Piraterie: Der Annual Piracy Report des IMB für 2022 zeigt einen weiteren Rückgang der Zahl der Überfälle. Die Sicherheitsmaßnahmen haben sich bewährt und bleiben notwendig.
Die Statistik zur weltweiten Piraterie des International Maritime Bureau (IMB) in London wird seit 1990 veröffentlicht. Sie ist das verlässlichste Barometer für aktuelle Entwicklungen, auch wenn es nicht alle Fälle erfasst, denn registriert werden nur Fälle, die der Organisation gemeldet werden. Weltweit waren dies 2022 weltweit 115 Ereignisse, in den drei Jahren zuvor wurden noch 132, 195 und 162 Zwischenfälle erfasst. Damit zeigen sich global betrachtet erfreuliche Entwicklungen, denn in den Jahren 2009 bis 2011 wurden allein in den Gewässern am Horn von Afrika deutlich mehr als 200 Überfälle gezählt.
In 107 Fällen gelang 2022 das Boarding, oft auf Reede, weniger oft auf See, vorwiegend aber im Schutz der Dunkelheit. Weltweit gab es zwei Schiffsentführungen, 41 Seeleute wurden dabei als Geiseln genommen, zwei weitere wurden von Bord entführt zwecks Lösegelderpressung. Insgesamt zeigt sich bei den Entführungszahlen auf mittlere Sicht eine deutlich positive Tendenz. Kein Seemann wurde 2022 bei den registrierten Überfällen getötet. Trotzdem werden in allen regelmäßig von Piratenaktivitäten betroffenen Gewässern nach wie vor Sicherheitsmaßnahmen nach den Vorgaben der Best Management Practice empfohlen.
Hotspots
In den asiatischen Gewässern entwickeln sich die Zahlen überwiegend erfreulich. 2022 wurden 60 Angriffe gemeldet. 2021 waren es 59, 2020 immerhin 78, 2019 lediglich 62 und 2018 waren es noch 85. Einzig auffällig ist die schlechte Entwicklung in der Straße von Singapur, die seit 2018 eine ungebrochene Aufwärtstendenz aufweist. 2022 gab es 38 Meldungen, 2021 gingen 35 Angriffe in die Statistik ein, 2020 waren es 23, 2019 nur zwölf, 2018 ganze drei.
Indien und Bangladesh fallen nicht in diese Kategorie. Dort mussten zehn Zwischenfälle registriert werden, was etwa auf dem Niveau der Zahlen seit 2018 liegt.
Aus den Küstengewässern rund um den Golf von Guinea werden sinkende Zahlen gemeldet. Von 84 Ereignissen 2020 ging es herunter auf 35 in 2021 und 19 in 2022. Allerdings haben die beiden weltweit gemeldeten Entführungsfälle in dieser Region stattgefunden. Für die Gewässer an den Küsten und in den Deltas Nigerias, die über Jahre als gefährlicher Hotspot galten, gab es 2022 keine Meldungen.
Nachdem das IMB schon 2019 und 2020 keine Meldungen erhielt, und 2021 der Öffentlichkeit nur eine niedrige Zahl verkündet wurde, kann man für Somalia feststellen, dass die anhaltenden Sicherheitsmaßnahmen der zivilen Seeschifffahrt (IMB Best Practice) wirksam sind und daher weiter praktiziert werden sollen. Die Deutsche Marine ist seit 2021 nicht mehr vor Ort. Sie war als Teil der Operation Atalanta in diesem Seegebiet, also im Rahmen des ersten Marineeinsatzes unter dem Dach der Europäischen Union. Atalanta stützte sich ab auf das UN-Seerechtsübereinkommen von 1982 in Verbindung mit mehreren Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sowie einem Beschluss des Rats der Europäischen Union vom November 2008 und weiteren seither gefassten Beschlüssen.
Michael Stehr
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