Fincantieris amerikanische Tochter, Fincantieri Marinette Marine, begann am 31. August 2022 mit dem Bau der ersten Fregatte der Constellation-Klasse auf der konzerneigenen Werft in Marinette, Wisconsin. Wie aus der Pressemitteilung des für das Projekt zuständigen Programmbüros der US Navy hervorgeht, soll Baunummer 1, die „USS Constellation“ (FFG 62), im Jahr 2026 ausgeliefert werden. Die Klasse wird neben dem Namen des ersten Schiffes auch als FFG 62 und FFG(X) bezeichnet.
Baubeginn mit Verzögerung
Der Baubeginn der „USS Constellation“ erfolgt fast zweieinhalb Jahre nachdem Fincantieri im April 2020 den Zuschlag erhielt. Die Programmverantwortlichen erklären dies mit der Entwurfsprüfung, die erst im Mai 2022 abgeschlossen werden konnte. Die US Navy und Fincantieri passten den Entwurf der italienischen FREMM-Mehrzweckfregatte so an, dass die Fregatten der Constellation-Klasse mit US-Systemen wie Aegis Baseline 10 und C4I-Systemen ausgerüstet werden können. Auch wurde der bestehende Entwurf überarbeitet, um neue Fähigkeiten implementieren zu können und die Standards der US Navy zu Durchsetzungs- und Überlebensfähigkeit zu erfüllen. Womit die Arbeit am Entwurf einige Zeit in Anspruch nahm. Hinzu kamen zahlreiche Detaillösungen, um den amerikanischen Normen zu entsprechen, z.B. in der Auslegung von Leitungen, Pumpen, Schaltern. Rücksprachen mit den Zulieferern waren erforderlich. Alles zeitintensiv. Letztendlich signalisierte die Werft im Juli 2022 erst grünes Licht für den Produktionsbeginn.
Größer als der Cousin
Gegenüber dem italienischen FREMM-Design, wird die Constellation-Klasse 7,13 Meter länger (nun 151,20 Meter) und auf Höhe der Wasserlinie 1,10 Meter breiter sein (nun 18,1 Meter). Damit erhöht sich die Tonnage um ca. 520 Tonnen auf nun 7.400 Tonnen. Der Sonardom im Bug entfällt ebenso wie der achtere Mast der FREMM.
Spezifikationen der Fregatten der Constellation-Klasse
Gegenüber den bekanntgewordenen Spezifikationen bei der Auftragserteilung im Jahr 2020 fällt auf, dass die Hubschrauberausstattung auf einen MH-60 (Sikorsky Seahawk) reduziert wurde. Aufgebohrt wurde hingegen die Flugkörperbewaffnung von acht auf 16 NSM.
Die erste Fregatte der Constellation-Klasse (FFG-62) der US-Navy erhält vier diesel-elektrische Antriebe von MTU. Ficantieri Marinette Systems (FMM) hat Rolls-Royce mit der Lieferung der Antriebsaggregate beauftragt (ESuT berichtete). Die Gensets (Kombi Dieselmotor mit elektrischem Generator) basieren auf Motoren des Typs MTU 20V 4000 M53B, die eine Gesamtleistung von 12 MW für den Antrieb und die Bordstromversorgung liefern.
Programmverlauf und -umfang
Zwischenzeitlich hat die US Navy Fincantieri Marinette Marine bereits Vertragsoptionen für zwei weitere Einheiten der Klasse eröffnet. Zuletzt für die dritte Fregatte, USS Chesapeake (FFG-64) im Juni 2022. Der Auftrag für die „USS Congress“ (FFG-63) erging bereits 2021.
Die Fregatten der Constellation-Klasse sind eine wesentliche Komponente des NAVPLAN 2022 (Chief of Naval Operations Navigation Plan) der US Navy. Darin wird eine Hybridflotte aus etwa 50 unbemannten und 355 bemannten Schiffen vorgesehen, wozu die zwanzig Fregatten der Constellation-Klasse gehören sollen, die in den Beschaffungsplänen des Pentagon bereits als Fregatten der neuen Generation (FFG(X)) vorgesehen waren. Die Marine und das US Verteidigungsministerium arbeiten seit 2019 an der Präzisierung des 355-Schiffe-Ziels. Der am 20. April 2022 veröffentlichte 30-Jahres-Plan (FY2023-FY2052) der Marine enthält bereits Ergebnisse von Studien, die zukünftige Flotten mit 40 bis 60 sogenannten 'small surface combatants' (SSC) empfehlen, unter die auch die FFG-62 fallen.
Laut aktuellem Haushaltsplan (FY 2023), der die Haushaltsjahre bis 2027 abdeckt, plant die US Navy eine Beschaffungsrate 1-2-1-2. Ursprünglich waren zwei Schiffe pro Jahr beabsichtigt. Der aktuelle Rhythmus läuft auf drei Schiffe alle zwei Jahre hinaus.
Insidern der US-Navy zufolge entspricht die Beschaffungsprognose dem, was eine Werft in den nächsten fünf Jahren bauen könnte. Das Ermitteln einer zweiten Bauwerft liegt solange auf Eis, bis alle Risiken analysiert und die Dokumentation durch Fincantieri Marinette Marine abgeschlossen ist. Der US Kongress hat diesem Auswahlprozess eine Pause verordnet.
Laut Meldungen des US Naval Institute kämen sowohl Ingalls Shipbuilding von Huntington Ingalls Industries als auch Austal USA als aussichtsreiche Kandidaten für eine Vergabe weiterer Neubau-Aufträge der Constellation-Klasse in Frage. Die Arbeitsgemeinschaft General Dynamics/Bath Iron Works, das dritte sich bewerbende US Industrieteam, bleibt unerwähnt.
Kosten
In einer Berichterstattung an den US Kongress werden die Kosten der ersten Einheit mit 1,281 Milliarden USD beziffert. Baunummer 2 soll 1,053 Milliarden USD kosten, Baunummer 3 und 4 jeweils um 1,09 Milliarden USD. Der Preisunterschied zwischen der ersten und den anderen Einheiten rührt daher, dass in der Systematik der amerikanischen Haushaltsaufstellung die Entwicklungskosten der ersten Einheit zugeschlagen werden. Der leichte Anstieg ab Baunummer 2 erklärt sich durch die allgemeine Preisentwicklung. In den Haushaltsangaben sind die Ausrüstungsanteile enthalten.
Die reinen Baukosten liegen niedriger: Bei der Auftragsvergabe für den Bau der „USS Chesapeake“ (FFG-64) wurde mit der Werft ein Vertragswert von 537 Millionen Dollar vereinbart.
Fincantieris Erfolgswelle
Fincantieri fuhr in jüngster Vergangenheit durch die Lieferung von Fregatten der FREMM-Klasse an Ägypten, den Zuschlag in Indonesien für die Lieferung von sechs Einheiten der gleichen Baureihe, sowie die Modernisierung und den Verkauf von zwei Fregatten der Maestrale-Klasse einschließlich der logistischen Unterstützung beider Programme deutliche Erfolge ein. Die Italiener kooperieren zudem mit Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering (DSME) beim Conceptual Design des neuen Flugzeugträgers „CVX“ für die Marine Südkoreas.
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