Noch am Freitag veröffentlichte das russische Verteidigungsministerium auf dem Nachrichtendienst Telegram eine Videosequenz, die den Unterwasser-Abschuss eines Kalibr-Marschflugkörpers von einem konventionellen U-Boot der Kilo-III-Klasse im Schwarzen Meer mit Zielrichtung Ukraine zeigen soll. Was immer die Optik da eingefangen hat – ein dokumentarisches Meisterstück ist es nicht geworden! Die Aufnahmen im Halbdunkel, auf große Distanz gemacht und entsprechend unklar, bestätigen das russische Narrativ nicht wirklich. Trotzdem ist diese Nachricht erwähnenswert, weil erstmals der Kalibr-Einsatz im Ukraine-Krieg von U-Booten aus publik gemacht wurde.
Und was man sonst noch kaputt macht
Unterfüttert wurde diese Nachricht mit dem Hinweis, den russischen Luftstreitkräften sei mit „Präzisionswaffen“ ein Angriff auf die Produktionsstätten ukrainischer Flugkörper- und Raumfahrt-Technologie der Firma Artiom in Kiew gelungen. Hat man also über zwei Monate Kriegsdauer den ukrainischen Waffenschmieden so wenig zugetraut - und ist erst nach der Versenkung der „Moskwa“ darauf aufmerksam geworden?
Bereits 1.300 Marschflugkörper verschossen
Dem gegenüber bestätigte die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin, Hanna Maliar, dass die russischen Invasoren bereits mehr als 1.300 Marschflugkörper auf ukrainisches Gebiet abgefeuert hätten. Was sich nach drohendem Ausverkauf des russischen Raketenarsenals anhören mag, ist ihren Erkenntnissen nach allerdings nur die Hälfte des anfänglich geschätzten Bedrohungspotenzials gewesen. Die Bedrohung reduziert sich demnach mit zunehmender Abnutzung der russischen Kräfte, aber es ist noch beängstigend viel Munition vorhanden.
Oder geht es doch zur Neige?
Dass nun auch die U-Boote bei dem Beschuss der Landziele in der Ukraine zum Zuge kommen, ist allerdings auch ein möglicher Hinweis darauf, dass nun auch Reserven angebrochen werden. Denn die Marschflugkörper erst über Torpedorohre auszustoßen und an der Wasseroberfläche zu starten - um sie dann später auf umgekehrtem Wege wieder umständlich nachladen zu müssen, ist nicht das einfachste aller Verfahren!
https://twitter.com/i/status/1519965287789084672
Link zum Tweet RusMoD: Kalibr-Abschuss durch Kilo-Klasse U-Boot der Schwarzmeer-Flotte
Ergänzend kann noch vermerkt werden, dass bereitsam 1.Mai 22 auch vom Küsten-Raketenkomplex „Bastion“ (NATO-Bezeichnung: SS-C-5 „Stooge“) der russischen Schwarzmeerflotte Flugkörper vom Typ „Oniks“ vom Gebiet der Krim auf ukrainisches Territorium verschossen wurden (siehe diese Meldung: https://tass.ru/armiya-i-opk/14530487 ; in diese Meldung ist auch ein kleines Video eingearbeitet worden).
Ziel sollen ukrainische Waffenlager mit Munition aus US-amerikanischen Provenienz gewesen sein.
Ich meine, vor einigen Tagen gelesen zu haben, dass es nur 6 U-Boote im Schwarzen Meer gibt, die Kalibr Marschflugkörper abfeuern können (und mutmaßlich bereits vor dieser Meldung abgefeuert haben). Es können jedoch immer nur 4 Raketen pro Schiff geladen werden und üblicherweise werden immer 2 Raketen gleichzeitig abgefeuert. Also „2 Schuss“ pro Schiff, dann muss im Hafen aufwändig nachgeladen werden.
Bei bisher insgesamt 1300 abgefeuerten Marschflugkörpern haben die U-Boote deshalb also IMHO eher propagandistischen als militärischen Wert, oder irre ich mich?
Danke für die ergänzenden Hinweise. Richtig ist, dass zur Schwarzmeer-Flotte sechs Einheiten der Kilo-III-Klasse gehören. Davon sind allerdings vor Kriegsausbruch zwei Boote – „Novorossiysk“ und „Krasnodar“ – in das Mittelmeer verlegt worden und nach Schließung des Bosporus auch dort verblieben. Sie waren wohl für die strategische Kräfteverteilung Russlands in diesem Gebiet wichtiger, als im Schwarzen Meer. Ohnehin war man auf russischer Seite eher von kurzer Dauer der sogenannten „Spezialoperationen“ ausgegangen und hatte daher vermutlich auch nicht primär auf U-Boote als Träger von Marschflugkörpern gesetzt. Falls dem tatsächlich so war, dann hat sich dieses Blatt grundsätzlich gewendet!