Die Stralsunder Werft des pandemiebedingt krisengeschüttelten MV-Werften-Verbundes hat mit der CRYSTAL ENDEAVOUR das erste von ursprünglich drei sogenannten Expeditions-Kreuzfahrtschiffen an Crystal Expedition Cruises aus Los Angeles abgeliefert. Das Schiff hat eine lange Bauzeit hinter sich, die nicht nur die Entwicklung der MV Werften GmbH, sondern der deutschen Schiffbauindustrie widerspiegelt.
Geplant wurde der 2016 in Auftrag gegebene Bau mit Ablieferung August 2018 zunächst auf der Lloyd Werft in Bremerhaven. Die war 2015 von dem malaysischen Mischkonzern Genting übernommen worden, zu dem auch die Reederei Crystal Cruises gehört. Nachdem Genting im Frühjahr 2016 auch die drei großen Werften in Wismar, Rostock und Stralsund übernommen und die MV Werften GmbH gegründet hatte, wurde der Bau zusammen mit den beiden anderen geplanten Schiffen dieses Typs zur Werft in Stralsund verlagert und die Ablieferung auf 2019 verschoben. Mit dem ersten Stahlschnitt Mitte Januar 2018 begann dann der eigentliche Bau. Die Kiellegung erfolgte am 21. August 2018 sogar im Beisein der Bundeskanzlerin. Die Fertigung zog sich dann jedoch hin, nach Werftangaben auch wegen fehlender Fachkräfte und Erfahrungen. Das für Spätsommer 2019 geplante Ausdocken musste verschoben werden, sodass der Neubau erst Ende Dezember 2019 zur Endausrüstung an die Pier verholt werden konnte. Am 20. März 2020 wurde schließlich wegen der Folgen der Pandemie die Fertigung aller aktuellen Schiffbauprojekte der MV Werften ausgesetzt, sodass die Fertigstellung der CRYSTAL ENDEAVOUR nur dank der Überbrückungshilfen des Bundes und des Landes gelang. Nach erfolgreicher Durchführung von Probefahrten in der Ostsee konnten am 26. Juni 2021 endlich Taufe und Übergabe sowie Mitte Juli das Auslaufen zur Jungfernreise erfolgen. Sie führte von Reykjavik rund um Island in arktische Gewässer.
Die CRYSTAL ENDEAVOUR ist nach Angaben der Reederei die „größte und geräumigste Megayacht der Welt“. Die Werft nennt sie die erste in Deutschland gebaute „Luxus-Expeditionsyacht mit Eisklasse“. Und in der Tat, auf dem 164,5 Meter langen und 23,4 Meter breiten, in jeder Hinsicht interessanten 20 200-GT-Schiff stehen für maximal 200 Gäste 100 zwischen 28 und 105 Quadratmeter große Suiten und ein 24-Stunden-Butler-Service zur Verfügung – das Verhältnis von Personal zu Passagieren beträgt eins zu eins. Für Expeditionen werden zwei Hubschrauber, 18 Zodiac-Schlauchboote, 14 Kajaks und ein Mini-U-Boot für sechs Personen an Bord vorgehalten. Das speziell für eisgängige Schiffe entwickelte Antriebssystem mit einer Gesamtleistung von 13 MW umfasst zwei Azipod-Einheiten und einen dieselelektrischen Motor. Es gibt an Bord mehrere Wasseraufbereitungssysteme und eine SCR-Abgasreinigung. Bei Bedarf kann das Schiff mittels GPS und der Bugstrahlruder ohne Verankerung auf Position gehalten werden, was Schäden in besonders sensiblen Gewässerbereichen, wie zum Beispiel Riffen, vermeiden soll. Die FarSounder-1000-Sonartechnologie ermöglich eine weit vorausschauende Erkennung von Meereslebewesen und Unterwasserobjekten.
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