Deutschland. In den Branchenforen wurde deutlich herausgearbeitet, welch gewaltigen Innovationsbedarf wir in Deutschland haben. Für das marineforum von besonderem Interesse war das Forum „Maritime Sicherheit, Marine und Schlüsseltechnologien“. Vizeadmiral Kay-Achim Schönbach, neuer Inspekteur der Marine, nutzte die Runde, um seine Forderungen zu verdeutlichen und die maritimen Bedrohungen zu beschreiben. Er kritisierte Lieferzeiten und Verzögerungen im Marineschiffbau und der Instandsetzung mit klaren Worten. Die Vertreter der Werftindustrie und des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) bestätigten ihn grundsätzlich. Mit Blick auf das Vergaberecht sagt er, dass „man alles habe und es trotzdem hakt“. Die anderen Branchenforen befassten sich mit der gesamten Bandbreite des Maritimen, von Offshore-Windenergie, Nachhaltigkeit bis hin zu Arbeitsplätzen. In seinem Abschlussinterview mit Yared Dibaba äußerte sich Norbert Brackmann sehr zufrieden über das Gelingen der Konferenz. Der scheidende Koordinator bedauerte, dass die Gäste leider außen vor bleiben mussten, freute sich über das Wir-Gefühl in der Branche. Die Frage, ob er nun europäischer Koordinator werden wolle, verneinte er – nicht aber ohne eine verstärkte europäische Zusammenarbeit anzumahnen.

Anlässlich der Konferenz wurde als „Außentermin“ die größte Landstromanlage Europas gestartet. Den grünen Buzzer am Kreuzfahrtterminal drückte der Hafenkapitän Rostocks, Falk Zachau.

Text: Holger Schlüter; Foto: BMWi/Fritz

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