Minenjagdboote Homburg und Bad Bevensen, dahinter Minentauchereinsatzboot Bad Rappenau. Foto: Michael Nitz

Minenjagdboote Homburg und Bad Bevensen, dahinter Minentauchereinsatzboot Bad Rappenau. Foto: Michael Nitz

Deutsche Marine und Artenschutz: Gedämpfte Sprengungen unter Wasser

Vier Minenkampfeinheiten – die Minenjagdboote „Bad Bevensen“, „Dillingen“, „Homburg“ und das Minentauchereinsatzboot „Bad Rappenau“ des 3. Minensuchgeschwaders, sowie das von der Marine gecharterte zivile Unterstützungsschiff SAR BRAGE hatten Anfang November im Übungsgebiet vor Schönhagen bei Olpenitz erstmals seit 2019 wieder das Sprengen unter Wasser trainiert. Die Deutsche Marine traf dafür aufwendige Maßnahmen zum Schutz von Meerestieren wie vor allem dem Schweinswal (Kleiner Tümmler), nachdem sie zuvor abgestimmt mit den Naturschutzbehörden eine sorgfältige Güterabwägung von Artenschutz und Verteidigungsfähigkeit vorgenommen hatte.

Marine und Meeressäuger

Die Marine legt im Rahmen ihrer Tätigkeiten großen Wert darauf, Meeressäuger und andere Lebewesen in der maritimen Umwelt so wenig wie möglich zu beeinträchtigen. Allerdings muss sie vorrangig ihren Verteidigungsauftrag erfüllen können. Für ihre volle Einsatzfähigkeit brauchen die Boote und Besatzungen des 3. Minensuchgeschwaders sowie die Minentaucher des Seebataillons eine Zertifizierung, die den NATO-Standards entspricht. Dies ist nur über eine praxisnahe Ausbildung zu erreichen.

Von Scarern und Pingern

Bereits in der Vergangenheit hatte die Marine vor geplanten Sprengungen sich im Gebiet aufhaltende Meerestiere mit Schallimpulsen verscheucht, oder „vergrämt“, wie es fachlich genauer bezeichnet wird. Derzeit werden die Minenjagd- und Minentauchereinsatzboote mit modernen „Seal Scarern“ und „Pingern“ nachgerüstet, wie sie bereits im zivilen Umfeld in Gebrauch sind.

Blasenschleier

Darüber hinaus kam bei den Sprengübungen im Übungsgebiet Schönhagen neben dem Vergrämen erstmals eine weitere, besonders aufwendige Schutzmaßnahme hinzu: Um die Sprengstelle im Übungsgebiet ließ die WTD 71 (Wehrtechnische Dienststelle) des BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) in rund 30 Metern Tiefe einen kreisförmigen Blasenschleier erzeugen. In drei konzentrischen Ringen ausgelegt, entkoppelt diese Anlage durch aufsteigende Blasen den Schallimpuls der Sprengung zunehmend von Ring zu Ring. Damit lässt sich die Reichweite der Schallwellen erheblich verringern, innerhalb derer Meeressäuger eventuell zu Schaden kommen könnten. Diese Blasenschleier sind auch deutlich an der Wasseroberfläche zu erkennen. Unweit davon ist das gecharterte zivile Schiff positioniert, auf dem mit Kompressoren die nötige Druckluft erzeugt wird.

Gecharterte SAR BRAGE für die Drucklufterzeugung Blasenschleier. Foto: Michael Nitz

Wissenschaftliche Begleitung

Diesen erstmaligen Einsatz eines Blasenschleiers für ein Sprengen der Marine begleiteten ausführliche Messungen der WTD 71, des Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung GEOMAR in Kiel und einer vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) beauftragten Firma. Bundeswehr, Naturschutzbehörden und Forschung nutzen somit gemeinsam die im Sprenggebiet erhobenen Daten über das Schallverhalten unter Wasser.

Administration muss auch sein

Zusätzlich hatte das BAIUDBw (Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr) in Absprache mit den Naturschutzbehörden einen Leitfaden für Unterwassersprengungen entworfen. Er gilt für alle Ausbildungs-, Übungs- und Erprobungszwecke der Bundeswehr in Nord- und Ostsee. Erkenntnisse aus dem ersten Übungssprengen mit einem Blasenschleier werden allerdings erst in seine nächste Fassung einfließen können.

Minenjagdboote Homburg, Bad Bevensen, Dillingen und Minentauchereinsatzboot Bad Rappenau bei der Rückverlegung aus dem Übungagebiet. Foto: Michael Nitz

Conclusion

Inübunghalten mit Nebeneffekten: Langsam wächst zusammen, was Sinn macht. Hier wurde die Corona-Pause wohl gut genutzt – denn so eine Koordination, alleine über diverse Abteilungen des Verteidigungsministeriums und dazu noch mit externen zivilen Behörden und Zentren, passiert nicht von alleine!

Quelle: PIZ Marine

Alle Fotos: Copyright Michael Nitz, Naval Press Service

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