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Kommentar Unbemannte Systeme für die maritime Sicherheit Heinz Dieter Jopp t a v i r p : o t o F Es braucht kaum die Bestätigung aus dem Ukraine-Krieg, um die stetig wachsende Bedeutung unbemannter Unterwasser-, Überwasser- und luftgestützter Systeme für die maritime Sicherheit unter Beweis zu stellen. Aktuell werden Camcopter unter anderem von Dänemark, Island und Rumänien zur Seeraum- und Grenzüber- wachung, unterstützt durch die European Maritime Safety Agency (EMSA), eingesetzt. Die US Navy testet bei ihrer Großübung Rimpac 2022 eine Drohne vom Typ SeaGuardian mit elektronischen und Kommunikationssensoren. Die 5. und 7. US-Flotte proben in Übun- gen mit alliierten Partnern den Einsatz von unbemannten Systemen. Die Royal Air Force vermeldet erfolgreiche Versuche mit Drohnen zur Sättigung gegnerischer Luftabwehr und Israel den Einsatz von Quadcoptern unter Wasser. Derweil berichtet das marineforum im Juni 2022 von den bisher gescheiterten Versuchen der Deutschen Marine, unbemannte Luftfahrzeuge für den Einsatz auf den Korvetten zu beschaffen. Spätestens mit dem 2009 erschienenen Buch „Wired For War. The Robotics Revolution and Conflict in the 21st Century“ von P.W. Singer waren die oben beschriebenen Entwicklungen und Beschaffungen von unbemannten Systemen für Wissenschaft, Politik und Wirtschaft erkennbar. Überwachung der Tiefen zum Schutz von Unterwasser- kabeln, Meeresoberflächen zum Schutz vor großflächigen Verunreini- gungen, von Meeren allgemein zur Kontrolle von Schiffsbewegungen und der Bekämpfung von Piraterie, Schmuggel, Drogenhandel und illegaler Überfischung sind Beispiele, wo bereits heute unbemannte Systeme ihren Beitrag zur maritimen Sicherheit leisten. In Deutschland haben wir uns an Bilder vom Einsatz von Drohnen in Logistik und Landwirtschaft, bei der Verlegung von Öl- und Gasleitun- gen oder bei der Überwachung von Wäldern zur frühzeitigen Brandbe- kämpfung gewöhnt. Auch in die seit Jahrzehnten geforderte Räumung von auf See versenkter Munition kommt mit dem jüngsten Angebot von Thyssenkrupp Marine Systems Bewegung. Das Unternehmen schlägt den Einsatz autonomer Unterwasserplattformen zur Räumung der Munition vor. Und spätestens hier kommen wir an eine entschei- dende Schnittstelle politischer Diskussionen um den künftigen Einsatz autonomer (!) Plattformen auch für militärische Zwecke in Deutschland. Bewaffnete Drohnen zum Schutz deutscher Soldaten in Afghanis- tan waren Friedensbewegten und Ideologen in der sicherheitspoliti- schen Diskussion jedoch kaum vermittelbar. Deutschland diskutier- te lieber und wurde dann von den Ereignissen auf der Krim, bei der Migration, dem Klimawandel und nun der Energiekrise überrascht. Was bei der EMSA und Mitgliedsstaaten der EU machbar ist, sollte nicht mehr an den Ministerialbürokratien in Deutschland scheitern. Mit einem wachsenden Gebrauch militärischer Macht zur Durch- setzung eigener, zunehmend auch wirtschaftspolitischer Ziele und einer sich darüber noch herauszubildenden neuen Welt- und Si- cherheitsordnung, die die regelbasierte Ordnung ersetzen will, muss Europa sich mehr über seine gemeinsamen Interessen denn Werte definieren. Als erstes Ergebnis einer derartigen Analyse soll- te der Bedarf an ständiger Überwachung großer Land-, Luft- und Seeräume für unsere nationale und Bündnissicherheit konsequent realisiert werden. Für die maritime Sicherheit bedeutet dies unter anderem die schnelle Umsetzung eines regionalen, später euro- päischen und in Teilen globalen Lagebildes mit einem Verbund unbemannter Systeme, die eine permanente Lagebilderstellung rund um die Uhr sicherstellen könnten. Dies gilt für die hohe See, die Küstengewässer und die Häfen. Eine tragfähige Lösung für die EU-Mitgliedsstaaten in der Ostsee könnte bei politischem Willen schnell umgesetzt werden, da Vorarbeiten durch die EMSA bereits geleistet wurden. Die Deutsche Marine könnte eine Leitfunktion für die Ostseeanrainer übernehmen, wenn sie von den nationalen po- litischen Fesseln befreit wird. Eine bisher kaum diskutierte Rolle ist Deutschlands Aufgabe in der NATO als logistische Drehscheibe zur Anlandung von Nachschub- kräften aus den USA und deren Weitertransport zu den östlichen Bündnispartnern. Können wir unsere Häfen vor möglichen Luft-, Ra- keten- und Unterwasserangriffen auch in Krisensituationen erfolg- versprechend schützen? Gibt es abgestimmte Verfahren zwischen örtlichen, Landes- und Bundesbehörden und vor allem geeignete Wirkmittel? Gilt der Schutz vor militärischen Angriffen auf die Bevöl- kerung flächendeckend oder nur punktuell? Eigentlich sind diese Fragestellungen nicht neu. Bei Landes- und Bundesbehörden, bei den Blauen Diensten, bei der Wirtschaft und bei den Militärs gibt es genügend Erfahrungsträger, die einfach han- deln wollen, statt weiter zu debattieren. Maritim könnten wir in der Ostsee ein erstes, glaubwürdiges Zeichen für eine deutsche Füh- rungsrolle setzen. Just do it! ≈ Kapitän zur See a.D. Heinz Dieter Jopp ist Autor zahlreicher sicherheitspolitischer Bücher und Artikel. 9 – 2022 marineforum 3

Kommentar 3 Unbemannte Systeme für die maritime Sicherheit Heinz Dieter Jopp Streitkräfte 6 Operationelle Vielfalt und Professionalität Hans-Uwe Mergener 14 Zukunftsweisende Lösungen Marc Steffens, Axel Wriedt und Andreas Jedlicka 22 Besser ohne Container Jörg Dustmann 27 Erster deutscher RBS-15-Schuss gegen Landziel Nils Stockfisch 36 Langjähriges Bauvorhaben Stefan Ulsamer Sicherheitspolitik 26 Milliarden für die Marine 28 Zukunftsmusik und Gegenwartsbezug an der Förde 39 Gedanken zur russischen Marinedoktrin Hans-Uwe Mergener und Holger Schlüter Sebastian Bruns Karsten Schneider 6 Die Einsatzflottille 1 bietet ein besonders großes Fähigkeitsportfolio. Dazu gehören auch die Minentaucher. t l a h n I 4 marineforum 9 – 2022 t r e n e i B a e r d n A / w B : t o o F

Technik 18 Gemeinsam getaucht Joint Statement 20 SACHSEN voller Energie Axel Stephenson 30 Nur Schiffe im Kopf Holger Schlüter 33 „Ihr könnt Euch auf mich verlassen!“ Holger Schlüter 30 Bei Tamsen Maritim in Rostock arbeiten 130 Menschen mit Leiden- schaft an Schiffen. Ein Blick hinter die Kulissen. Titelbild: Seit wenigen Wochen gehört die Warnemünder MV Werft dem Bund. Sie wird nun zum dritten Marinear- senal umfunktioniert. Foto: Bw/MFG 5 n e s f e l h t e D r a n n u G / K S P I : o t o F 28 Erstmals seit 2019 kamen Experten wieder zum Kiel International Seapower Symposium zusammen. Sie blickten weit in die Zukunft. Rubriken 40 Marinen aus aller Welt 44 Deutsche Marine 46 Schifffahrt, Schiffbau, Technologie 50 Impressum 36 Koreas Marine setzt im Schiffbau auf nationale Entwicklungen. Für die Werftindustrie des Landes könnten sich neue Chancen ergeben. 9 – 2022 marineforum 5 c s h : o t o F s e i r t s u d n I y v a e H i a d n u y H : k i f a r G

Operationelle Vielfalt und Professionalität Hans-Uwe Mergener Die von Kanzler Olaf Scholz ausgerufene Zeitenwende bringt nicht nur viel Geld, sondern auch eine Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung mit sich. Herr Admiral, wo steht die Einsatzflottille 1 heute? Mit der Zäsur des russischen An- griffskriegs gegen die Ukraine wurde sicherheitspolitisch eine Zeitenwende eingeläutet, welche unsere Streitkräfte vor neue Her- ausforderungen stellt. Eine unab- dingbare Konzentration auf den Kernauftrag ist die Konsequenz und fordert gewissermaßen die Rückbesinnung auf den Kern- auftrag der Landes- und Bündnisverteidigung. Hierbei fällt der Einsatzflottille 1 mit ihrem Operationsschwerpunkt Nordflanke und Ostsee eine wichtige Bedeutung zu. Diesen Einsatzraum mit militärischen Mitteln zu kontrollieren, ei- nem Gegner den Einsatz zu verwehren und hiermit seine Ent- faltung in den Raum zu unterbinden, ist essentieller Auftrag und Verpflichtung der Ausrichtung meiner Flottille. Um die Nordflanke und die Ostsee als Transport- und Handels- weg im Sinne freier Seewege und des freien Handels mit Blick auf die Stabilität unseres Wohlstands und unserer Versorgung w B : o t o F 6 marineforum 9 – 2022 Welche Konsequenzen hat das für die Einsatzflottille 1? Ein Interview mit ihrem Kommandeur, Flottillenadmiral Henning Faltin. zu schützen, bedarf es eines soliden Abschreckungspo- tenzials. Der Operationsraum Nord- flanke und Ostsee mit seiner langen und zerklüfteten Küs- tenlinie ist eine Herausforde- rung, welche sehr hohe An- sprüche an die Fähigkeit vom Ansatz und Einsatz von Seestreitkräften stellt. Daher ist gerade hier eine operationelle Vielfalt und Professio- nalität gefordert, welche die Einsatzflottille 1 mit ihrem großen Fähigkeitsportfolio begründet. Wie immer ist mit Blick auf unsere Fähigkeiten nie alles gut aber eben auch nicht alles schlecht. Gut ist, dass der auf Breite aus- gelegte Fähigkeitserhalt über die zurückliegenden Jahrzehnte trotz einer quantitativen Verkleinerung der Flotte erhalten wer- den konnte. Mit den U-Booten der Klasse 212 und den Korvet- ten 130 verfügen wir darüber hinaus über moderne und beein- druckende Waffensysteme. Die Erneuerung der Plattformen im Bereich der Unterstützungseinheiten, der Minenjagdeinheiten und der Flottendienstboote ist eingeleitet. Mit Zulauf dieser Ein- heiten gilt es dann, diese Fähigkeiten miteinander zu operatio- nalisieren und auf den bereits bestehenden Fertigkeiten aufzu- bauen. In Ergänzung sind das Seebataillon und das Kommando Spezialkräfte der Marine hierzu kompatibel auszugestalten, um die Fähigkeiten an der Schnittstelle von See und Land hochwir- kungsvoll zum Einsatz zu bringen. Die Befähigung zur Operation in engen und flachen Küstenge- wässern ist immer in Zusammenarbeit und engem Schulter- schluss mit den verbündeten Anrainerstaaten zu betrachten und kann als durchaus solide bezeichnet werden. Angesichts des Kriegs in der Ukraine: Wie ist Ihre Lage- beurteilung in Bezug auf die Verfügbarkeit und die Mög- lichkeiten der Einheiten Ihrer Einsatzflottille? Die Vielfalt der Verbände, Waffensysteme und die Bedeutung der facettenreichen Fähigkeiten der Einheiten meiner Flottille für das Operationsgebiet Ostsee und Nordflanke habe ich be- reits angesprochen. Nahezu verzugslos waren wir mit Beginn des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine in der Lage, unter dem Operationsnamen Baltic Guard eine große Zahl an Einheiten der Deutschen Marine und der Einsatzflottille 1 in der Ostsee operieren zu lassen und damit auch einen wesentlichen Beitrag zum Lagebild der NATO zu leisten. Durch die beträcht- Flottillenadmiral Henning Faltin

w B : o t o F Stabsgebäude der Einsatzﬂottille 1 in Kiel liche Anzahl von unterschiedlichen Einheiten, welche durch ih- re Präsenz und gemeinsamen Übungen mit unseren Partnern in der östlichen Ostsee Wachsamkeit und Verteidigungsbereit- schaft demonstrieren und dort auch Hafenbesuche durchfüh- ren konnten, haben wir gezeigt, dass auf uns Verlass ist – ein Signal, das insbesondere unsere Verbündeten in den baltischen Staaten und in Schweden und Finnland erreichte, aber auch da- rüber hinaus Wirkung erzielte. Auch wenn wir in dieser konkreten Situation unsere Reaktions- fähigkeit unter Beweis stellen konnten, ist das Ringen um die Verbesserung der Verfügbarkeit ein Thema, welches mich tag- täglich beschäftigt. Während sich die Männer und Frauen in der Flotte im wahrsten Sinne des Wortes ein Bein ausreißen und mit Flexibilität, Kreativität und vor allem unbedingtem Einsatzwillen unsere Aufträge erfüllen, sind wir in Bezug auf die uns immer wieder einschränkenden Rahmenbedingungen noch am Anfang der Zeitenwende. Da sind Instandsetzungen, die regelmäßig den geplanten Zeitrahmen sprengen. In der Beschaffung bremsen langwierige Vergabe- und gegebenenfalls die anhängigen Rü- Tender DONAU kehrt zurück von einem NATO-Einsatz geverfahren. Kapazitätsengpässe im Bereich der Beschaffung und Instandsetzung sowie die mangelnde Verfügbarkeit von Ersatzteilen führen zu einem materiellen Klarstand, mit dem ich nicht zufrieden bin. Die bereits im Vorfeld der aktuellen Krise eingeleitete Rückbe- sinnung auf die Landes- und Bündnisverteidigung bekommt angesichts der aktuellen Sicherheitslage zusätzliches Gewicht. In einer gemeinsamen Anstrengung sollte es allen eingebunde- nen Stellen möglichst zügig gelingen, identifizierte systemische Probleme in den Griff zu bekommen, um die Verfügbarkeit der Bestandsflotte zu steigern. Daran anknüpfend: Wie sehen Sie die Konsequenzen dieser Krise für die Weiterentwicklung in Bezug von Aus- bildung, Operationsführung und Ausrüstung innerhalb der Flottille? Für die Weiterentwicklung unserer Fähigkeiten und Systeme, aber auch unserer Professionalität und der Ausbildung, setze ich die Stei- gerung der Durchsetzungsfähigkeit im Gefecht – das „Siegen kön- nen“ – als Schwerpunkt. Dies ist die Ultima Ratio von Streitkräften allgemein und auch die der – zur Verteidigung Deutschlands gemäß Verfassung aufgestellten – Bundeswehr. Nur so können wir der ge- stiegenen Relevanz der Landes- und Bündnisverteidigung und un- serer besonderen Rolle in der Ostsee gerecht werden. Im eigenen Verantwortungsfeld arbeiten wir kontinuierlich daran, die Bereiche Material, Personal und Ausbildung zu optimieren, um auch das letzte Quäntchen eigenen Gestaltungsspielraums mit der Zielsetzung der Bereitstellung kampfbereiter Einheiten auszuschöpfen. Maßstab hierbei ist das hochintensive Gefecht, wobei die Überlegungen zur Weiterentwicklung von Fähigkeiten, Doktrinen, Taktiken sowie Einsatzgrundsätzen und -verfahren auf einer Analyse der in einem Worst Case möglichen Bedro- hung beruhen müssen. Trotz der bereits angeklungenen, aktuell widrigen Rahmenbe- dingungen im Bereich Material und einer absehbar weiterhin herausfordernderen Personallage bin ich optimistisch, dass die k c a B e v e t S / w B : o t o F 9 – 2022 marineforum 7

operieren verstehen. Hierzu ist es notwen- dig, ein gemeinsames Lagebild zu erhalten, um mittels Informations- auch unverzügli- che Wirkungsüberlegenheit zu schaffen. Dies umfasst die Nutzung eines auch ge- genüber Cyberangriffen robusten Sensor- netzwerks und solider Satellitenüberwa- chung für extrem kurze Reaktionszeiten und schnelle Schwerpunktbildung an- hand eines gemeinsamen Echtzeitlage- bilds. Schneller, sicherer und entschlos- sener gemeinsam zu handeln wird hierbei von entscheidender Bedeutung sein. Nur so können wir als verlässlicher Partner im Herzen von Europa auch im Ostseeraum unserer Verpflichtung als Anlehnungs- macht gerecht werden. w B : o t o F : o t o F Die Einsatzflottille 1 mit den ihr unterstellten Einheiten für den Unterwasserseekrieg hat sich in der Vergangenheit stets auf die Auftragserfüllung in den Randmeeren Ostsee und Nordsee fokussiert und hier insbesondere in den Bereichen Anti-Sub- marine Warfare, Anti-Surface Warfare und Mine Warfare Kom- petenzen aufgebaut. Durch die Krise wurde diese Fokussierung seitens unserer NATO-Partner noch einmal eindeutig bestätigt. Die Deutsche Marine wird, und das nicht nur im Bereich des Unterwasser- seekriegs, vor allem im Bereich der Ostsee und der Ostseezu- gänge als key enabler für viele operationelle Forderungen der NATO gesehen. Wir stellen für die Seekriegführung wichtiges regionales Know-how und übernehmen Koordinationsaufgaben auch für die Zusammenarbeit mit nicht NATO-Staaten. Es gilt hier, auch nach der Krise den Fokus zu halten und den neuen Sicherheitsaspekten in der Region gerecht zu werden. Wird sich die aktuelle Situation auch auf die Zusammen- arbeit zwischen den Ostsee-Marinen auswirken? Die Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten und Partner- marinen in der Ostsee war bereits in der Vergangenheit sehr gut und vertrauensvoll ausgeprägt. Auf dieses gegenseitige Verständnis ließ sich in der aktuellen Situation schnell an- knüpfen und nahezu verzugslos eine Steigerung der gemein- samen Aktivitäten im Rahmen von Präsenzoperationen und Übungen erreichen. Marinestützpunkt Hohe Düne – die Tender sind inzwischen in Kiel beheimatet aktuelle Situation Kräfte freisetzen und Veränderungen möglich machen wird. Krisen waren immer auch Katalysator für Weiter- entwicklung. Stärken und Schwächen treten offen zutage und es entsteht dadurch eine unmittelbare Handlungsdynamik. Eine große Herausforderung in der Vergangenheit war stets der Faktor Zeit, womit sich der Kreis zur Ausrüstung und techni- schen Verfügbarkeit schließt. Verlängerte Werftliegezeiten bedin- gen stets verkürzte Ausbildungszeiten in See. Mit Landes- und Bündnisverteidigung als Anspruch und Maßstab können wir uns aber eine verkürzte Ausbildungszeit nicht erlauben. Welche Auswirkungen wird die Krise in Ihrer Bewertung auf die Seekriegführung, insbesondere in den Randmee- ren haben? Die Ostsee ist vermutlich der maritim anspruchsvollste Operati- onsraum der Deutschen Marine. Das fordert Kräfte, die vielsei- tige Fähigkeiten aufweisen und mit Entschlossenheit agieren. Dabei ist nicht alles wie früher, aber auch nicht alles anders als früher. War es im Kalten Krieg die Aufgabe, den gegnerischen Ausbruch aus der Ostsee zu verhindern, so ist es heute wich- tig, die Nutzung des Operationsraums für uns gegenüber geg- nerischem Einfluss zu erhalten. Die Sicherung und Verstärkung unserer baltischen Verbündeten und auch die Unterstützung unserer Verbündeten an der Nord- flanke mit unseren Partner- und Anrainernationen ist hierbei von unabdingbarer Bedeutung. Dieser Operationsraum ist für unsere Nutzung offen zu halten; die Handels- und Versorgungswege mit Energie, Rohstoffen und Informationen bedür- fen einer glaubwürdigen Sicherung und Abschreckung. Hierbei ist die Ostsee ein enges und anspruchsvolles Ope- rationsgebiet, in dem nur besteht, wer professionell und entschlossen zu ope- rieren versteht. Dies bedarf der Fähig- keit zu eingeübtem, aufeinander abge- stimmtem Handeln der verschiedenen Waffensysteme im Verbandsrahmen, national wie international. Auch wenn die Zahl der befreundeten Staaten an der Ostsee seit dem Ende des Kalten Kriegs zugenommen hat, ist die Operationsfreiheit damit nicht größer und einfacher geworden und nur dann gegeben, wenn wir miteinander zu ko- d m h c S e n a J / o F w B : o t t i 8 marineforum 9 – 2022 3. Minensuchgeschwader in Kiel

Mir kommt es jetzt darauf an, die Rolle der Einsatzflottille 1 als Kompetenzträger im Bereich Ostsee und Nordflanke noch wei- ter auszubauen und die Integration und Kooperation zu stärken. Neben der Vertiefung der bilateralen Zusammenarbeit unserer Verbände mit den Marinen unserer alliierten Partner und gerade auch der Ostseeanrainer werden wir mit unseren Fähigkeiten einen wesentlichen Beitrag leisten, um die übergeordnete Ziel- setzung des Inspekteurs der Marine zu erfüllen, im Ostseeraum eine führende Rolle als Anlehnungsnation und als Regional Ma- ritime Domain Advisor für die NATO wahrzunehmen. Die Entscheidungen des Bundestags vor der Sommer- pause 2021 ermöglichen der Einsatzflottille 1 eine klei- ne „Runderneuerung“. Flottendienstboote, Modernisie- rung der Minenjagdboote, U 212CD – wie sehen Sie die Zukunft? Gibt es hier Aspekte für eine organisatorische Veränderung in der Ausbildung? Nach einer langen Phase mit verminderter Verfügbarkeit unserer immer älter werdenden Einheiten sehen wir nun in der Tat Licht am Horizont. Der Zulauf vieler neuer und moderner Einheiten in den nächsten Jahren wird zum einen den Dienst an Bord attrak- tiver machen, darüber hinaus aber vor allem auch wieder mehr operationelle Verfügbarkeit der Einheiten erzeugen. Allerdings gibt es auch weiterhin Handlungsfelder; beispielsweise wegen der weiterhin noch dünnen Personaldecke. Die Pandemie der letzten zwei Jahre hat hier zusätzlich ihre Spuren hinterlassen, da die Nachwuchsgewinnung zeitweilig fast zum Erliegen kam. So wird das Zulaufen dieser neuen Einheiten, das Ausbilden der Besatzungen auf diesen neuen Einheiten und das Etablieren der Ausbildungssystematik für diese Waffensysteme sicherlich ein Kraftakt werden – und das Ganze in einer Welt, die sich mit und nach dieser Krise neu sortiert. Insgesamt aber werden diese Ein- heiten die Schlagkraft der Marine deutlich erhöhen und damit auch der neuen Sicherheitslage gerecht werden. Aus meiner Sicht bedarf es keiner grundlegenden Veränderung der Ausbildungsstruktur. Eine Diversifizierung und Erneuerung von Einheiten bedingt aber stets eine Prüfung von etablierten Verfahren und einer gegebenenfalls notwendigen Anpassung. Dabei gilt es, eine gesunde Mischung zu erzielen zwischen der Nutzung von etabliertem Fachwissen und etablierten Verfahren und dem Zeigen von Flexibilität und Mut, um neue Einsatzgrund- sätze, Verfahren und Taktiken zu erproben und zu antizipieren. Diesen Spagat gilt es zu meistern, da kann ich mich aber auf die Fähigkeiten meiner Männer und Frauen in der Einsatzflottille 1 absolut verlassen. Wir haben in den letzten Jahren im Rahmen von diversen Standardisierungsmaßnahmen Wissen und prak- tische Erfahrungen konserviert, auf die man sowohl in der Ein- satzausbildung als auch in der Weiterentwicklung zurückgreifen kann. Seit diesem Jahr werden zusätzlich alle Einsatzausbilder an den Ausbildungseinrichtungen der Deutschen Marine spe- ziell geschult, um sich ihrer Rolle und Prägungsverantwortung in der Einsatzausbildung noch bewusster zu werden. Aber auch die regelmäßige Überprüfung von Werdegangsmo- dellen für die Bordbesatzungen ist Pflicht, um die richtige Frau und den richtigen Mann zur richtigen Zeit mit der besten Ausbil- dung an Bord und in den Einsatzkompanien verfügbar zu haben. Im Haushaltsentwurf vom 16. März ist nun auch der Naval Strike Missile „entschieden“ worden. Wie sehen Sie seine Integration im Hinblick auf Einsatzführung und, Ausbildung? F126. Unser gemeinsames Ziel.

e k c n ö r K l e c r a M w B / : o t o F Korvette ERFURT serungen der Einsatzfähigkeit zu erzielen, liegt die Priorität der Marine auf der Bestandsflotte, und dies erfordert eben auch eine deutliche Verbesserung bei Ersatzteilen und Munition. Gleichzeitig steht dies nicht der längerfristigen und zwingend erforderlichen Zielsetzung entgegen, die Flotte zu erneuern und deren Umfang auf den Stand der gegenüber der NATO einge- gangenen Verpflichtungen anzuheben. Ich stimme den Ausführungen des Inspekteurs der Marine voll- ends zu. Wir müssen das angehen. Gesetzt den Fall, die zusätzlichen Korvetten und U-Boo- te kommen: Kann die Marine die zusätzlichen Einheiten absorbieren? Dazu, und ich bitte um Verständnis, kann ich im Augenblick kei- ne detaillierte Beantwortung abgeben. Noch ein Wort zu den Einsatzbooten für das Seebataillon und die Kampfschwimmer? Das Projekt Taktische Beweglichkeit maritimer Einsatzkräfte auf dem Wasser – kurz: Mehrzweckkampfboot – begleitet uns e k c n ö r K l e c r a M w B / : o t o F Der Naval Strike Missile (NSM) ist als Effektor für die Einsatz- flottille 2 auf F 124, 125 und 126 vorgesehen. Hinsichtlich seiner Einsatzparameter entspricht dieser Effektor einem modernen System, welches das Fähigkeitsportfolio der Einsatzflottille 2 und der Deutschen Marine erweitern wird. Der Lenkflugkörper wird über eine größere Einsatzreichweite als die bestehenden Harpoon verfügen und sowohl gegen Ziele auf See wie auch an Land einsetzbar sein. Sicherlich ist mit der Ein- führung eines weiteren Lenkflugkörpers (LFK) zu den bereits be- stehenden LFK-Systemen der Deutschen Marine eine Erweiterung der Ausbildung und der logistischen Kette notwendig. Aber dieser LFK erweitert eben auch die Fähigkeit als präzise Abstandswaf- fe gegenüber Seezielen und Zielen an Land und kann aufgrund seines Suchverfahrens die bestehenden Effektoren ergänzen. Als Operateur bin ich daher davon überzeugt, dass der ope- rationelle Nutzen überwiegt und die Integration gelingen wird. Hierbei sind auch der gemeinsame und koordinierte Einsatz der verschiedenen Effektoren zu beüben und deren Vorteile zu operationalisieren. Kommen wir zu Ihren Erwartungen an das Sonderver- mögen zur Stärkung der Bundeswehr. Der Inspekteur der Marine sieht neben schwimmendem und fliegendem Gerät Prioritäten bei Munition und Ersatzteilen. Könnten Sie dies für die Leser weiter erläutern? Die durch den Inspekteur der Marine vorgegebenen Prioritäten bezüglich Munition und Ersatzteilen ergeben sich aus der lan- gen Phase der sogenannten Friedensdividende, in der in diese Bereiche nur unzureichend investiert wurde. Bedarfsbegrün- dend war das internationale Krisenmanagement mit Einsätzen mittlerer und niedriger Intensität, wie zum Beispiel die EU-Ope- ration Sophia. Der Inspekteur der Marine hat der Verteidigungsministerin ge- sagt, dass es für ihn sieben Prioritäten gibt, die da sind: „Muni- tion, Munition, Munition, Ersatzteile, Ersatzteile, Ersatzteile und Kommunikationsmittel“. Die aufgestellten Forderungen und Prioritäten sind aber kein „Wünsch-dir-was“-Konzert. Um schnell substanzielle Verbes- Auslaufen eines U-Boots der Klasse 212A 10 marineforum 9 – 2022

schon seit einigen Jahren. Die Notwendigkeit, diese Fähigkeits- lücke zu schließen, wurde erkannt und befindet sich auf dem Weg zur Umsetzung. Mit dem kleinen Kampfboot wird die Möglichkeit eröffnet, Kräfte in Küstenmeeren und auf hoher See bei Tag und Nacht unter den jeweiligen einsatzbedingten geografischen und klimatischen Be- dingungen operativ zu verbringen und ihre taktische Beweglichkeit im Operationsgebiet zu gewährleisten. Das erhöht die Einsatzfä- higkeit erheblich, sodass der Kernauftrag im maritimen Umfeld im Rahmen verschiedener Operationen gewährleistet werden kann. Durch die Zusage des Sondervermögens durch die Bundesre- gierung hat dieses Projekt weiter Fahrt aufgenommen, es wird durch die Verbände Kommando Spezialkräfte Marine (KSM) und Seebataillon aber auch bereits dringend erwartet. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat im Rahmen eines In- terviews am 4. April 2022 bezugnehmend auf dieses Projekt klar dargestellt, dass eine marktverfügbare Lösung gekauft werden soll. Diese Entscheidung hat uns erfreut, da bei unseren dafür infra- ge kommenden Partnernationen viele Erfahrungen und Kennt- nisse im Bereich Mehrzweckkampfboote vorhanden sind und sich mit einer Beschaffung für KSM und Seebataillon Synergie- effekte für Einsatz, Ausbildung und Betrieb ergäben. Ein weiterer Vorteil einer marktverfügbaren Lösung ist, dass die Boote dann schneller verfügbar sind. Vielleicht zu früh, doch im Sinne eines Centers of Excellence nach vorne gedacht, folgende Fragen: Gibt es erste Erfahrun- gen zum Einsatz des Sea Falcon, über die es sich zu berich- ten lohnt? Wie wird der zukünftige Wirkverband aussehen? Der Sea Falcon befindet sich derzeit noch in der Einsatzprüfung und soll kurzfristig das Fähigkeitsspektrum der Korvette 130 er- weitern. Für den Schutz der eigenen Küstengewässer und der internationalen Seeverbindungslinien sowie für die Fähigkeit zur Kontrolle von Seeräumen aufgrund der maritimen Abhängigkeit Deutschlands und für Einsätze im Bündnisrahmen ist der Sea Fal- con unerlässlich geworden. In diesem Aufgabenspektrum nimmt die Aufklärung durch unbe- mannte Systeme eine herausgehobene Bedeutung ein und gehört daher zu den Kernfähigkeiten der Maritime Domain Awareness in- nerhalb der Zukunftsentwicklung in der Dimension See. Der Sensor Sea Falcon dient auf der Korvette 130 der Überwasser-Überwa- chung, der Aufklärung im Einsatzgebiet und bildet einen Beitrag in der Überwasserseekriegführung im Mittel- und Weitbereich. Dabei kann er deutlich über den Radarhorizont und die optische Sichtweite der K 130 hinaus zu jeder Tageszeit sowie wetterunab- hängig operieren und erweitert hier deutlich das Operationsgebiet der Korvette und des Verbands. Zusätzlich kann der Sea Falcon auch Beiträge für Landoperationen leisten. Alle gewonnenen Infor- mationen können in einem Lagebild auf den zur vernetzten Opera- tionsführung befähigten Korvetten im Joint-/Combined-Verbund ausgetauscht werden. Im Endeffekt können diese Daten anforderungsgerecht den End- nutzern der Allianz bereitgestellt werden, um mit weiteren Mitteln aus der Distanz heraus wirken zu können. Mit den Beiträgen, die der Sea Falcon liefert, verbessern sich die Domänen Auf- klärung, Wirkung und Unterstützung erheblich. Der Sea Falcon kann sozusagen als fliegendes Auge einer Korvette oder eines Verbands betrachtet werden und wird in einem Wirkverband MPV 120 Military RHIBs PERFORMANCE AT SEA Ships | Boats | Service www.fassmer.de FCC 17 Alligator

t r e n e i B a e r d n A / w B : o t o F Minentaucher sind befähigt, Altlasten aus den Weltkriegen zu beseitigen Aufsichtsrat aus Vertretern aller teilnehmenden Nationen, halbjährlich zur Genehmigung vorge- legt. Die inhaltliche Ausgestaltung ist aber natür- lich ergebnisoffen. Wie gestaltet sich die Arbeit des COE CSW konkret im Rahmen der NATO? Das COE CSW unterstützt in erster Priorität alle Bereiche der Transformation in der NATO. Das ist als Vorgabe für alle COEs so festgeschrieben. Beispielsweise arbeiten wir intensiv mit in zahlrei- chen Arbeitsgruppen der NATO, beispielsweise der Working Group for Maritime Operations und deren Untergruppierungen, oder im Bereich der NATO Naval Armament Group. Regelmäßig unter- stützen wir NATO-Übungen durch die Gestaltung, Planung, Durchführung und Evaluierung bestimm- ter Übungsanteile. Daneben gehören aber auch strategisch ausgerichtete Projekte zum Portfolio – zum Beispiel unser jährlicher Maritime Security Round Table im Rahmen der Münchner Sicherheitskonferenz. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen NATO-akkreditierten COEs? Es gibt zurzeit fünf COEs, die einen direkten maritimen Bezug ha- ben. Neben dem COE CSW sind das das Combined Joint Opera- tions from the Sea (CJOS) COE in Norfolk, das Naval Mine War- fare (NMW) COE im belgischen Ostende, das Maritime Security (Marsec) COE in Istanbul sowie das Maritime Geospatial, Mete- orological & Oceanographic (MGEOMEOTOC) COE in Lissabon. Die Zusammenarbeit mit diesen maritimen COEs ist intensiv und erstreckt sich auf viele Aspekte unserer Arbeit. Aber auch mit nicht maritimen Kompetenzzentren, wie zum Beispiel mit dem Joint Air Power Competence Centre (JAPCC), dem Improvised Explosive Devices (C-IED) COE oder dem in Ingolstadt behei- mateten COE für Military Engineering findet ein reger sach- und anlassbezogener Austausch statt. Wo liegen die aktuellen Arbeitsschwerpunkte im COE CSW? All unsere Projekte und Aktivitäten verbindet, dass wir mit ihnen Zukunftsfelder besetzen. Unter anderem betrifft das unsere Initiati- ve zur Entwicklung einer NATO-inhärenten Fähigkeit zu Live Virtual Constructive Training (LVC-T), die Entwicklung der softwareunter- stützten Fähigkeit zum Wargaming, die Untersuchung der vielfäl- tigen Möglichkeiten des Drohneneinsatzes in Randmeergebieten, den Bereich Electromagnetic Operations, die Nutzung von Satelli- tendaten für die Lagebilderstellung sowie Harbour and Force Pro- tection auch zusammen mit Aspekten von Counter-Improvised Ex- plosive Devices (C-IED) im maritimen Umfeld. Trotz verschiedenster Themen haben unsere Projekte und Aktivitäten aber immer eines gemeinsam: Sie richten sich nach den aktuellen Bedarfen der NA- TO und liegen eng am „maritimen Puls der Zeit“. ≈ Herr Admiral, vielen Dank. der Zukunft eine sehr wichtige Rolle für die Informationsüber- legenheit und somit für die Wirkungsüberlegenheit einnehmen. Mit der Einführung dieses Systems beschreitet die Deutsche Marine einen Schritt zu unbemannten Systemen in der Über- wasserseekriegführung. Gerade mit Blick auf das Operations- feld Ostsee und die vorhandenen Wirkmittel lässt mich dieser Schritt zuversichtlich in die Zukunft blicken. Gibt es Berichtenswertes zu IDAS? Die Finanzierung IDAS ist im Februar 2022 um ein weiteres Jahr geschoben worden, womit ein Zulauf der ersten Systeme an Bord erst gegen Ende des Jahrzehnts geplant ist. Sie sind auch Director des NATO Centre of Excellence for Operations in Confined and Shallow Waters mit Sitz in Kiel, kurz COE CSW. Welche Rolle spielt dieses Kom- petenzzentrum? Die Gründungsidee für die Aufstellung des COE CSW aus dem Jahr 2007 hat weiterhin Gültigkeit: Das Einbringen unserer Kenntnisse in das Warfare Development der NATO. Damals wie heute unterstützen wir die NATO mit unserer Kompetenz im Bereich der maritimen Operationen in küstennahen Gewässern. Dies tun wir mit Deutschland als Framework Nation und mit der personellen und finanziellen Unterstützung von Dänemark, Est- land, Griechenland, Italien, Litauen, den Niederlanden, Polen, der Türkei sowie den USA. Dies tun wir aber auch im Konzert mit anderen COEs, anderen NATO-Dienststellen und in Zusam- menarbeit mit Wissenschaft und Industrie. Sind Sie bei der Wahl ihrer Projekte und Aktivitäten völ- lig frei? Die Nationen gewähren uns im Rahmen des unserer Orga- nisation zugrundeliegenden Memorandum of Understanding vergleichsweise hohe Freiheitsgrade bei der Wahl unserer Ar- beitspakete und möglicher Projektpartner. Finanzen und Arbeits- programm werden unserem Steering Committee, quasi einem 12 marineforum 9 – 2022

Marketing-Report: Saab Deutschland GmbH R Ü S T U N G & T EC H N O LO G I E  Saab – Der erfahrene Combat System Integrator Kriegsschiffe für die Herausforderungen von morgen be- dürfen eines Einsatzsystems, das die komplette Band- breite von der „Situational Awareness“ im Kriseneinsatz bis hin zum hochkomplexen Konfliktfall über alle Warfare- Areas abdeckt. Anforderungen an Einsatzsysteme Ein komplexes Einsatzsystem mit all seinen Schnittstellen zur vol- len Funktionsfähigkeit zu bringen erfordert detaillierte Kenntnis aller Fähigkeiten und Möglichkeiten des betreffenden Kriegsschif- fes. Nur umfangreiche, einschlägige Erfahrung in der Systeminte- gration lässt das Realisierungs-Risiko kalkulierbar werden. Dies ist der Schlüssel zum Erfolg. b a a S : o t o F Das FüWES als zentrales Element muss in der Lage sein, Schnitt- stellen zu zahlreichen verschiedenen Subsystemen herstellerunab- hängig zu verarbeiten. Eine offene und modulare System-Architektur soll dabei kostengünstige und risikoarme Leistungserweiterun- gen über den gesamten Lebenszyklus sicherstellen. Beides hilft, Obsoleszenzprobleme zu reduzieren. Eine zukunftsorientierte FüWES-Architektur muss darüber hinaus angemessene Lösungen für die IT-Sicherheit beinhalten, das Ver- arbeiten und Speichern von großen Datenmengen ermöglichen sowie insbesondere alle Echtzeitanforderungen der zeitkritischen Feuerleitketten erfüllen – Kernvoraussetzungen für ein konsolidier- tes Lagebild als Basis für die Bewertung sowie operative Entschei- dungen nach Prioritäten und Bereitschaftsgraden. Kundenspezifi- sche Parametrisierungen sind hierbei abzubilden. Um die Ausbildungsanforderungen zu minimieren, ist die Mensch- Maschine-Schnittstelle für die Bedienung intuitiv auszuführen. Dies und der einheitliche optische und haptische Aufbau erleichtert zudem den Wechsel der Operateure zwischen alten und neuen Systemen. Saabs Lösung 9LV Das Saab-FüWES 9LV stellt all das Vorgenannte und noch mehr bereit. Mehr als 50 Jahre Erfahrung machen Saab zu einem ver- trauenswürdigen Partner für Marinen weltweit. Saab übernahm mehrfach erfolgreich die Integrationsverantwortung für gesam- te Einsatzsysteme sowohl bei Umrüstungen als auch Neubauten von Kriegsschiffen. Auch wenn Saab eine Reihe von Subsyste- men selber anbietet, sieht die Systemphilosophie vor, dem Kunden größtmögliche Flexibilität bei der Wahl seiner Anlagen und Geräte zu gewähren. Das hat über die Zeit, insbesondere bei Fregatten- projekten, zu umfangreicher Erfahrung mit der Systemintegration verschiedenster Dritt-Produkte geführt – ein wichtiger Punkt für erfolgreiches Risikomanagement. Saab ist in der Lage, sich verändernden Bedarfen des Kunden schnell zu folgen. Konsequente Modularität erlaubt die risikoarme Modernisierung von Teilsystemen sowie die schiffsklassenspezi- Operationszentrale der australischen Fregatte HMAS PERTH fische Skalierbarkeit des FüWES. Zahlreiche Projekte zur Umrüs- tung auf bzw. Einrüstung des 9LV in weltweit mehr als 250 Kriegs- schiffe belegen dies. Von besonderer Bedeutung ist die 2020 in Australien getroffenen Entscheidung Saabs 9LV als „FüWES der nächsten Generation“ für ihre Marine auszuwählen. Damit werden nicht nur deren Schiffe einheitlich ausgestattet, sondern über den trans-pazifischen Link mit den USA gleichzeitig die Verknüpfun- gen zur Abwehr ballistischer Flugkörpern im AEGIS-Luftabwehr- system hergestellt. Ein aktuell national bedeutsamer Auftrag ist das Programm zur „Sicherstellung der Einsatzverfügbarkeit F123“. Er beinhaltet im Wesentlichen den Austausch der veralteten Sensorik und deren Integration in das neue FüWES 9LV. Auch ist Saab in der Lage Lösungen für besondere Kunden-For- derungen zu erfüllen, z.B. hinsichtlich der Urheberrechte im FüWES oder in Bezug auf logistische Unterstützung über den Lebenszyklus eines Kriegsschiffes. Und mit Blick auf die Reduzierung des Aus- bildungsaufwandes hat Saab von der schwedischen Wehrpflicht- marine gelernt, schnell und leicht verständliche bzw. zu erlernende Mensch-Maschine-Schnittstellen bereitzustellen. Fazit Saab verfügt mit dem 9LV für die Realisierung komplexer Kriegsschiffe nicht nur über ein anerkannt leistungsfähiges FüWES, sondern darüber hinaus auch ein breites Spektrum von eigenen Sensoren und Effektoren bzw. Erfahrung über die Integration von Drittsystemen. Die offene und modu- lare Systemphilosophie erlaubt die Integration verschie- denster Komponenten nach Kundenwunsch, während die zahlreichen Referenzen Garanten für die Realisierung in Zeit, Budget und Leistung sind. Kapitän z.S. a.D. Bernd-Peter Rahner [email protected] Vice President | Head of Strategy & Business Development Naval Saab Deutschland GmbH

Zukunftsweisende Lösungen Marc Steffens, Axel Wriedt und Andreas Jedlicka Vor wenigen Wochen wurde mit der RHEINLAND-PFALZ die vierte und letzte Fregatte der Klasse 125 in Dienst gestellt. Zeit für einen Blick auf die bisherigen Probleme und Erfolge des Riesenprojekts. Zwei Ereignisse mit Außen- wirkung standen Anfang 2022 sinnbildlich für den er- reichten Fortschritt der Fregatten Klasse 125: Zum einen konnte am 28. Januar mit der RHEINLAND-PFALZ das vierte und letzte Schiff der Klasse von der Industrie abgenommen werden, zum anderen war Anfang März ein Schiff der Klasse am „Flagge- zeigen“ der Deutschen Marine im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt in der Ostsee beteiligt. Die Klasse 125 gehört mittlerweile nicht nur zum gewohnten Bild der Schifffahrt in der Nordsee, sondern ist nach wie vor häufig zu Erprobungen in der Ostsee anzutreffen – untrügliches Zeichen dafür, dass die Realisierung des Projekts zwar weit fortgeschrit- ten, aber eben doch noch nicht beendet ist. Gleichzeitig nähert sich die Werftliegezeit der ersten großen planmäßigen Instand- setzung des Typschiffs BADEN-WÜRTTEMBERG in Bremerhaven ihrem Ende. Der richtige Zeitpunkt also, ein Zwischenresümee des bis dato größten realisierten deutschen Marineprojekts zu ziehen und einen Ausblick auf den Weg zum Erreichen der Ein- satzreife der Klasse zu geben. Das 2007 mit dem Bauvertrag in die Umsetzung gegangene Pro- jekt F 125 hat einige Höhen und Tiefen durchgemacht und sah sich zahlreichen Projektstörungen ausgesetzt (s. marineforum 5-2020). Der neue konzeptionelle Ansatz der Intensivnutzbar- keit und das Mehrbesatzungskonzept sowie die Ausrichtung auf neue Einsatzszenarien mit asymmetrischen Bedrohungen, Wirken von See an Land und Unterstützung von Spezialkräften bedeutete einen erheblichen Innovationsbedarf, der zeitintensive, risikobehaftete Entwicklungs- aufwände der Industrie nach sich zog. Gleichzeitig hat sich die Projektumgebung durch Regelungen, Verfahren und Tools während der Projektrealisierung grundlegend gewandelt – mit erheblichen Auswirkungen auf die Versorgungsreifeleistun- gen, die Informationssicherheit und die Systemzulassung. Aus der vergrößerten Zahl der Verfahrensbeteiligten resultierte eine signifikante Steigerung des Abstimmungsaufwands. Erprobungen und Nachweise Im April 2016 begannen mit der Werftprobefahrt der BADEN- WÜRTTEMBERG die Seeerprobungen der Klasse. Nach Abschluss des Funktionsnachweises für das Einsatzsystem wurde die BADEN-WÜRTTEMBERG am 30. April 2019 von der Industrie abge- nommen und am 17. Juni 2019 in Dienst gestellt. Daran schloss sich von Ende Juli 2019 bis April 2020 eine erste Phase der Ein- satzprüfung an. Während die Schiffstechnik zu diesem Zeitpunkt bereits einen guten Reifegrad aufwies, bestand im Einsatzsystem aufgrund des Innovationsgrads, der Komplexität und des hohen Vernet- zungsgrads ein relevanter Nachentwicklungsbedarf. Dieser wur- de sukzessive mit den Folgeschiffen, die in etwa im vertraglich vorgesehenen einjährigen Rhythmus zuliefen, abgestellt. Größte technische Herausforderung war dabei die Anlage Kora 18 zur Elektronischen Kampfführung, die ab 2018 einem umfassenden Reengineering unterzogen werden musste. Die erste Ausbau- s g r e G w B / : o t o F Die SACHSEN-ANHALT wurde 2021 in Dienst gestellt 14 marineforum 9 – 2022

stufe konnte im Herbst 2021 im Funktionsnachweis der RHEIN- LAND-PFALZ nachgewiesen werden. Die abschließende zweite Ausbaustufe hat die Performance-Tests in diesem Frühjahr er- folgreich absolviert, der Funktionsnachweis wird im Sommer 2022 abgeschlossen. zeitgerecht und fehlerfrei zur Verfügung gestellt werden müssen, dann beteiligt sich der öffentliche Auftraggeber an der Realisie- rungsverantwortung des Hauptauftragnehmers. Er ist dann sowohl Auftraggeber des Gesamtwaffensystems als auch Unterauftrag- nehmer für die beizustellende Komponente, vertragliche Konflikte Zulauf der Klasse F 125 1. Schiff BWG 2. Schiff NRW 3. Schiff SAH 4. Schiff RHL Abnahme 30.04.2019 03.03.2020 30.03.2021 28.01.2022 Indienststellung 17.06.2019 10.06.2020 17.05.2021 13.07.2022 sind hierbei nicht auszuschließen. Mittlerweile besteht die Möglichkeit, System- verbünde mehrerer Projekte im Rahmen ei- nes Programmmanagements zu organisieren. Damit können zu realisierende Fähigkeiten auf verschiedene Komplexitätsstufen herunterge- Der Weg zur Einsatzreife : t n n a m e n n e V n e t s r a C / o o F w B Somit ist auch die Grundlage für die weitere Er- probung der Waffenfunktionsketten und die noch ausstehenden Anteile der Einsatzprüfung gelegt, die mit einem Flugkörper- und 127-Millimeter- Schießen im Herbst 2022 abgeschlossen wer- den. Dabei wird auch die weitreichende Vulcano- Munition nachgewiesen. Parallel werden erstmalig die IT-Systeme des zweiten Schiffes, der NORD- RHEIN-WESTFALEN, gemäß den Vorgaben des Bun- desamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) gehärtet. Die auf den Fregatten RHEINLAND-PFALZ und NORDRHEIN-WESTFALEN, nachgewiesenen System- anteile werden nach Beendigung der Instand- setzungsphase auf die Fregatte BADEN-WÜRT- TEMBERG übertragen. Die Parallelisierung der Aktivitäten dient dem frühzeitigen Risikoabbau und folgt einem ausgeklügelten Terminplan, der immer ein Schiff – aktuell die SACHSEN-ANHALT – für die notwendigen Ausbildungsabschnitte der Marine freistellt. Die abschließend für die Informa- tionssicherheit erforderlichen Maßnahmen wer- den dann im zweiten Quartal 2023 mit der Fre- gatte BADEN-WÜRTTEMBERG umgesetzt. Mit der für Juli 2023 angesetzten Akkreditierung durch die Deutsche militärische Security Authorisation Agency (DEUmilSAA) wird der Marine das erste einsatzreife Schiff der Klasse F 125 zur Verfügung stehen. Imposante 127-mm-Kanone auf der Back brochen und trotzdem im Sinne des Erreichens des Gesamtziels organisiert werden. Nicht zuletzt sollte im Rahmen von Kampf- schiffprojekten jedoch vermehrt auf marktverfügbare Geräte und Anlagen zurückgegriffen werden. Systementwicklung: Lessons Learned Informationssicherheit Die Entwicklung komplexer Komponenten innerhalb des ei- gentlichen Schiffbauprojekts durch dasselbe Projektteam ge- staltete sich für den öffentlichen Auftraggeber wie die Industrie äußerst herausfordernd. Neben Kora 18 zählen dazu große An- lagen wie die Hauptbewaffnung (127 mm Large Caliber Gun), der Hauptsensor (Multifunktionsradar TRS-3D), die IFF-Anlage (Identification Friend or Foe), die Heavy Machine Gun oder die Buster-Einsatzboote. Jede dieser Komponenten hätte aufgrund ihrer Komplexität die Realisierung über ein gesondertes Projekt gerechtfertigt. Wenn diese Entwicklungen innerhalb des eigentlichen Schiffbaupro- jekts mit seinen begrenzten Personalkapazitäten erfolgen, mün- den sie schnell in Projektrisiken, die sich nicht mehr einfach miti- gieren lassen. Weder die industrieseitige Koordinierung noch die Begleitung dieser Teilprojekte durch den öffentlichen Auftrag- geber lassen sich dann in der gebotenen Tiefe gewährleisten. Wenn außerdem einige dieser Komponenten wie das 127-Millime- ter-Geschütz dem Hauptauftragnehmer Arge F 125 als Beistellung Die Fregatte 125 weist aufgrund des reduzierten Besatzungs- konzepts einen hohen Grad an Automation und Vernetzung auf, verbunden mit einer hohen Anzahl an IT-Systemen. Viele dieser IT-Systeme verarbeiten Verschlusssachen und müssen deshalb einen Akkreditierungsprozess durchlaufen. Besonders die alle sechs Jahre zu wiederholenden Abstrahlvermessungen dieser Komponenten stellen aufgrund der schieren Anzahl – bei F 125 betrifft dies rund 750 Geräte – eine große Herausforderung mit hohem Zeitbedarf dar. Aus rein praktischen Erwägungen können die Vermessungen nur im Rahmen von Instandsetzungsliege- zeiten sinnvoll durchgeführt werden, verlängern diese aber um mehrere Monate. Aufwand und Nutzen sind nach Vorliegen der Ergebnisse aus der Instandsetzung der BADEN-WÜRTTEMBERG mit den Verfahrensbeteiligten neu zu erörtern. Da Fregattenprojekte eine lange Realisierungsphase von etwa 15 Jahren aufweisen, die Innovationszyklen kommerzieller IT demgegenüber aber nur fünf bis sieben Jahre betragen, sind Obsoleszenzen immanenter Bestandteil eines jeden Großpro- 9 – 2022 marineforum 15

c s h : o t o F Digitale Überwachung des Antriebsstrags im Leitstand der Fregatte SACHSEN-ANHALT jekts. Sie erschweren den Akkreditierungsprozess, da erkann- te Sicherheitslücken oftmals nicht mehr geschlossen werden können. Regenerationen sind nur im Einvernehmen mit dem Hauptauftragnehmer über Vertragsänderungen durchführbar. Nach Ende der Entwurfsphase ist dies aber häufig nur noch sehr eingeschränkt möglich. Damit können Systemanpassungen wie beispielsweise überarbeitete Konfigurationsvorgaben in der Regel erst nach der Abnahme umgesetzt werden. Generell ist es sinnvoll, die Anzahl unterschiedlicher IT-Systeme klassenübergreifend zu reduzieren, um den erforderlichen Pfle- geaufwand in der Nutzung auf ein beherrschbares Maß zurück- zuführen. Mit Blick auf die F 125 könnte solch ein Ansatz zur Prämisse für eine Midlife Conversion Anfang der 2030er-Jahre erhoben werden. Dies könnte durch Angleichen des Bauzustands der F 125 an die dann zulaufende F 126 umgesetzt werden. Ins- besondere im Einsatzsystem weisen beide Schiffsklassen Par- allelen im Bereich der Sensoren und Effektoren auf, sodass bei der F 126 zum Einsatz kommende IT-Systeme auch für die F 125 verwendet werden könnten. Hierzu gilt es, in den nächsten Jah- ren tiefergehende Analysen durchzuführen, die zum einen den Projektfortschritt F 126 berücksichtigen, aber auch den gene- rellen Ansatz zur Vereinheitlichung maritimer Führungssysteme nicht außer Acht lassen. Versorgungsreife Analog zu Intensivnutzbarkeit und Mehrbesatzungskonzept wur- de auch im Bereich der Versorgungsreife Neuland beschritten. Erstmalig ist ein Großwaffensystem ausschließlich über SASPF (Standard Anwendungs-Software Produkt Familie) zu bewirt- schaften und über die konsequente, aufeinander aufbauende Anwendung der Standards ASD S2000M (Materialdaten) und Brücke der Fregatte BADEN-WÜRTTEMBERG g n i l u o C m K / i 16 marineforum 9 – 2022 w B : t o o F

S1000D (interaktive elektronisch technische Dokumentation) die Grundlage für eine durchgängige Logistik – von der Materi- alanalyse zu Projektbeginn (Logistic Support Analysis, LSA) bis zur Nachversorgung und Instandsetzung – bei den Herstellern zu schaffen. Das Ziel einer vollständigen Bewirtschaftung in SASPF ist aktu- ell erreicht, der Weg dahin war jedoch mit etlichen Hindernissen gepflastert: X Fehlende Erfahrungen sowohl auf Seiten des öAG wie der In- dustrie hinsichtlich der Anwendung der ASD-Standards klassenspezifischen Festlegung erfolgt – derzeit noch manuell – die Überführung der Maßnahmen in Wartungspläne in SASPF. Fazit F 125 ist in vielerlei Hinsicht ein Leuchtturmprojekt im Bereich der Marinekampfschiffe. Das war anstrengend, hat zu terminli- chen Verzögerungen geführt, aber schlussendlich zukunftswei- sende Lösungen erbracht: X Anwendung der Standards ASD S2000M 4.0 und ASD X verspätete Verfügbarkeit erforderlicher Tools zur Massenüber- S1000D 2.3 inklusive neuer Prüftools nahme von Materialdaten nach SASPF X die Anbindung schwimmender Plattformen an SASPF musste erst noch geschaffen werden (Projekt Log IT-U F125) X Ausrollen SASPF für das Marinearsenal, um eine bruchstellen- freie Bearbeitung von Instandhaltungsprozessen zu ermögli- chen Das Ziel einer durchgängigen Logistik bedarf noch folgender Ar- beitsschritte: X Die bei F 125 festgelegte, aufeinander aufbauende Anwen- dung von S2000M- und S1000D-Standards entspricht zwar den Anforderungen der 2026 geplanten Integrated Logistic Support Suite Bw (ILS), hat aber noch keinen Eingang in die übergeordnete Weisungslage gefunden und ist damit für Fol- geprojekte nicht vorgegeben. X Die im Rahmen von F 125 entwickelte unmittelbare Auslese und Festlegung von Materialklassifikation aus zugelassenen S2000M-Materialinformationen befindet sich in Abstimmung mit den Verfahrensbeteiligten. X die Anwendung des Standards ASD 2000M für Informationsaus- tausch in der Nutzung ist mit den Herstellern noch nicht vereinbart. Wartung In SASPF Ebenfalls neu bei F 125 ist die komplette Abbildung der Wartung in SASPF. Hierfür müssen die in der technischen Dokumentation ent- haltenen Wartungsmaßnahmen aller Instandhaltungsstufen ausge- lesen, aufbereitet und in Wartungspläne in SASPF überführt werden. Hierzu wird als Planungstool eine Instandhaltungsdatenbank genutzt, in der eine Optimierung der Maßnahmen mit Blick auf eine möglichst geringe Einschränkung der Verfügbarkeit des Waffensystems über die Betriebsperiode hinweg erfolgt. Auf Grundlage dieser schiffs- X Anbindung schwimmender Plattformen an SASPF X Ablösung logistischer Altverfahren X Umsetzung Intensivnutzbarkeit und Mehrbesatzungskonzept X Akkreditierung InfoSich X erste Anwendung des neu organisierten Zulassungswesens Folgeprojekte (K 130 2. Los, F 126, F 127, FDB 424, BVS, U 212CD) können die bei F 125 erarbeiteten Ergebnisse über- nehmen und auf diesen aufbauen. Die Lessons Learned wurden projektbegleitend erarbeitet, kommuniziert und in den Verträgen und Spezifikationen berücksichtigt. Nicht zuletzt bieten die innovativen Systeme wie das Multi- funktionsradar TRS-3D NR, Kora 18 oder LCG 127 Millimeter die Grundlage für den Aufbau von Produktlinien, die von F 126 übernommen oder weiterentwickelt werden, sodass in der Zu- kunft wieder ein höheres Maß an Querschnittlichkeit bei den Überwasserkampfschiffen erreicht wird. Die wesentlichen Risiken im Projekt konnten abgebaut werden, die Restrisiken sind überschaubar, die Terminplanung mit allen Betei- ligten abgestimmt. Der Marine gibt dies die benötigte Planungssi- cherheit, gerade auch hinsichtlich der für die Erfüllung der Einsatz- aufgaben benötigten Flaggenstöcke. Mit der BADEN-WÜRTTEMBERG steht der Marine ab Juli 2023 das erste Schiff einsatzreif zur Ver- fügung, die weiteren Schiffe folgen bis Ende 2024. ≈ Leitender Technischer Regierungsdirektor Marc Steffens ist Projektleiter Fregatte 125, Technischer Regierungs- direktor Axel Wriedt ist Integrator Einsatzsystem F 125, Fregattenkapitän Andreas Jedlicka ist Integrator Versor- gungsreife F 125. Die Autoren sind tätig im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr. A N T E N N A R F D U S U B M A R I N E C O M M U N I C A T I O N S Y S T E M S I C S INTEGRATION IS THE KEY AEROMARITIME entwickelt, konstruiert und produziert kundenspezifische Kommunikationssysteme unter Verwendung neuester Technologien für weltweite militärische Marineanwendungen. Kommunikations- systeme bieten ultimativen Komfort für alle taktischen und administrativen Kommunikationsaufgaben. Ludwig-Erhard-Str. 16 | 85375 Neufahrn, Germany | Phone: +49 8165 6171 - 0 | www.aeromaritime.de T H E C O M M U N I C A T I O N S Y S T E M S H O U S E

Gemeinsam getaucht Joint Statement Die Partner Deutschland und Norwegen haben das Projekt U 212CD auf den Weg gebracht. Erste Investitionen wurden bereits angestoßen. In der internationalen Rüstungs- kooperation werden von Nor- wegen und Deutschland durch die gemeinsame Beschaffung und Nutzung baugleicher U-Boote neue Standards gesetzt. Der innovative Ansatz wird die gemeinsame strategische Kooperation über die nächsten 40 Jahre weiter festigen. Die Verträge für die U-Boote 212 Common Design (CD) wurden am 8. Juli 2021 nach intensiver Vorbereitung und Verhandlung zwischen dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstech- nik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), ihrem norwe- gischen Äquivalent, der Norwegian Defence Materiel Agency (NDMA), und dem Auftragnehmer Thyssenkrupp Marine Sys- tems (TKMS) unterzeichnet. Das erste neue Boot soll 2029 an Norwegen ausgeliefert werden. Die länger als erwartet andau- ernde Verhandlungsphase wurde durch viele Faktoren beein- flusst, insbesondere durch die Vielzahl gemeinsamer Definitions- entscheidungen. Weiterhin wurden die Verhandlungen durch die Einflüsse der Covid-Pandemie und der damit einhergehenden Beschränkungen in beiden Nationen gebremst. Hauptgrund war jedoch, dass es sich um kein gewöhnliches Beschaffungspro- gramm handelt. Vielmehr ist es das erste Mal, dass zwei Nati- onen in einem solch komplexen Programm eine Partnerschaft vereinbart haben. In der Entwicklung dieser Partnerschaft gab es daher eine Vielzahl von Fragen bezüglich Umfang, Detail und Finanzierung des Vertrags zu klären. Die Verträge zwischen den drei Parteien NDMA, BAAINBw und dem Auftragnehmer Thyssenkrupp Marine Systems umfassen die Beschaffung von insgesamt sechs U-Booten – vier für Nor- wegen und zwei für Deutschland. Das Gesamtvolumen der Be- schaffung beträgt mehr als fünf Milliarden Euro. Bei Unterzeichnung des Ver- trags im Sommer 2021 hatten beide Nationen einen gemein- samen harmonisierten funkti- onalen Forderungskatalog mitsamt den designbestimmenden Parametern erstellt. Dieses Design wird nun in Tausenden Sei- ten Konstruktionsunterlagen zur Vorbereitung der im Mai 2022 begonnenen Preliminary Design Review und der 2024 anste- henden Critical Design Review verfeinert. Der Auftragnehmer TKMS investiert aktuell 250 Millionen Euro in die Modernisierung und Vergrößerung der Kieler Fertigungsan- lagen, um im Jahr 2023 für den Beginn der Fertigung der neuen U-Boote gerüstet zu sein. Kooperation bei Beschaffung und Nutzung Die norwegisch-deutsche Partnerschaft ist als Kooperation zweier Nationen zum Bau und Betrieb identischer U-Boote ein- malig und hebt daher die internationale Kooperation im Bereich der U-Boot-Technologie auf ein neues Niveau. Die strategische Partnerschaft der beiden Staaten stellt gleich- zeitig ein herausragendes Investment in die europäische Ver- teidigungsindustrie dar mit gestärkten Design-, Konstruktions- und Wartungsfähigkeiten von U-Booten und Lenkflugkörpern. Deutschland und Norwegen untersuchen gemeinsam weitere Möglichkeiten der Kooperation. Die Klasse 212CD ist die Antwort auf die benötigten operati- ven Fähigkeiten. Neue und weiterentwickelte Fähigkeiten ent- sprechen der Rückbesinnung auf die Landes- und Bündnis- verteidigung. Diese Bedrohungslage ist bestimmt durch die S M K T : k i f a r G Mit 2500 t werden die Einheiten der Klasse U 212CD die größten nicht magnetisierbaren U-Boote darstellen 18 marineforum 9 – 2022

Einführung neuer und weiterentwickelter Sensoren, Waffen und Antriebssysteme, sowohl auf Unterseebooten als auch anderen Plattformen einschließlich unbemannter Systeme. Technologische Entwicklungen gehen in Richtung leistungs- fähigerer Waffeneinsatzsysteme, sowohl bei Alliierten als auch bei möglichen Gegnern. Schließlich besteht der kombinierte Effekt dieser Entwicklungen darin, dass die Rolle der U-Boote in Bezug auf Mission, Einsatzkonzept und Waffeneinsatz an- gepasst werden muss. Schiffstechnologie Die Beschaffung der Klasse U 212CD stärkt die Sicherheit durch signifikante Verbesserungen in Reichweite, Ausdauer und Si- gnatur. Die neuen Boote werden mit einer effizienten Bewaff- nung ausgerüstet, jedoch besteht das wesentliche Merkmal darin, überall und zu jeder Zeit verdeckt zu operieren. Basie- rend auf weiteren Informationsquellen in der Luft, an Land oder in See wird damit ein verbessertes Lagebild für präzisiere Ent- scheidungen in einer Krise generiert. Die neue Klasse integriert zum ersten Mal die deutschen Erfahrungen aus der Ostsee in ein größeres Design mit größerer Reichweite, von der Küste bis zur offenen See. Gleichzeitig verfügen sie über eine längere ver- deckte Stehzeit im Einsatzgebiet. Mit einer Verdrängung von 2500 Tonnen werden die Boote der Klasse 212CD die größten nicht magnetisierbaren U-Boote dar- stellen. Sie werden groß genug sein für die notwendige Reich- weite, jedoch klein genug für den Einsatz in küstennahen Ge- wässern. Gebaut werden sie für andere Einsatzprofile als die bisher vorhandenen Einheiten. Dies erfordert von beiden Nati- onen die Überarbeitung von Einsatzkonzepten, sowohl auf stra- tegischer als auch auf taktischer Ebene. Das technologische Risiko wird hierbei durch die Nutzung bewährter Konzepte der Klasse U 212A in Kombination mit fortentwickelten Systemen deutlich reduziert. Lösung für die Zukunft Beide Partnernationen verfügen über mehr als 100 Jahre Erfah- rung im Einsatz von Unterseebooten, obgleich jede Seite tradi- tionell höchst verschiedene Prioritäten gesetzt und Missionen durchgeführt hat. Durch die Kooperation werden nun die nor- wegischen Erfahrungen langer Missionen mit deutschen Erfah- rungen des verdeckten Einsatzes kombiniert und im fortschritt- lichen Design zusammengefasst. Ein gemeinsames Projektbüro in Kiel begleitet die Design- und Bauphase. Dieses Joint Program Office (JPO) vereint einen Per- sonalstamm beider Nationen und ist alleiniger Ansprechpartner des Auftragnehmers. Gemeinsamer Einsatz und gemeinsame Nutzung, aber auch Weiterentwicklungen während der Lebenszeit der U-Boote sind ein Hauptbestandteil der norwegisch-deutschen Partnerschaft mit Synergien auch auf der finanziellen Ebene. Norwegen und Deutschland werden daher das Joint Project Office in Richtung einer Lifetime-Management-Organisation zur Betreuung aller sechs Boote weiterentwickeln. Aktuell wird in Haakonsvern die dedizierte Instandsetzungswerft für beide Nationen errichtet. Hierfür investiert Norwegen mehr als 300 Millionen Kronen. Sie wird fertig sein, wenn 2029 das erste U-Boot seinen Dienst antritt. ≈ TURN UNCERTAINTY INTO CONFIDENCE INTO CONFIDENCE For the maritime industry, this is more than a moment of change. It’s a time for transformation. Never have the decisions it faces been so complex. Nor their conse- quences ever mattered more. As a trusted voice of the industry, we help decision-makers throughout the maritime world to make purposeful and assured choices. From selection of an appropriate assurance approach, regulatory compliance, next generation fuels, vessel and operational optimization, to in-depth advice and insight, explore our solutions. Learn more: dnv.com/navy

SACHSEN voller Energie Axel Stephenson Ein Demonstrator soll das Potenzial einer Laserwaffe an Bord aufzeigen. Umfangreiche Tests auf der SACHSEN begannen im Juni. Anfang 2021 hatte das Bun- desamt für Ausrüstung, Infor- mationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) die Arbeitsgemeinschaft Hochenergie-Laser Marinedemonstra- tor, bestehend aus den beiden Firmen Rheinmetall Waffe Muni- tion und MBDA Deutschland, mit der Erstellung, Integration und Unterstützung der Erprobung eines Laserwaffen-Demonstrators im maritimen Umfeld beauftragt. MBDA ist dabei für das Tracking, die Bedienkonsole und die An- bindung des Demonstrators an das Führungssystem zuständig. Im Verantwortungsbereich von Rheinmetall liegen die Laserwaf- fenstation, das Strahlführungssystem und die Kühlung sowie die Integration der Laserwaffe in den Projektcontainer der Laserquel- le. Der öffentliche Auftraggeber unterstützt die Arbeitsgemein- schaft durch vorbereitende Maßnahmen im Vorfeld der Einrüs- tung an Bord. Der Auftragswert für den Laserwaffendemonstrator liegt im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Aktuell wird den Laserwaffensystemen hauptsächlich im Be- reich Eigenschutz im Nah- und Nächstbereich großes Potenzial zugeschrieben. Dabei kann die konventionelle oder asymmetri- sche Bedrohung aus der Luft oder von See her kommen, aber auch vom Küstenbereich an Land ausgehen. Eine Laserwaffe verbraucht fast ausschließlich Energie und kann theoretisch un- begrenzt eingesetzt werden – Flugkörper und Munition gehen an Bord schnell zur Neige. Die für den Übungs- und Einsatzbetrieb der Waffe notwendigen Rules of Engagement für Laserwaffen- systeme der Marine werden im nationalen und internationalen Rahmen erarbeitet und abgestimmt. Geeignet für die Großen Grundsätzlich geeignet für den Einbau von Laserwaffensystemen sind verschiedene Plattformen der Marine ab einer gewissen Grö- ße. Bei einer Nachrüstung in bestehende Einheiten ist jedoch vor- rangig zu prüfen, ob dort auch Gewichts- reserven und ein geeigneter Platz für den Einbau auf und unter Deck vorhanden ist. Außerdem müssen für die Versorgung des Laserwaffensystems ausreichende Kühl- und Energiereserven an Bord vorhanden sein. Dabei hängen die Erfordernisse an die Trägerplattform sehr stark von der Leis- tungsklasse der Waffe ab. So hat ein im Nahbereich wirkender 20-Kilowatt-Laser andere Anforderungen bezüglich Platz- und Gewichtsbedarf, Kühlung und Ener- gieversorgung als ein sehr viel weiter rei- chendes 100-Kilowatt-System, das für Gut sichtbar ist der Container mit dem Demonstrator auf der Backbordseite Nach ihrer Teilnahme am Manöver Baltops 22 hatte die Fregatte SACHSEN Mitte Juni im Marinearsenal Kiel festge- macht, damit dort innerhalb einer Woche die Demonstratoran- lage eines Hochenergie-Laserwaffensystems der Firmen MBDA und Rheinmetall eingerüstet werden konnte. Die Anlage wurde zusammen mit dem zugehörigen Systemcontainer in der Mitte des Schiffs auf Backbordseite installiert. An Bord der Fregatte soll mit dem Demonstrator das Zusam- menspiel von Sensoren zur Zielerfassung, dem Führungs- und Waffeneinsatzsystem zur Zieldatenweitergabe und dem daran angebundenen Effektor getestet werden. Gleichzeitig erfolgt eine Ableitung der Rules of Engagement im Seebetrieb. Nach der Einrüstung in Kiel verlegte das 143 Meter lange und 5700 Tonnen verdrängende Typschiff der Klasse F 124 in den Marinestützpunkt Eckernförde, um während einer Woche in der Eckernförder Bucht die Erprobung des Laserwaffendemonstra- tors durchzuführen. Um auch ganz sicher zu gehen: Zwecks War- nung vor den Gefahren der Strahlenwaffe war für außenstehende, eventuell in der Nähe am Seeverkehr teilnehmende Personen an beiden Seiten der Fregatte jeweils der Warnhinweis „Keep Clear – Turn Away“ angebracht. Die ersten Erfahrungen mit dieser neu- en Waffe waren sehr aufschlussreich und werden nun durch ver- schiedene Stellen und die beteiligten Firmen intensiv analysiert. Unmittelbar nach Ende der Testphase verlegte die SACHSEN An- fang Juli durch den Nord-Ostsee-Kanal nach Wilhelmshaven. Im Heimathafen stand am 8. Juli zunächst ein Kommandantenwech- sel an. Der Kommandeur des 2. Fregattengeschwaders, Kapitän zur See Torben Jürgensen, übergab dabei das Kommando über die Fregatte SACHSEN von Fregattenkapitän Phillipp Vögtle an Fre- gattenkapitän Thomas Liebert. Der eine kommt aus der Abteilung Strategie und Einsatz im Bundesministerium der Verteidigung in Berlin, der andere geht dorthin – kein Ringtausch, aber ein not- wendiger Wechsel zwischen Theorie und Praxis. z t i N l e a h c i M : s o t o F 20 marineforum 9 – 2022

Einsatzentfernungen im niedrigen einstelligen Kilometerbereich gedacht ist. Gerade bei leistungsstarken Systemen kann auch mit zusätzlichen Kühlmittelreservoirs oder Batterien gearbei- tet werden, wenn die von der Plattform bereitgestellte Leistung nicht ausreicht. Für jeden bestehenden Schiffstyp muss daher eine individuelle Untersuchung durchgeführt werden, um die bestmögliche Lösung zur Integration der Systeme zu finden. Bei Neubauten können die Anforderungen im Rahmen des Designs von Beginn an mit berücksichtigt werden. Das Demonstrationssystem bildet die komplette Funktionskette von der Detektion über die Verfolgung des Ziels bis hin zur Bekämpfung ab. Dafür sind verschiedene Sensoren, ein Arbeits- und Bedien- platz im Führungs- und Waffeneinsatzsystem (FüWES) sowie der entsprechende Effektor, also die Laserquelle mit einer skalierbaren Ausgangsleistung von bis zu 20 Kilowatt verbaut. Die Erprobung ist in mehrere Kampagnen unterteilt und wird mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Szenaren mit verschiedenen Zieldarstellungs- mitteln und variierenden Schwierigkeitsgraden durchgeführt. So- mit wird sukzessive die gesamte Funktionskette von Sensorauf- fassung über Datenverarbeitung und Zielverfolgung bis hin zum Wirklasereinsatz geprüft und bewertet. Daran sind verschiedene wehrtechnische Dienststellen mit ihren spezifischen Erfahrungen beteiligt. Um gerade im Bereich der Wirkung von Lasereffektoren das vorhandene Know-how zu erweitern ist eine Landtestanlage vorhanden, die schritthaltend weiter ausgebaut wird. Vom Demonstrator zur marinetauglichen Waffenanlage ist es noch ein langer Weg, aber die ersten Schritte sind nun gemacht. Tardis an Bord: Die ﬁktive Raum-Zeit-Maschine (Time and Relative Dimensions In Space) aus Serie „Doctor Who“ war Namenspate für das Lasersystem Welche Leistungsklasse sich wofür eignet und welche Marine- einheiten letztendlich mit einer Laserwaffe nachgerüstet werden, ist noch nicht entschieden. Damit gibt es auch noch keine Fest- legung, ob die Klasse 124 zu einem späteren Zeitpunkt tatsäch- lich dauerhaft mit einem derartigen System ausgestattet wird. Unbestritten ist, dass ein bordeigenes Laserwaffensystem für jede Einheit eine höchst wertvolle Ergänzung der bestehenden Waffenausrüstung wäre. ≈ Software-definierte, zukunftssichere Produktlösungen der Hagenuk Marinekommunikation (HMK) für reibungslose Kommunikation an Bord MSK 3003 E – software-definierter Minimum Shift Keying Demodulator der neuesten Generation ERX 3003 – software-definierter Sender/Empfänger mit Breitband- Fähigkeit für HF Kom munikation mit SATCOM Geschwindigkeit Das neue multifunktionale TRITON® Antennensystem bietet höchste Kommunikationsleistung und nahtlose Integration an Bord Generationen von HMK-Ingenieuren haben Lösungen für Kommunikationssysteme der Marine entwickelt. HMK ist einer der Marktführer im Bereich der U-Boot Kommunikation und hat mehr als 130 schlüsselfertige Systeme für U205 / 206 / 209 / 212A / 214 / ASTUTE / Sauro und andere internationale U-Boot Klassen entwickelt. Hagenuk Marinekommunikation GmbH Hagenuk Marinekommunikation GmbH Hamburger Chaussee 25 | 24220 Flintbek | Germany Phone: +49 4347 714-101 | Fax +49 4347 714-110 [email protected] | www.hmk.atlas-elektronik.com Hagenuk Marinekommunikation Hagenuk Marinekommunikation A company of the ATLAS ELEKTRONIK Group 9 – 2022 marineforum 21

Besser ohne Container Jörg Dustmann Mit dem neuen Einsatzrettungszentrum geht die Deutsche Marine einen weiteren wichtigen Schritt in die Zukunft. Modernisierung und Effizienz stehen dabei im Mittelpunkt. Der Verlust des zum Einsatz- gruppenversorger (EGV) FRANKFURT AM MAIN gehörenden Marineeinsatzrettungszentrums (Merz) im Jahr 2015 durch einen Großbrand in einer Werfthalle erforderte eine Neubeschaffung. Die Entwicklung des neuen Rettungszentrums basiert auf den Erfahrungen mit den Containermodulen Marineeinsatzrettungs- zentrum I und II im technischen Wirkverbund mit den Einsatz- gruppenversorgern BERLIN und FRANKFURT AM MAIN seit 2002. Das Rettungszentrum ist nun in einem fest mit dem Oberdeck und dem Schiffsaufbau verbundenen Deckshaus integriert und stellt im Rahmen der Rettungskette See die sanitätsdienstliche Versorgungsebene 2 sicher. Diese Ebene umfasst erste not- fallchirurgische Maßnahmen mit anschließender Stabilisierung der Patienten und dem Ziel der Verlegung in eine höhere Ver- sorgungsebene an Land. bund dar. Es bestehent aus einer Kombination schiffsfes- ter Einbauten – dem Schiffs- lazarett zur Eigenversorgung und einer Bettenstation – so- wie containerisierten Funktionseinheiten wie OP-, Intensiv- und Überwachungsraum, Röntgeneinheit, Labor, Zahnstation, Apo- theke, zentrale Sterilisationseinheit sowie Technikraum, die als zusammensetzbares Deckshaussystem fungieren und insge- samt einen Wirkverbund mit einer Kapazität von 43 Betten bil- den. Die Container sind mit ihren technischen Schnittstellen auf das Schiff ausgerichtet, können aber außerhalb der Einsatzzeiten und während Werftliegezeiten an einem speziellen Landaufstell- platz im Marinestützpunkt Wilhelmshaven mit Strom und Was- ser betrieben werden. Die Leistung des Merz ist auf eine chirurgische Erstversorgung von Verwundeten mit zwei OP-Teams (Damage Control Surge- ry, DCS-Chirurgie) und eine erweiterte postoperative Pflegeka- pazität ausgelegt. Das Merz fungiert als Teil der Rettungskette See im Verband als sanitätsdienstliche Versorgungsebene 2. Es ist zur sanitätsdienstlichen Unterstützung für das gesamte Spektrum maritimer Einsätze von niedriger bis hoher Intensität einschließlich der Landes- und Bündnisverteidigung konzipiert und beinhaltet die Fähigkeit zur Unterstützung von Spezialkräf- ten und spezialisierten Kräften im maritimen Umfeld. Eine besondere Bedeutung kommt dem Systemverbund bei Anfangsoperationen zu. Hier stellt er im maritimen und streit- kräftegemeinsamen Kräfteansatz eine wesentliche Unterstüt- zungsfähigkeit dar. w B : s o t o F Bisher ist das Marineeinsatzrettungszentrum in Einzelcontainern untergebracht Um die Vorteile der Neuentwicklung des Einsatzrettungszen- trums zu verstehen, ist ein Rückblick in die Vergangenheit uner- lässlich. Seit 2002 standen der Deutschen Marine für ihre Ein- satzverbände zwei Marineeinsatzrettungszentren (Merz I und II) in Containern als präklinische sanitätsdienstliche Versorgungs- einrichtungen an Bord der Einsatzgruppenversorger BERLIN und FRANKFURT AM MAIN zur Verfügung. Die Indienststellung dieser in der deutschen Marinegeschichte völlig neuartigen medizinischen Komponente schloss die Lücke zwischen der sanitätsdienstlichen Erstversorgung durch die ori- ginären Bordsanitätseinrichtungen der Kampfschiffe (Ebene 1) und der anschließenden klinischen Versorgung an Land (Ebe- ne 3 und 4). Der Containerverbund besteht aus je 14 ISO-Containern mit einer Länge von 20 und 30 Fuß. Das Containersystem Merz stellt mit dem EGV einen logistisch-technischen Systemver- 22 marineforum 9 – 2022 Innenansicht vom Rohbau des neuen iMerz

Schicht für Schicht Die untere Containerlage, die sogenannte OP-Ebene, bildet die Behandlungsebene mit zwei Operationsräumen, einem Inten- sivüberwachungsraum, einem Röntgenraum sowie einer zahn- ärztlichen Behandlungseinrichtung. Zur Schaffung von Räumen ausreichender Größe wurden hier mehrfach je zwei Container durch Entfernung ihrer jeweiligen Längswände zu einem Ar- beitsbereich verbunden. Die obere Containerlage dient als Versorgungsebene mit ei- nem klinisch-chemischen und einem mikrobiologischen La- bor, einer Apotheke, einer Sterilisationseinheit, einem Medi- zintechnikraum sowie je einer Produktionsanlage nach dem Molekularsiebverfahren für medizinischen Sauerstoff (93%) und nach dem Kompressionsverfahren für medizinische Druckkluft. Von hier aus werden sowohl der Containerkomplex als auch die Bettenstation an Bord des EGV zentral mit Sauerstoff und Druckluft versorgt. Sämtliche Ver- und Entsorgungsleitungen für Klimaanlage, Was- ser und Stromversorgung werden zur Optimierung des nutz- baren Innenraums in kompakten Modulen an der Außenseite der Container entlanggeführt. Dies bietet Vorteile in Bezug auf Wartungsfreundlichkeit und Betriebssicherheit. Ein möglicher Rohr- oder Kabelschaden kann in kurzer Zeit behoben werden ohne Schäden in den Räumen zu hinterlassen. Dies hat aber auch den Nachteil der Anfälligkeit durch die Naturgewalten und das Seewasser. Die Fertigung erfolgt in der Halle, bevor das iMerz an Bord gesetzt wird System mit Schwächen Die 28 Container müssen zur Prüfung ihrer Hüllen regelmäßig auf- und abgebaut werden, was nur im Heimatstützpunkt mit einem speziellen Landaufstellplatz möglich ist. Durch diesen Auf- und Abbau verschleißen jedoch die Dichtungsschläuche zwischen den Containern, die dann ausgewechselt werden müssen. Betroffen von einer solchen Abnutzung sind auch die SEA FALCON V200 Das vielseitige UAS für die Deutsche Marine Schnell einsatzbereit auf verschiedenen Plattformen Einsatzmöglichkeiten: » Over-the-horizon-targeting (OTHT) » Verbringung von Sonarbojen (ASW Szenarios) » Link/Funk Relay (z. B. für Minewarfare Missions) esg.de

Obere Lage C-‐Deck Versorgungsebene i-‐MERZ: Labore, Apotheke, Zahnarzt, Medizintechnik Mehr Platz durch den Verzicht auf Modularität Stahlumkleidung von außen geschützt. Diese verzieht sich je- doch langfristig in See, zudem besteht die Gefahr undichter Ver- bindungen. Feuer im Merz Das dem Einsatzgruppenversorger FRANKFURT AM MAIN zugeord- nete Merz II wurde am 22. Februar 2015 bei einem Großbrand in einer Werftlagerhalle zerstört. Die einzelnen Container des Sys- tems befanden sich in der planmäßigen Werftinstandsetzung. 25 Container, darunter alle medizinischen Funktionscontainer, wurden einschließlich der nicht ausgebauten medizinischen Groß- geräte zerstört oder stark beschädigt. Mit dem Verlust des Con- tainermoduls verfügte die Marine nur noch über ein einsatzfähiges Marineeinsatzrettungszentrum. Der durch das Feuer verursachte Verlust des Rettungszentrums resultierte in einer Fähigkeitslücke, die rund sieben Jahre andauern sollte. Untere Lage B-‐Deck Behandlungsebene i-‐MERZ: OP, Sterilisa@on, Pa@entenversorgung Neu und integriert Obere Lage C-‐Deck Versorgungsebene i-‐MERZ: Labore, Apotheke, Zahnarzt, Medizintechnik Schraubverbindungen für Wandbleche, Boden- und Deckenver- kleidung. Es müssen immer wieder neue Löcher gebohrt werden, um den nötigen Halt gewährleisten zu können. Einige der Schrau- ben an den Bodenblechen zwischen den Containern haben sich bereits mehrfach gelöst und mussten wieder angezogen werden. Das Herstellen der Einsatzbereitschaft nach Beginn der ersten Vorbereitungsmaßnahme zum Aufbau an Bord beträgt 28 Tage. Die außen liegenden Versorgungsleitungen und Anschlüsse zwi- schen Merz und Einsatzgruppenversorger sind auf See den he- rausfordernden Einflüssen wechselnder Witterungsverhältnisse ausgesetzt. Aber auch die Container selbst unterliegen diesen extremen Bedingungen auf See, insbesondere die Unterböden und Verbindungsstücke. Aufgrund der fehlenden festen Anbindung des Containermoduls an die Zitadelle und der somit entstehenden ABC-Lücke ist die ABC-Sicherheit der Merz-Container unzureichend. Die Über- gänge in die Deckslagen von außen gewähren also keinen ABC- Schutz. Die Container selbst sind nur zeitlich begrenzt abgesi- chert, da beispielsweise Personal den Container verlassen muss oder Eingriffe abgebrochen werden. Zudem sind die Containerebenen untereinander nicht verbunden. Daher muss aufzubereitendes chirurgisches Instrumentarium aus der unteren Behandlungsebene in die obere Versorgungsebene außerhalb der Container transportiert werden, was die Instru- mente kurzzeitig der Seeluft aussetzt. Schließlich ist auch der Patiententransport aus der Zitadelle in die Behandlungsebene deutlich erschwert durch Süllkanten und gegenläufige Schotten und wird nur durch eine provisorische 24 marineforum 9 – 2022 Bereits am 31. März 2015 konnte BAAINBw S5/S5.1 vier Mög- lichkeiten zur Merz-Ersatzbeschaffung vorstellen. Die reine Nach- beschaffung schied nach den gültigen Beschaffungsrichtlinien aus, weil das ursprüngliche Produkt nicht mehr realisierbar war. Als einzige Alternative ergab sich daher eine Ersatzbeschaffung über eine Produktänderung mit der Vorgabe, dass sich zur Wie- dererlangung der Fähigkeit neue, innovative Realisierungsmög- lichkeiten eröffnen, ohne das umfängliche Beschaffungsverfahren durchlaufen zu müssen. Es fiel die Entscheidung, das Prinzip der Modularität mit Ein- zelcontainern zu verlassen und die Funktionsbereiche des Ret- tungszentrums in einem fest mit dem Einsatzgruppenversorger verbundenen Deckshaus zusammenzufassen. Dieses integrier- te Marineeinsatzrettungszentrum (iMerz) bietet folgende Vorteile: X geschlossene Außenhaut (Umwelt, EMV, Isolierung, ABC) X freie Raumgestaltung unabhängig von den Containermaßen mit verbesserter Raumauslegung und optimierten medizini- schen Behandlungsabläufen X Entfall des Auf- und Abbaus X Minimierung der Nutzungs- und Instandsetzungskosten X zentrale Energiebereitstellung inklusive einer Unterbrechungs- freien Stromversorgung X Fertigung und Vorbereitung unabhängig vom Schiff X fester Übergang vom Deckshaus EGV zum iMerz X direkte Verbindung zwischen den Bettenstationen von EGV und iMerz über einen Fahrstuhl X Übergang zwischen B- und C-Deck innerhalb des iMerz X voller ABC-Schutz Aufgrund der Vorgaben der Ersatzbeschaffungsmodalitäten wur- den die Funktionseinheiten des Merz-Containermoduls beibehal-

Obere Lage C-‐Deck Versorgungsebene i-‐MERZ: Labore, Apotheke, Zahnarzt, Medizintechnik Magazin abonnieren 10 mal im Jahr unab- hängig und überparteilich maritim informiert. Digital+ Inhalte abonnieren Tagesaktuelle News und ausführliche Hintergrundberichte immer on Board. MOV-Mitglied werden Netzwerken, Karriere fördern, publizieren, alle marineforum Produkte lesen u.v.m. … Kunden gewinnen Maritime Community ansprechen und reichweiten- stark kommunizieren. ten, jedoch modernisiert ausgebracht und durch eine Optimierung der Handlungsabläufe neu angeordnet. Hier sind als Beispiele zu nennen: X die Neuentwicklung der Sterilisation sowie deren Ausbringung in der OP-Raumebene B-Deck statt vormals im C-Deck X die Röntgeneinheit X der Patiententransport im Krankenbett von der Bettenstation ins iMerz und umgekehrt über einen Fahrstuhl X die interne Verbindung der Deckslagen durch ein integriertes Treppenhaus Untere Lage B-‐Deck Behandlungsebene i-‐MERZ: OP, Sterilisa@on, Pa@entenversorgung Funktionsräume Bei German Naval Yards Kiel (GNYK) begann der Bau des neuen Rettungszentrums am 25. September 2019 mit dem Brennstart von Außenwandsegmenten des kompakten Deckshauses. Die medizinische Ausstattung wurde im Laufe der Bauentwicklung von Zeppelin Mobile Systeme (ZMS) beigestellt. Am 16. März 2020 entschied die Werft plötzlich, den bereits er- stellten zweistöckigen Rohbau aufgrund von Toleranzüberschrei- tungen zu verwerfen und mit angepasster Technologie und kons- truktiven Anpassungen neu zu erstellen – mit allen Konsequenzen einer deutlich verzögerten und zeitlich nicht zu benennenden Fer- tigstellung des Projekts. Vor der tatsächlichen Anfertigung eines neuen Rohbaus wurden bis Ende des Jahres 2020 die Werkstattzeichnungen grundsätz- lich überarbeitet und dadurch identifizierte, die Produktqualität und -funktionalität verbessernde Potenziale mit ausgeschöpft. Bis Ende Juli 2021 sollte der Zusammenbau des Deckshauses sowie die Vorausrüstung mit anschließender Abnahme abge- schlossen sein. Im April des Jahres erfolgte jedoch ein erneuter dramatischer Einschnitt beim Projektfortgang. Die Mutterwerft Nobiskrug meldete Insolvenz an, weshalb German Naval Yards aufgrund ausbleibender Zahlungen den Weiterbau einstellte. Erst im September 2021 konnte im Rahmen des Insolvenzver- fahrens eine Lösung zur Weiterführung des Projekts entwickelt und die Arbeiten wieder aufgenommen werden. Im April 2022 konnte die Konstruktion des Deckshauses abge- schlossen und die Einrüstung der Funktionsräume mit Mobiliar und fest einzubauenden Medizingeräteausstattungen, beispiels- weise für die Sterilisation und die Versorgung mit medizinischen Gasen, weiter vorangebracht werden. Am 23. Mai erhielt der Einsatzgruppenversorger FRANKFURT AM MAIN bei GNYK das Deckshaus. Nach Abschluss von dessen Festanbindung mit dem Decksaufbau des EGV sowie der Fer- tigstellung der Inneneinrichtung seiner Funktionsräume verließ das Schiff Ende Juli die Werft. Es erfolgen Funktionsnachwei- se sowohl des iMerz als auch des neu geschaffenen techni- schen Verbunds. Das Rettungszentrum See (RZSee) der nahen Zukunft ist ein fes- ter technischer Wirkverbund zwischen dem Deckshausmodul iMerz und der Plattform Einsatzgruppenversorger. Es zeichnet sich durch folgende Innovationen gegenüber der vorangegan- genen Containerlösung aus: X Integration eines festverbauten Merz-Kompaktmoduls (iMerz) X Modernisierung des Schiffsbetriebs X Verbesserte logistische Versorgung X Modernisierung der Rettungsmittel durch Integration moder- ner Pinassen X Bordintegration des Hubschraubers Sea Lion Flottillenapotheker Jörg Dustmann ist Dezernatsleiter Wehrpharmazie in der Einsatzflottille 2.

Milliarden für die Marine Hans-Uwe Mergener und Holger Schlüter Das Sondervermögen für die Bundeswehr ermöglicht der Marine die Schließung von Fähigkeitslücken. Mit der zwischen Ampel- koalition und Union am 29. Mai erzielten Einigung auf das 100 Milliarden Euro große Sondervermögen für die Bundeswehr zeichnen sich die Umrisse des zu erwartenden Beschaffungspakets ab. Mit dem Geld soll sichergestellt werden, dass die Streitkräfte das für die Erfüllung ihres Auftrags notwendige Material erhalten. Das Sondervermögen Bundeswehr wird im Einzelplan 60 ge- führt. Der Wirtschaftsplan wurde im Juni veröffentlicht. Mit den in ihm enthaltenen Maßnahmen sollen bedeutsame Ausrüstungs- vorhaben, insbesondere komplexe, überjährige militärische Be- schaffungen gesichert finanziert werden. Demnach sind für die Marine Beschaffungen in Höhe von 19,306 Milliarden Euro vorgesehen. In dieser Summe sind Ausgaben für Seefernaufklärer, die in der genutzten Systematik unter die Dimension Luft fallen, nicht berücksichtigt. Veranschlagt sind die Vorhaben Korvette 130 F 126 Future Naval Strike Missile (FNSM) U-Boot Flugabwehrflugkörper (Idas) Unterwasserortung (Sonix) Mehrzweckkampfboote Nachfolger Festrumpfschlauchboot (RHIB) 1010 Die bislang bekannt gewordenen Informationen bedeuten: Das zweite Los K 130 wird mit fünf Einheiten weitergebaut. Somit bleibt es beim Umfang von zehn Korvetten. Was mit den Einhei- ten K 130 geschehen wird, die seit 2008 in Dienst sind, ist offen. Die zusätzlichen zwei Fregatten 126 und die zwei U-Boote der Klasse 212CD sind bereits vertraglich festgehaltene Optionen, die nunmehr eingelöst werden. Mit den Mitteln des Sondervermögens kann die Marine dringend benötigte Projekte anstoßen a i l o t o F : t o o F 26 marineforum 9 – 2022 Die Mehrzweckkampfboote sind eine Fähigkeitserweite- rung des Seebataillons, über die im marineforum schon häu- fig berichtet wurde. Gegebenenfalls werden sie auch für das Kommando Spezialkräfte der Marine beschafft. Damit wird ein seit Langem artikulierter Bedarf erfüllt. Daran geknüpft ist die Zusammenarbeit des Seebataillons mit der königlich-nieder- ländischen Marine. Sonix ist die Weiterentwicklung von Sonobojen zur Unterwas- seraufklärung (Acoustic Intelligence, Acint). Auch die Seefernaufklärer stehen schon lange auf der Wunschliste der Deutschen Marine, um diese wertvolle Fähigkeit zu erhalten. Zu- rückgehend auf die Haushaltsentscheidungen vom Sommer 2021 wurde bislang die Beschaffung von fünf Flugzeugen des Typs P-8A Poseidon des Herstellers Boeing bewilligt. Der operative Bedarf der Marine liegt jedoch bei acht Stück. Mit den nun möglichen Investitionen sieht der Inspekteur der Marine eine große Chance, Einsatzfähigkeit und Kampfkraft seiner Teilstreit- kraft zu stärken. Rechnet man die Bewilligungen des vergangenen Jahres in Höhe von 9,4 Milliarden Euro hinzu, kann die Marine in den beiden letzten Jahren Investitionen von 28,7 Milliarden Euro verbu- chen. Dabei fließt der Löwenanteil in den deutschen Marineschiffbau. Trotz der nun zugesagten Gelder wird sich die Anzahlt der Flag- genstöcke in der Marine nur geringfügig erhöhen. Die U-Bootflottille wächst um vier Einheiten, die Einsatzflottille 2 wird zwei zusätzli- che Schiffe integrieren können. Über die vorgesehene Anzahl der Einsatzboote wurden bislang keine konkreten Angaben gemacht. Als Anhalt könnte das im Januar 2021 gezeichnete CPM-Pha- sendokument „Fähigkeitslücke und Funktionale Forderung (FFF)“ zum Projekt „Taktische Beweglichkeit maritimer Einsatzkräfte auf dem Wasser“ dienen. Dabei geht es um insgesamt fünfzehn Ein- heiten – zehn für das Seebataillon und fünf für die Kampfschwimmer. Derzeit in den Beschaffungsvorhaben nicht erkennbar ist die Berücksichtigung neuer Ha- fenunterstützungsfahrzeuge und anderer Be- triebsfahrzeuge wie Tauchereinsatzboote. Ein Interessenbekundungsverfahren unter dem Ti- tel „Kooperationsgesellschaft zum Erhalt der Schlepp-, Manövrier- und Bugsierfähigkeit für seegehende Einheiten“ wurde am 17. Juni 2021 mit Abgabefrist 23. Juli 2021 ausgeschrieben. Die Marine scheint sich mittlerweile mit einer anderen Lösung (s.S. 44) anzufreunden. Als Konsequenz aus diesen Beschaffungs- vorhaben müssen Infrastruktur, Organisati- on, Ausbildung und Personalgewinnung be- trachtet werden. Dies ist auch an die Zeitlinien des Zulaufs geknüpft. Insgesamt verlangt die Verbesserung der Einsatzbereitschaft durch den unerwarteten Zulauf neuer Einheiten und Waffen von der Deutsche Marine zunächst einen enormen Kraftakt. ≈

Erster deutscher RBS-15-Schuss gegen Landziel Nils Stockfisch Der Lenkflugkörper RBS 15 Mk 3 ist zusammen mit seiner Waffenplattform, den Korvetten der Klasse 130, seit 2008 in den deutschen Seestreitkräften im Dienst. Er wird aufgrund des vergleichsweise großen Gewichts seines Gefechtskopfs als schwerer Seezielflugkörper klassifiziert. Eingesetzt werden kann er sowohl gegen See- als auch gegen Landziele, beispielsweise gegen militärische Infrastruktur oder Raketenabschussfahrzeu- ge. Hierbei werden die Zieldaten in der Regel nicht durch die schiffseigenen Sensoren der Korvetten, sondern durch andere Quellen, als Spotter eingesetzte Kräfte an Land oder die auf Korvetten eingesetzte Drohne Sea Falcon, geliefert. Bislang hatten die Korvetten den schweren Seezielflugkörper nur gegen Seeziele verschossen. Nun erbrachte die Korvette OL- DENBURG mit der Besatzung Echo im Rahmen der Missile Firing Exercise (MFE) 2022 in Nordnorwegen den Nachweis, dass der RBS 15 auch gegen relativ weit hinter der Küstenlinie liegende Landziele eingesetzt werden kann. Schließlich ist es das Ziel, den Flugkörper als Wirkmittel nicht nur in der Dimension See, sondern auch an Land zu etablieren, um die gleichberechtigte Teilhabe der Deutschen Marine am Wirkverbund Joint Targe- ting herzustellen. Für den tiefen Konturenflug des Lenkflugkörpers über Land be- durfte es einer sorgfältigen Vorbereitung und außergewöhnlicher Sicherheitsmaßnahmen. Das gesamte Seegebiet war für den zivilen Schiffs- und Flugverkehr gesperrt. Zudem mussten die norwegischen Behörden entlang der Flugstrecke einige Wohn- häuser räumen lassen, eine öffentliche Straße sperren und Hub- schrauber mit Wärmebildkameras vor dem Schuss einsetzen, um sicherzustellen, dass sich keine Personen in diesem Gebiet aufhielten. Die OLDENBURG übte mit diesem Nachweis für Einsät- ze im Operationsraum Küstenvorfeld, also in flachen und engen Gewässern, in denen die wendigen Korvetten der Klasse 130 mit ihrem relativ geringen Tiefgang flexibel operieren können. Gleich nach dem Abschuss verließ die Korvette, wie unter ech- ten Einsatzbedingungen, ihre Schussposition. Der RBS 15 flog eine anspruchsvolle Route sowohl über See als auch über Land und nutzte so seine Reichweite von über 200 Kilometern gut aus. Während der Gesamtflugstrecke schlug er mehrere Haken über verschiedene Wegpunkte und veränderte zudem auch seine Flughöhe. Mit einem solchen Flugverhalten soll die Abschussstelle und damit die Position der Korvette vor einem möglichen Gegner verschleiert werden. Der Flugkörper trug bei diesem Vorhaben keinen scharfen Gefechtskopf, son- dern eine Art Telemetriekopf mit speziellen Sensoren und ei- nem Sender, um seine Flugdaten exakt erfassen und übertra- gen zu können. Schließlich schlug der RBS 15 in einem Zielgarten, bestehend aus mehreren Containern, auf einer Insel im Schießgebiet um An- døya ein. Äußerst zufrieden zeigte sich der Kommandant der OL- DENBURG, Korvettenkapitän Fabian Dohnke, mit dem Einsatzver- fahren und Flugverhalten des RBS 15. Der Flugkörper habe sich exakt so verhalten, wie er für seinen Einsatz konzipiert wurde. Für Dohnke war das Manöver daher ein voller Erfolg: „Wir konn- ten endlich den für das Waffensystem Korvette fundamentalen und charakterisierenden Einsatz des RBS 15 gegen Landziele nachweisen und haben erneut die Kampfkraft sowie Leistungs- fähigkeit unserer Schiffe unter Beweis gestellt. Die gemachten Erfahrungen bringen wir für das 1. Korvettengeschwader und damit für die ganze Marine mit nach Deutschland.“ Künftig gilt es nun, die Teilnahme der Korvetten an der Missile Firing Exercise fortzuführen. Ziel ist es, das taktische Operati- onsspektrum des RBS-15-Einsatzes auszubauen und vom sta- tischen Systemschießen zu einem dynamischen Truppenschie- ßen unter einem koordinierten Waffeneinsatz zweier Einheiten zu gelangen. Dabei wird die Aufklärungsdrohne Sea Falcon, die für die Korvetten vorgesehen ist, das taktische Operationsspek- ≈ trum der Schiffe effektiv erweitern. Oberleutnant zur See Nils Stockfisch ist Decksoffizier der Besatzung K 130 Echo. Erfolgreicher Schuss von der Korvette OLDENBURG 9 – 2022 marineforum 27 e k c n ö r K l e c r a M w B / : o t o F

Zukunftsmusik und Gegen- wartsbezug an der Förde Sebastian Bruns Experten und Praktiker kamen erstmals seit 2019 wieder beim Kiel International Seapower Symposium 2022 zusammen. Thematisch ließen sie den strategischen Blick schweifen. Ein häufig vor allem britischen Premierministern verschie- dener Epochen in den Mund gelegtes Bonmot sagt, dass Vorhersagen schwierig sind – ins- besondere, wenn sie die Zukunft betreffen. Rund 100 dement- sprechend mutige und motivierte Gäste kamen trotzdem kürzlich beim diesjährigen Kiel International Seapower Symposium (KISS) zusammen, um über Naval Warfare 2040 und über Strategien für den Ostseeraum zu beraten. Vorhersagen waren natürlich nicht zu treffen, sondern vielmehr Szenarien zu entwickeln, welche die ma- ritime Sicherheit zwischen heute und in knapp 20 Jahren betreffen würden. Das Symposium, das mittlerweile siebte seit 2015, fand nach den pandemiebedingten Veränderungen der letzten beiden Kalenderjahre nunmehr wieder in Präsenz statt. Dankbarkeit und Vergnügen, wieder unter seinesgleichen zu weilen, waren bei den Vertretern aus Wissenschaft, Streitkräften, Politik, Wirtschaft und Verbänden allenthalben zu spüren. KISS ist längst ein fester Bestandteil im transatlantischen, maritim-sicherheitspolitischen Kalender und mittlerweile Europas größte Seapower-Konferenz. Erstmalig wurde die Tagung vor die Kieler Woche gezogen, um nicht mit dem Berliner parlamentarischen Kalender zu kollidieren und um die Konferenz zweitägig durchzuführen. Während der erste, vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISPK) verantwortete Tag sich mit dem strategischen Ausblick auf das Jahr 2040 befasste, stand der von der Hermann-Ehlers- Stiftung organisierte zweite Tag ganz im Zeichen der Ostsee. Auf diesem Weg verband sich also der maritime Weitblick einerseits mit den sehr gegenwärtigen, politisch und geografisch nahen und nächsten Herausforderungen. Eröffnet wurde KISS 22 durch Prof. Dr. Jürgen Krahl, Präsident der Fachhochschule Lemgo. Der ausgewiesene Zukunftsfor- scher führte plastisch in das Jahr 2040 und skizzierte die tief- greifenden Veränderungen politischer, gesellschaftlicher und technologischer Natur, die Versprechen und Bedrohung zugleich sein dürften. Ressourcenkonflikte und technologische Durch- brüche, künstliche Intelligenz und aggressiver Nationalismus sind nur einige der Beispiele, die – sich häufig gegenseitig ver- stärkend – auf uns warten. Aus maritim-planerischer Sicht gilt es einerseits, diese Aspekte der kommenden Sicherheitspoli- tik zu antizipieren, andererseits aber auch die Herausforderun- gen der Gegenwart nicht aus dem Blick zu lassen. Das folgen- de Panel nahm sich dieser Problematik an und versuchte sich an einer Verknüpfung des russischen Kriegs gegen die Ukraine mit dem Brückenschlag von 2022 nach 2040. Das hochrangig besetzte Podium kam zu dem Schluss, dass die Marinen der NATO auf die seit 2014 in die Wege geleiteten Veränderungen und Verbesserungen aufbauen könnten. Die Redner wiesen da- rauf hin, wie wichtig abschreckende maritime Präsenz an Hot- spots sei. Einig waren sie sich dabei, dass der Fluch der kleinen 28 marineforum 9 – 2022 Zahl an seegehenden Einhei- ten europaweit eine auch bis 2040 kaum überwindbar er- scheinende Hürde darstelle. Im Anschluss diskutierten Po- litikwissenschaftler und Marineoffiziere darüber, wie die mariti- me Planung – beispielsweise Beschaffung, Ausrüstung, Betrieb, Flexibilität, Nachhaltigkeit – des vormaligen Friedensbetriebs der veränderten Lage angepasst werden könne und welche Lek- tionen aus Fehlern bei vergangenen Beschaffungen von Mari- neschiffsklassen zu ziehen seien. Die vierte Sektion des Tages versammelte dann ausgewiesene Fachleute, die sich mit der menschlichen Komponente in Ausbildung und Weiterentwick- n e s f e l h t e D r a n n u G : s o t o F Konteradmiral Luis de Carpio, Dr. Alix Valenti, Bruce Stubbs, Flottillenadmiral Christian Bock, Dr. Sebastian Bruns (v.l.) Julian Pawlak, Niklas Granholm, Samu Paukkunen (v.l.)

lung beschäftigen. Gemäß einem anderen oft verwendeten Bon- mot sind es schließlich Menschen, nicht Schiffe, die kämpften. Die wissenschaftliche, militärische und intellektuelle Befassung mit maritimer Strategie – auch als lebenslanges Lernen – stand hier im Mittelpunkt des Geschehens. Der zweite Konferenztag wartete als „Focus Day: Baltic Sea“ dann mit einem eher geografisch geprägten Schwerpunkt auf. Dazu gesellte sich ein heterogeneres, im besten Sinne politi- scheres Publikum. Auf den Panels diskutierten Diplomaten aus dem Ostseeraum mit sicherheitspolitischen Experten aus dem zivilen und militärischen Bereich. War der Vortag von der militär- und marinestrategischen Debatte geprägt, so stand der zweite Konferenzabschnitt im Zeichen der NATO-Beitrittsgesuche von Schweden und Finnland im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Mithin handelte sich es also um eine politische, in Zügen geostrategische Debatte. Als höchstrangingen Pane- listen konnten die Organisationen rund um Konferenzchair Jo- hannes Peters (ISPK) dabei den Chief of Naval Operations der amerikanischen Marine, Admiral Mike Gilday, begrüßen. Die si- gnifikant erhöhte US-Marinepräsenz in der Ostsee zeigte sich auch mit der USS KEARSARGE, einem amphibischen Hubschrau- berträger, die an der zeitgleich mit KISS stattfindenden Übung Baltops in der Region teilnahm und Anfang August zusammen mit der USS ARLINGTON wieder in das Baltische Meer einlief. Die Befassung mit maritimer Strategie dies- wie jenseits deutscher Küsten bleibt angesichts der getrübten, ja angespannten Welt- lage Auftrag und Verpflich- tung für Politik, Wissenschaft und die Marine selbst. Ein ausführlicher Konferenz- bericht der von der Kon- rad-Adenauer-Stiftung ge- förderten Zusammenkunft befindet sich in Vorbereitung und wird über die Website www.kielseapowerseries.com abrufbar sein. Das Kiel Inter- national Seapower Sympo- sium 2023 wird thematisch derzeit vorbereitet. ≈ Dr. Sebastian Bruns ist Senior Researcher am In- stitut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel (ISPK), Mitbegründer des Kiel Inter- national Seapower Sympo- siums und war zuletzt Mc- Cain Fulbright Distinguished Visiting Professor an der US Naval Academy, Annapolis, Maryland (USA). Johannes Peters mit Admiral Mike Gilday

Nur Schiffe im Kopf Holger Schlüter Mit Ideen, Kreativität und Leidenschaft hat sich Tamsen Maritim einen Platz in der deutschen Werftenlandschaft erobert. Ein Besuch an der Warnow. Werften waren immer schon spannend. Re- portagen beginnen daher gern mit der Historie. Erzählungen handeln dann von Traditionen und von Baunummern, legendären Klassen und alter Handwerkskunst. Nicht so bei Tamsen Maritim. Zwar könnte man den Standort Rostock-Gehlsdorf bis 1850 zurückverfolgen, aber mit dem, was man heute vorfindet, hat das wenig zu tun. Keine Büsten von Gründern, keine Ölgemälde alter Schoner und schon gar keine Sammlungen aus Messing oder Takelagegedöns. Die Anlage ist fast neu, strahlt planerische Weitsicht aus, kein alter Backstein mit verbauten Ecken, der den Schiffbau mehrerer Jahrzehnte widerspiegelt, sondern frisch aufgeräumte deutsche Werftindustrie. Die Wege vom Empfang zum Chef, vom Besprechungsraum zur Planung und von allen Büros zu den Hallen sind sehr kurz. Man spürt keine Distanzen, weder räumlich noch persönlich. Und so nahbar fällt auch die Begrüßung aus, nämlich krawatten- und allürenfrei. Der erste Blick streift detaillierte Pläne an den Wänden und unzählige Kundenbilder mit Widmungen. Dazwischen wandert der Blick stets Richtung Wasser, was die Kreativität fördert. Man wird geradezu überflutet von Informationen über Projekte und Ideen. Und davon hat Christian Schmoll, Geschäftsführer seit 2009, eine scheinbar unerschöpfliche Menge. Schon als Junge, so sagt er, hatte er zum Leidwesen seiner Eltern nur Schiffe im Kopf. Alles konnte warten, nur eben das nicht. Und diesen Enthusiasmus hat er sich erhalten, brennt für seine Pro- jektideen, erzählt von seiner Leidenschaft fast im Flüsterton, springt dabei zwischen Fakten und Bewertungen und verbirgt den Stolz auf seine Werft und seine Mitarbeiter ganz und gar nicht. „Weil wir alles selber können“, begründet er dies. Der ehe- malige Schiffsicherungsgast der Marine, Schlosser und Inge- nieur blickt auf Erfahrungen bei großen deutschen Werf- ten zurück und hat seine Be- stimmung bei Entrepreneur, Luxus-Sportwagen-Händler und Helikopterpilot Heiner Tamsen offenbar gefunden. Wie es dazu kam? 1994 gründeten auf dem Gelände der frü- heren Max-Rohde-Werft in Gehlsdorf die Werft Abeking & Ras- mussen aus Lemwerder und die Meyer Werft aus Papenburg die A&R Neptun Werft. Bis heute wurden Wartungs- und Re- paraturarbeiten an mehr als 1200 Yachten, Booten und Schif- fen, insbesondere für die Deutsche Marine und den öAG, den öffentlichen Auftraggeber, durchgeführt. Der Technik im Werft- gelände mit seinen Verfahrsystemen ist heute noch anzusehen, für wen sie erdacht wurde. Unter anderem gibt es eine bewegli- che Pier-Anlage speziell für Schnellboote. In der ersten Ausbau- phase wurden damals mehr als 23 Millionen Euro investiert, um die Werft voranzubringen, beispielsweise durch den Bau eines Schiffslifts mit einer Kapazität von bis zu 1500 Tonnen. In der zweiten Ausbauphase bis 2006 wurden 38 Millionen Euro für die Vergrößerung der Produktionshallen auf 24 000 Quadratmeter ausgegeben, dazu gehört die größte Fünf-Achsen-CNC-Fräse Europas für große Bauteile aus Kunststoff. Die zwei voneinan- der unabhängig arbeitenden Fräsportale sind für Bauteile von bis zu 73 Meter Länge und 13 Meter Breite konstruiert. Im Ok- tober 2009 – die Wirtschaftskrise hinterließ Spuren – übernahm der heutige Namensgeber die Werft. Unternehmensziel ist der Bau und die Reparatur von Behörden- und Spezialschiffen. Am Rande sei angemerkt, dass auch der 2012 gefertigte GORCH- FOCK-Übungsmast für die Marineschule Mürwik hier entstand. Der Werftprospekt zeigt nicht ohne Grund ein Gruppenbild al- ler Mitarbeiter: 130 Menschen arbeiten hier in Fertigung, Kons- Geschäftsführer Christian Schmoll c s h : s o t o F 30 marineforum 9 – 2022 Überholung des Minensuchboots Ex-ENSDORF der Marinetechnikschule

truktion und Design, ständig hat man bis zu 16 Azubis an Bord – und betreibt damit Vorsorge gegen Fachkräftemangel so gut es eben geht. Schmoll kennt seine Mitarbeiter, er weiß genau, wer welche besonderen Fähigkeiten und Kenntnisse hat und welche Erfahrungsträger er in seinem Team hat. Er sorgt sich, weil die Generation der Spezialisten nach der Wende langsam in Rente gehen wird. Für ihn sind das eben nicht nur Arbeitsplät- ze, sondern wertvolle Fähigkeiten, die nicht austauschbar sind. Neben der Wartung und Reparatur von Marine- und Behörden- schiffen hat Tamsen Maritim auch den Service für Versorgungs- schiffe der Offshore-Windparks parat. Dazu gehört der Bau von Formen zur Herstellung von Rotorblättern für Windenergieanla- gen. Das ist ein breites Portfolio und der Rundgang durch die betriebsam gefüllten Hallen zeugt denn auch von der Vielfalt der Aufträge. Man staunt, was man alles sehen darf. In jeder Halle, an jedem Platz, in jeder Ecke wird an einem anderen Projekt gearbei- tet. Ein Hafenschlepper, das Schul-Minenjagdboot Ex-ENSDORF der Marinetechnikschule, ein DGzRS-Kreuzer, ein Touristenschiff und am Rande ein traditionelles altes Fischerboot, welches von der immer seltener werdenden Zunft alter Holzschiffbauer kalfa- tert wird. Ein Herz für Schiffbautradition steht hier offenbar über dem Gedanken von Moderne und Profitabilität. Rund 60 kleine und mittelgroße Schiffe werden pro Jahr gewartet und instand gehalten. Neben der Wartung von Behörden- und Fahrgastschiffen, Seenotrettungskreuzern, Schleppern und Ein- heiten der Deutschen Marine baut man auch neu: aktuell zwei Patrouillenboote, die von der Generalzolldirektion bestellt wur- den und für den Einsatz im Wattenmeer bestimmt sind. Die je 23 Meter langen Aluminiumrümpfe haben einen Tiefgang von nur 1,20 Meter. Bei Ebbe können die Boote trockenfallen, Finnen am Unterboden halten die Schiffe seitlich stabil. Ausgestattet sind sie mit je zwei 880 Kilowatt starken Motoren. „Die Aggregate er- füllen mit ihrem Abgasreinigungssystem die strengen Limits für Schiffsemissionen“, sagt Schmoll. Und: „Nach 20 Jahren entste- hen in Deutschland zum ersten Mal wieder wattfähige Schiffe.“ Als trauriges Mahnmal versäumter Planungen und frühzeitiger Regeneration steht weit abseits der Hallen in mattgrüner Grun- dierung der Mehrzweckschlepper WANGEROOGE der deutschen Marine auf dem Helgen. Während große Teile seiner Technik ausgebaut in der Halle auf Aufarbeitung warteten, wurde kürz- lich die Entscheidung zur Außerdienststellung getroffen. Viel war wohl nicht mehr zu retten, was genau erfährt man nicht. Wer Christian Schmoll ein wenig kennt, sieht ihm die Enttäuschung, insbesondere über die Kommunikation und den Ablauf förmlich an. Doch dem Profi kommt kein Wort der Kritik über die Lippen – als ehrenamtlich in der Vereinigung Reunion Marine Aktiver lebt er die Solidarität des blauen Tuchs. Was sind seine Pläne, will ich wissen? Davon hat er viele parat, im Kern will er reparieren, warten, konstruieren und neu bauen: „Wer repariert, kann auch bauen. Umgekehrt geht das nicht“, sagt er überzeugt. Und wie zum Beweis skizziert er seine Visio- nen von zukünftiger Minenabwehr, von Einsatzmöglichkeiten für Kunststoffteile auf Marineschiffen und von einer Produktfamilie für Behördenschiffe. Bedeutsam ist ihm dabei ein hoher Qua- litätsanspruch, den er nicht nur sich selbst abfordert, sondern den er allgemein als Stärke deutscher Werften sieht. Die Frage, welches Bauvorhaben ihm besonders am Herzen liegt, beant- wortet er spontan: ein Kampfboot für die Deutsche Marine. Seine konkrete Vorstellung eines zukünftigen Combat-Bootes ist das SMK 17, ein Gegenentwurf zu den schwedischen und finnischen Konstruktionen. Er zeichnet ein 45 Knoten schnelles und 20 Ton- nen schweres Gerät für das Seebataillon, welches mit dem von Airbus gebauten Militärtransporter A 400M lufttransportfähig ist Hafenschlepper LANGENESS der Deutschen Marine und flexibel an die Anforderungen von Spezial- und spezialisierten Kräften angepasst werden kann. Dass es bereits marktverfügba- re Systeme gibt, spornt ihn dabei an. Für dieses Projekt formier- te sich das „Team Deutschland“ mit den Firmen Plath, Hensoldt und Hagenuk. Bisher kam es nicht zum Bau eines Prototypen, die Planungen sind – so Schmoll – aber baureif. Die Sorge der Werftindustrie, dass trotz der Einstufung des Marineschiffbaus als Schlüsseltechnologie aufgrund von Verfügbarkeit und damit l a i t ät un Q u seit 1919 d Innova t i o n Klausdorfer Weg 163 | 24148 Kiel | Germany Tel. +49 (0) 431 6 6111-0 | Fax -28 [email protected] | www.podszuck.eu 9 – 2022 marineforum 31

Neubauten für den Zoll Schnelligkeit im Sinne des neuen Beschaffungsbeschleunigungs- gesetzes Aufträge und Wertschöpfungen ins Ausland abwandern könnten, teilt man auch an der Warnow. Gleichwohl werden bei Tamsen Maritim bereits zwei Arbeitsschiffe für die Bundeswehr gebaut. Wegen gleichzeitiger Produktionszeiten in Gehlsdorf werden die 20 Meter langen STS-Boote (Sicherung, Transport, Schleppen: siehe marineforum 5-22) derzeit in Kooperation auf der Werft SET Tangermünde an der Elbe produziert. Und Christian Schmoll macht Ernst: Man will Spezialschiffe bis zu einer Länge von 50 Metern entwickeln und bauen, dafür hat er das Konstruk- tionsteam auf 15 Mitarbeiter erweitert. Fertigung von Aluminiumaufbauten So ein Tag hinterlässt Eindrücke: Man hat Stahl und Alumini- um angefasst, Schweißdraht gerochen und den Widerhall von Werkzeugen in großen Hallen gehört. Wenig verwunderlich, dass man anschließend selbst eine Weile nur Schiffe im Kopf hat. ≈ Daten und Fakten Fläche des Werftgeländes Überdachte Fläche 54.000 qm 25.000 qm 8 Werkstätten und Hallen 28–81 m Länge 5 x Unterkunftsliegeplatz bis zu 90 m Länge Fünf-Achs-CNC-Fräsmaschine 70 m x 13 m x 7 m Schiffsanlegestelle Pierlänge 65 m x 20 m, 1500 t max. 300 m Die Reparatur eines Fischerboots erfordert traditionelles Handwerk 32 marineforum 9 – 2022

„Ihr könnt Euch auf mich verlassen!“ Holger Schlüter Im Juli konnte die Flensburger Schiffbau- boote, Rümpfe und Aufbauten von Tendern und Einsatzgrup- penversorgern gebaut. Sogar Forschungsschiffe verließen die Hallen am Westufer der Innenförde. Über Jahrzehnte hinweg fand man sich am Ostufer gegenüber der Werft ein, um unter Typhon-Geheul Schiffe ins Wasser gleiten zu sehen: Eine freie Stunde war da für die Pennäler der Schulen am Ostufer schon mal drin – oft auch ohne Wissen der Lehrer. Phillip Maracke, Lars Windhorst, Simone Lange und Flensburgs Stadtpräsident Hannes Fuhrig (v.l.) Gesellschaft ihr 150. Jubiläum feiern. Durch das finanzielle Engagement von Investor Lars Windhorst hoffen die Mitarbeiter auf eine gesicherte Zukunft. Die jüngsten Zeiten, die hin- ter der Flensburger Schiff- bau-Gesellschaft (FSG) liegen, waren von wenig Optimismus geprägt. Im Gegenteil, Krisen- stimmung dominierte die letzten Jahre und mehrfach stand das traditionsreiche Unternehmen vor dem Aus. Doch die alte Werft an der Förde schöpft Kraft aus dem Standort vis-à-vis der Marineschule Mürwik, ihrer Lage in Sichtweite eines uralten Hafens und ganz besonders aus ihrem Personal, der seit Langem starken Bindung zu den hier arbeitenden Männern und Frauen und der damit verbundenen Einbettung in die Gesellschaft der Fördestadt. Schließlich schwingt auch diese unerschütterlich norddeutsche Mentalität mit, dass man schlechtem Wetter ge- fälligst mit entsprechender Kleidung zu begegnen hat und dass jammern nicht gilt. Aber immer konnte sich die Werft am Markt behaupten, sich als Spezialist etablieren und die Innovation als Leitbild im Herzen tragen. Zuletzt waren die Flensburger zwar Weltmarktführer für Ro-ro- und Ro-pax-Fähren, aber es waren bewegte Zeiten. Eigner gab es viele: In den Neunzigern war es die Reederei Oldendorff aus Lübeck, später die norwegische Siem-Gruppe. Dieses Auf und Ab führte 2020 in die Insolvenz. Gründe gab es wohl zuhauf. Man kann von Planungsfehlern, Zuliefererproblemen und natürlich auch vom Weltmarkt allgemein sprechen. Seit 2020 ist nun die Tennor Holding des Investors Lars Windhorst Eigentümer. Nicht nur deshalb feierte die Flensburger Schiffbau-Gesell- schaft (FSG) am 2. Juli ihr 150-jähriges Jubiläum. Seit 1872 wer- den Schiffe gebaut und insgesamt 750 Fracht-, Passagier- und Spezialschiffe von der Förde in die Welt geschickt. Vom Segel- schoner über U-Boote, Frachter, Containerschiffe und Ro-ro- Fähren war alles dabei. Für die Marine wurden Flottendienst- Die Mitarbeiter der FSG schauen optimistisch in die Zukunft Die große Halle an der Förde ist bereit für das nächste Projekt 9 – 2022 marineforum 33

Von der FSG entwickelter Ro-ro-Typ 4100 in Marinefarben: Option für die Seestreitkräfte? Dazu wird man sich auch um den Bau des Forschungsschiffes POLARSTERN II bewerben. „In der 150-jährigen Geschichte der FSG hat der Bau von Marineschiffen im- mer eine Rolle gespielt. Die Kon- struktion des größten Schiffs der Deutschen Marine ist hier erfolgt. Auch die drei im Einsatz befindlichen Flottendienstboote wurden hier ent- wickelt und gebaut, die Tender ebenfalls“, erläuterte er. „Für un- sere Zukunftsstrategie spielt die Marine eine wichtige Rolle.“ Die Werft, so Maracke, habe in der Gesellschaft Flensburgs immer eine große Rolle gespielt, und man werde hier auch in 150 Jah- ren noch Schiffe bauen. Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange war eben- falls Gast der Jubiläumsfeier. „Diese Werft hat die vergange- nen 150 Jahre überstanden, weil sie immer mit der Zeit ge- gangen ist und auf Qualität und Spezialisierung gesetzt hat. Deshalb hat sie auch eine Zukunft!“, sagt sie. Sie forderte die Anwesenden aus der Politik auf, diese Botschaft auch nach Berlin zu tragen. Oberbürgermeisterin Simone Lange hob die Verbundenheit der Stadt mit der Werft hervor Manchmal hieß es „Ende“, doch immer fand sich eine Lösung, so wie 2019, als die Tennor Holding von Investor Lars Windhorst einsprang. Als 2020 Insolvenz beantragt wurde, übernahmen mehrere zu Tennor gehörende Gesellschaften die Werft mit den rund 350 Beschäftigten. Der Neustart schien gelungen, nur Auf- träge gab es noch nicht. Inzwischen hat sich doch noch viel bewegt, und nach dem kritisch beäugten wirtschaftlichen Neu- start kam der Neubau 782 zu Wasser. Der erste Stapellauf am 17. Juni war eine 210 Meter lange Ro-ro-Fähre, die von Flens- burgs Oberbürgermeisterin Simone Lange als Taufpatin auf den Namen MV TENNOR OCEAN getauft wurde. Auftraggeber ist die IVP Ship Invest, ein Unternehmen der Tennor-Gruppe von Lars Windhorst. Verhandlungen zum Verkauf oder zur Vercharterung der Fähre sind noch nicht abgeschlossen. Das Schiff hat vier Decks, kann auf 4000 Meter länge Lkw-Anhänger aufnehmen, benötigt vergleichsweise wenig Kraftstoff und hat ein modernes Beladungskonzept. Der Typ wurde von der FSG entwickelt und bereits mehrfach gebaut – es ist der Ro-ro-Typ 4100. Im Som- mer soll die Inbetriebnahme und im Herbst die die Probefahrt stattfinden. Mittlerweile gibt es wieder externe Aufträge, auch in Zusammenarbeit mit der Werft Nobiskrug in Rendsburg, die ebenfalls von der Gruppe um Windhorst übernommen wurde. Anfang Juli also fanden sich rund 2000 Gäste auf dem Werftge- lände ein. Mitarbeiter, Familien und prominente Besucher hatten die Möglichkeit, sich die Anlagen und Gewerke von Nahem an- zuschauen – und auch die neue TENNOR OCEAN zu besichtigen. Noch lange kein Ende Optimismus klang denn auch in den Festreden an. Geschäfts- führer Philipp Maracke, Geschäftsführer der Flensburger Schiff- bau-Gesellschaft, erinnerte an die Geschichte der Werft, an ih- re Tradition, die Höhen und Tiefen und die Stärken. Die letzten Jahre gab es schwere See, aber „es klart sich auf“ betonte er. Für die Zukunft sieht er drei große Chancen für die Werft: ers- tens die Zusammenarbeit mit Nobiskrug im Yachtbau, zweitens die Innovationskraft bei der Schadstoffreduzierung und drittens den Marineschiffbau. Bei Letzterem spielte er darauf an, dass die Marine vom 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr pro- fitieren wird und Aufträge zu vergeben hat. 34 marineforum 9 – 2022

„China kann man nicht alleine schlagen“ Dr. Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik, sagte an Lars Windhorst gerich- tet, er habe sich „eine alte Dame angelacht“, und hob die Tra- dition und das Selbstbewusstsein hervor. In bei ihm gewohnt klar-kritischem Ton wies er auf die Herausforderungen hin: ex- plodierende Preise, Kosten der Inflation und dauerhafter Preis- druck aus China waren auch als mahnende Worte an die Poli- tik gerichtet. „China kann man nicht allein schlagen, die Politik muss mithelfen“, sagte er deutlich. Europa habe eigenen Be- darf und sei der größte Binnenmarkt der Welt, neue Chancen entstünden durch die Anforderungen an die Klimaneutralität. 20 000 Schiffe gelte es umzurüsten, Tanker für Wasserstoff zu bauen und neue Märkte damit zu erschließen. Auch die Aus- stattung der Bundeswehr sei eine große Chance. Vielleicht hilft ja, so Lüken, dass in der Bundesregierung viele Norddeutsche säßen und spielte damit unter anderem auf Kanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck an. „Zeitenwende heißt auch zeitnah!“ Lars Windhorst bezeugte seinen großen Respekt für die Tra- dition und betonte, dass er es als Unternehmer gewohnt sei, Risken zu tragen. Er betonte an den Beispielen LNG und Scrubber-Technologie die Innovationskraft der Werft, wobei sich bei LNG die Mienen nicht erhellten. Umso mehr jedoch bei seinem Ausblick auf positive Nachrichten: Er kündigte neue Investitionen an, darunter den Erwerb des Schwimm- docks der Werft Pella Sietas, wobei er das Wort Insolven- zmasse mied. Ferner avisierte er eine Zusammenarbeit bei der Bearbeitung von Aufträgen mit der Nobiskrug-Werft und warb für Marineaufträge. Mit der vorhandenen Erfahrung und Kapazität könne man sofort anfangen. „Zeitenwende heißt eben auch: zeitnah!“, sagte er selbstbewusst. Vorher hatte er ein klares Bekenntnis an die Mitarbeiter abgegeben: „Ihr könnt Euch auf mich verlassen!“ ≈ Schiffbau Kapazitäten in Flensburg Werftfläche Überdacht Helgenhalle 125 000 m2 60 000 m2 275 x 45 x 43 m Baukapazität Helgen 220 x 32,5 m Ablaufgewicht Krankapazität 14 000 t 2 x 120 t, 1 x 40t, 1 x 60 t Ausrüstungspier 2 x 220 m Produktionskapazität 25 000 t Stahl p.a. RENK. EMPOWERING FORCES. AED – der ultimative Antrieb für leise Schiffe. Besuchen Sie uns: Stand 207, Halle A3, Hamburg 6.- 9. September 2022 Wir sind stolz, dass die zukünftigen deutschen AED kombiniert einen schnelllaufenden Elektromotor mit Fregatten der Klasse F126 neben den Hauptgetrieben einem Untersetzungsgetriebe. Die Vorteile: kompakte auch mit der zweiten Generation unseres Advanced Bauweise, erhebliche Gewichtseinsparung und Electric Drive (AED) ausgerüstet werden. Der RENK unvergleichbar leiser Lauf auf U-Boot-Niveau. www.renk-group.com 9 – 2022 marineforum 35

Langjähriges Bauvorhaben Stefan Ulsamer Entsprechend seinem technologischen Stand baut Südkorea moderne Fregatten für seine Marine. Exportpotenzial eingeschlossen. Die knapp 52 Millionen Ein- wohner zählende Republik Korea – kurz Südkorea – gehört zu den wohlhabendsten und wirtschaftlich sowie technologisch am weitesten fortgeschrit- tenen Ländern Asiens. Geografisch befindet sich der 1948 gegründete Staat, der den größten Teil der koreanischen Halbinsel einnimmt, zwischen Japan und der Volksrepublik China, umgeben vom Gelben, Ostchinesischen und Japani- schen Meer. Die einzige Landgrenze unterhält Südkorea mit Nordkorea, mit dem es seit der Staatsgründung in einem dauerhaften Konflikt steht, aufgrund dessen das südkoreanische Militär zu den am besten ausgestatteten Streitkräften der Welt zählt. Die Marine der Republik Korea umfasst heute rund 70 000 Personen. Während in den ersten Jahrzehnten ih- res Bestehens das schwimmende Material hauptsächlich aus Einheiten bestand, die von der US Navy ausgemustert wurden, kam es Mitte der 1970er-Jahre im Rahmen des ersten Yulgok- Projekts zu einer „Koreanisierung“ des Verteidigungsbereichs, infolge dessen auch ein größeres Marinebaupragramm angesto- ßen wurde. Nach dem Lizenzbau von vier Kanonenbooten der amerikanischen ASHEVILLE-Klasse als PSMM Mk 5 Multi-Purpose Patrol Boat wurden insgesamt 28 Korvetten der DONGHAE- und POHANG-Klassen sowie neun Fregatten der ULSAN--Klasse zwi- schen 1980 und 1993 gefertigt, ehe sich die südkoreanische e n i r a M e h c s i n a e r o K : o t o F Die INCHEON (FFG-811) ist das Typschiff der Klasse Das FFX-Programm soll die neun Fregatten der ULSAN-I-Klasse ersetzen 36 marineforum 9 – 2022 36 marineforum 9 – 2022 y v a N S U : t o o F

e n i r a M e h c s i n a e r o K : o t o F Auch die insgesamt 24 Korvetten der POHANG-Klasse werden durch FFX abgelöst Marine dem Ersatz ihrer noch aus dem Zweiten Weltkrieg stam- menden ehemaligen US-Zerstörer durch moderne, in Korea ge- fertigte Lenkwaffenzerstörer zuwandte. Beim Bau der Fregatten und Korvetten konnten insgesamt fünf daran beteiligte Werften (Korea Tacoma, Korea Shipbuilding, Hyundai Heavy Industries, Daewoo Shipbuilding und Hanjin Heavy Industries) wichtige Er- fahrungen im Marineschiffbau sammeln. Parallel wurden zahl- reiche von den Korvetten abgeleitete Schiffe für die südkorea- nische Küstenwache sowie in weiterentwickelter Form für die indische Marine gebaut. INCHEON-Klasse Zeitgleich zum Zulauf erster Lenkwaffenzerstörer aus koreanischer Produktion Anfang des 21. Jahrhunderts konzipierte die südko- reanische Marineführung den Ersatz der 37 vorhandenen Kor- vetten und Fregatten durch das Programm Future Frigate Expe- rimental, kurz FFX. Dabei sollten insgesamt 24 hochseetaugliche Fregatten mit Helikopterdeck sowie Hangar die für den Einsatz im Küstenvorfeld ausgelegten bisherigen Fregatten und Korvet- ten ersetzen. 2010 ging der Bauauftrag für die erste Fregatte, die INCHEON (FFG-811), an die Hyundai-Werft in Ulsan. Dort wurden zwei weitere Schiffe gefertigt, ergänzt um drei zusätzliche Einhei- ten, die von STX Offshore & Shipbuilding in Changwon gebaut wurden. Alle sechs der 114 Meter langen und voll beladen rund 3250 Tonnen verdrängenden Schiffe der INCHEON-Klasse – offi- ziell auch als FFG-1 bezeichnet – wurden zwischen Januar 2013 und November 2016 in Dienst gestellt. Angetrieben werden sie von einem CODOG-Antrieb bestehend aus zwei Dieselmaschinen des Typs MTU 12V 1163 TB83 und zwei LM2500-Gasturbinen von General Electric. Zur Bewaffnung zählen ein 127-Millimeter- Schiffsgeschütz Mk 45 Mod 4, acht Seezielflugkörper SSM-700K Sea Star (Hae Seong) in zwei Vierfachstartern sowie RAM-Starter und Phalanx CIWS zur Nahbereichsverteidigung. DAEGU-Klasse Die auf die INCHEON-Klasse nachfolgende DAEGU-Klasse – auch als FFG-2 bezeichnet – umfasst acht Schiffe, deren Bauaufträge je zur Hälfte auf Hyundai in Ulsan sowie Daewoo in Geoje aufgeteilt e n i r a M e h c s i n a e r o K : o t o F Die INCHEON-Klasse ist die erste koreanische Fregattenklasse mit Helikopterhangar und Flugdeck • Uniformen nach Maß online konfi- gurieren (beispielsweise Innenfutter farbig, Kompanie- oder Geschwaderwap- pen, eingesticker Name) • Schneidige Schirmmützen, Schiff- chen und handgestickte Schulter- klappen • Edle Accessoires (Winkel. Gürtel,...) • Stilvolle Abendgarderobe • Kameradschaftliche Geschenke • Diensthemden nach Maß und Kon- • Änderungsservice bei Beförderun- fektion gen STILVOLL DIENEN Mit Uniformen nach Maß www.schlueter-uniformen.de schlueteruniformen schlueteruniformen

e n i r a M e h c s i n a e r o K : o t o F s e i r t s u d n Die bei Daewoo gebaute ROKS GYEONGNAM ist die zweite Einheit der DAEGU-Klasse. Das VLS vor der Brücke stammt aus koreanischer Produktion wurden. Die erste Einheit, die DAEGU (FFG-818), lief im Juni 2016 bei Daewoo vom Stapel. Das achte Schiff wird voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2022 bei Hyundai zu Wasser gelassen. Bisher wurden zwei Schiffe in den Dienst der südkoreanischen Marine gestellt. Die Schiffe der DAEGU-Klasse sind 116 Meter lang und verdrängen voll beladen knapp 3600 Tonnen. Auffällig sind die im Vergleich zur INCHEON-Klasse stark veränderten vorderen Aufbauten zur Reduzierung der Radarsignatur sowie der vergrö- ßerte Helikopterhangar am Heck. Bei der DAEGU-Klasse kommt erstmals ein CODLOG-Antrieb zum Zug, bestehend aus einer Gasturbine des Typs Rolls-Royce MT 30 und vier Hochgeschwin- digkeits-Dieselgeneratoren, die zwei Leonardo-Permanent-Mag- net-Elektromotoren antreiben. Die Ausstattung der DAEGU-Klasse wurde um ein aus 16 Zellen bestehendes Vertical Launching Sys- tem (VLS) aus koreanischer Produktion namens K-VLS ergänzt, das für den Abschuss von K-SAAM-Luftabwehrraketen, Hong- Sang-Eo-Raketen (K-ASROC) zur Bekämpfung von U-Booten und Haeryong-Seezielflugkörpern ausgelegt ist. Erstmals sind ein Rumpfsonar vom Typ SQS-240K sowie ein Schleppsonar vom Typ Hanwha Systems SQS-250K vorhanden. Zweiter Streich Auf die DAEGU-Klasse folgt die ULSAN-II-Klasse, die sich den Namen mit der ersten koreanischen Fregattenklasse aus den 1980er-Jahren teilt. Bei ihr soll erstmals ein AESA-Radar (Active Electronically Scanned Array) verbaut werden, was es ermögli- chen soll, eine Vielzahl Kontakte gleichzeitig zu erkennen, zu ver- folgen und darauf zu reagieren. Die Fregatten (offiziell bezeich- net als FFG-3) sollen weiterhin mit verbesserten U-Jagd- und Luftabwehrfähigkeiten ausgestattet werden. Das erste von ins- gesamt sechs geplanten Schiffen soll im Jahr 2023 bei Hyundai in Ulsan vom Stapel laufen. Interessanterweise meldeten kore- anische Nachrichtenagenturen Anfang Januar 2022, dass der Auftrag für das zweite Schiff der zukünftigen ULSAN-Klasse an Samkang M&T in Goseong vergeben wurde, eine – nach süd- koreanischen Standards – mittelgroße Werft, die bisher haupt- sächlich als Zulieferer von Rumpfsegmenten großer Fracht- schiffe in Erscheinung getreten ist. Da man dort bereits einige I y v a e H i a d n u y H : k i f a r G Patrouillenschiffe für die südkoreanische Küstenwache gebaut hatte, gab sich der Samkang-Vorstandsvorsitzende Moo Seok Song bezüglich des ersten Fregattenauftrags in der Firmenge- schichte sehr selbstbewusst und sprach von einem wichtigen Beitrag, den sein Unternehmen zur Sicherheit seines Landes beitragen wird. Die Zukunft Im August 2021 wurde durch das südkoreanische Defense Project Commission Committee (DPCC) die vierte Stufe – be- zeichnet als FFG-IV – des Fregattenbauprogramms autorisiert, in dessen Rahmen bis 2032 sechs weitere Schiff an die Ma- rine abgeliefert werden sollen und somit das Vorhaben FFX nach dem Bau von insgesamt 26 Fregatten abschließen wird. Nach Informationen des südkoreanischen Verteidigungsminis- teriums soll die eingangs erwähnte „Koreanisierung“ bei die- sem letzten Baulos weiter vorangetrieben werden, um nicht zuletzt die Chancen auf dem Exportmarkt zu erhöhen, da bei e n i r a M e h c s i n a e r o K : o t o F Die im April 2020 bei Hyundai vom Stapel gelaufene DONGHAE potenziellen Verkäufen alle Schiffskomponenten lediglich den koreanischen Exportregularien unterliegen. Hyundai konnte bereits 2016 zwei auf der INCHEON-Klasse basierende Fregat- ten an die Philippinen verkaufen, weitere zwei Einheiten folgten Ende 2021. Die aufwendige Beantragung von Exportgeneh- migungen für Elektronik-Komponenten oder Waffensysteme beispielsweise aus amerikanischer oder westeuropäischer Produktion kann entfallen. Derzeit wird spekuliert, ob die Fregatten des Projekts FFG-IV mit einer geplanten Verdrängung von voll beladen rund 4500 Tonnen neben dem Ersatz der letzten Fregatten der ULSAN-I- Klasse und den Korvetten der POHANG-Klasse auch die Zer- störer der GWANGAETTO-THE-GREAT-Klasse ersetzen könnten, die ab 1998 in Dienst gestellt wurden. Die Bauaufträge der Marine werden den südkoreanischen Werften so schnell nicht ausgehen! ≈ Stefan Ulsamer ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Marinetechnik. Graﬁsche Darstellung der zukünftigen ULSAN-II-Klasse. Zu erkennen sind die Antennen des AESA-Radars auf dem Mast

Gedanken zur russischen Marinedoktrin Karsten Schneider Beim diesjährigen Tag der Flotte hat Wladimir Putin Russlands Präsident Putin schlägt auch maritim aggressive Töne an. Rechtfertigt die Stärke seiner Flotte dieses Gebaren? gegen Unterwasserkabel gute Dienste leisten können. eine neue russische Marinedoktrin vorgestellt. Die sorgt weniger wegen ihres Inhalts als wegen der Aggressivität ihrer Verkündung für Aufmerksamkeit. Die neue Doktrin wird aus der Bedrohung durch den Westen, insbesondere durch die USA und ihre Marine abgeleitet und reiht sich insofern in das langfristige russische Narrativ der äußeren Bedrohung und Einkreisung ein. Nach bekanntem Muster soll das zur Rechtfertigung weiterer eigener Offensiven als präven- tive Gegenschläge dienen. Faktisch ist die neue Doktrin darauf ausgelegt, mit den eigenen Stärken und Schwächen realistisch umzugehen. Zu den Schwächen gehören neben der geografi- schen Lage russischer Basen vor allem die beschränkten Fä- higkeiten des Landes im Kriegsschiffbau. Ob es gelingt, in anderen Regionen der Welt zusätzliche Stütz- punkte zu gewinnen, wird unter anderem von den künftigen wirtschaftlichen Möglichkeiten Russlands abhängen, Vertrags- partner zu finden. Weil sich der Kern der alten sowjetischen Werftindustrie in der Ukraine befindet, sind Programme zum Bau großer Schiffe hingegen nicht realistisch. Seit Jahren baut Russland bestenfalls Korvetten. Der Bau weiterer Fregatten der ADMIRAL-GRIGOROWITSCH-Klas- se ruht, weil seit der Krim-Annexion die Ukraine keine Turbinen und Deutschland keine Motoren mehr liefert. Aus dem gleichen Grund übergab Frankreich die beiden bestellten Hubschrauber- träger nicht, und man hört von solchen Plänen auch nichts mehr. Wenn Putin also, ohne eine Jahreszahl zu nennen, von Flugzeug- trägern spricht, ist das keine konkrete Planung, sondern Balsam für die verwundete russische Marineseele an ihrem Ehrentag. Einzig bei den U-Booten gibt es ab und an einen spektakulären Neubau, aber es handelt sich um Einzelschiffe oder Prototypen ohne nachgewiesenen Einsatzwert. Das schließt nicht aus, dass sie für bestimmte Sonderaufgaben wie zum Beispiel den Einsatz Für größere Blue-Water-Operationen fehlt der russischen Marine das Potenzial, und nach dem Ende des Ukraine-Kriegs dürften die Landstreitkräfte Priorität bei den Ressourcen haben, wenn es darum geht, deren Einsatzfähigkeit wiederherzustellen. Zu den russischen Stärken gehören seit der Sowjetzeit die Flug- körper. Der überschallschnelle Typ Kalibr kann in verschiedenen Versionen gegen Land-, See- und Unterwasserziele verschossen werden. Er ist in großer Stückzahl auf verschiedenen Plattfor- men, insbesondere Korvetten, zu finden und wurde sowohl in Syrien als auch in der Ukraine eingesetzt. Die neue Hyperschall- waffe Zirkon baut dieses Potenzial noch weiter aus. Während die russische Marine auf den offenen Ozeanen nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat, ist sie im erweiterten Küstenvor- feld ein sehr ernstzunehmender Gegner. Mit ihren Flugkörpern kann sie vor allem den Nachschub und die Verstärkung für die baltischen Staaten empfindlich stören und eventuell sogar un- terbinden. Außerdem kann sie bis weit ins Hinterland westlicher Staaten Ziele angreifen. Diese Flugkörperbedrohung, nicht nur von See, verdient das Au- genmerk westlicher Verteidigungsplaner, wenn es darum geht, sich gegen militärische Aggression und Erpressung Russlands zu wehren. Für westliche Marinen hat das Konsequenzen, so- wohl bei der Selbstverteidigung als auch bei der Fähigkeit, die Abschussplattformen zu bekämpfen. Putins Rede und die neue Marinedoktrin mögen aggressiv klin- gen, sie sind jedoch das Eingeständnis, dass nicht Russland Herr der Ozeane ist, sondern die USA. So bleibt in sowjetisch- russischer Tradition nur eine strategische Defensive, die durch offensive operative Optionen ergänzt wird. Mit denen sind wir, Deutschland und seine Verbündeten, im gesamten Nordflanken- raum und insbesondere in der Ostsee konfrontiert und werden neue Antworten finden müssen. ≈ Russisches U-Boot WEPR der AKULA-II-Klasse 9 – 2022 marineforum 39 z t i N l e a h c i M : o t o F

Marinen aus aller Welt AU STR A LIE N Seit Anfang Juli hat die Royal Australian Navy ei- nen neuen Boss. Vizeadmiral Mark Hammond folgte Michael Noonan, der die letzten vier Jahre Down Under die Marine geführt hatte. In seine Zeit fielen neben der Pandemie die äu- ßerst heftigen Buschfeuer und Überschwemmungen Süd- ostaustraliens, bei denen die Marine nicht nur entlang der Küste im durchgehenden Einsatz war. Daneben dominierte die dauerhafte Präsenz in Ostindik und Westpazifik, die bei der verstärkten Präsenz chinesischer Einheiten immer dring- licher geworden ist. „Dynamische Zeiten brauchen eine sich e n i r a M e h c s i l a r t s u A : t o o F Vizeadmiral Mark Hammond entwickelnde Marine“: 15 000 neue Stellen waren in seiner Zeit zu besetzen. Die zwei neuen Fregatten der HOBART-Klas- se, BRISBANE und SYDNEY, sowie die Betriebsstoffversorger SUPPLY und STALWART konnten in Dienst gestellt werden. Das erste der zwölf OPVs der ARAFURA-Klasse und das erste Wachboot der modifizierten CAPE-Klasse haben ihre Aufga- ben übernommen. Der neue Chief of Navy kann auf diesem Kurs gut weiterfahren: Bis zum Ende des nächsten Jahr- zehnts soll die Navy um weitere 20 000 Stellen anwachsen, mindestens acht neue Atom-U-Boote sollen nach der trilate- ralen Aukus-Vereinbarung gebaut werden. Vizeadmiral Ham- mond ist bekannt als U-Bootfahrer – nicht nur in Australien. Er fuhr an Bord britischer, französischer und amerikanischer Angriffs-U-Boote mit Nuklearantrieb sowie einem konventio- nellen Boot unter niederländischer Flagge. Good luck to him! AUSTRALIEN Beigelegt sind auch die Streitigkeiten über die „rustikale“ Auflösung des 2016 bereits verhandelten Vertrags mit der staatlich französischen Naval Group über den Bau von zwölf konventionellen U-Booten im Wert von damals 31 Milliarden Euro. Vor neun Monaten löste Premierminister Scott Morrison den Vertrag einseitig und ohne Kompensati- onsabsicht auf, nachdem er bereits im Rahmen der Aukus- Vereinbarung in Geheimabsprachen mit Großbritannien und Amerika den Bau von mindestens acht Nuklear-U-Booten gemeinsamer Technologie festgelegt hatte. Nach dem Ende Mai erfolgten Regierungswechsel ist der neue Premierminis- ter Anthony Albanese sehr bemüht, die zerrütteten Beziehun- gen mit Frankreich wiederherzustellen und hat schon Mitte Juni eine „Vertragsstrafe“ von 555 Millionen Euro verhandelt, um den Streit aus dem Weg zu räumen. Dieser von Anfang an verkorkste U-Boot-Vertrag mit Frankreich hat den aus- tralischen Steuerzahler etwa zwei Milliarden Euro gekostet, ohne dass die Regierung außer Gesprächen und Planungen irgendetwas Konkretes vorzuweisen hätte. Könnte das ein Nachspiel haben? Es sollte nicht der Marine schaden, denn die wesentlichen Entscheidungen fielen an anderer Stelle. BELGIEN, NIEDERLANDE Nachdem im Dezember 2021 bereits der Kiel für das erste belgische Boot gelegt worden war, konnte Mitte Juni bei der Naval Group in Lanester auch der Kiel für das erste niederländische Boot, die VLISSINGEN, gefeiert werden. Entsprechend dem 2019 mit der Belgium Naval & Robotics als Konsortium aus französischer Naval Group und belgischer ECA Group geschlossenen Vertrag sollen für beide Länder zwölf Minenabwehreinheiten inklusive jeweils einer „Tool- box“ mit insgesamt etwa einhundert systemintegrierten Drohnen abgeliefert werden. Naval Group ist der Generalunternehmer und zeichnet verantwortlich für die Entwicklung der Plattform und die Integration aller Systeme sowie insbesondere für die Leistungs- nachweise und die Ablieferung der Missionssysteme Führung, Einsatz und Minenabwehr. Kership und Piriou, ein Joint Venture mit Naval Group in Concarneau, knapp 50 Kilometer westlich Lorient, sind verantwortlich für den Sektionsbau des Schiffskör- pers auf der Helling mitten in der Stadt und den Endausbau an der Pier nebenan. Alles sehr übersichtlich dort, wo auch schon die OPVs der kleinen GOWIND-Klasse für Argentinien gebaut wurden. Die ECA Group im belgischen Ostende ist zuständig für die fliegende, schwimmende und tauchende Drohnenaus- rüstung in der „Toolbox“. Nach der ersten Abliefe- rung 2024 und den bis 2030 folgenden, gehen dann die Wartungsarbei- ten an die Naval Group Belgium und den Part- ner Flanders Ship Repair. Die Boote sollen knapp 83 Meter lang sein, 2800 Tonnen verdrängen und 15 Knoten laufen können. Die Basisbesatzung von 33 Personen soll im Ein- satzfall auf das Doppel- te anwachsen. Mitgeführt und gesteuert werden im Umisoft-Paket der ECA- Group elf Drohnen: zwei Überwasser-, drei Un- terwasser-, zwei Sonar-, zwei Identifizierungs- und Bekämpfungs-Sys- teme sowie zwei fliegen- de Systeme. Belgisch-niederländisches Minenabwehr-Programm l a v a N m u : k i f a r G o b o R & s c i t i g l e B CHIN A Der bereits für Ende Mai avisierte Stapellauf des drit- ten chinesischen Flugzeugträgers fand nun doch erst Mitte Juni statt. Nach dem Aufschwimmen im Trockendock der Jiangnan-Werft in Schanghai wurde der Typ 003 mit der Hull- Nummer 18 auf den Namen FUJIAN getauft, eine südöstliche Küstenprovinz Chinas. Die Zeremonie wurde vom staatlichen Fernsehsender CCTV übertragen. Allerdings liegen über Details noch keine Angaben vor. Analysten des Center for Strategic and International Studies in Washington schreiben der FUJIAN eine Verdrängung von etwa 100 000 Tonnen zu und schätzen ihre Länge auf 318 Meter. Festzustehen scheint, dass der Neubau

V T C C : o t o F FUJIAN über elektromagnetische Katapulte (Electromagnetic Aircraft Launch System, EMALS) verfügt, die bisher ausschließlich in der US Navy verwendet werden. Katapultstarts ermöglichen auch den Einsatz des Aufklärungs- und Frühwarnflugzeugs KJ-600, der chinesischen Version der E-2D Hawkeye. Sicherlich wird auch die FC-31 als Jagdflugzeug und Jagdbomber zum Ein- satz kommen, ein Tarnkappenflugzeug mit starker Ähnlichkeit zur amerikanischen F-35C, dem Joint Strike Fighter. Schätzun- gen gehen von 48 bis 60 Flugzeugen aus, die auf der FUJIAN Platz finden könnten. Sie soll auch über einen integrierten oder sogar vollelektrischen Antrieb verfügen. Einen Nuklearantrieb erwarten die Experten allerdings erst für den Typ 004. Der Typ 003 ist nach der SHANDONG der zweite im Land gebaute Flug- zeugträger. Die LIAONING (Typ 991, Hull-Nummer 16) ist die in der Ukraine gebaute VARYAG, ein bereits für die sowjetische Marine gebauter Träger der KUSNEZOW-Klasse. Chinesische Medien bezeichnen die FUJIAN als ostasiatische Antwort auf die neueren Flugzeugträger der GERALD-R.-FORD- Klasse (74 Flugzeuge, darunter 44 F/A-18E/F und F-35C Kampf- flugzeuge, Länge 333 Meter, Verdrängung 100 000 Tonnen). Es wird noch mindestens zwei Jahren dauern, bis die FUJIAN ihre Einsatzreife erreicht. Ein dritter Träger im Kaliber der FORD-Klasse ist ein Statement für Chinas Absicht, weltweit maritim auftreten zu können. Es werden sicher noch keine rotierenden Trägergruppen sein, aber als Mittel zur Durchsetzung eines politi- schen Willens oder zum „Überzeugen“ neuer Partner mehr als genug. EUR OPÄ I SCHE UNION Naviris, ein Joint Venture zwischen der italienischen Fincantieri und der französischen Naval Group, hat zu- sammen mit der spanischen Navantia nach Initiativbeginn Mitte 2019 und einigen Abstimmungen am 12. Februar 2021 eine Ab- sichtserklärung unterzeichnet, um die industrielle Zusammenarbeit im Projekt Europäische Patrouillenkorvette (EPC) zu bekräftigen. Anfänglich ging es um eine Bündelung der personal- und kosten- intensiven Entwicklungs- und Konstruktionsarbeit der drei erfolg- reichen Werften, die zwar im gleichen Marktsegment konkurrieren, European Patrol Corvette i r e i t n a c n i F : k i f a r G sich aber im weltweiten Wettkampf zukünftig cleverer positionieren wollten. Das hören die beteiligten Marinen natürlich nur zu gerne. Jetzt kommen auch Fördergelder der EU dazu. Die EPC ist eine wichtige Marineinitiative innerhalb der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit der Europäischen Union (Pesco). Am Programm nehmen Italien als Lead Partner, Frankreich, Spanien, Griechen- land und jetzt auch Portugal als Beobachter sowie Dänemark und Norwegen als Mitfinanzierer teil. Die EPC soll „ein intelligentes, in- novatives, erschwingliches, nachhaltiges, interoperables und flexi- bles Schiff“ sein und zukünftige Missionen des mittleren 21. Jahr- hunderts erfüllen können. Als kleines Überwasserkampfschiff soll es – sozusagen in der zweiten Linie – ein Lagebild halten, Über- legenheit herstellen und Machtprojektion ermöglichen, aber auch Friedensaufgaben übernehmen, wie Piraterie und Schmuggel be- kämpfen, humanitäre Hilfe leisten, Migration kontrollieren und die Freiheit der Schifffahrt gewährleisten. Anfang 2021 gab die Europä- ische Verteidigungsagentur (European Defence Agency, EDA) be- kannt, dass sie den Beginn der Konzeptarbeit genehmigt hat, die zur Entwicklung der europäischen Patrouillenkorvette hinführen soll. Die teilnehmenden Mitgliedstaaten beabsichtigen, 2026 oder 2027 ihren ersten Prototypen auf Kiel zu legen – Auslieferung ab 2030. Das Schiff auf der Basis der Fincantieri-Standard-Korvette sollte anfänglich mit 100 Meter Länge und 3000 Tonnen Verdrängung in naher Zukunft mehrere Schiffsklassen ersetzen können, von Pa- trouillenschiffen bis hin zu leichten Fregatten. Mittlerweile scheint sich das Ziel aufgrund der divergierenden nationalen Bedarfe aus- geweitet zu haben auf eine neue „Familie von Marineschiffen“ mit konventionellem Rumpf aber unterschiedlichen Ausmaßen, Waf- fen- und Antriebssystemen. Drei Typen seien im Gespräch: ein Patrouillenschiff (Italien und Spanien, Nachfolgebedarf), ein Lang- streckenschiff (Frankreich, wegen seiner Überseegebiete) und eine Kampfversion (Griechenland, Fähigkeitslücke). Nach dem letzten Treffen im Rahmen der EDA im März sollen erst einmal die gemein- samen Fähigkeitsforderungen erarbeitet werden, damit alle wieder auf einen Nenner kommen. GR O S S BR ITA NNIE N Vor neun Monaten begann ihr Fünf-Jahres-Trip nach Ostasien, oder wie es auf englisch heißt: Indo-Asia- Pacific Deployment. Dabei sind die beiden OPVs TAMAR und SPEY (Modified-RIVER-Klasse, 81 Meter Länge) bestimmt keine Dick- schiffe, sondern müssen sich etappenweise um den Globus han- geln. Im September aus Portsmouth ausgelaufen, ging es bisher über Kolumbien, den Panamakanal und die US-Westküste hoch nach Hawaii. Im Januar stand die chinesische Südsee auf dem Programm mit Aufklärung und Überwachung unerlaubter mariti- mer Tätigkeiten, beispielsweise dem Umladen von Schiff zu Schiff mit nordkoreanisch geflaggten Fahrzeugen. Im Februar folgte die Teilnahme an der Übung Bersama Shield des Five-Powers-De- fence-Arrangements zwischen Singapur, Malaysia, Neuseeland, Australien und Großbritannien (FPDA). Zusätzlich wurde lokale Un- terstützung geleistet bei Umweltuntersuchungen und wissenschaft- lichen Studien: TAMAR und SPEY sind derzeit die beiden „grünsten“ Einheiten der Royal Navy. Vor der Abreise wurden sie umgerüstet auf green technology nach neuestem britischem Standard. Dazu gehört unter anderem ein selektives Katalyse-Reduktionssystem, bekannt als Ad-Blue-Verfahren aus der Kfz-Technik. Auf diese Wei- se kann die bordeigene Stickoxid-Emission über die Abgase der Antriebsdiesel um bis zu 97 Prozent reduziert werden, was es den Einheiten gestattet, mit minimaler Umweltsignatur auch seeseiti- 9 – 2022 marineforum 41

Marinen aus aller Welt t h g i r y p o C n w o r TAMAR C / y v a N l a y o R : o t o F ge Umweltzonen zu befahren. Sie sind mit ihrer technologischen Ausrüstung maritime Vorreiter auf diesem Gebiet – und IMO Tier III Compliant. Die International Maritime Organisation (IMO) hat ih- re Mitglieder verpflichtet, bis 2050 die Abgase ihrer Schiffe um 50 Prozent zu reduzieren. Der für die beiden 90-Meter-OPVs geschnei- derte Fünfjahrplan sieht bei mehrfachen Besatzungswechseln län- gere Aufenthalte und Kooperationen vor mit Australien, Japan, den Fidschi-Inseln und Singapur. IR A N Der Iran verfügt bekanntlich nicht über reichwei- tenstarke Großkampfschiffe, aber er weiß sich zu helfen. Das demonstrierte er Mitte Juli nun auch vor hochran- giger Militärführung und berichtete in den staatlichen Medien darüber, zeitgleich zur amerikanischen Warnung, Russland wolle sich im Iran mit Drohnen für den Krieg gegen die Ukraine eindecken. Die iranische Marine hat jetzt ihre Lösung für das operative Problem vorgestellt: Sie hat die reichlich bemesse- ne Landeplattform auf einem der vier betagten kleinen Hub- schrauber-Landungsschiffe der HENGAM-Klasse (1974/1985, 2600 t) mit unzähligen Startrampen für diverse Aufklärungs-, Kampf- und „Kamikaze“-Drohnen bestückt. Die Rechnung ist einfach: Die Schiffe haben eine Reichweite von 2000 See- HENGAM-DROHNENTRÄGER i s e m T n a r e h e T : K ATA R Der italienische Schiffbauer Fincantieri gab Anfang Juli bekannt, dass er das zweite OPV der MUSHERIB- Klasse im Rahmen einer Zeremonie in La Spezia an das Verteidigungsministerium von Katar übergeben habe. Die SHERAOUH ist, wie das erst im Januar übergebene Typschiff, eine flexibel vom Wachboot bis zum Kampfschiff in verschiedenen Aufgaben einsetzbare Plattform von kurzen 63 Metern Länge, 30 Knoten Geschwindigkeit und 38 Besatzungsangehörigen – was in etwa heißt, es fährt als schnelles Wachboot und bekommt richtige Waffen an Bord, wenn erforderlich und lieferbar. Diese wären dann Seeziel- und VL-Mica-Flugabwehrflugkörper vom Typ Exocet. Diese beiden OPVs gehören zu einem Vier-Milliar- den-Euro-Paket, das zusätzlich vier Korvetten mit gut 100 Me- ter Länge sowie ein ausgewachsenes Docklandungsschiff be- inhaltet. Die DAMSAH, zweite Korvette der DOHA-Klasse, wurde bereits im April dieses Jahres in La Spezia an Katar ausgelie- fert, während die Kiellegung für das Docklandungsschiff in der Größe der italienischen SAN-GIUSTO-Klasse einen Monat später in Palermo stattfand. Boote und Schiffe mit integrierten Sensoren-Masten, die wie die Kegel der alten Hütchenspiele aussehen – ein Markenzei- chen im italienischen Schiffbau –, bestimmen zunehmend die Silhouette moderner Kampfschiffe. Der Trend setzt sich mit aus- geklügelter Reflexionsreduzierung und Minimierung der Besat- zungen sicherlich fort – aber er ist für manchen durchaus ge- wöhnungsbedürftig. Der fierce looking factor war einmal Thema im Schiffbau-Unterricht an der Marineschule – heute ist die de- tailreduzierte Außenhaut zwingend. SHERAOUH i r e i t n a c n i F : o t o F o t o F meilen – die Drohnen eine Reichweite von (angeblich) 1000 Seemeilen – macht 3000 Meilen Wirkradius. Das deckt ein Gebiet ab, das von Indonesien über Madagaskar bis nach Italien reicht. Die Islamische Republik weiß eine Vielzahl von Drohnen in ihrem Arsenal und rühmt sich unverhohlen, in der Drohnen-Technologie eine der fünf führenden Nationen welt- weit zu sein. Iranische Drohnen sind im Jemen aufgetaucht, befinden sich aber auch im Irak, in Syrien sowie im Sudan im Einsatz. Hergestellt werden iranische Drohnen übrigens auch in Tadschikistan, außerhalb israelischer Reichweite – und als Gegenpol zu den Drohnen chinesischer Bauart in den umlie- genden Ländern Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan. All dies bleibt der russischen Militärführung natürlich nicht ver- borgen, die nicht erst jetzt Interesse an der iranischen Tech- nologie bekundet. R U S S L A ND Natürlich gab es auch wieder beeindruckende Bil- der von der großen Hauptparade der Seestreitkräfte der Russischen Föderation in Sankt Petersburg anlässlich des 326. Gründungstags, der auf Peter den Großen Ende des 17. Jahrhunderts zurückgeht. Aber es ging im Jahr des Ukraine- Kriegs um ein Viertel „gedämpfter“ zu – 40 Schiffe, U-Boote und Boote meist kleinerer Tonnage, dazu 42 Flugzeuge und Hubschrauber, daran beteiligt 3500 Soldaten. Umso drohender die neue Marinedoktrin, die der Oberbefehlshaber, Staatspräsi- dent Wladimir Putin, zwischen der morgendlichen Abnahme der Seeparade der größeren Einheiten auf der Reede vor Schloss Peterhof und dem späteren Defilee der kleineren Einheiten auf der Newa unterzeichnete – und zwar im Historischen Museum auf der Inselfestung Sankt Peter und Paul gegenüber der Ere- mitage. Dabei enthält die Doktrin nichts völlig Neues – alles ist schon einmal gesagt, beziehungsweise aus logischer Ableitung so befürchtet worden, wo noch nicht dezidiert bekannt gemacht. 42 marineforum 9 – 2022

n e i d e M e h c i l t a a t S : s o t o F UKRAINE Damit die Ukraine ihre Küstenlinie sowie die Was- serwege und Häfen besser kontrollieren und ge- gen die russische Invasion schützen kann, liefern die USA kurzfristig insgesamt 23 Aluminium-Kleinboote der Marke Metal Shark. Es soll sich dabei um sechs Boote des Typs DEFIANT 45, 14 Boote des Typs DEFIANT 38 mit Mittel- konsole oder Steuerkanzel sowie drei Hochgeschwindigkeits- Abfangboote FEARLESS 36 handeln. Die Boote befanden sich schon seit einiger Zeit in der Verhandlung mit Kiew und sind daher maßgeschneidert für den Bedarf der Ukraine. Die ers- ten sechs Boote sollen schon unterwegs sein, an den restli- chen wird auf den Produktionslinien 100 Kilometer westlich von New Orleans noch „geschweißt“. Die Boote sind zwar recht klein, durchweg nur 10 bis 15 Meter lang, aber sie sind Abnahme der Parade durch Putin (2.v.r.) und hochrangige Ofﬁziere Deﬁlee der Kleinen: ALEXANDRIT, BUYAN-M, KARAKURT Metal Shark DEFIANT 45 s t a o B k r a h S l a t e M : Gravierendste Bedrohung der Sicherheit Russlands seien die USA mit ihrem „unwiderspro- chenen Hegemonialanspruch“ in der Welt, gleichauf gefolgt von der NATO, die sich hem- mungslos ausdehne. Dem könne man nur entgegentre- ten, indem Russland seine Sicherheitsinteressen und Interes- sengebiete klar definiere, die russische Marine durch weltweit verstärkte Präsenz diese bekräftige und für Russland den Zu- gang zu Rohstoffen und Kommunikationslinien freihalte. Dazu müssen Beziehungen zu Schlüsselstaaten verstärkt und Flot- tenstützpunkte ausgebaut werden – vom Pazifischen Becken über den Indik, das Rote Meer bis hin zum östlichen Mittelmeer. Dafür sollen Flugzeugträger und große amphibische Schiffe ge- baut werden – sowie zu verstärkende Marine-Infrastruktur auf der Krim, in Kaliningrad und in Wladiwostok. Die Kalibr-Marsch- flugkörper gegen Land- und Seeziele seien gut aufgestellt, die Zirkon-Hyperschallrakete komme noch vor Ende des Jahres zur Auslieferung an die Marineeinheiten – zuerst an die auf der Newa vertäute Fregatte ADMIRAL GORSCHKOW. Damit die Ant- wort auf jegliche Störung der Souveränität und Freiheit Russ- lands eine „gewaltige“ sein kann. Das Ganze sei aber nicht auf Konfrontation ausgerichtet, so die Versicherung der Friedfer- tigkeit des Kreml. o t o F schnell, flachwasserfähig, schwer zu bekämpfen und robust. Sie passen eben in das Handlungsmuster der ukrainischen Streitkräfte. Hinter den Lieferungen der USA an die Ukraine steht so viel Druck, dass das Pentagon gerade dem 13. prä- sidentiellen „Drawdown“ seit Sommer 2021 zugestimmt hat. Bei dem Verfahren wird auf Anweisung des US-Präsidenten den eigenen Streitkräften Material in Nutzung entzogen, um es anderen Streitkräften zur Verfügung zu stellen. In dem ak- tuell nach Europa verfrachteten Paket im Wert von etwa einer halben Milliarde Dollar befinden sich natürlich sehr viel Muni- tion und Artillerie, aber eben auch diese ersten sechs Boote. U SA Admiral Mike Gilday, Chief of Naval Operations, be- stätigte Anfang April unter den Eindrücken des rus- sischen Ukraine-Krieges die Abkehr von den Littoral Combat Ships (LCS) im Portfolio der Navy. Die beiden LCS-Klassen FREEDOM und INDEPENDENCE haben sich mit ihrem Wasserstrahl- antrieb und den nachträglich entwickelten Missionsmodulen als technologisch kompliziert erwiesen und konnten wegen erheb- licher Kosten nicht überzeugen. Mit dem rapiden Aufwuchs von Chinas Marine und der unvermindert stark bewaffneten russi- schen Marine hat sich nun der Fokus von der Terrorismus-Ab- wehr und der Sicherung von Handelswegen abgewendet. „Wir brauchen einsatzbereite und durchsetzungsfähige Einheiten – und keine größere Marine, die weniger seeklar, weniger tödlich und weniger kampfkräftig ist.“ Nachdem nun die chinesische Marine in der Schiffsanzahl die US Navy übertrumpft hat, ist das Zahlenspiel Makulatur geworden und die Hemmschwelle gefallen. Es sollen daher 24 Schiffe zügig außer Dienst gestellt werden, darunter veraltete Einheiten, aber auch einige der we- niger als zehn Jahre alten Küstenkampfschiffe. Kleine Kurskor- rektur eines großen Tankers. Unterzeichnung der neuen Marinedoktrin 9 – 2022 marineforum 43

Deutsche Marine Einsatzboote für das KSM Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) will für das Kommando Spezialkräfte der Marine neue Einsatzboote kaufen. Es sollen laut Ausschrei- bung mindestens neun Stück mit mittlerer Reichweite „nebst Ausrüstung und weiteren, den Booten dienenden Leistungen“ erworben werden. Bis zu zwölf weitere Boote sind eine Option. Hinzu kommen bis zu 15 Einheiten des modularen Beschuss- schutzes, 21 Trailer, 14 Transport- und Lagergestellen und fünf Ausbildungen des Bedien- und Instandhaltungspersonals sowie die erforderlichen Dokumentationen. Zuschlagskriterium ist der niedrigste Preis. Ende Juni billigte der Haushaltsausschuss des Bundestags eine 25-Millionen-Euro-Vorlage. w B : o t o F Festrumpfschlauchboot der Deutschen Marine Die neuen Einsatzboote ersetzen die älteren Festrumpfschlauch- boote RHIB H1010. Sie sind schneller, haben eine größere Reich- weite und sind besser geschützt. Dies erhöht die taktische Mobilität der Spezialeinheit. Finanziert wird das Beschaffungsvorhaben zu- nächst über den regulären Verteidigungshaushalt. Ab 2023 sollen die Mittel aus dem Sondervermögen der Bundeswehr kommen. Zuvor hatte der Bundestagabgeordnete Ingo Gädechens, Bericht- erstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Verteidigungshaushalt, öffentlich die Dauer der Neubeschaffung kritisiert. Er bemängel- te, dass der Auftrag nach Finnland vergeben wurde, auch weil die beiden verbliebenen deutschen Bieter aus dem Verfahren ausgestiegen sind. Auch die Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abgasnachbehandlung sei nur mit einer Sondergenehmi- gung zu erreichen. WANGEROOGE außer Dienst Die WANGEROOGE, seit 1986 im Dienst, wird wegen steigender Instandsetzungskosten nicht weiter betrieben. Eigentlich soll- te der 1968 von der Schichau-Werft in Bremerhaven gefertig- te Schlepper bei Tamsen Maritim in Rostock im Rahmen einer letzten großen Instandsetzung noch einmal fit gemacht werden, um anschließend bis 2025 im Dienst zu bleiben. Nun wurde je- c s h : o t o F 44 marineforum 9 – 2022 doch das „vorzeitige Nutzungsdauerende“ verkündet und das altehrwürdige Schiff am 15. Juli außer Dienst gestellt. Die 56 Jahre alte FEHMARN und die 54 Jahre alte SPIEKEROOG könnte bis Jahresende ebenfalls dieses Schicksal ereilen, sie werden jedoch laut Aussage des Kommandeurs Trossgeschwa- der, Fregattenkapitän Thorsten Geldmacher, noch „warm gehal- ten“. Damit endet eine Ära von Einheiten, die mit ihren vielfältigen Aufgaben eine bedeutende Unterstützung für die Einsatzfähig- keit der gesamten Flotte darstellen. Die drei Hochsee- und Ber- gungsschlepper werden mit einer zivilen Besatzung nicht nur zum Schleppen genutzt. Sie begleiten und sichern zudem Mi- nenjagd- und Unterseeboote bei Ausbildungsfahrten, bergen Minen und werden als Plattform für Taucher und Offizierschüler eingesetzt. Ohne die WANGEROOGE, die in der Ausbildung Über- leben auf See (Open Sea Survival Training, OSST) für fliegendes Personal genutzt wurde, bestünde gar die Gefahr eines Fähig- keitsverlusts und Einschränkungen beim Fliegen über See für die gesamte Bundeswehr. Neue Schiffe als Ersatz sind kurz- fristig nicht in Sicht. Das Nachfolgeprojekt Seebasierte Ausbil- dung Marine und Seeversuche See (SAMSe) soll unter Leitung der Wehrtechnischen Dienststelle 71 mit einer neu zu bauen- den einheitlichen Schiffsklasse mehrere alte Mehrzweckeinhei- ten, darunter auch die Schlepper, ersetzen. Das Projekt befin- det sich noch in der „Analysephase“. Vor Ende des Jahrzehnts ist also ein Zulauf kaum zu erwarten. Nun soll für fünf Jahre am zivilen Markt geeignete Tonnage besorgt werden. Über Kosten und mögliche Optionen verlautete aus Kreisen der Marine bis- lang nichts. „Wir setzen auf eine zügige Verfügbarkeit“, zitier- te die Wilhelmshavener Zeitung Fregattenkapitän Geldmacher. Bei einem zu erwartenden Budget von 25 Millionen Euro wird man bei etwas Recherche auf den einschlägigen Portalen wie Nauticexpo fündig: Schiffe wie die X-Bow-Schlepper von Ul- stein hält man in Marinekreisen auch ohne grauen Anstrich für denkbar, ist zu hören. Letzte Fregatte 125 in Dienst gestellt Am 13. Juli wurde in Wilhelmshaven mit der RHEINLAND-PFALZ die letzte von vier Fregatten der BADEN-WÜRTTEMBERG-Klasse in Dienst gestellt. Auf Befehl des Stellvertreters des Inspekteurs der Marine und Befehlshabers der Flotte und Unterstützungskräfte, Vizeadmiral Frank Lenski, stellte Fregattenkapitän Stefan Rap- pelt, Kommandant Besatzung F 125 Charlie, das Schiff in Dienst. Die RHEINLAND-PFALZ komplettiert nun nach der BADEN-WÜRT- TEMBERG, der NORDRHEIN-WESTFALEN und der SACHSEN-ANHALT das Geschwader. Damit repräsentiert nach neun Jahren wieder ein Schiff der Deutschen Marine das Bundesland auf den Welt- meeren. Bei der Indienststellung war der rheinland-pfälzische Innenstaatssekretär Randolf Stich zugegen. 1. Ubootgeschwader mit neuem Kommandeur Fregattenkapitän Frédéric Strauch, Autor in der Juni-Ausgabe des marineforums, hat sein Geschwader am 30. Juni an Fre- gattenkapitän Lars Gößing übergeben. Die Zeremonie leitete der Kommandeur der Einsatzflottille 1, Flottillenadmiral Henning WANGEROOGE bei Tamsen Maritim

Faltin. Strauch führte das 1. Ubootgeschwader mit seinen sechs Unterseebooten, drei Flottendienstbooten und einem Tender seit Oktober 2020. Neben verschiedenen Einsätzen nahm das Geschwader auch an der Aufklärungsoperation Frontier Con- ceiver teil. Strauch wird seinen neuen Dienstposten in den USA antreten, für Fregattenkapitän Gößing bedeutet die Übernahme des Kommandos eine Rückkehr zu seinen Wurzeln. Er war im 1. Ubootgeschwader bereits als Kommandant und im Ausbil- dungszentrum Uboote eingesetzt. m l e K a i l u J / w B : o t o F Kommandowechsel auf der SACHSEN Der Kommandeur des 2. Fregattengeschwaders, Kapitän zur See Torben Jürgensen, übergab das Kommando über die Fre- gatte SACHSEN von Fregattenkapitän Phillipp Vögtle an seinen Nachfolger, Fregattenkapitän Thomas Liebert. Vögtle war seit Oktober 2019 Kommandant des Schiffes. Er wird künftig als Referent in der Abteilung Strategie und Einsatz im Bundesmi- nisterium der Verteidigung dienen. Fregattenkapitän Liebert war auf Fregatten der Klassen 122 und 123 eingesetzt, zuletzt 2019 als Erster Offizier auf der BAYERN. In seiner letzten Verwendung d l a w e d o R n o e L / w B : o t o F Philipp Vögtle (r.) übergab das Kommando an Thomas Liebert diente Liebert als stellvertretender Referatsleiter in der Abteilung Strategie und Einsatz im Ministerium. „Hauptaugenmerk meiner beginnenden Amtszeit ist allerdings die Verstärkung der deut- schen Seestreitkräfte im Ostseeraum schon nach dem Som- merurlaub – und das ist natürlich wie immer eine Teamaufgabe. Ich freue mich daher auf die anstehenden Herausforderungen und ganz besonders auf die Frauen und Männer der SACHSEN", so Liebert. Lambrecht bei den Marinefliegern Am 14. Juli besuchte Verteidigungsministerin Christine Lam- brecht das Marinefliegerkommando. Sie informierte sich über die großen technischen und organisatorischen Veränderungen und den anstehenden Kompletttausch der Luftfahrzeuge bin- nen weniger Jahre. „Mit dem Sea Lion und dem Sea Tiger, mit der Poseidon und auch dem unbemannten Luftfahrzeug Sea Falcon für unsere Korvetten werden die Marineflieger gerade zukunftssicher aufgestellt“, äußerte sich Lambrecht anschlie- e k c n ö r K l e c r a M w B / : o t o F Ministerin Lambrecht betritt eine P-3C Orion ßend. In dieser Übergangsphase werden Parallelbetrieb und Umschulungen zu organisieren sein. Das Kommando moder- nisiert deshalb auch seine Ausbildung. „Wir freuen uns, dass wir der Ministerin unsere Fähigkeiten präsentieren konnten“, er- klärte der Kommandeur des Marinefliegerkommandos, Kapitän zur See Thorsten Bobzin. „Wir konnten dabei auch zeigen, wie wir mit Hilfe der Digitalisierung junge Menschen ansprechen, ihre Ausbildung effektiver gestalten und damit am Ende auch an Einsatzfähigkeit gewinnen wollen.“ Für den Standort Nord- holz bedeuten die anstehenden Veränderungen auch infrastruk- turelle Anpassungen. „Es ist wichtig, dass wir diesen Standort für die Zukunft fit machen“, so Lambrecht. Sie kündigte an: „Wir planen, 305 Millionen Euro zu investieren, davon 69 Milli- onen voraussichtlich bis 2026.“ Schwerpunkt der Investitionen sind Neubauten für die beiden Marinevarianten des Helikopters NH 90 und Flugsicherheitsgebäude. Hinzu kommt die Erneue- rung von Rollbahnen und Straßen auf dem Stützpunktgelände. Familientag an der MUS Am 28. Juli hat die Marineunteroffizierschule Plön zum 25. Mal – und erstmalig seit Beginn der Coronapandemie – ihren Be- suchertag für Menschen mit Beeinträchtigung ausgerichtet. Die Lehrgangsteilnehmer der 3. Inspektion der Schule hatten in Vorbereitung auf den Tag bereits gesammelt: Eine beacht- liche Spende in Höhe von 500 Euro für die Aktion Sorgenkin- der in Bundeswehrfamilien des Bundeswehr-Sozialwerks. Die Schule stellte für die Veranstaltung ihren Bootshafen bereit – mit vielen verschiedenen Attraktionen, darunter eine Hüpfburg, einen Zauberer und eine Clownin. Die 3. Inspektion versorgte die Gäste mit Grillfleisch und Salaten. „Die Unterhaltungsshow hat wirklich alle Kinder zum Lachen gebracht“, freute sich auch der Schulkommandeur, Kapitän zur See Klaus Heermeier. „Das Schönste daran ist, dass diese Tradition mit Sicherheit auch im nächsten Jahr wieder stattfinden wird.“ Beim Besuchertag hatte auch der Spieß seinen Spaß 9 – 2022 marineforum 45

Schifffahrt · Schiffbau · Technologie Für einen sauberen Meeresboden In den Ozeanen der Welt befinden sich nach wissenschaft- lichen Schätzungen 26 bis 66 Millionen Tonnen Müll. Über 90 Prozent davon liegen auf dem Boden der Meere. Das Sammeln dieses unter dem Wasser lagernden Mülls erfolgt bis heute, abgesehen von etlichen privaten Initiativen, we- sentlich durch Taucher. Der dafür nötige Aufwand und die Kosten sind sehr hoch. Autonome Verfahren gibt es bisher nicht. Diese Lücke will das Fraunhofer Center für Mariti- me Logistik und Dienstleistungen (CML) nun gemeinsam A P H : o t o F Autonomer Unterwasserroboter TORTUGA mit Partnern aus Deutschland, den Niederlanden, Kroatien, Frankreich und Rumänien mit dem Projekt SeaClear füllen. SeaClear ist eine Roboterlösung, die nach CML-Angaben unter Wasser lagernde Abfälle mit einer Erfolgsquote von 80 Prozent selbstständig erkennt, klassifiziert und zu 90 Prozent einsammelt. Das SeaCler-System besteht aus einem autonom fahrenden Schiff mit zwei Unterwasserrobotern, die den Abfall identifizieren und sammeln. Die von mehreren Partnern entwickelten Einzelkomponenten sind kürzlich in Hamburg zusammengeführt und im Hafen unter Realbe- dingungen erprobt worden. Bei den Tests wurden präparier- te Müll-Proben auf dem Hafengrund verstreut. Der kleine Tauchroboter TORTUGA musste sie erkennen und auf einer zuvor erstellten Umgebungskarte markieren. Der Hafen bot nach Ansicht der am Projekt beteiligten Hamburg Port Authority ideale Bedingungen für die Tests des SeaClear- Systems. Das trübe Wasser, die Tideströmungen und der Schiffsverkehr bildeten besondere Herausforderungen für das System. „Die Ergebnisse dieser einwöchigen Testläufe werden die Entwicklungen im Bereich der Systemintegrati- on weiter vorantreiben“, hieß es dann auch von Seiten des CML-Projektleiters. Grüne Energiedrehscheibe Wilhelmshaven Voraussichtlich ab Weihnachten wird über Wilhelmshaven Flüs- siggas (LNG) importiert. Zunächst über einen schwimmenden Terminal (FSRU), dann über einen festen Terminal. Dafür soll das Projekt des Unternehmens Tree Energy Solutions (TES), hinter dem die belgische Investorengruppe Atlas Invest steht, umgesetzt werden. TES plant seit 2019 an der Jade den Bau eines Terminals für den Umschlag von grünem Wasserstoff, der 46 marineforum 9 – 2022 gleichzeitig auch für LNG-Importe als Zwischenenergiequelle zur Verfügung stehen wird. Dieser neue LNG- bzw. Wasserstoffterminal gehört zu den priori- sierten Projekten, die vom LNG-Beschleunigungsgesetz gefördert werden. Das Gesetz soll dazu beitragen, die Errichtung der aus politischen Gründen unterbliebenen und nun dringend notwen- digen Infrastruktur zur Sicherung der Energieversorgung, insbe- sondere mit Flüssiggas-Importen sicherzustellen. Deutschland ist das einzige europäische Küstenland, das über keinen LNG-Ter- minal verfügt. Mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz werden die Genehmigungs- und Zulassungsfristen verkürzt. Das gilt auch für den von TES am Standort Voslapper Groden in Wilhelmshaven entwickelten Green Energy Hub. Und es gehört schon fast dazu, dass sich bei solchen Projekten Einsprüche und Klagen häufen. So hat auch hier die Deutsche Umwelthilfe (DUH) umgehend Wi- derspruch eingelegt, trotz Bitten von Wirtschafts- und Umweltmi- nister Habeck an die Umweltverbände, wegen der Dringlichkeit des Vorhabens auf Klagen gegen Terminalprojekte zu verzichten. Bei der DUH sorgt man sich in diesem Fall um wertvolle Bioto- pe und die Ruhe von Schweinswalen, die gelegentlich vor der Küste gesichtet worden seien. Der neue Terminal wird laut Plan sechs Schiffsliegeplätze und eine Lagerkapazität mit acht Tanks für insgesamt 1,6 Millionen Kubikmeter LNG verfügen. Vier der Tanks sollen bereits in der ersten Ausbaustufe aufnahmebereit sein. Hinzu kommen die Regasifizierungsanlage und die Über- gabestation an das Gasnetz. S E T : k i f a r G Graﬁsche Darstellung des TES-Terminals am Voslapper Groden Der grüne Wasserstoff von TES wird nach eigenen Angaben hauptsächlich mit Solar-, Wind- und Wasserkraft in Ländern mit sehr gut verfügbaren erneuerbaren Energiequellen herge- stellt, wonach dem Wasserstoff dann CO2 hinzugefügt wird, um grünes Methan (CH4) herzustellen, das als Energieträger verwendet wird. Dieses wird mit eigens konstruierten Schif- fen nach Wilhelmshaven transportiert und dort wieder in grü- nen Wasserstoff umgewandelt. Das dabei entstehende CO2 wird abgeschieden und in einem geschlossenen Kreislaufsys- tem per Schiff in die Erzeugerländer zurückgeführt. So wird laut TES garantiert, dass das CO2 nicht den Kreislauf verlässt. Auch in Brunsbüttel, wo der seit über zehn Jahren geplante Flüs- siggasterminal nach im Bundeskanzleramt zugänglich geworde- nen Akten systematisch hintertrieben wurde, nimmt der Komplex jetzt rasch Konturen an. Für den Bau von zwei Flüssiggasleitun- gen hat ein verkürztes Genehmigungsverfahren begonnen. Da- bei geht es um eine drei Kilometer lange Leitung, die den im Bau befindlichen LNG-Terminal mit dem Gasleitungsnetz des Nord- deutschen Betreibers SH Netz verbinden soll und um eine mehr

als 50 Kilometer lange Leitung, die im kommenden Jahr in der Nähe von Uetersen den Anschluss an das Gasfernleitungsnetz herstellen wird. Für beide Leitungen hat der Fernleitungsnetz- betreiber Gasunie Deutschland eine Genehmigung beantragt. Und es geht auch privat – und zwar in Rostock. Dort wird ein pri- vat finanzierter LNG-Terminal unter der Bezeichnung Deutsche Ostsee gebaut. Eine entsprechende Vereinbarung haben das Unternehmen Deutsche ReGas und der französische Konzern TotalEnergies unterzeichnet. Die Partner wollen dafür im Indus- triehafen Lubmin Anlagen für die Installation und den Betrieb ei- nes schwimmenden LNG-Terminals, einer Floating Storage and Regasification Unit, errichten. Bereits ab Dezember 2022 sollen laut Planung 4,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas in das deutsche Gasfernleitungsnetz eingespeist werden. Die FSRU und alle wei- teren für den Betrieb des Termials benötigten Schiffe werden den Angaben zufolge von der Deutschen ReGas gechartert. Bei der FSRU handelt es sich nicht um eine der vier von der Bundesre- gierung finanzierten Einheiten, wird betont. Eigner der FSRU, die in Lubmin stationiert werden soll, ist TotalEnergies, das fünftgröß- te Energieunternehmen der Welt. Fosen-Werft in Emden ist insolvent Die 2019 aus der Insolvenz der Fosen Nordseewerke hervorge- gangene Fosen Yard Emden GmbH hat nun wiederum Insolvenz anmelden müssen. Damit hat es eine weitere Werft in Deutsch- land getroffen. Hintergrund ist, dass sich die endgültige Auftrags- erteilung für den bei Fosen schon sicher geglaubten Bau von sechs 88 Meter langen Minbulkern immer wieder verzögert hat, sodass er nun eher unwahrscheinlich geworden ist. Auch bei an- deren Aufträgen „seien noch offene Fragen zu klären“, hieß es, ohne Angaben weiterer Details. Etwa 96 Mitarbeiter beschäftigt Fosen in Emden. Der Insolvenzverwalter will nun eine tragfähi- ge Lösung finden, ob und wie der Betrieb weitergeführt werden kann. Bemerkenswert ist, dass der Eigentümer, die norwegische Fosen-Gruppe, wenige Tage vor der Emder Insolvenzanmeldung in Stralsund einen Pachtvertrag für einen Teil des Geländes der insolventen MV Werft in Stralsund unterzeichnet hat. Dafür ist eigens die Fosen Yard Stralsund GmbH gegründet worden. In Stralsund sollen bald wieder Schiffe gebaut, umgebaut und re- pariert werden, hieß es in einer Meldung. In Emden wurden auch Teile für Lachsfarmen gebaut n e s o F : o t o F EVER GIVEN wirkt noch lange nach Die spektakuläre Havarie des Mega-Containerschiffs EVER GIVEN (20 000 TEU) im März vergangenen Jahres im Sueskanal wird die Schifffahrtswelt noch lange beschäftigen. Reedereien, Häfen und Konstrukteure sowieso, ganz beson- ders aber die Versicherer. Für sie geht es schließlich um Milliar- denbeträge. Darüber, wie hoch der Gesamtschaden ist, konnte bislang nur spekuliert werden. Nun hat eine französische Rück- versicherungsgesellschaft gewarnt, dass sich die Gesamtkos- ten über alle Sparten der Transportversicherung hinweg, also für Ware, Seekasko und Haftplicht, auf über zwei Milliarden Dollar summieren könnten. Darunter würden Bergungskosten, Schadenersatz für die Sueskanalbehörde, Schäden und Verzö- gerungen bei der Ware, Fracht- und Charterausfälle fallen. Rund 400 Schiffe mit Waren im Wert von etlichen Milliarden Dollar an Bord hatten aufgrund der Blockade des Sueskanals durch die havarierte EVER GIVEN ihre Reisen unterbrechen müssen, was zu bis heute andauernden Verzögerungen und Ausfällen bei den Lieferketten geführt hat. A C S : o t o F Die EVER GIVEN beim Verlassen des Sueskanals Außerdem sei es nicht auszuschließen, dass sich der Fall in ähnlicher Form wiederholen könnte, warnt der Rückversiche- rer. Man wisse inzwischen sehr genau, wie es zu dem Desaster gekommen sei: Ein Sandsturm, schlechte Sicht, starke Südwin- de und Fehlkommunikation seien die wesentlichen Gründe für die Havarie gewesen. Auch werde die Zahl der Mega-Contai- nerschiffe, die den Sueskanal am nautischen Limit durchque- ren, weiterhin sehr stark zunehmen. Die Anzahl dieser in Fahrt befindlichen Frachter mit Stellplätzen für mehr als 17 000 TEU werden in den kommenden Jahren um etwa 30 Prozent auf mehr als 220 zunehmen. Noch mehr Havarien Havarien von Containerschiffen haben schon häufiger Schlagzei- len produziert, vor dem EVER-GIVEN-Desaster im Sueskanal und danach. Häufig waren es von Containern ausgehende Brände, aber auch Unglücke, ähnlich dem der EVER GIVEN sind keines- wegs selten, bestätigen die Befürchtungen des Versicherers und können längst nicht mehr nur als Einzelfälle gewertet werden. Es ist noch nicht lange her, da lief die sich auf dem Weg von Balti- more nach Norfolk in Virginia befindende 334 Meter lange EVER FORWARD (12 000 TEU) trotz Lotsenberatung mit hoher Geschwin- digkeit außerhalb des Fahrwassers in der Chesapeake Bay auf Grund und saß dort mehr als einen Monat fest. Anfang Februar 9 – 2022 marineforum 47

Schifffahrt · Schiffbau · Technologie G C S U : o t o F Havarie der MAERSK SURABAYA auf dem Savannah River 2022 geriet die 400 Meter lange MUMBAI MAERSK (20 568 TEU) bei der Ansteuerung der Wesermündung nördlich Wangerooge auf Grund, obwohl sich ein Seelotse an Bord befand und das Schiff mit Radarberatung fuhr. Erst nach zwei aufwendigen Ber- gungsversuchen kam die MUMBAI MAERSK wieder frei und konn- te ihre Reise nach Bremerhaven fortsetzen. Den jüngsten Vorfall dieser Art gab es wieder an der US-Ostküste: Die 325 Meter lan- ge MAERSK SURABAYA (8 800 TEU) war im Savannah River nahe Fort Jackson auf Grund gelaufen, aber mit Unterstützung durch sieben Schlepper bald wieder freigekommen. Bei den drei genannten Havarien gab es glücklicherweise kei- ne Personenschäden und auch sonst blieben die Auswirkungen eher gering – außer den beträchtlichen wirtschaftlichen Folgen. Nicht immer wird es dabei bleiben, denn große Umweltschäden mit weitreichenden Folgen kann es in solchen Fällen immer ge- ben, gerade in Küstennähe. Die Gefahren werden analog zu den wachsenden Schiffsgrößen bedrohlicher. Dazu passt, dass nach einer aktuellen Untersuchung des World Shipping Council die Marktteilnehmer der Containerschifffahrt einen starken Anstieg bei der Anzahl von auf See verlorenen Containern verzeichnen mussten, darunter viele mit gefährlichen Gütern beladene. So habe die durchschnittliche Anzahl verlore- ner Boxen in den Jahren 2020 und 2021 bei 3113 gelegen, das seien rund viermal so viele, wie in der vorangegangenen Periode zwischen 2008 und 2019. Echt irre Stimuliert von allgemein hervorragenden Geschäftsergebnis- sen und trotz harter politischer Unsicherheiten, ausgelöst durch Russlands Angriffskrieg in der Ukraine, Inflation und Lockdowns in China, haben die Containerreedereien noch einmal mehr neue Schiffe geordert. Gegen Mitte des Jahres hat der Auftragsbestand für Containerschiffe nach Angaben der Bimco (The Baltic and International Maritime Council) zum ersten Mal seit Ende 2008 wieder die Marke von 6,5 Millionen TEU überschritten, nach erst zwei Millionen TEU im Oktober 2020. Nach Zahlen des Branchen- dienstes Alphaliner ist die weltweite Containerschifffahrt gegen- wärtig mit insgesamt 25,5 Millionen TEU unterwegs. Mehr als 80 Prozent davon entfallen auf die Top Ten der Branche. Das gilt in erster Linie für die Nummer eins der internationalen Container-Linienfahrt, die italienische Reederei Mediterranean 48 marineforum 9 – 2022 Shipping Company (MSC) mit Sitz im schweizerischen Genf. Sie hat nicht nur Anfang 2022 die dänische Maersk Line als Bran- chenprimus abgelöst und inzwischen nach und nach das größte Neubauprogramm der Branche platziert, sondern darüber hinaus auch noch über 200 Schiffe auf dem Secondhand-Markt dazu- gekauft. Alphaliner weist mit Stand Mitte des Jahres für MSC ei- ne Flotte von 674 Schiffen mit zusammen 4,4 Millionen TEU aus, darunter 341 eigene Schiffe mit knapp 1,8 Millionen TEU. Das Neubauprogramm umfasst weitere 113 Schiffe mit rund 1,5 Milli- onen TEU. Das entspricht rund 30 Prozent der fahrenden Flotte. Allein mit dem geplanten Flottenzuwachs wäre MSC größer als Hapag-Lloyd, die derzeitige Nummer fünf unter den Top Ten. Unter den Neubauten sind vor allem die vier 23 000-TEU-Einheiten mit LNG-Antrieb von Interesse, die MSC zusammen mit japanischen Partnern bei der Imabari-Werftengruppe in Japan zur Lieferung 2025 bestellt hat. Mit einem Stückpreis von 230 Millionen Dollar sollen es die teuersten Containerschiffe der Welt sein. Dazuzu- rechnen ist noch die jüngste Bestellung von 20 weiteren Schiffen bei der chinesischen Jiangsu New Times Shipbuilding – je zehn 8100-TEU- und 11 400-TEU-Neubauten mit Ablieferungstermi- nen 2024 und 2025. t r o o p o r u E : o t o F Bild mit Symbolcharakter: Vorn ein MSC- Containerschiff, dahinter eins von Maersk Auch der drittgrößte Container-Carrier, die französische CMA CGM, war bei Neubestellungen recht aktiv. Nach Maklerberichten soll sie allein in der ersten Junihälfte 16 Neubauten geordert haben. Darunter vier 23 000-TEU-Schiffe mit LNG/Dual-Fuel-Antrieb zur Ablieferung 2025 sowie sechs 7900-TEU-Einheiten, ebenfalls mit LNG/Dual- Fuel-Antrieb. Weitere sechs 15 000-TEU-Schiffe sollen den Berich- ten zufolge für den Methanolbetrieb konzipiert sein. Damit würden die Franzosen der Maersk Line folgen, die im Jahr zuvor als erste Containerschiffe mit diesem Antrieb bestellt hatte: ein 2100-TEU- Feederschiff, gefolgt von acht mit jeweils 16 000 TEU. Erste nachhaltige Entsorgung Bei German Naval Yards in Kiel ist erstmals ein Schiff nach aktu- ellen Vorstellungen nachhaltig verschrottet und recycelt worden. Das Cuxhavener Startup Leviathan wollte mit diesem Pilotprojekt demonstrieren, dass „grüne“, also umweltgerechte und emissi-

Wismar fertigen, hieß es vorsichtig. Maßgeblich hierfür sei eine Beauftragung weiterer Unterseeboote durch den Bund und da- raus folgende Investitionen in die Ertüchtigung der Werft. Die Di- mension des Engagements von TKMS richte sich nach dem Maß der Beauftragung: Je mehr Aufträge, desto mehr Arbeitsplätze, hieß es. Bei einem Hochlauf der Produktion im Laufe des Jahres 2024 könnten rund 800 Mitarbeiter eingestellt werden. Bei zu- sätzlichem Auftragseingang im Überwasserbereich könnte sich die Zahl auf über 1500 in Wismar erhöhen, erklärte das Unter- nehmen spekulativ. K Y N G : o t o F Eintreffen des Demonstrationsobjekts an der Werft onsfreie Verschrottungen von Schiffen auch in Europa möglich sind. Das 42 Meter lange ehemalige Wasserbaufahrzeug HC HAGEMANN I wurde innerhalb weniger Wochen auf der Werft kom- plett zerlegt und nachhaltig entsorgt. „Für German Naval Yards war diese umweltschonende Entsorgung eine willkommene neue Herausforderung“, hieß es von Seiten der Werft. Die Projektpart- ner boten zudem Künstlern die Gelegenheit, Teile und Material aus dem Recyclingfundus wiederzuverwenden, weiterzuverarbeiten oder in Kunstwerke umzuwandeln. Bulker unter Segeln Die norwegische Massengutreederei Berge Bulk lässt ihren 2018 gebauten 211 153-tdw-Bulker BERGE OLYMPUS mit vier „Bar Tech WindWings“-Tragflächensegeln von Yara Marine Technologies ausstatten. Die bis zu 50 Meter hohen Tragflächensegel sollen e n i r a M a r a Y : k i f a r G Der Bulkcarrier BERGE OLYMPUS soll mit Windunterstützung fahren durch eine Kombination aus Windantrieb und Routenoptimierung die CO2-Emissionen des Schiffes um bis zu 30 Prozent gegen- über vergleichbaren Einheiten reduzieren und gleichzeitig eine erhebliche Treibstoffersparnis ermöglichen. Die Segel sollen im zweiten Quartal 2023 auf der BERGE OLYMPUS installiert werden. Entscheidungen bei MV Werften Allmählich beginnt sich die Situation bei MV Werften nach der Pleite des Eigentümers, der milliardenschweren malaysischen Genting-Gruppe, zu klären. Nachdem für die Lloyd Werft in Bre- merhaven und für die MV-Werft in Stralsund bereits Lösungen gefunden worden sind, will nun auch Thyssenkrupp Marine Sys- tems (TKMS) einsteigen und die große Werft in Wismar über- nehmen. Bereits ab dem Jahr 2024 könnte TKMS U-Boote in n e t f r e W V M : o t o F In Wismar will TKMS künftig U-Boote bauen Ostseestaal liefert in die Schweiz Im vergangenen Jahr hatte das Stralsunder Spezialunter- nehmen Ostseestaal zusammen mit Ampereship nach eu- ropaweiter Ausschreibung einen beachtlichen Auftrag über den Bau von drei Elektro-Fahrgastschiffen für den Einsatz auf dem Zürichsee und der Limmat buchen können. Die Ent- wicklung der drei 22,5 Meter langen, 3,8 Meter breiten und für 61 Fahrgäste ausgelegten Schiffe bedeutete für die Kon- strukteure des Unternehmens eine besondere Herausforde- rung, da sie auf dem schmalen Fluss Limmat wenden und Brücken mit geringer Durchfahrthöhe passieren müssen. Unterdessen ist der erste dieser Neubauten per Schwerlast- Straßentransport auf die 1100 Kilometer lange Strecke nach Zürich auf den Weg gebracht worden. ß u e P / l a a t s e e s t s O : t o o F Per Schwertransport geht es nach Zürich 9 – 2022 marineforum 49

NACHRUF Karlheinz Max Reichert Flottillenadmiral a.D. * 01.01.1937 – † 30.07.2022 Die Marine-Offizier-Vereinigung e.V. (MOV) und das Deutsche Maritime Institut e.V. (DMI) trauern um Karlheinz Max Reichert, Ehrenmitglied und ehemaliger Vorsitzender der MOV, ehemaliger Präsident des DMI und Träger des Bundesverdienstkreuzes. Seit 1956 führte ihn eine außergewöhnliche Karriere in gehobene Füh- rungsverwendungen, darunter Kommandant der Fregatte KÖLN, Kom- mandeur der Marineortungsschule und Leiter des Informations- und Pressestabs im Bundesministerium der Verteidigung. Nach seiner Tä- tigkeit als international hochgeschätzter Verteidigungsattaché an der Deutschen Botschaft in London schied er 1995 aus dem Dienst aus. Sein Verdienst um die Aussöhnung zwischen den Kriegsgeg- nern und sein Wirken in der Zeit nach der deutschen Wie- dervereinigung werden unvergessen bleiben. Mit Flottil- lenadmiral a.D. Reichert verlieren wir eine charismatische Leitfigur und menschlich eine beeindruckende Persönlichkeit. Sein feiner Geist und sein intellektueller Humor werden uns sehr fehlen. Wir verneigen uns vor seinem Lebenswerk und werden sein Anden- ken in hohen Ehren halten. In den dunklen Stunden der Trauer gilt unser tief empfundenes Mitgefühl seinen Angehörigen. Thorsten Kähler Karsten Schneider Konteradmiral a.D. Konteradmiral a.D. und Präsident DMI und Vorsitzender MOV Spende und werde ein Teil von uns. seenotretter.de Einsatzberichte, Fotos, Videos und Geschichten von der rauen See erleben: #teamseenotretter 50 marineforum 9 – 2022 97. Jahrgang · 2022 Herausgeber: Deutsches Maritimes Institut e.V. (DMI) Deutsches Maritimes Institut e.V. (DMI) Jadeallee 102, 26382 Wilhelmshaven Tel.: +49 (0) 4421 500 47 - 0 Fax: +49 (0) 4421 500 47- 29 [email protected] Chefredakteur Holger Schlüter (hsc): [email protected] Redaktion Hans-Uwe Mergener (hum): Rüstung und Politik Dr. Michael Stehr (ms): See- und Völkerrecht Axel Stephenson (ajs): Marinen aus aller Welt Andreas Uhl (au): NATO und Projekte Dr. Heinrich Walle (HeiWa): Geschichte Jürgen Witthöft (hjw): Wirtschaft und Häfen Ständige Mitarbeiter Sidney E. Dean, Hans Karr, Baron Ludolf von Löwenstern, Michael Nitz, Dieter Stockfisch, Daniel Angres (dan) Verlag Mittler Report Verlag GmbH Beethovenallee 21, 53173 Bonn Tel.: +49 (0) 228 3500 870 Ein Unternehmen der Gruppe Tamm Media Anzeigenleitung Dr. Andreas Himmelsbach, Tel.: +49 (0) 228 3500 872, Fax: -871 [email protected] Annika Kordysch, Tel.: +49 (0) 228 3500 883 [email protected] Susanne Sinß, Tel.: +49 (0) 40 707 080-310 [email protected] Anzeigenrepräsentanz Baltische Staaten, Benelux, Israel und Skandinavien: Stephen Elliott, Tel.: +49 (0) 228 3500 872 [email protected] Anzeigenrepräsentanz Frankreich, Italien, Irland, Osteuropa, Türkei und Vereinigtes Königreich: Stephen Barnard, Tel.: +49 (0) 228 3500 886 [email protected] Anzeigenrepräsentanz USA/Kanada Black Rock Media, Inc. Diane Obright, Tel.: +1 858 759 3557 [email protected] Layout AnKo MedienDesign GmbH, Meckenheim Tel.: +49 (0) 2225 608 6742 Druck Lehmann Offsetdruck und Verlag GmbH www.lehmann-offsetdruck.de Heftbestellung und Abonnentenbetreuung PressUp GmbH, Wandsbeker Allee 1, 22041 Hamburg Tel.: +49 (0) 40 38 6666-319, Fax: -299 Die Zeitschrift MarineForum erscheint zehnmal jährlich. Der Preis beträgt je Heft € 7,95 zzgl. Versandkosten, Abonnementspreis € 70,00 pro Jahr inklusive Versand- kosten (nicht per Luftpost sowie ins Ausland). Das Abon- nement verlängert sich um ein weiteres Jahr, wenn nicht sechs Wochen vor Ablauf des Bezugszeitraums schriftlich abbestellt wurde. Preisänderungen vorbehalten. Gerichts- stand und Erfüllungsort ist Bonn. Die mit Namen oder Initialen der Autoren gekennzeichne- ten Beiträge oder Leserbriefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder wird keine Gewähr übernommen. Durch Annahme eines Manuskripts erwirkt der Verlag auch das Recht zur teilweisen Veröffent- lichung und Kürzung. Alle Rechte des Nachdrucks bleiben vorbehalten. Das MarineForum als Publikation der Marine- Offizier-Vereinigung ist unabhängig, überparteilich und wird nicht von Behörden, Institutionen oder Ministerien unter- stützt. Das MarineForum behandelt maritime Themen mit den Schwerpunkten Streitkräfte, Sicherheitspolitik, Technik und Wirtschaft. ISSN (Allgemeinausgabe) 0172 – 8547 ISSN (Mitgliederausgabe) 0172 – 8539

Marine Systems Mit Sicherheit für Deutschland und seine Verbündeten. Zuverlässige und einsatzbereite Marinesysteme sind eine Voraussetzung für die Sicherheit und Verteidigung unseres Landes und seiner Verbündeten. Mit der Sicherung von Seewegen und effektiver Abschreckung tragen unsere Soldat*innen maßgeblich zur Erhaltung von Freiheit und Demokratie bei. Für diese Werte und eine sichere Heimkehr unserer Einsatzkräfte stellen wir erforderliches Material zur Verfügung. Denn Sicherheit kommt nicht von allein. Es kommt auf uns alle an. www.thyssenkrupp-marinesystems.com

DMI NACHRICHTEN MOV MOH AUS DEN VEREINEN UND DER MARINE 9-2022 Bericht des Vorsitzenden des Gesamtvostandes der Marine-Offizier-Vereinigung e.V. anlässlich der Mitgliederversammlung 2022 Es gilt das gesprochene Wort Der Rechenschaftsbericht des Vorstandes und des Vorsitzen- den des Gesamtvorstandes der Marine-Offizier-Vereinigung e.V. (MOV) steht am Anfang des internen Vereinsteils der all- jährlichen Mitgliederversammlung. Die MOV konnte im Pandemiejahr 2020 keine Mitgliederver- sammlung in Präsenz durchführen. Das Geschäftsjahr 2019 konnte deshalb nicht abgeschlossen und der Vorstand nicht entlastet werden. Der Gesamtvorstand blieb wegen ausgefal- lener Wahlen und mangels Entlastung im Amt. Zugleich ist das Jahr 2020 ein Jahr tiefgreifender interner Veränderungen gewesen. Die gemeinsame Geschäftsstelle von MOV, MOH und DMI hatte am 24. August 2020 in Wil- helmshaven ihren Betrieb in der Jadeallee 102 mit einer kom- plett neuen Besatzung aufgenommen. Aufgrund besonderer Regelungen im Vereinsrecht konnten wir im Jahre 2021 erstmalig eine außerordentliche Mitgliederver- sammlung in einem Umlaufverfahren durchführen. In diesem Verfahren haben wir erforderliche Satzungsänderungen u. a zum Wechsel des Vereinssitzes von Bonn nach Wilhelmsha- ven sowie die Entlastung des Vorstands für die Geschäftsjahre 2019 und 2020 erfolgreich beschließen können. Mehr als 50 Prozent der Mitglieder mussten teilnehmen, um beschlussfähig zu sein. Dass diese „Abstimmung aus der Ferne“ gelang, war keineswegs selbstverständlich. Deshalb danke ich an dieser Stelle allen Mitgliedern, die mit einer Beteiligung von deutlich über 50 Prozent zum rechtskonformen Abschluss beigetragen haben. Es zeigt die Geschlossenheit unserer Gemeinschaft besonders in schwierigen Zeiten. Darauf können wir zu Recht sehr stolz sein. Für die erforderlichen Personalwahlen hatte der Gesamtvor- stand entschieden, diese auf alle Fälle in Präsenz durchfüh- ren zu wollen, sodass zusätzlich zum Umlaufverfahren in der Außerordentlichen Mitgliederversammlung nach mehreren Terminverschiebungen schließlich am 09.10.2021 eine Or- dentliche Mitgliederversammlung in Präsenz in Wilhelmshaven durchgeführt werden konnte. Auf ihr wurden der Vorstand, der Gesamtvorstand, der Ältestenrat sowie die Rechnungsführer neu gewählt. Neu zu besetzen waren die Posten des 1. Vorsitzenden sowie des 1., 4., 6., 8. und 9. Beisitzers. In den Gesamtvorstand wurden neben meiner Person als neuer Vorsitzender die Beisitzer Kapi- tän zur See aD Straus, Fregattenkapitän Bornkessel, Fregatten- kapitän Clausing, Korvettenkapitän Merkl, Korvetten- kapitän Adrians und Kapitänleutnant Dilly gewählt. Die im akti- ven Dienst befindlichen „Neuzugänge“ haben die Führung der Marine-Offizier-Vereinigung deutlich verjüngt und die Verbin- dung zu unserer Marine gestärkt. Mit unserer heutigen Mit- gliederversammlung in Potsdam und den durch- zuführenden Wahlen sind wir wieder im regulären Zyklus angelangt, so dass immer die Hälfte der Pos- ten des Gesamtvorstan- des jährlich nachzubeset- zen ist, um die Kontinuität der Arbeit sicherzustellen. Das führt mich zur Be- schreibung der aktuellen Situation. Die neue Crew in der Geschäftsstelle blieb im Jahr 2021 unverändert und ist inzwischen eingearbeitet. Zusammen mit den Geschäftsführungen der MOH und des DMI wur- den neue interne und externe Arbeitsbeziehungen aufge- baut. So mussten beispielsweise neue Geschäftspartner gefunden werden. Den Geschäftsführern ist es dabei ein Anliegen, bei erforderlichen Vergaben regionale Firmen zu betei- ligen. Das gemeinsame Wirken der drei Vereine MOV, MOH und DMI in der neuen Geschäftsstelle lässt sich am besten durch den Satz „Uns gibt es nur im Dreierpack“ charakterisieren. Die Sitzungen des Gesamtvorstandes, die im Schnitt alle zwei Monate stattfinden, werden weiter als hybride Sitzungen aus der Geschäftsstelle durchgeführt. Dort sind neben dem Vorsit- zenden in der Regel der Schatzmeister und die ortsansässigen Beisitzer präsent, sofern diese nicht anderweitig dienstlich ge- bunden sind. Alle anderen Beisitzer sind per Videokonferenz online zugeschaltet. Das Verfahren ist inzwischen eingespielt und stellt eine kostengünstige Lösung dar. Ich selbst bin alle zwei Wochen und bei Veranstaltungen mit Bezug zur MOV in Wilhelmshaven, nicht zuletzt, um die Geburtstagsbriefe recht- zeitig an unsere Mitglieder versenden zu können. Neben der Routinearbeit waren die Gesamtvorstandssitzun- gen seit Oktober letzten Jahres durch folgende Themen- schwerpunkte gekennzeichnet: Die Rückkehr in den Normalbetrieb nach Corona, sobald wieder Präsenzveranstaltungen in der aktiven Marine möglich waren. Gespräche mit der Tamm-Media-Gruppe und dem Mittler Report Verlag über die Kostenentwicklung der Printausgabe des marineforums, der Sicherstellung eines wirtschaftlich vertret- baren Betriebes des marineforums online über die im Dezem- ber 2022 endende Probezeit hinaus. Hierzu ist die verstärkte Akquise von Werbekunden der Schlüssel zum Erfolg. 9 – 2022 marineforum Nachrichten 53

Die Abwicklung des Deutschen Maritimen Kompetenz Netzes (DMKN). In Abstimmung mit dem Notar der DMKN GmbH wurde in der Gesellschafterversammlung vom 1. Juni 2021 die Auflösung der DMKN GmbH gem. § 7 des Gesellschaftervertrags zum Ablauf des 31. August 2021 beschlossen. Seither läuft die Liquidation der GmbH gem. GmbH-Gesetz. Der Geschäftsführer der GmbH, Fre- gattenkapitän aD Ottmar Becher, wurde zum Liquidator bestellt. Er vertritt die Gesellschaft gemäß der allgemeinen Vertretungs- regelungen. Die Partnerverträge wurden erfüllt und fristgerecht gekündigt. Die Verwahrung der Bücher und Schriften der Ge- sellschaft wurde vom Liquidator geregelt. Im Rahmen der Liqui- dation wird das verbleibende Geschäftsvermögen der GmbH an das DMI transferiert. Die steuer- und finanzrechtliche Abwicklung der GmbH, die Löschung der Accounts und die Kündigung der Nebenverträge erfolgte und erfolgt im Rahmen des Liquidations- verfahrens. Aktivitäten der Jungen Marine-Offizier-Vereinigung. Seit unserer letzten Mitgliederversammlung hat sich hier einiges getan. Die Junge Marine-Offizier-Vereinigung (JuMOV), der drei der neuen Gesamtvorstandsmitglieder angehören, hat unverzüglich begonnen, ihre Arbeit zur Steigerung der Attraktivität unserer Vereinigung bei jungen Marineoffizieren zu intensivieren. Zurzeit wird dort daran gearbeitet, unsere Wertegemeinschaft für jüngere Kameraden wieder greifbarer und interessanter zu machen. Neben der erfolgreichen Rei- he der „Virtuellen Offiziermesse“ im Online-Format mit vielen hochkarätigen Fachvorträgen finden mittlerweile wieder eben- solche Veranstaltungen in Präsenz in den Standorten statt. Die nächste Veranstaltung der Jungen MOV in Wilhelmsha- ven wird ein Dämmerschoppen Ende August in der Offizier- heimgesellschaft sein. Zu Gast ist dann der Kommandeur der Einsatzflottille 2, Flottillenadmiral Axel Schulz. Er wird sich mit den Gästen zum Thema „Führungsdenken“ austauschen. Auch arbeitet die Junge MOV daran, unseren Netzwerkgedan- ken zu schärfen und fassbarer zu machen. Der aktive Kontakt zu jüngeren Kameraden an den Ausbildungsstätten und in der Truppe steht hierbei im Fokus. Hierzu ist ein Konzept in Erar- beitung, das dem Vorstand vorgelegt und Ihnen in einer der kommenden Ausgaben des marineforums auf den Gelben Seiten vorgestellt werden soll. Themen der Mitgliederwerbung, Öffentlichkeitsauftritte der drei Vereine unter Einbeziehung der Regionalbeauftrag- ten der Marine-Offizier-Vereinigung. In Überarbeitung befinden sich die Flyer aller drei Vereine. Abgeschlossen sind bereits die Arbeiten am Flyer der Marine- Offizier-Hilfe. Eine Sonderaktion soll außerdem ausgewählte aktive MOV-Mitglieder vorstellen. MOV-Mitglieder sollen darü- ber hinaus in den Genuss von Rabattaktionen in ausgewählten Hotels und Museen kommen. Die Verhandlungen mit entspre- chenden Hotels und Museen laufen derzeit. Die Einrichtung einer Navy Lounge der MOV in Wilhelms- haven. Dieses Konzept könnte, je nachdem wie es angenommen wird, als Pilotprojekt für lokale maritime Netzwerke dienen. Nach Vorgesprächen mit anderen Vereinen wie dem DMB, dem Nautischen Verein, dem DMI oder dem Deutschen Marinemu- seum soll eine erste Kennenlern-Veranstaltung zunächst nur für MOV-Mitglieder am 8. September um 20:00 Uhr im Offizi- erheim an der Adalbertstraße stattfinden. Ich werde dazu als Veranstalter gesondert einladen. Wieder aufgenommen wurden folgende Präsenzveranstal- tungen: 54 marineforum Nachrichten 9 – 2022 – Die Preisverleihung für den besten Teilnehmer des internatio- nalen Lehrgangs Admiralstabsdienst an der Führungsaka- demie der Bundeswehr in Hamburg durch den Vorsitzenden der MOV. Diesen Preis erhielt im vergangenen Jahr Korvetten- kapitän Sergio Eduardo Horruitiner Costa aus Peru. – Die Preisverleihung für herausragendes Engagement für den Sanitätsdienst der Marine an ein Mitglied des Mari- nesanitätsdienstes im Rahmen der Sanitätsoffizier-Tagung der Marine. Der Preis der MOV wurde verliehen an Leut- nant zur See (Sanitätsoffizier-Anwärterin) Sarah Koch – Die Preisverleihung für den besten Teilnehmer am Lehrgang der Offizieranwärter des Militärfachlichen Dienstes der Marineschule Mürwik. Der Bestpreis der MOV ging an Stabs- bootsmann OA Heiko Niemann. Auf dieser Veranstaltung habe ich erstmals Wert darauf gelegt, die Marine-Offizier-Ver- einigung als die den Preis verleihende Institution in den Vorder- grund zu rücken. Meine Rede anlässlich der Preisvergabe ist auf den Gelben Seiten des marineforums nachzulesen. Weitere Präsenzveranstaltungen sind noch in diesem Jahr geplant, als da sind: – Die Preisverleihung für den besten Teilnehmer am Lehr- gang der Offizieranwärter des Truppendienstes der Marineschule Mürwik – Die Preisverleihung für den besten Teilnehmer am natio- nalen Lehrgang Admiralstabsdienst an der Führungs- akademie der Bundeswehr in Hamburg Nur Präsenzveranstaltungen bieten uns letztlich die Gelegenheit, uns als Marine-Offizier-Vereinigung im Gespräch zu präsentie- ren. Auf Vorschlag der Regionalbeauftragten sollen möglichst jüngere MOV-Mitglieder im aktiven Dienst als zusätzliche An- sprechpartner zu den Veranstaltungen hinzukommen. Das führt mich zur Arbeit der Regionalbeauftragten. Wir decken von Flensburg bis Hamburg, von Wilhelmshaven bis Stral- sund, mit Berlin/Bonn und München alle Orte ab, die aus Sicht der Marine-Offizier-Vereinigung für die Gewinnung von Nachwuchs wichtig sind. Die Regionalbeauftragten organisieren ihre Arbeit selbstständig, fordern Geldmittel und Werbematerial für Veranstal- tungen an. Dreimal im Jahr oder bei Bedarf sehe oder spreche ich die Regionalbeauftragten, einmal virtuell per Videokonferenz im Frühjahr, in Präsenz auf der Mitgliederversammlung und anlässlich des Totengedenkens der Marine in Laboe zum Volkstrauertag. Der- zeit stehen wir vor einem Wachwechsel im Kreis der Regionalbeauf- tragten. Noch im Juni wird Fregattenkapitän Thorsten Leonardy, der ehemalige Sprecher der Jungen Marine-Offizier-Vereinigung den Staffelstab in Flensburg von Kapitän zur See aD Schmidt-Skipiol übernehmen. Dieser beendet damit eine sehr erfolgreiche Tätigkeit als unermüdlicher Werber für Nachwuchs in der Marine-Offizier-Ver- einigung. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, vor den versammel- ten Mitgliedern unserer Vereinigung Kapitän zur See aD Schmidt- Skipiol, für seine Arbeit ganz herzlich zu danken. Ich begrüße seinen Nachfolger, Fregattenkapitän Leonardy, sehr herz- lich. „Welcome back to the club.“ Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit. Weitere Veränderungen stehen in der nächsten Zeit an. So wer- den in Wilhelmshaven und Kiel Nachfolger für Konteradmiral aD Gottfried Hoch und Kapitän zur See aD Gerd Straßburger gesucht. Erstmals hat vor einigen Wochen wieder ein Blauer Tisch mit dem neuen Inspekteur der Marine in Rostock stattgefunden. Der Blaue Tisch ist eine informelle Zusammenkunft, an der neben Vertretern der aktiven Marine Abgesandte der MOV, des Deutschen Maritimen Institutes, der Reunion, der maritimen Wirtschaft (MARINBO), des Deutschen Marinebundes und des

Deutschen Marinemuseums teilnehmen. In der Besprechung ging es um einen allgemeinen Informationsaustausch und Sachstand sowie um Termine von gegenseitigem Interesse wie den 175. Ge- burtstag der Deutschen Marine im kommenden Jahr. Die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Marinebund ist durch Kooperationsabkommen mit der Marine-Offizier-Verei- nigung und seit Kurzem auch mit dem Deutschen Maritimen Institut geregelt. Ziel aller gemeinsamen Aktivitäten ist die Er- höhung der Sichtbarkeit der maritimen Gemeinschaft in der Öffentlichkeit, ohne dabei den speziellen Charakter der einzel- nen Organisationen zu verwischen. Die Zusammenarbeit mit der Reunion hatte wie viele ande- re Bereiche auch unter den Einschränkungen der Corona- pandemie zu leiden. Sie wird nach Aufhebung vieler Corona- Restriktionen wieder intensiviert werden können. Ich freue mich auf einen verstärkten persönlichen Gedankenaustausch. Frau Katharina Gerhartz als unsere EDV-Sekretärin konnte unsere Mitgliederdatenbank in 2021 auf einen aktuellen Stand bringen. Die Zahl der Mitglieder belief sich zum 31.12.2021 auf 2946 Mitglieder (31.12.2020: 2973) inklusive 11 korporative Mitglie- der und weitere Mitglieder, deren Angaben leider immer noch unvollständig sind. Es standen 66 Eintritten 54 Sterbefälle gegenüber. Leider trüb- ten 49 Austritte und 24 vorgenommene Löschungen das auf den ersten Blick positive Bild. Damit hat sich ein Negativtrend fortgesetzt, der in der Bewertung oft durch die in den Corona- Jahren 2020 und 2021 vielfach ausgebliebenen Werbever- anstaltungen begründet wird. Dies ist jedoch nach Aussage unseres Geschäftsführers nur die halbe Wahrheit. Tatsache ist auch, dass 51 Prozent unserer Mitglieder, mich selbst einge- schlossen, über 60 Jahre alt sind. Bis Mitte der 60er-Jahre nahmen die Mitgliederzahlen der Marine-Offizier-Vereinigung stetig zu. Möglicherweise war dies auch durch den Aufbau der Marine bedingt. Seit 1965 verlieren wir jährlich 30 bis 40 Mitglieder. Lediglich im Jahr 1978 (!) war ein Zuwachs zu verzeichnen. Auch die Begründung, „die Jungen sind an einem Vereinsleben nicht mehr interessiert“ mag in dem einen oder anderen Fall zutref- fen, im großen Zusammenhang ist dies jedoch zu kurz gesprungen. Da es uns in 2021 wieder nicht gelungen ist, den Abwärtstrend aufzuhalten, wird erneut deutlich, wie wichtig die persönliche Werbung mit persönlicher Ansprache eines jeden Mitglieds ist. Dieses ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Ich bitte Sie sehr herzlich um aktive Werbung neuer Mitglieder überall dort, wo Ihnen die- ses im Freundes-, Bekannten- und Verwandtenkreis möglich ist. Was werden die Arbeitsschwerpunkte des nach der Mitglieder- versammlung beginnenden neuen Geschäftsjahres sein? Hier sehe ich folgende Themen in den Fokus rücken: Das Jahresarbeits- und Besuchsprogramm Die Öffentlichkeitsarbeit/Mitgliederwerbung und die Aktivitä- ten der Jungen Marine-Offizier-Vereinigung Die Feierlichkeiten zum 175. Geburtstag der Deutschen Marine in 2023 Die Suche nach Kompensationsmöglichkeiten bei der Kos- tenentwicklung der Print- und der Online-Ausgabe des marineforums durch verstärkte Werbe-Akquise und Gewinnung neuer Mitglieder/Interessenten unserer Medienprodukte, um die Mitgliedsbeiträge möglichst lange stabil halten zu können. Vier Bitten habe ich zum Schluss meines Rechenschaftsbe- richtes an Sie als unsere Mitglieder: Bitte beteiligen Sie sich an der Spendenaktion des Deutschen Marinebundes zum Erhalt des Marine-Ehrenmals in Laboe Bitte besuchen Sie unseren Devotionalienstand, der in be- Vizeadmiral aD Nolting neues Ehrenmitglied der Marine-Offizier-Vereinigung e.V. Vizeadmiral aD Wolf- gang Nolting übernahm im April 2012 als 17. Vor- sitzender der MOV/MOH seit Bestehen das Ruder unserer Vereinigung. Er trat damit die Nachfolge von Konteradmiral aD Klaus-Peter Hirtz an. Bei seinem Amtsantritt befand sich die Bundes- wehr mitten in einer voll- umfänglichen Umstruk- turierung mit erheblichen Auswirkungen nicht nur auf die Marine, sondern auch auf die sie unter- stützenden Verbände, zu denen Admiral Nol- ting immer an vorders- ter Front besonders die MOV gezählt hat. Und die Herausforderungen ließen nicht nach. Seit Jahren sinkende Mitgliederzahlen trieben ihn als Vorsitzenden um. Die Mitgliederwerbung wurde zum ständigen Arbeitsfeld für ihn. Er ist hier immer wieder massiv persönlich eingestiegen. Noch heute berichten von ihm geworbene junge Offiziere von spannenden und launigen Abenden mit Admiral Nolting. Er hat den so erfolgreichen und einzigartigen Geist der Mari- ne-Offizier-Vereinigung weitergeführt. Ihm ist es insbesondere gelungen, alle Generationen der MOV in seiner ihm unnach- ahmlichen Art zusammenzubinden und, was noch wichtiger ist, auch zusammenzuhalten. Die MOV hat unter der Ägide von Admiral Nolting in der maritimen Familie ihren prominenten Platz festigen können. Das zeigte sich deutlich auf der großen Jubiläumsveranstaltung zum 100. Geburtstag unserer Verei- nigung in Wilhelmshaven. Außerdem hat Admiral Nolting mit seinem Team am Ende ei- nes Auswahlprozesses über den Standort und die Räumlich- keiten der neuen Geschäftsstelle den Umzug aller drei Vereine von Bonn nach Wilhelmshaven an die Jadeallee 102 vorange- trieben. Dazu waren Satzungsänderungen, der Wechsel des Finanzamtes und des Steuerberaters, die Einstellung neuen Funktionspersonals und eine Vielzahl anderer administrativer Hürden zu überwinden, eine wahre Herkulesaufgabe bei an- haltender Coronapandemie. In Anerkennung seiner besonderen Verdienste in fast zehn Jahren als Vorsitzender hat die Mitgliederversammlung der Ehrenmitgliedschaft Admiral Noltings in der Marine-Offizier- Vereinigung einstimmig zugestimmt. gez. Thorsten Kähler 9 – 2022 marineforum Nachrichten 55

währter Art und Weise wieder von Frau Elisabeth Schäuble betreut wird. Bitte helfen Sie uns, wie bereits von mir angesprochen, neue Mitglieder zu werben. Schließlich möchte ich Sie bitten, an einem Experiment teilzuneh- men: Sie finden in Ihrer Mappe einen DIN-A4-Zettel auf den ich Sie bitten möchte aufzuschreiben, warum Sie Mitglied der Marine- Offizier-Vereinigung geworden sind. Wir wollen die Statements in anonymisierter Form für die Mitgliederwerbung nutzen. Darüber hinaus können Sie darauf auch Ihre Vorschläge zur Mitglieder- werbung formulieren. Damit danke ich Ihnen für Ihre Geduld, dass Sie mir so lange zugehört haben. Für Fragen stehe ich in der Aussprache, aber auch in den Pausen gerne zur Verfügung. gez. Thorsten Kähler Die Geschäftsstelle ergänzt den o. a. Bericht wie folgt: Im Rahmen der Mitgliederversammlung 2022 wurden die turnusmäßig anstehenden Personalwahlen durchgeführt. Neben dem Vorsitzenden der MOV und Vorstand des Gesamtvorstandes KAdm aD Thorsten Kähler, wurden KptzS aD Gunter Schneider, KKpt Tanja Merkl, KptLt Fabian Dilly und FKpt Elmar Bornkessel bis 2024 in ihren Ämtern bestätigt. FKpt aD Peter Lochbaum und KptzS dR Frank Herboth werden nach Wiederwahl auch das Geschäftsjahr 2022 in 2023 hinsichtlich korrekter Haushaltsführung prüfen. Elmar Brocksieper Mitgliederversammlung der Marine-Offizier-Hilfe e.V. (MOH) Mit einer Präsenz von über 30 Prozent der Mitglieder der MOH konnten in Potsdam am 11. Juni 2022 die Mitgliederversammlung 2022 und die Wahlen zum Gesamtvorstand durchgeführt werden. Ich rufe daher erneut zu Spenden für die MOH auf. Als Vorsitzender wurde Konteradmiral aD Thorsten Kähler wiedergewählt. Neuer 2. Beisitzer wurde Kapitän zur See aD Jürgen Looft, als 4. Beisitzer wurde Kapitän zur See aD Henning Straus bestätigt. Spendenkonto: Postbank Köln IBAN DE85 3701 0050 0219 2635 00 BIC PBNKDEFF Insgesamt ist der Bekanntheitsgrad der MOH trotz vieler Be- mühungen immer noch sehr gering. Damit verbunden ist auch, dass die Unterstützung, die die MOH leisten kann, nur wenig Aufmerksamkeit erhält. Diese Situation führt leider auch zu ei- nem geringer werdenden Spendenaufkommen für die MOH. Die MOH ist ein gemeinnütziger und mildtätiger Verein, damit sind Spenden an die MOH selbstverständlich steuerlich absetzbar. Spenden, Nachlässe und Vermächtnisse sind die Grundlage für unsere Unterstützungen an aktive oder ehemalige Angehörige aller deutschen Marinen unabhängig vom Dienstgrad und de- ren nächsten Familienangehörigen. Dirk Siebenmarck Geschäftsführer Die anwesenden Mitglieder der MOH. V.l.: Stabskapitänleutnant aD Schäuble, Oberstabsarzt aD Dr. Danckworth, Kapitän zur See aD Straus, Flottenarzt Streier, Fregattenkapitän aD Siebenmarck, Konteradmiral aD Kähler, Konteradmiral aD Otto, Kapitän zur See aD Schneider, Kapitän zur See aD Schlüter, Kapitän zur See aD Lenssen 56 marineforum Nachrichten 9 – 2022 s r e e W - r e l l ü M e n n a s u S : : t o o F

Mitgliederversammlung 2022 des Deutschen Maritimen Instituts e.V. Flottillenadmiral Bock hatte als Vorsitzender die Mitglieder des DMI nach der zweijährigen pandemiebedingten Pause wieder zu einer Mitgliederversammlung in Präsenzform eingeladen. Am 10. Juni 2022 begrüßte er die Teilnehmer im Kongresshotel in Potsdam. In seinem Jahres- und Geschäftsbericht über den Berichtszeit- raum Juni 2021 bis Juni 2022 stellte Flottillenadmiral Bock fest, dass die Pandemielage die Arbeit in Präsenz zwar erschwert, aber den laufenden Geschäftsbetrieb nicht behindert hat. So konnte auf der „Sonder-Kieler-Woche“ am 11. September 2021 das DMI während der Windjammerparade auf der Veranstaltung Sail Out der Einsatzflottille 1 präsentiert und die jährliche Mariti- me Convention im digitalen Format zum Thema „China! Mariti- mer Treiber für Europa?“ erfolgreich durchgeführt werden. Das 8. Maritime Kolloquium Wilhelmshaven konnte am 24. Mai 2022 wieder in Präsenzform im Atlantic Hotel in Wilhelmshaven veran- staltet werden. In einer ausgewogenen Vortragsfolge haben sich nationale und internationale Experten mit dem Thema „Die Deut- sche Marine vor neuen Aufgaben – Neue Herausforderungen – Neue Fähigkeiten?“ auseinandergesetzt. In Berlin hatte das Maritime Hauptstadtforum am 5. Mai 2022 zum 15. MAWC (Maritime After Work Club) in den Räumlichkei- ten der Diehl Stiftung am Brandenburger Tor eingeladen. In die- ser Veranstaltung wurden die Vorhaben der Ampelregierung, die den maritimen Sektor betreffen, kurz in wirtschaftspolitischer, technologiepolitischer, klimapolitischer und auch sicherheitspo- litischer Hinsicht eingeordnet und angeregt diskutiert. Der Schatzmeister berichtete zum Haushaltsvollzug 2021 und dem Rechnungsprüfungsbericht 2021 und stellte den Haus- haltsvoranschlag für das Jahr 2022 vor. In der anschließenden Aussprache wurde angeregt, einen Mit- gliedsbeitrag für die Mitgliedschaft im DMI einzuführen. Nach in- tensiver Diskussion wurde der Vorsitzende durch die Versamm- lung beauftragt, den Vorschlag zu analysieren, einen Entwurf für eine Satzungsänderung zu erarbeiten und dem Gesamtvorstand zur weiteren Bewertung vorzulegen. Anschließend wurden der Vorstand und Gesamtvorstand für ihre Arbeit im Berichtszeit- raum entlastet. Bei der Wahl zum Vorstand und Gesamtvorstand gab es keine Veränderungen. Beide Gremien wurden mehrheitlich für zwei Jahre wiedergewählt. Die vom Geschäftführer erläuterten Satzungsänderungen fan- den bei den Anwesenden Mitgliedern Zustimmung. In diesem Jahr wird sich das DMI noch auf der Indo-Pacific Security Conference am 5. September und der Maritime Con- vention am 8. November präsentieren. Während des anschließenden Grillabends wurde noch fleißig diskutiert und von gemeinsamen Zeiten erzählt. Karl-Hubert Brüdegam Geschäftführer Die anwesenden Vertreter Gesamtvorstand und Präsidium des DMI v.l.: KptzS dR Karl-Dietrich Haase, KptLt dR Ulf Jensen, FltlAdm aD Henning Bess, KptzS aD Gunter Schneider, KptzS Christian Meyer, Dr. Sarah Kirchberger, KptzS aD Holger Schlüter, FKpt Dirk Peters, FltlAdm Christian Bock, Rolf H. Neumann, VAdm aD Hans-Joachim Stricker, KAdm aD Thorsten Kähler, KAdm aD Karsten Schneider s r e e W - r e l l ü M e n n a s u S : : t o o F 9 – 2022 marineforum Nachrichten 57

I / e s s e r P w B k A ü F A o n f : s o o F t Verleihung Admiral – Wellershoff – Preis der MOV Lehrgang Generalstabs- / Admiralstabsdienst 2020 (LGAN 2020) Der Stellvertretende Vorsitzende der MOV und Vorsitzende des DMI, Flottillenadmiral Christian Bock, hat am 5. Juli 2022 an der Führungsakademie der Bundeswehr zusammen mit dem Regi- onalbeauftragten Hamburg und Fakultätsleiter Marine, Kapitän zur See Peter Görg, den besten nationalen Lehrgangsteilnehmer der Marine im LGAN 2020, Korvettenkapitän Alexander Koch, mit dem Admiral-Wellershoff-Preis ausgezeichnet. Die Zeremonie fand im Beisein des Lehrgangsleiters des LGAN 2020, Oberst iG Hoffmann, mit den Teilnehmern der Lerngrup- pe Marine, dem verantwortlichen Tutor sowie den Dozenten der Fakultät Marine statt. Korvettenkapitän Koch hat sich in dem durch den Admiral-Wel- lershoff-Preis gewürdigten Marineanteil des Lehrganges (TSK- Phase) herausragend leistungsstark gezeigt und sich durch sein Auftreten, seine Persönlichkeit und seinen Einsatz die Anerken- nung des Lehrpersonals der Fakultät Marine und seiner Lehr- gangskameraden verdient. In seiner Laudatio hob Flottillenad- miral Bock neben den beispielhaften Führungseigenschaften insbesondere auch die Innovationskraft und Teamfähigkeit des diesjährigen Admiral-Wellershoff-Preisträgers hervor. Korvettenkapitän Koch ist studierter Staats- und Sozialwissen- schaftler und als Operateur in der Einsatzflottille 2 und in der Nie- derländischen Marine ausgebildet worden und zur See gefahren. Im Anschluss an den Lehrgang wird er Verantwortung als Adju- tant des Befehlshabers / Stv. Inspekteurs Marine übernehmen. Peter Görg Preisträger Korvettenkapitän Alexander Koch Die Preisverleihung „in Action“ 58 marineforum Nachrichten 9 – 2022 Gruppenfoto mit Preisträger (v.l.: Oberst iG Hoffmann, FltlAdm Bock, KKpt Koch, KptzS Görg, FKpt Gereke)

Endlich wieder (fast) Normalität an der MSM! h c o K r e g o H l / r h e w s e d n u B : t o o F Mehr als zwei Jahre lang hatte die Pandemie auch die Veranstaltungen an der MSM fest im Griff, bzw. die Innen- und Außenwirksam- keit stark limitiert. Am 27. Juni 2022, einem Montagnachmittag (sic!), kehrte endlich ein Stück Normalität zurück: Auf der Admirali- tätswiese vor der immer wieder herrlichen Fassade der Marineschule Mürwik fand die Lehrgangsabschlussveranstaltung der Crew 2021 mit dem Marinemusikkorps unter den Augen der Angehörigen statt. Ein Stück Normalität? Sicherlich, aber einige Besonderheiten gilt es doch zu vermerken: Im Gegensatz zu früheren Crewen identifi- ziert sich die Crew 2021 der Offizieranwär- ter des Truppendienstes lediglich durch ihre Jahreszahl – der gemeinsame Ein- stellungsmonat fehlt in der Bezeichnung. Der Grund liegt ganz einfach darin, dass es ihn nicht gibt, da die Angehörigen der Crew von Juli bis Oktober 2021 zu insge- samt drei Terminen eingestellt wurden. h c o K r e g o H l / r h e w s e d n u B : o o F t Aus diesem Umstand resultiert eine andere Eigenart dieser Lehrgangsab- schlussveranstaltung (LAV): Die Ausbil- dungszeit für die Kadetten des letzten Einstellungstermins war so eng bemes- sen, dass man mit dem Timing der LAV wenig flexibel sein konnte und tatsäch- lich einen Montag als Datum akzeptieren musste, auch wenn dies die Präsenz der Angehörigen natürlich deutlich erschwerte. Die Liste der geladenen Gäste war Corona-bedingt immer noch stark reduziert – das tat der Stimmung aber keinen Abbruch. Zurück zur LAV: Unter den Klängen des Marinemusikkorps Kiel, angeführt durch seine neue Leiterin KptLt Inga Hilsberg, waren die Kadetten aufmarschiert und wurden durch den Kommandeur Flt- lAdm Jens Nemeyer begrüßt. Anschließend ließen die Crewspre- cher das erste Ausbildungsjahr in der Marine Revue passieren; auch dies ein Novum: Die Crew 2021 hat sowohl eine Offizieran- wärterin wie auch einen Offizieranwärter als Sprecher. Erstmals seit einer gefühlten Ewigkeit gehörte für diese Crew auch ein Törn auf unserem Segelschulschiff GORCH FOCK wieder zum Programm. FltlAdm Stephan Haisch, StvKdr DEUMARFOR, schickte in seiner Ansprache die Kadetten mit den richtigen Worten auf ihren Weg in die weiterführende Ausbildung – gerade unter den aktuellen si- cherheitspolitischen Rahmenbedingungen ist gut ausgebildeter und hochmotivierter Führungsnachwuchs wichtiger denn je. Der Vorsitzende der MOV KAdm aD Thorsten Kähler überreichte anschließend dem Lehrgangsbesten, OGefr OA Falk Faßbender, den Preis der Marineoffiziervereinigung – ein krönender Abschluss für überragende Leistungen in einem anspruchsvollen Jahr. Auch der beste ausländische Lehrgangsteilnehmer wurde aus- gezeichnet, KKpt dR Jenny May-Barg überreichte als Vertrete- rin der REUNION Marine dem Kadetten Mendizabal Castaneda aus Kolumbien die Gorch-Fock-Medaille. Es ist immer wieder beeindruckend, zu welchen Leistungen die jungen Lehrgangs- teilnehmer aus den Partnerländern auch im Vergleich mit ihren deutschen Kameraden fähig sind, obwohl sie ja zuerst einmal die deutsche Sprache meistern müssen. Konteradmiral aD Thorsten Kähler gratuliert Obergefreiten OA Falk Faßbender, Träger des Bestpreises der MOV 2022 Schließlich überreichte FltlAdm Nemeyer OLtzS Franziska Borrmann die Prinz-Adal- bert-Medaille als bester Absolventin der nachuniversitären Grundlagenausbildung. Nach Abschluss der eigentlichen LAV empfin- gen die Kadetten ihre Offizierbriefe und wur- den vom Vorsitzenden der MOV und dem RegBea Flensburg mit dem MOV-Coin im Kreise der Marineoffiziere willkommen ge- heißen. Bleibt noch anzufügen, dass es das Wetter dieses Mal ausnahmsweise nicht so gut mit der Veranstaltung meinte, es schüttete teil- weise wie aus Eimern – aber die Crew stand „wie eine Eins“ und genoss sichtlich den Ab- schluss des ersten großen Abschnitts ihrer Ausbildung zum Marineoffizier. Korvettenkapitän dR Jenny May-Barg, REUNION Marine, übergibt die Segelschulschiff-GORCH-FOCK- Medaille an Kadett Ernesto Mendizabal Castaneda In eigener Sache gebe ich bekannt, dass dies meine letzte „Amts- handlung“ als Regionalbeauftragter Flensburg für die MOV war – am 1. Juli 2022 hat FKpt Thorsten Leonardy übernommen und gleich in der Folgewoche seine erste Informationsveranstaltung für die Of- fiziere des Führungslehrgangs durchgeführt. Ich wünsche ihm viel Erfolg bei seinen Aktivitäten – es war mir eine Ehre und eine Freude! Joachim „Skippy“ Schmidt-Skipiol Konteradmiral aD Thorsten Kähler, Obergefreiter OA Falk Faßbender, Korvettenkapitän dR Jenny May-Barg, Kadett Ernesto Mendizabal Castane- da, Oberleutnant zur See Franziska Borrmann, Flottillenadmiral Jens Nemeyer 9 – 2022 marineforum Nachrichten 59 t r e ö r h c S r e e P t / r h e w s e d n u B : t o o F

Rund um unsere Mitglieder Wir gedenken unserer verstorbenen Mitglieder Fregattenkapitän dR Richard Thumerer (C IV/66) geb. 06.11.1946 gest. 14.06.2022 Fregattenkapitän dR Karl-Heinz Woitzik (C IV/59 R) geb. 05.04.1938 gest. 06.03.2022 Oberstabsarzt dR Jörg G. Veigel (C IV/59) geb. 29.03.1940 gest. 11.05.2022 Oberleutnant zur See dR Karl Heinz Kuse (InfoWÜb 84) geb. 10.06.1927 gest. 18.05.2022 Kapitän zur See aD Wulff Lucas (C X/58) geb. 09.09.2938 gest. 29.04.2022 Kapitänleutnant aD Hans F. Ernst (C I/77 M) geb. 29.05.1950 gest. 19.06.2022 Fregattenkapitän aD Karl-Heinz Groth (D 71) geb. 14.08.1951 gest. 04.04.2022 Fregattenkapitän aD Helmut Küper (C I/44) geb. 18.09.1926 gest. 05.07.2022 Heike Haak (D 67) geb. 17.07.1942 gest. 06.07.2022 Kapitän zur See aD Karl-Gerd Döscher (C V/56) geb. 27.09.1927 gest. 03.07.2022 Fregattenkapitän aD Götz von Steynitz (C IV/57) geb. 18.09.1936 gest. 09.01.1922 Eckbrecht von der Malsburg (C 40) geb. 28.04.1922 gest. 17.06.2022 Die MOV gratuliert ganz herzlich zum Geburtstag und wünscht alles Gute im neuen Lebensjahr. Geburtstage im Oktober 2022 (Aufstellung nach den vorhandenen Unterlagen. Wird die Bekanntgabe nicht gewünscht, erbitten wir mindestens zwei Monate vorher um Nachricht.) l / k c a B h t u R © : o t o F m o c . e b o d a . k c o t s Wir begrüßen unsere neuen Mitglieder Baldur Zurnieden Oberleutnant zur See dR (ROA 2019) Prof. Dr. Christian Führer Malte Fiedler Obergerfreiter dR (ROA III/22 adW) Thomas Geißler Kapitänleutant dR (C VII/88) Julian C. Schill Leutnant zur See (C VII/19) Johann Schulz-Gebeltzig Korvettenkapitän (C VII/21) Heiko Niemann Stabsbootsmann OA (C X/21) Irina Lührsen Korvettenkapitän (C VII/05) Ronald Stern 50 Vorstand und Geschäftsstelle danken für 50 Jahre Mitgliedschaft in der MOH/MOV (Eintritt September 1972) OLtzS dR Uwe Lehmann (C X/68 SAN) OLtzS dR Dr. Jürgen Schulte-Mönting (C IV/60R) 99 29. Klaus Potthoff (D 42) 98 15. Wolfgang Bock (D 42) 95 27. Dr. Reinhard Parzyk (C I/45) 93 15. Felix Scheder-Bieschin (C 1917) 18. Arnold Kludas (C 1914 Ing) 90 6. Dr. Albert Wanner (InfoWÜb 93) 89 20. Klaus Borchardt (InfoWÜb 83) 87 6. Karl Butkereit (C I/56) 29. Klaus-Peter Niemann (C IV/57) 86 4. Detlef Rudolph (C IV/57) 7. Jürgen Müller-Cyran (C IV/64) 14. Rolf Labedzke (InfoWÜb 80) 21. Horst Waschkowski (C IV/58) 85 11. Hans Jankowiak (C IV/58) 12. Winfried Möller (C X/62) 20. Wilko H. Börner (C X/58) 23. Diether Hülsemann (C IV/57) 84 18. Erich Sehrbrock (C X/58) 25. Harald Jacobi (C IV/59) 29. Helmut Ertl (C X/61) 83 1. Horst Riethmüller (C IV/59) 8. Prof. Dr. Hans Amann (InfoWÜb 83) 11. Karl Scheuch (C IV/61) 26. Hans-Günter Richardi 29. Hans-Heinrich Petersen (C IV/61 R) 82 3. Bernd Icke (C IV/60) 10. Gerrit van der Horst (C IV/61) 30. Lothar Brügge (C IV/61) 81 5. Eberhard von Grumbkow (C IV/61) 12. Hanns-Jörg von Schuler (C IV/62) 14. Volker Schniewind (C IV/62) 17. Klaus Lemke (C IV/61) 22. Prof. Klaus Junge (C IV/61) 28. Regine Jaeschke (D 44) 29. Niels Holger Nielsen (C IV/61) 80 2. Dr. Claus-Jürgen Pickenpack (C X/62) 26. Kurt D. Wachsmuth M.S.P. (C IV/62) 26. Waltraud Ritter (C 38) 75 26. Volkhart Meyer (C X/68) 26. Wolfgang Jänichen (C IV/67) 70 1. Axel Schimpf (C X/71) 10. Harald Bernecker (C X/71) 23. Hans-Jörg Schmidt (C VII/73) 25. Dr. Wolfgang Laubert (C VII/72) 29. Bernd Petersen (C VII/74) 60 marineforum Nachrichten 9 – 2022

Bericht über das Crewtreffen der Crew VII/73 in Bückeburg Am Donnerstag, den 26.05.2022 wurde die Crewflagge gegen 14:30 Uhr vor dem Hotel „Ambiente“ gehisst. Somit war das Crewtreffen 2022 eröffnet. Die anwesenden 58 Teilnehmer (Crewmitglieder und Familien) trafen sich ab 18:00 Uhr im Restaurant des Hotels zum Einlaufbier. Gerd Daßler (Crewbetreuer) begrüßte die Teilnehmer und dankte Christiane und Ernst Reinking für die Organisation des Treffens. Der Dank galt aber auch besonders dem Mitorganisator Ralf Marcor- des, der leider in der Nacht vor dem Crewtreffen verstorben war. Gerd betonte, es sei im Sinne von Ralf, dass es dennoch ein nettes, geselliges, ja auch ein fröhliches Fest werden sollte, an dem er so gerne teilgenommen hätte. Nach einem leckeren Essen lockerte sich die Stimmung und es wurde ein sehr schöner Start in das Crewtreffen mit vielen Gesprächsthemen, denn nach drei Jahren Pause (bedingt durch Corona) gab es viel zu berichten. Der Freitagmorgen begann mit einem ausgiebigen Frühstücks- büfett. Anschließend startete um 9:30 Uhr die Stadtführung durch Bückeburg, die nahtlos in die Besichtigung des Schlos- ses (Stammsitz des Hauses Schaumburg-Lippe) überging. In einem Prunkraum des Schlosses stellten sich die Teilnehmer zum Gruppenfoto auf. Nachruf auf Kapitän zur See aD Wulff Lucas Unser Crewkamerad Wulff Lucas ist am 29. April 2022 verstorben. Wulff, wir nannten ihn stets „Wulle“, trat am 1. Oktober 1958 vom Zoll kommend mit uns bei der 3. SSTA in Glückstadt in die Marine ein. Wulle gehörte zur Gruppe der Berufsoffiziersanwärter und durchlief die damals üb- lichen Ausbildungsgänge. Es folgten Bordkommandos im Bereich der Minensucher und er war später Kommandant des SM-Bootes STIER. Dieses Boot war mit einer großen Taucherdruckkammer ausgerüstet und hatte daher eine besonders markante Silhouette. An die Bordzeit schlossen sich Verwendungen beim Marineamt Abteilung OSTAN, in der Logistikabteilung des FüM und danach als Gruppen- leiter im MUKdo an. Seine aktive Laufbahn schloss Wulle dann als Kommandeur des Marineabschnittskommandos Ostsee ab. Sein darauf folgender Ruhestand war zuletzt von seiner Krankheit überschattet. Seine Frau Edeltraut pflegte ihn aufopferungsvoll. Das war eine schwere Zeit für sie und die Familie. Unsere Crew verlor mit Wulle einen wirklich guten Kame- raden, der uns nun vorausging und dem wir ein ehrendes Andenken bewahren. Unser Gedenken schließt seine Familie ein. Klaus Beneke l r e ß a D d r e G : t o o F Das Mittagessen fand im Ratskeller statt. Hier durfte Ernst den Bür- germeister der Stadt Bückeburg, Axel Wohlgemuth, im Kreise der Crew begrüßen. Nach dem Essen lud der Bürgermeister zu einer Besteigung des Rathausturms ein. Von dort hatte man einen herrli- chen Rundumblick auf Bückeburg. Ab 19:00 Uhr trafen sich alle wieder im Hotel zum Grillex. Ernst hatte als Überraschung den Künstler Frank Suchland gebucht. (»Hervorragende Vortragsweise mit treffsicherer Ironie und angeneh- mer Stimme!« Norddeutscher Rundfunk / „Einer der Götter deutscher Vortragskunst… ein Meister der Kunstpausen und der Dynamik …“ Peiner Allgemeine Zeitung) Herr Suchland begeisterte mit Zitaten und Gedichten von Wilhelm Busch und Joachim Ringelnatz sowie von anderen bekannten Künst- lern und Persönlichkeiten. Ein sehr schöner und humorvoller Abend endete kurz nach Mitternacht. Für den Samstagmorgen war um 11:00 Uhr eine Führung durch das Hubschraubermuseum, alternativ im historischen Ratssaal ei- ne „unterhaltsame Entführung“ in die Welt der Literatur mit einem Sektempfang vorgesehen. Vortragende war Angelika Hornig. Die Crewjugend vergnügte sich in der Zwischenzeit beim Minigolf- spiel. Traditionell begann unsere Crewversammlung um 15:00 Uhr mit Kaffee und Kuchen. Die Versammlung endete um 16:25 Uhr. Unser Festabend begann um 19:00 Uhr wie immer mit einem Umtrunk. Gerd bedankte sich im Namen der Crew bei den Organisatoren für die hervorragende Organisation des Crewtreffens. Er überreichte als Dankeschön an Christina ein kleines Olivenbäumchen und an Ernst einen maritimen Kunstdruck. Besonderes Gedenken galt unserem leider verstorbenen Kameraden Ralf Marcordes, der an der Organisation maßgeblich mitgewirkt hatte. Anschließend bedankte sich Ernst bei der Geschäftsführerin des Hotels „Ambiente“ für die herzliche Aufnahme und den hervorra- genden Service. Er übereichte Frau Mühlberg einen Blumenstrauß in den Crewfarben blau und gelb. Für die musikalische Unterhaltung zeichnete sich der DJ Bern- hard Luksch aus, der die Gäste auch mit kleinen Zaubertricks begeisterte. Gegen 01:00 Uhr wurde der Hängemattenwalzer gesungen und anschließend wurde zum Abschluss des offiziellen Teiles des Crew- treffens die Crewflagge an die Ausrichter des nächsten Crewtref- fens 2023 in Wismar, Clemens Grambow, Gerd Daßler und Sven Andresen (in Abwesenheit), übergeben. Der Abend endete dann gegen 03:00 Uhr. Nach dem Frühstück am Sonntagmorgen löste sich dann die Gruppe langsam auf, um sich auf den Heimweg zu begeben. Es war wieder ein sehr schönes Crewtreffen und wir freuen uns nun auf das Treffen 2023 in Wismar. Es ist dann das Treffen zum 50-jährigen Bestehen der Crew und diesmal ausnahmsweise an Fronleichnam. Gerd Daßler 9 – 2022 marineforum Nachrichten 61

31. Treffen der Crew der IV/59 in Plön Unsere vier Planer hatten sich vorgenommen, das Crewtreffen vom 16. bis 19. Juni vornehmlich zu einem Treffen der Begegnun- gen zu gestalten. Das ist ihnen gelungen! Es gab viel Raum für ei- nen intensiven Gedankenaustausch und natürlich auch Klatsch. l r e h ö K z n a r F : o t o F s k n u B r e t e P . H : o t o F Von den 80 Angemel- deten reisten nach kurz- fristigen Verhinderungen durch gesundheitliche Probleme 75 Teilnehmer nach Plön an. Erfreulicherweise wa- ren viele Witwen, aber auch Witwer gekom- men. Ebenso erwäh- nenswert: Ein Kamerad hatte sich trotz schwer- wiegender krankheitsbe- dingter Einschränkungen aus seinem Heim in Düs- seldorf auf den Weg zu seiner Crew gemacht! Wie immer: Großes Hallo und viel Geschnatter beim Abend des Ein- laufbieres, am Ende versüßt durch ein Betthupferl aus dem Nach- lass eines Kameraden, gespendet von seinen Töchtern. Der zweite Tag sah uns bei strahlender Sonne an Bord der 5-Seen- Fahrt, bei einem holsteinischen Mittagsbüfett im Malenter „Boots- haus“ und der entspannten Rückfahrt nach Plön. Es folgte das 31. Crewpalaver. Das Gedenken bei der Verlesung der 26 Namen der in den letzten drei Jahren Verstorbenen erschien manchem unendlich zu sein. Ein Abendbuffet und eine weitere Gelegenheit zum ausführlichen Schnack gab es im Hotel. Das Samstagprogramm fand in der MUS statt. Launig aber auch ernst begrüßt durch den Kommandeur, folgten ein Vortrag über die Plöner Adelshäuser und Rundgänge mit verschiedenen Schwer- punkten in der MUS. Zwei ehemalige MUS-Kommandeure unter uns interessierte ganz besonders, was so alles seit ihrer Zeit ver- ändert und neu ist, allem voran die Soldatenarbeitszeitverordnung. Bei einem festlichen Abend zeigte die Mannschaft der Heimge- sellschaft ihr ganzes Können mit bewundernswerter Dekoration und ideenreichem Büfett. Traditionell schloss der Abend mit dem Hängemattenwalzer. Der Himmel weinte am Sonntag beim Abschied. H. Peter Bunks Crew IV/65 im 57. Jahr: Treffen 10. bis 12. Juni 2022 Jubiläen feiert man ja am 50. oder 60. Jahrestag, vielleicht noch am 55., nicht aber am 57.. Uns blieb aber keine Wahl, da Corona uns schon zweimal die kalte Schulter gezeigt hat. Wir beschlos- sen daher, die Pause vor dem nächsten Angriff zu nutzen, und endlich unser Treffen in Flensburg durchzuführen. Mit dem Ho- tel „Hafen“ an der Schiffbrücke fanden wir eine vorzügliche Un- terkunft, Dieter Dockhorn hatte ein ausgezeichnetes Programm zusammengestellt, so stand einem glücklichen Treffen nichts mehr im Wege. Am Freitagabend gab es beim „Get Together“ ein fröhliches Wie- dersehen auf der UNTERELBE im Flensburger Museumshafen. Die UNTERELBE, ein Kümo, hatte ihren Frachtraum zu einer Art Lounge umgebaut. Wir waren die ersten, die das Privileg hatten, dort zu feiern und nutzten die Räumlichkeiten zum lang ersehnten Treffen, Erzählen von alten und neuen Geschichten, kurz: Die Wiederse- hensfreude war nicht zu überbieten. Nach einem ausgiebigen Frühstück fand die Crewversammlung in ei- nem Raum des historischen Schiffergelages von 1580 statt. Strittige Punkte gab es nicht, die Crewkasse wurde mit Dank an Henning Will- gerodt für die jahrzehntelange Führung aufgelöst, das restliche Guthaben soll zu gleichen Teilen an MOV und DGzRS gehen. Hans-Uwe Ziegler wurde um Prüfung gebeten, ob ein Treffen in etwa 18 Monaten in Wismar durchgeführt werden kann. Am Nachmittag stand dann der Besuch der Marineschule auf dem Programm. Nach einer sehr interessanten und informativen Füh- rung begaben sich die Teilnehmer hinunter zum Bootshafen, wo die ALEXANDRA, Deutschlands ältestes dampfgetriebenes Fahr- gastschiff (Baujahr 1908) mit einer Sondergenehmigung anlegte und die Crew zu einer Fördefahrt an Bord nahm. Bei herrlichem Wetter war dies ein Erlebnis der besonderen Art. Am Abend trafen wir uns dann zu einem gemeinsamen Essen im Foyer des Schifffahrtsmuseums, ausgesuchte Spezialitäten und dazu passende Getränke machten diesen Programmpunkt zu einem krönenden Abschluss unsres Treffens, das wohl allen Beteiligten in guter Erinnerung bleiben wird. Unser Dank gilt Dieter Dockhorn für die Vorbereitung und Begleitung dieses Treffens. Dirk Brodowski 62 marineforum Nachrichten 9 – 2022

Crewfest anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Crew I/72 ROA Nach knapp zweijähriger akribischer Planung durch Ulrich Karasek und Gerd Schliecker fand vom 20.06. bis 23.06 in Hamburg unser Jubiläumscrewfest statt. Unsere Crew nimmt insofern eine ganz be- sondere Stellung innerhalb der Marine ein, als dass wir als Soldaten im Status „SaZ 2“ nur ca. 90 Tage gemeinsam in Grundlehrgängen ausgebildet wurden; zwei Monate an der MSM und einen Monat an der MUS. Und trotz der Kürze dieser Zeit hat sich in den vergan- genen 50 Jahren ein sehr intensives Crewleben bei uns etabliert. Das Treffen mit insgesamt 26 Teilnehmern begann um 18:30 Uhr mit einem sehr schönen Einlaufabend im Restaurant „Eisenstein“, in den ehemaligen Werkshallen der Schiffsschraubenfabrik Zeise in Hamburg-Altona.. Die Wiedersehensfreude am ersten Tag un- seres 20. Crewtreffens beherrschte den gesamten Abend. Viele Crewmitglieder und deren Damen hatten sich jahrelang nicht gese- hen. Drei von uns ehemals 43 angehenden Marineoffizieren waren nach 50 Jahren erstmals wieder zu uns gestoßen. Mit S-Bahn und 9-Euro-Ticket ging es am folgenden Morgen bei allerbestem Wetter zunächst zu einer hochinteressanten zweiein- halbstündigen Führung durch das UNESCO-Welterbe „Kontorhaus- viertel und Speicherstadt“. Sie endete in der Nähe der Elbphilhar- monie. Von deren Aussichtsplattform genossen wir den grandiosen 360°-Blick über die Hansestadt und ihr Umland. Der Rest des angebrochenen Nachmittags stand jedem zur freien Verfügung, ehe die dann festlich gekleideten Teilnehmer um 16:00 Uhr vom Hotel aus in Richtung FüAk in der Clausewitz-Kaserne zum Festabend aufbrechen mußten. Um 16:30 Uhr wurde zunächst die Crewversammlung im Beck- saal abgehalten, ehe anschließend im Flaggensaal KptzS Pe- ter Görg einen für uns Ehemalige und unsere Damen äußerst informativen und bestens verständlichen Festvortrag mit dem Thema „Ausbildung an der FüAk und die Auswahl der Lehr- gangsteilnehmer“ hielt. Nach Abschluß der Fragerunde zum Vortrag traf man sich wieder vor dem Eingang zum Becksaal zum Erinnerungsfoto. Mit einem Sektempfang startete der Festabend. Anschließend ge- dachten wir in der feierlichen Totenehrung Crewmitgliedern und Hörsaalleitern, die leider nicht mehr unter uns weilen. Unser Crew- betreuer präsentierte danach anhand von ausgewerteten Daten eine Zusammenfassung der zurückliegenden 50 Jahre Crewge- schichte. Dabei wurden die Karrieren von uns Reserveoffizieren bei der Marine ebenso beleuchtet wie das Zusammenwachsen unserer Crewfamilie mit unseren Frauen, Partnerinnen und Kindern während wunderbarer Treffen in allen Regionen Deutschlands. Er schloss mit einem Toast auf unsere Crew I/72 ROA, auf die Deut- sche Marine und einen dauerhaften Frieden in Europa. Ein sehr üppiges und schmackhaftes Büfett sorgte für das leibli- che Wohl aller Anwesenden. Das gab uns Zeit und Gelegenheit zu unzähligen neuen und fortführenden Gesprächen. Unser „Senior“ Reiner Budke dankte mit sehr angemessenen und kameradschaft- lichen Worten Werner Kerschgens für sein unermüdliches und im Sinne der Crew erfolgreiches Wirken als unser Crewbetreuer über 36 Jahre. Im Namen der Crew überreichte er ihm als Anerkennung eine wunderschöne alte Ankerlaterne sowie symbolisch ein „Blau- es Band“ mit den Unterschriften aller Anwesenden; ein „Blaues Band“ stünde – wie den Luxuslinern auf der Nordatlantikroute - immer nur dem Besten zu! Zu guter Letzt hatte der Crewarchivar, Andreas Abel, noch einige alte Dias aus den Lehrgangszeiten an MSM und MUS zusammen- gestellt und zur allgemeinen Erheiterung präsentiert, ehe uns der vorletzte Bus dann heil ins Hotel transportierte. : o t o F l e b A s a e r d n A Der Mittwoch begann wieder auf der S-Bahn; diesmal zu den Landungsbrücken. Eine große Hafenrundfahrt mit einer eigens für unsere Festgesellschaft gecharterten Barkasse führte uns auch durch Hafenbecken, die sonst etwas abseits der üblichen Touristentouren liegen. So pas- sierten wir die mächtige, prächtig renovierte PEKING an ihrem der- zeitigen Liegeplatz im Hansahafen und statteten der QUEEN MARY II im Kaiser-Wilhelm-Hafen einen Besuch ab. An der Ausrüstungs- pier von Blohm+Voss lagen die neue Korvette KÖLN und eines ih- rer Schwesterschiffe. Zwei riesige, an Ketten oder im Dock festlie- gende Privatyachten russischer Oligarchen wurden neugierigen Blicken mittels „Rundumverklei- dungen“ sorgsam entzogen. Die Rundfahrt endete an der Stel- ling zur CAP SAN DIEGO. Das Mu- seumsschiff konnte dann auf eigene Faust in Augenschein ge- nommen werden. Gesättigt mit vielen Eindrücken schlender- ten wir zum „Blockbräu“ zwecks 9 – 2022 marineforum Nachrichten 63

„leiblicher Proviantübernahme“. Die Begehung des in Teilen schon renovierten alten Elbtunnels beendete das offizielle Tages- programm. Einige Teilnehmer erkundeten zum Shoppen noch die City, andere bevorzugten eine Ruhephase auf der Hotelkoje. Auf der Großen Elbstraße im Restaurant „Marseille“ war für uns um 19:30 Uhr zum Abschlussessen gedeckt. Neben abwechslungs- reichen Vorspeisen wurden als Hauptgang eine Restaurant-typi- sche „Bouillabaisse à la Marseille“ oder andere Fischspezialitäten kredenzt. Regina Zaremba ergriff das Wort stellvertretend für die Crewdamen, indem sie die Bedeutung unserer Crew und deren Zusammenhalt eindrucksvoll hervorhob. Da in der unmittelbar benachbarten ältesten Hamburger See- mannskneipe, dem „Schellfischposten“ – bekannt durch die TV- Serie „Inas Nacht“ – gerade eine neue Folge gedreht wurde, und wir dort, wie ursprünglich angedacht, den letzten Absacker lei- der nicht zu uns nehmen konnten, landeten wir noch zu Bier und Schnaps in der „Haifisch-Bar“. Am nächsten Morgen lichtete sich unsere Runde dann sehr deut- lich. Einige traten die Heimreise, andere eine Weiterreise zu an- deren Zielen an. Die übrig gebliebene „Notbesatzung“ von fünf Mann brach zu einem letzten Spaziergang auf. Zunächst zum „Altonaer Balkon“ mit seiner prächtigen Aussicht nach Süden auf die gesamte Hafenregion und weiter am Elbufer entlang flußab- wärts bis zum Museumshafen Övelgönne. Die dort liegendenden historischen Schiffe einschließlich des Feuerschiffs ELBE 3 konn- ten leider nicht besichtigt werden. Ein letzter Trunk in einem der angrenzenden Biergärten, und dann ging’s zurück. Um Punkt 12:00 Uhr hielt der Bus vor dem Altonaer Rathaus, wo offiziell „Ausscheiden mit Crewjubiläum“ angeordnet wurde. Wunderschöne Stunden waren wie im Fluge vergangen, die unsere Crew noch weiter zusammengeschweißt hatten. Allen Teilnehmern und Beteiligten, vor allem den unermüdlichen Organisatoren für ih- re Mühen um das perfekte Programm sei an dieser Stelle herzlich gedankt! Auf ein Neues! 2023 in Kiel?? Werner Kerschgens Crewbetreuer, Crew I/72 ROA Anzeige Unternehmens-Nachfolge GESUCHT Seit 2003 besitze ich das ministerielle Agrément als DEMA, Dirigeant d´Entreprise Maritime, seit 2006 besitzt die Merz Schiffsmanagement Gesellschaft S.A. das ministerielle Agrément als EMA, Entreprise Maritime Agréé. Wir sind sowohl in der Seeschifffahrt als auch in der Binnenschifffahrt tätig und Ausrüster für einige moderne Tankschiffe mit neuester Technik, 4 x 110 m und 1 x 130 m in B-Fahrt. Für meine Gesellschaft suche ich einen Nachfolger oder Käufer und denke an eine Frau oder Mann mit Borderfahrung Marine, Kauffahr- teischiff oder Binnenschiff und Praxis von technischen Arbeitsabläufen Maschine, Elektronik, Ladungen flüssiger Güter nach ADN. Erfahrung in Personalwirtschaft, bzw. Nachweis der klassischen Personalinstrumente und internationalem Sozialversicherungs- und Steuerrecht sowie gute französische Sprachkenntnisse sind von großem Vorteil. Bitte setzen Sie sich in Verbindung mit: Herrn Dr. Heinz Merz, 12, rue Belle-Vue, L-7516 Rollingen-Mersch Tel.: 00352 – 26 32 17 E-Mail: [email protected] gsm: 00352 – 621 300 006 In eigener Sache: Die Redaktion bittet darum, bei der Einreichnug von Beiträgen auf die hinreichende Qualität der Bilder (300 dpi) zu achten und entsprechende Bildunterschriften beizufügen. Unverzichtbar ist der Nachweis des Fotografen (Name oder Copyright). Vielen Dank für Ihr Verständnis! n e t h c i r h c a N I M D H O M V O M m u s s e r p m I Redaktion: Fregattenkapitän aD Ottmar Becher Redaktionsschluss: am 1. des Vormonats E-Mail: [email protected] Marine-Offizier-Vereinigung e.V. (MOV) Marine-Offizier-Hilfe e.V. (MOH) Vorstand: Konteradmiral aD Thorsten Kähler Deutsches Maritimes Institut e.V. (DMI) Präsident: Konteradmiral aD Karsten Schneider Vorstand: Flottillenadmiral Christian Bock Geschäftsstelle: Jadeallee 102, 26382 Wilhelmshaven Telefonnummern: MOV (04421) 500 47 10 MOH (04421) 500 47 15, DMI (04421) 500 47 20 Telefax: MOV/MOH/DMI (04421) 500 47 - 29 MOV: [email protected] E-Mail: MOH: [email protected] DMI: [email protected] Internet: www.marine-offizier-vereinigung.de www.marine-offizier-hilfe.de www.deutsches-maritimes-institut.de Leiter der Geschäftsstelle: Fregattenkapitän aD Elmar Brocksieper MOV-Mitgliedsbeitrag: 85,– Euro pro Jahr Konten: Mitgliedsbeitrag MOV Commerzbank Bonn - IBAN DE98 3804 0007 0232 2519 00 - BIC COBADEFFXXX Postbank Essen - IBAN DE04 3601 0043 0046 0274 37 - BIC PBNKDEFFXXX Spenden MOH, Postbank Köln - IBAN DE85 3701 0050 0219 2635 00 - BIC PBNKDEFFXXXCommerzbank Bonn - IBAN DE63 3804 0007 0232 2535 00 - BIC COBADEFFXXX DMI Postbank Essen - IBAN DE15 3601 0043 0035 2314 30 - BIC PBNKDEFFXXX Commerzbank Bonn - IBAN DE04 3804 0007 0232 2501 00 - BIC COBADEFFXXX 64 marineforum Nachrichten 9 – 2022