Es ist noch gar nicht so lange her (das MarineForum hatte im April dazu berichtet), dass der türkische Präsident Erdogan vergeblich mit einem gebrauchten Träger aus britischer Fertigung geliebäugelt hatte. Denn der amphibische Hubschrauberträger, der seit 2016 als spanischer Lizenz- und Technologietransfer-Bau von Navantia auf einer istanbuler Werft entsteht, sei ihm doch wohl etwas zu klein für seine größeren türkischen Ansprüche. Der dem spanischen Flaggschiff „Juan Carlos I.“ gleichende Träger „Anadolu“ ist nämlich nicht mit einem Glattdeck ausgestattet, sondern mit einer Skyjump-Startrampe für kurzstartende und senkrechtlandende Flugmuster à la Harrier. Diese Rampe wäre gut geeignet, wenn man denn die STOVL-Lightnings (trägerfähiger Joint Strike Fighter) der USA kaufen könnte. Danach sieht es aber gerade nicht aus, denn der amerikanische NATO-Partner hat so seine eigenen Differenzen mit der türkischen Regierung und hat einem dort erhofften F-35B-Deal eine Absage erteilt. Also wäre dann doch eher ein Glattdeck für konventionelle Träger-Jets vonnöten. Aber auch einen britischen Glattdecker kann man selbst bei allem industriellen Verkaufsinteresse auf der Insel - besonders aus politischer Sicht - nicht ohne weiteres aus dem Trockendock stampfen. Nun gibt es da ja auch noch das Navantia-Konsortium in Spanien, mit dem man ohnehin gerade gut kooperiert und das für meist anspruchsvolle, aber gut zahlende Kunden auch schöne Schiffe bauen kann.
Große Absichten
Anlässlich der gerade in Ankara stattgefundenen spanisch-türkischen Regierungsgespräche hat der Gastgeber dem spanischen Regierungspräsidenten Pedro Sanchez für die Zukunft erweiterte Kooperationsmöglichkeiten angetragen. Es könnte sich dabei um einen etwas größer dimensionierten Träger handeln, so der türkische Staatspräsident. Der dankenswerte Verbleib der spanischen Patriot-Raketenbatterie zur Landesverteidigung auf türkischem Boden während alle anderen NATO-Partner die ihrigen abgezogen hätten sei ja schon ein deutliches Zeichen vorhandener Gemeinsamkeiten. Und da man sich gerade den freundschaftlichen Arm auf die Schulter lege – ein schickes spanisches U-Boot Typ S-80, wie gerade im Bau, sei auch eine wünschenswerte Erweiterung des Arsenals jenseits des Bosporus.
Gute Aussichten
Spanien könne durchaus ein bevorzugter Partner beim Ausbau der türkischen Marine werden. In der abschließenden Pressekonferenz sprach die türkische Seite sogar von einem Übereinkommen bezüglich eines Flugzeugträgers. Eine Replik der spanischen Seite speziell hierauf ist nicht vermerkt, wohl aber die Zusicherung von Sanchez, die Beitrittsperspektive der Türkei zur Europäischen Union nach Kräften unterstützen zu wollen. Schließlich sei sie Nachbar, Partner und Bündnismitglied. Das mag alles richtig sein, wichtig ist aber auch zu wissen, dass der bilaterale Handelsumfang dieses Jahr etwa 20 Mrd. Euro erreichen soll, dass etwa 600 spanische Firmen auf der anatolischen Halbinsel investieren, und auch dass sich Spanien auf dem türkischen Bankensektor bei mindestens einer Bank mehrheitlich eingekauft hat. Auf der anderen Seite jedoch ist Spaniens staatlicher Werftenkomplex auch immer wieder abhängig von substanziellen Aufträgen, bei deren Ausbleiben die Belegschaftsvertreter der spanischen Regierung heftig auf dem Magen liegen. Spanien wird nächstes Jahr den NATO-Gipfel ausrichten. Auch dazu braucht man gutes Wetter.
Video: Ausdocken ANADOLU für statische Nachweise im Hafen
Auf dem Schiff sollen gar keine Amerikanischen Flugzeuge stationiert werden, man wird das Schiff als Träger für den türkischen Kampfhelikopter ATAK, die Drohnen Bayraktar TB2 und TB3 und die türkischen Flugzeuge Bayraktar Kizilelma und TF-X nutzen.
Das ist kein Flugzeugträger, sondern ein amphibisches Angriffsschiff …
Stimmt – jedenfalls was die ANADOLU angeht! Dem Staatspräsidenten schwebt aber wohl größeres vor . . .