USCGC Campbell und HDMSKnud Rasmussen in einemgrönländischen Fjörd, Foto: US DoD

USCGC Campbell und HDMS Knud Rasmussen in einem grönländischen Fjörd, Foto: US DoD

Für Flexibilität und Schnelligkeit

Nach dem Kalten Krieg hat Dänemark seinem Militär erforderliche Mittel vorenthalten. Die jüngsten Krisen lassen das Land nun wieder näher an die USA heranrücken.

Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen ist immer für eine Überraschung gut und ihre kurzfristige Einladung zur Pressekonferenz mit dem vagen Thema Verteidigung traf die Erwartungen. Sie kündigte Verhandlungen mit den USA zu einem möglichen Abkommen über Sicherheit und militärische Zusammenarbeit an. Dieser Wunsch wurde Dänemark schon vor einem Jahr, kurz nach dem Amtsantritt von Präsident Joe Biden, übermittelt. Die Details der amerikanischen Präsenz in Dänemark müssen in den nächsten Monaten noch ausgehandelt werden, aber die grundsätzlichen Ziele lassen sich aus den Erklärungen der Ministerpräsidentin ableiten.

Der Schwerpunkt der militärischen Zusammenarbeit wird auf die Marine und die Luftstreitkräfte der USA gelegt werden. Die Stationierung von Bodentruppen in Friedenszeiten wird nicht angestrebt und wäre politisch auch nicht durchsetzbar. Für die amerikanischen Streitkräfte geht es insbesondere um hohe Flexibilität und eine schnelle Redaktion auf veränderte Sicherheitslagen. Das Überfliegen des Luftraums oder das Durchfahren der dänischen Territorialgewässer erfordert Anmeldungen Wochen im Voraus und dies dürfte ein wichtiger Punkt der Verhandlungen werden. Auch das Anlegen von Depots mit Munition und Ersatzteilen auf den Fliegerhorsten Aalborg und Karup sowie in den Marinestützpunkten Korsør und Frederikshavn sowie das schnelle Auftanken bei Durchfahrten oder beim Überfliegen wird zur Diskussion stehen. Beides kann man aus der Bemerkung Frederiksens ableiten, dass das dänische Abkommen sich dicht an das norwegische Vorbild anlehnen wird. Hier wird der US Navy und der US Air Force das Recht zugestanden, eigene Bereiche in norwegischen Häfen und Flugplätzen einzurichten und sie mit eigenen Kräften zu bewachen. Informationen über Aktivitäten werden weder gegeben noch eingefordert. Von dänischer Seite wurde jedoch unterstrichen, dass das Verbot von Kernwaffen an Bord von Schiffen oder Flugzeugen in Friedenszeiten bestehen bleibt und nicht verhandelt werden kann. Lagerkapazitäten wie Durchfahrtsrechte sind Voraussetzung dafür, dass die US Navy künftig wesentlich häufiger Flagge in der Ostsee zeigen wird. Mit dem Anlaufen dänischer, polnischer und sicherlich auch baltischer Häfen kann dabei sehr flexibel operiert werden. Ausgehend von der Teilnahme an Manövern in den vergangenen Jahren werden es insbesondere Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse sein, die künftig häufiger in der Ostsee zu sehen sein werden.

Übergeordnet gesehen, wird das geplante Abkommen den gleichen Rahmen setzen wie bei den Verträgen der USA mit Norwegen, Polen, Bulgarien und Rumänien. Die Gleichartigkeit der Abkommen zur leichteren Verwaltung ist für die USA ebenso wichtig wie der Umstand, dass deren Personal bei eventuellen kriminellen Delikten nicht nationalen Gesetzgebungen unterworfen ist.

Dänemark sichert sich mit dem Abkommen eine zusätzliche Sicherheitsgarantie in der Erkenntnis, dass die eigenen Streitkräfte das Land nicht einmal kurzzeitig verteidigen können. Deshalb wird der Bruch mit der Politik der letzten 70 Jahre in Kauf genommen, dass ausländische Truppen sich nur zu Manövern in Dänemark aufhalten dürfen. Die Abrüstung nach dem Ende des Kalten Kriegs war so umfassend, dass das Land heute nicht einmal mehr in der Lage ist, die der NATO für 2024 zugesagte Kampfbrigade aufzustellen. Es fehlt an Munition und Soldaten. Die Wunschliste der Streitkräfte ist daher lang und umfasst beispielsweise neue Patrouillenschiffe für die Ostsee. Dafür wurde zwar 2021 eine Designstudie in Auftrag gegeben, doch kurzfristig werden keine neuen Einheiten zulaufen. Die bessere Ausstattung der Fregatten wird seit Jahren angestrebt, aber die Lieferung von Flugkörpern des Typs SM-2 hat sich verzögert. Aus Kostengründen war bei der Indienstnahme zunächst darauf verzichtet worden. In diesem Licht wird es unvermeidlich sein, dass Dänemark seine Verteidigungsausgaben von den durchschnittlich 1,3 Prozent der letzten Jahre auf die von der NATO gewünschten zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht. Die Ukraine-Krise, der überstürzte Rückzug aus Afghanistan und die Rückkehr des dänischen Kontingentes aus Mali, das eher ein Rauswurf war, sollte das Augenmerk der Politiker darauf lenken, die bescheidenen Ressourcen des Landes auf seine vitalen Interessen im Ostseeraum und der Arktis zu konzentrieren. Nicht vergessen werden dürfen die russischen Kurzstreckenraketen, die in Kaliningrad stationiert worden sind und Dänemark binnen Minuten erreichen können, sowie die Annäherungen russischer Kampfflugzeuge bis dicht an die dänische Grenze, was regelmäßig Alarmstarts der dänischen Luftwaffe provoziert.

Erwartungsgemäß protestierte die russische Regierung gegen das geplante Abkommen. Botschafter Wladimir Barbin erklärte, dass die Verhandlungen erneut die Absicht nach Weltherrschaft unterstrichen. Insbesondere die mögliche Anwesenheit amerikanischer Soldaten auf Bornholm wäre ein Dorn im Auge Russlands. Laut der Aussage des Botschafters wäre schon ein einzelner Soldat genug, um das Verhältnis zwischen Russland und Dänemark neu zu überdenken und wies dabei auf einen Vertrag hin, der ausländische Truppen auf der Insel verbietet. Dies wies jedoch Verteidigungsminister Morten Bødskov zurück, da es sich hierbei um eine souveräne dänische Entscheidung handele. Einen eigentlichen Vertrag, der die Stationierung ausländischer Truppen verbietet, gibt es nicht, sondern lediglich ein Notat vom 5. März 1946 ohne Unterschrift anlässlich des Abzugs der sowjetischen Truppen von Bornholm. Dies besagt, dass Dänemark wieder die Kontrolle und Verwaltung seines Territoriums übernimmt, ohne auf fremde Truppen zurückzugreifen. Während des Kalten Kriegs wurde dieses Gentlemen`s Agreement eingehalten, aber seit dem Jahr 2000 haben sich sowohl amerikanische Soldaten als auch die anderer NATO-Staaten sowie Schwedens zu Übungen auf Bornholm aufgehalten, ohne dass Russland protestierte. Die dänische Regierung sieht die formlose Vereinbarung nicht zuletzt aus diesem Grund als hinfällig an.

The Sicherheitsabkommen wird nur Dänemark umfassen. Für die Verteidigung Grönlands gibt es bereits seit 1951 einen Vertrag, der 2004 modernisiert wurde. Für die Verteidigung der Färöer ist allein Dänemark zuständig und die wichtigste Präsenz wird eine Radarstation sein, die nach ihrer Außerbetriebnahme 2007 nun wieder aufgebaut werden soll, um die GIUK-Lücke zwischen Grönland, Island und dem Nordende des Vereinigten Königreichs besser überwachen zu können.

Mit dem Abkommen macht Dänemark deutlich, dass die USA der wichtigste Verbündete bleiben und die europäische Verteidigungszusammenarbeit, von der Dänemark ohnehin durch einen Vorbehalt in seiner EU-Mitgliedschaft ausgeschlossen ist, auch künftig zweitrangig sein wird. Da die Verhandlungen durch eine sozialdemokratische Regierung geführt werden und die konservativen und liberalen Parteien ihre Unterstützung signalisiert haben, kann die parlamentarische Annahme als sicher gelten. Schwer einzuschätzen ist der notwendige Zeitraum, um alle Details zu verhandeln, Beobachter gehen von mehreren Monaten aus.
Andreas Knudsen ist freier Journalist. Er lebt und arbeitet in Kopenhagen.

Andreas Knudsen

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