Captain Christian Klausing (r.) in conversation with marineforum editor-in-chief Holger Schlüter, photo: hsc

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What is the situation regarding the recruitment of young people for the navy? An interview update with the head of the Bundeswehr's career centre in Wilhelmshaven

Captain Christian Clausing has one of those jobs that makes you think of "Mission Impossible". Nevertheless, the 52-year-old, with whom the marine forum spoke for the first time last year, has retained his optimism. What has changed in recent months, especially in terms of bureaucracy? He laughs: "A little," he says, pointing to a small gap between his thumb and index finger. And there is also reason for optimism, as the number of applicants is developing well. What is he responsible for? As head of the careers centre in Wilhelmshaven, he reports to the Federal Office of Bundeswehr Personnel Management. unmittelbar unterstellt.

Im Computertest müssen die Bewerberinnen und Bewerber ihre geistigen Fähigkeiten unter Beweis stellen, Foto: Bw
Im Computertest müssen die Bewerberinnen und Bewerber ihre geistigen Fähigkeiten unter Beweis stellen, Foto: Bw

Es ist viel, was man von den 15 Dienststellen der Personalgewinnungsorganisation der Bundeswehr fordert. Davon sind derzeit nur acht für die Einstellungen ausgelegt, denn nicht nur Personalgewinnung, auch Berufs­förderungsdienst und die nach Aussetzung der Wehrpflicht verbliebenen Kompetenzen der ehemaligen Kreiswehrersatzämter gehören dazu. Das Wehrersatzwesen also, aber dazu kommen wir später. Zunächst schildert Clausing den Rahmen dessen, was man von ihm erwartet und beginnt mit einer düsteren Prognose: „Im Jahr 2025 werden wir die größte Zahl von Abgängen haben, die es seit Aussetzung der Wehrpflicht je gab: 24 000 Menschen verlassen die Streitkräfte. Und die müssen wir nicht nur regenerieren, sondern auch noch einen Aufwuchs leisten. Beginnend mit 2025 sind es jährlich 5000 Freiwillig Wehrdienst Leistende mehr, bis 2032 sind wir bei 40 000.“ Mit rund 182 000 aktiven Soldaten und Soldatinnen liegt die Bundeswehr weit hinter dem für 2031 gesetzten Ziel von 203 000 zurück.

Über 20 000 unbesetzte Dienstposten müssten Clausing ver­zweifeln lassen, tut er aber nicht. „Erstens wird es mit den Abgängen nach 2026 leichter und des Weiteren spüren wir eine gute Tendenz bei den Bewerberzahlen. Das hilft bei der Besicherung, aber auch die schlechtere Wirtschaftslage lässt viele junge Menschen über die Bundeswehr als Alternative nachdenken.“ Die Debatte um Überalterung hält er für nutzlos: „Wer etwas kann und fit ist, sollte dienen dürfen.“ Das Bundesamt für das Personalmanagement hat ihm als Folge eines Gerichtsurteils die Arbeit aber auch leichter gemacht: Seit letztem Jahr müssen die sogenannten Potenzialfeststellungen für aktive Soldaten nicht mehr geleistet werden. Diese im Jargon PF genannten Prüfungen, denen sich Soldaten und Soldatinnen unterziehen mussten, die sich zum Berufssoldaten oder für die Offizierlaufbahn beworben haben, sind ausgesetzt. Das schaffte für die Prüfer und den psychologischen Dienst Freiraum.

Zum Beweis hält er Zahlen hoch: Die Einplanungsleistung ist 2025 um ein Viertel höher als im vergangenen Jahr, ein Plus von über 4000 Personen lässt ihn vorsichtig prognostizieren, dass man Ende des Jahres an die 25 000 Einplanungen schauen könnte. Er spricht von einem guten Niveau, aber: „Zur Wahrheit gehört auch, dass, wenn man ableitet aus den Forderungen der NATO am Ende 260 000 Aktive und 200 000 Reservisten stehen sollten, diese politischen Ziele mit den derzeitigen Verfahren nur schwerlich erreichbar sind. Dann fällt mir die Vorstellung schwer, wie wir dies ohne verpflichtende Anteile erreichen können." Mit dieser Sprachwendung meint er sowohl die Wehrpflicht als auch eine verpflichtende Musterung. Die Wehrüberwachung mit Musterung wäre nämlich Grundvoraussetzung für eine Mobilmachung. Aber das gesamte komplexe System der Erfassung, Überwachung und Musterung ist nicht nur ausgesetzt und schlafend, es ist praktisch tot. Die Datensätze sind laut Clausing seit 2011 eingefroren und was das für die Aktualität dieser Daten bedeutet, kann man sich leicht vorstellen. „Deutschland muss das gesamte System wieder neu aufbauen, von Erweckung kann nicht wirklich die Rede sein.“ Und Clausing setzt noch einen drauf: „Wie groß sollen wir werden und vor allem wie schnell?“ Es wird eindrucksvoll klar, was für eine übermächtige Aufgabe das Bundesamt für das Personalmanagement hat – und die kann es nicht allein von Köln aus leisten, das Amt wirbt bundesweit.

Teil des medizinischen Assessments sind Seh- und Hörtests, Foto: Bw
Teil des medizinischen Assessments sind Seh- und Hörtests, Foto: Bw

Und wie sieht es mit der Marine aus? Christian Clausing legt eine Liste mit rund dreißig Veranstaltungen vor – allein für die Einplanung Marine. Es beginnt mit vier „Seeluft schnuppern“-betitelten Events, für die in Nordrhein-Westfalen geworben wird und geht bis nach Rheinland-Pfalz, Sachsen und Thüringen. Wenn er mit seinem Personal ausrückt, um für die Bundeswehr gesamt zu werben, muss er aber bei der Marine einige Blockaden überwinden: „Wir haben zwar mehr Einplanungen, aber die Marine profitiert davon nicht so sehr wie Heer und Luftwaffe.“ Den Grund gab es schon immer: Die Marine ist an der Küste, von dort kann der Bedarf allein aber nicht gedeckt werden, also müssen Menschen bereit sein, an die Küste zu ziehen. „Das mag für Nordrhein-Westfalen noch gehen, man sieht das an den Zahlen, die das Karrierecenter in Düsseldorf für die Marine erbringt. Aber aus Berlin, aus Thüringen, Bayern oder Rheinland-Pfalz ist es spärlich. Zudem kann man die Entfernung aus NRW nach Wilhelmshaven noch vermarkten, nach Parow wird das eher schwieriger. „Der Trend der letzten Jahre, heimatnah seinen Beruf zu wählen, schlägt viele andere gute Argumente“, so Clausing.

Und wie ist die Zusammenarbeit mit der Marine? Kapitän zur See Clausing atmet tief durch. Er ist lange Angehöriger der Einsatzflottille 2 gewesen, die nur zwei Blocks weiter in der Liegenschaft Heppenser Groden beheimatet ist. Er war Kommandant der Fregatte KARLSRUHE, als einstiger Personaloffizier kennt er die Nöte seiner Marine. Er ist bestens vernetzt und will nicht gern anprangern, aber Wahrheit tut manchmal weh:
„Im Gegensatz zu Heer und Luftwaffe sind wir sehr viel mehr an Spezialistentum und Berufe gebunden.“ Forderungen, die er in Teilen für überzogen hält. Er erläutert am Beispiel der Eignungsfeststellung seine Gründe:
„Warum sollte ein Bewerber Unteroffizier ohne Portepee werden wollen, wenn er auch zum Unteroffizier mit Portepee geeignet ist?“

Auch in Sachen Bürokratie sieht er noch Verbesserungsbedarf. Ob er das Marinekommando meine? Er beantwortet die Frage nicht und zählt auf, wie er mit den Kapazitäten für die Grundausbildung.
Gleichwie eine ungeplante Rettung. Christian Clausing leitet nicht nur das Kompetenzzentrum Marine, er lebt es auch.
Es hat sich bewährt, vor Jahren für den Standort Wilhelmshaven als Sitz eines starken Zentrums zu kämpfen. Clausing betont die gute Zusammenarbeit mit den Zentren in Hannover und Düsseldorf. Früher als Pilotprojekt und nur halbherzig gestartet, gibt der Erfolg heute Recht.

Auf die Frage nach der Personallage Marine räumt er ein, dass er die Zahlen zwar kenne, dessen Bewertung aber dem Marinekommando obliege. Dass diese nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, liegt nur zum Teil daran, dass man daraus Rückschlüsse auf die Einsatzbereitschaft ziehen könne. Personallagen sind bildung zu kämpfen hat. „Wir haben eine Ost-West-Unwucht“, zeigt er anhand der Schulen auf und außerdem wird die saisonale Welle – gemeint sind die Zeitpunkte von Schulabschlüssen und Freisprechungen von Auszubildenden – nicht optimal genutzt. Schulen wollen gerne gleichmäßige Auslastung, aber das ist nicht möglich. Ein seit Jahren sattsam bekanntes Phänomen, das sich wohl nie zu ändern scheint.

Mit Blick auf die Zahlen fällt auf, dass in Wilhelmshaven Kapazitäten entstanden sind: Nun, die Gebäude in der 4. Einfahrt, wie man in der Marine sagt, sind ursprünglich für Besatzungen entstanden, die auf ihre Einwechslung an Bord warten und in der Ausbildung sind. Mit Aussetzung des Mehrbesatzungsmodells im Jahr 2024 wurde dem Personalfehl Rechnung getragen. Nebeneffekt: Heiß begehrte Unterkunftskapazitäten stehen zur Verfügung.

Gleichwie eine ungeplante Rettung. Christian Clausing leitet nicht nur das Kompetenzzentrum Marine, er lebt es auch. Es hat sich bewährt, vor Jahren für den Standort Wilhelmshaven als Sitz eines starken Zentrums zu kämpfen. Clausing betont die gute Zusammenarbeit mit den Zentren in Hannover und Düsseldorf. Früher als Pilotprojekt und nur halbherzig gestartet, gibt der Erfolg heute Recht.

Auf die Frage nach der Personallage Marine räumt er ein, dass er die Zahlen zwar kenne, dessen Bewertung aber dem Marinekommando obliege. Dass diese nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, liegt nur zum Teil daran, dass man daraus Rückschlüsse auf die Einsatzbereitschaft ziehen könne. Personallagen sind komplex und in ihrer Tiefe nur von Fachleuten richtig zu deuten.

Aber so viel kann man wiedergeben: Über alle Verwendungsreihen und Dienstgrade hinweg hat der Bereich Marine einen Besetzungsgrad von rund 80 Prozent. Zwar sind bei den Offizieren und Portepeeunteroffizieren – also mit dem Anteil der Berufssoldaten – die Besetzungsgrade bei nahezu 90 Prozent. Aber bei Unteroffizieren und Mannschaften ist das teils deutlich niedriger. Die Defizite in den unterschiedlichen Verwendungen haben starke Schwankungen. Insbesondere bei den seefahrenden „Spezialisten“ besteht weiterhin noch deutlicher Bedarf.

Die Lage ist also unschön, kann er Hoffnung vermitteln? „Derzeit sind wir bei einer Potenzialausschöpfung von 84,6 Prozent der Bewerbenden“, sagt Clausing optimistisch. „Ich schick’ keinen Geeigneten ohne ein Angebot weg!“

Holger Schlüter

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