Task force provider "Berlin" during a sea rescue exercise. Photo: Bundeswehr/S.Jonack

Task force provider "Berlin" during a sea rescue exercise. Photo: Bundeswehr/S.Jonack

Tagesbefehl des Befehlshaber Flotte zum Abschluss der militärischen Evakuierungsoperation SUDAN

Aus Pressemitteilungen der Bundeswehr und des Marinekommandos Rostock

Marinekommando, 28. April 2023

Tagesbefehl zum Abschluss der Militärischen Evakuierungsoperation Sudan

Am 14. April sind im Sudan blutige Unruhen ausgebrochen. Der lang schwelende Konflikt innerhalb des Sicherheitsapparates lässt das flächenmäßig drittgrößte Land Afrikas zunehmend im Chaos versinken.

Schnell wurde klar: Im Land befindliche deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sowie ggf. weitere Schutzbefohlene müssen aus dem Land mit militärischen Mitteln evakuiert werden.

Ziel der deutschen Operation, wie auch der internationalen, war, möglichst viele zu Evakuierende aus dem Sudan in Sicherheit zu bringen. Diese Evakuierung haben wir am 26. April vorerst abgeschlossen. Die Bundeswehr hat bislang mehr als 700 Menschen per Luftbrücke aus dem Land in Sicherheit bringen können.

Vizeadmiral Frank Lenski, Befehlshaber der Flotte und Unterstützungkräfte. Foto: Bundeswehr

Auch wenn die deutsche militärische Evakuierung letztlich ausschließlich durch die Luft erfolgt ist – als Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte möchte ich mich ausdrücklich bei allen beteiligten Kräften der Marine bedanken!

Die Marine hatte bereits ab dem 17. April unverzüglich Marschbereitschaft hergestellt. Im gleichen Atemzug stellten wir Stabselemente auf, schickten Verbindungspersonal in das Einsatzführungskommando.

Parallel dazu passte die Marine Seefahrtsvorhaben ad hoc an: So konnte der Einsatzgruppenversorger BONN als Basis einer möglichen seegestützten Evakuierung fungieren. Höchst professionell und schnell haben wir die Kräfte der Marine vom Seebataillon über den CTG-Stab bis hin zu medizinischem Personal auf der BONN eingeschifft und in Richtung Einsatzgebiet verlegt.

Entscheidend für das sehr kurzfristige Erreichen einer Einsatzbereitschaft für die Handlungsoption seegestützte militärische Evakuierung waren in diesen Stunden die Macher: Sie handelten alle pragmatisch. Von der Crisis Response Working Group im Marinekommando über unsere Frauen und Männer an Bord, den vielen hilfreichen Händen im Hintergrund bis zu unseren Verbindungoffizieren im Ausland – sie alle haben ihren entscheidenden Beitrag geleistet, jeder und jede an seinem und ihrem Platz.

Mittlerweile haben alle Eingeschifften wieder in ihre Heimatverbände zurückverlegt. Die beteiligten Einheiten haben ihre ursprünglichen Vorhaben wieder aufgenommen. Auch wenn wir letztlich die Option seegestützte Evakuierung nicht weiterverfolgen mussten, so haben Sie doch allen Grund, stolz auf diese Leistung zu sein. Ihnen allen gilt mein besonderer Dank und meine Anerkennung: BRAVO ZULU! Well Done!

Frank Lenski, Vizeadmiral

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Hierzu auch ein Interview von Marcus Mohr mit einem, der das schon mal mitgemacht hat.

Rettung aufs Meer: „Es gilt mit dem zu leben, was man dabei hat“

Sachstand

Fliehende Menschen aus einem Küstengebiet zu retten, ist eine wichtige Nebenaufgabe der Marine. Andreas Schmekel musste sie 2011 konkret umsetzen.

Die Bundeswehr hat Ende April hunderte Menschen aus den bürgerkriegsähnlichen Unruhen im Sudan gerettet. Für diese jüngste Evakuierungsoperation stand auch der Einsatzgruppenversorger „Bonn“ bereit, der zur Zeit im Mittelmeer operiert.

Ähnlich war der Fall vor zwölf Jahren mit dem Schwesterschiff „Berlin“: Damals war sie zusammen mit den Fregatten „Brandenburg“ und „Rheinland-Pfalz“ als Einsatzausbildungsverband im Mittelmeer gewesen, als während der sogenannten Arabellion Anfang 2011 in Nordafrika Gewalt ausbrach. Europäische Staatsangehörige wurden unter anderem von der Luftwaffe aus Libyen evakuiert, die Marineschiffe retteten über den Landweg geflüchtete Ausländer aus Tunesien.

Erster Offizier der „Berlin“ war seinerzeit Andreas Schmekel. Heute ist der Kapitän zur See Gruppenleiter Operative Logistik im Marinekommando.

Interview

Herr Kap’tän, wie bereitet sich ein Marineschiff auf eine Evakuierungsmission vor? 

Bei der Vorbereitung auf eine Evakuierungsmission ist es für die Schiffsführung, vor allem also Kommandant, Erster Offizier und Hauptabschnittsleiter, zum einen wichtig, sich ein möglichst klares Bild der Lage an Land zu verschaffen. Wer muss evakuiert werden? Wie viele Menschen sind zu evakuieren? Wie ist die Bedrohungslage? Wie lautet der konkrete Auftrag? Dies sind nur einige der drängendsten Fragen, die es zu klären gilt.

Kapitän zur See Andreas Schmekel. Foto: Bundeswehr/N.Theska

Folgend stellt sich die Frage, welche Ressourcen für die Erfüllung des Auftrags nötig sind und welche Ressourcen dem Schiff noch zugeführt werden müssen. Die Vorbereitung eines Marineschiffes ist also nie gänzlich gleich, unterscheidet sich der spezifische Auftrag doch jeweils wie auch die Fähigkeiten unserer Schiffe. Allein der Vergleich eines Einsatzgruppenversorgers mit einem Tender, einer Korvette, oder einer Fregatte der Klasse 125 zeigt deutliche Unterschiede auf.

Wie viele Menschen können an Bord genommen werden? Verfüge ich über ein Flugdeck mit Hubschraubern? Wie groß sind meine sanitätsdienstlichen Fähigkeiten? Über welche Fähigkeiten zum Eigenschutz verfüge ich? Wie lange müssen die Evakuierten an Bord verbleiben? Die Antworten darauf führen höchstwahrscheinlich zu dem Schluss, dass das Schiff noch zusätzliche Fähigkeiten und Material braucht. Denn der Hauptauftrag eines Marineschiffes ist nie die Evakuierung, demzufolge ist es immer nur bedingt auf eine Evakuierung vorbereitet.

Welche Unterstützung braucht ein Marineschiff beziehungsweise seine Besatzung dafür von außen?

Unterstützung kommt vorwiegend aus Deutschland und wird dort von verschiedensten Dienststellen geleistet. Insbesondere sind hier das Marinekommando, das Einsatzführungskommando, aber auch Dienststellen wie das Bundeswehr-Logistikzentrum zu nennen. Diverse weitere Stellen sind beteiligt – es handelt sich um ein Zusammenspiel der Kräfte.

Marinekommando und Einsatzführungskommando stellen noch vor der eigentlichen Evakuierungsoperation vor allem Lageinformationen bereit. Das passiert über Funk- und Satellitenverbindungen, wie bei anderen Einsätzen auch. Die Zuführung von Personal und Material aber kann theoretisch sehr umfangreich und aufwendig sein.

Zuzuführende Fähigkeiten können von Sprachmittlern über Ärzte, Feldjäger, Spezialkräfte und so weiter bis hin zur GSG9 der Bundespolizei reichen. Die materielle Verstärkung kann von zusätzlichen Schlauchbooten über Blutkonserven bis hin zu Dixitoiletten reichen. Bei allen Vorbereitungen gilt es, diese im Zusammenspiel mit den zuständigen Stellen in Deutschland schnellstmöglich zu realisieren. Schnelligkeit ist ein entscheidender Faktor.

Steht das Schiff aber weit entfernt von Deutschland im Einsatzgebiet, ist die materielle und personelle Unterstützung – wahrscheinlich – nicht möglich. Es gilt also, mit dem zu leben, was man auf dem Schiff dabei hat. Der Schlüssel zum Erfolg liegt also darin, sich möglichst gut vorzubereiten, solange es geht, und ab Zeitpunkt X flexibel die vorhandenen Ressourcen zu nutzen.

Was passiert in der Vorbereitung an Bord? Welche Räume stehen als vorübergehende Unterkunft bereit? Wie ist die Besatzung eingeteilt? Zum Beispiel die Smuts, die im Normalfall ja eine Nebenfunktion als Sanitäter haben.

Wo zu evakuierende Menschen an Bord untergebracht werden, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Hier ist zu betrachten, wie viele Menschen für wie lange an Bord genommen werden müssen. Sind Verletzte dabei? Wie schwer sind sie verletzt? Welche kulturellen Besonderheiten sind zu beachten? Wie wird das Wetter?

Task force provider "Bonn". Photo: Michael Nitz

Es darf aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass die Funktionalität des Schiffes erhalten bleiben muss, dass die Sicherheit von Schiff und Besatzung zu gewährleisten ist. Die Lösungen können dann sehr unterschiedlich aussehen. So waren bei der Operation Pegasus auf der „Berlin“ die zu Evakuierenden im Schiff im sogenannten Längsgang zwischen den Betriebsräumen und zwei angrenzenden, leeren Lastenräumen untergebracht, während andere Einheiten ihre Hangars genutzt haben – jeweils unterschiedlich begründete Lösungen. Auch ist eine Unterbringung an Oberdeck denkbar, so bei der Operation Sophia auf anderen beteiligten Marineschiffen.

Hierbei ist die Besatzung einerseits so eingesetzt, wie es der sichere Betrieb des Schiffes verlangt, andererseits werden zusätzliche Aufgaben nach Erfordernis verteilt. Hierbei hatten wir uns immer bemüht, die Besatzung ihren Stärken und Schwächen entsprechend einzuteilen. Das funktioniert in der Regel problemlos, da die Motivation in einer Notlage immer extrem groß ist.

Für unsere Smuts kann dies zum Beispiel bedeuten, dass sie nicht nur Speisen für die Besatzung zubereiten, sondern auch für die zu Evakuierenden. Oder sie arbeiten in ihrer permanenten Rolle als zusätzliches Sanitätspersonal … oder aber sie helfen schlicht bei der Betreuung der Geretteten. Flexibilität ist gefragt.

Was ist Ihnen aus der Operation Pegasus beziehungsweise den Evakuierungen aus Libyen und Tunesien im Februar und März 2011 noch besonders in Gedächtnis geblieben?

Bis heute ist mir im Gedächtnis geblieben, wie gut und schnell die Unterstützung aus Deutschland funktioniert hat. Und vor allem mit welcher Kreativität Soldaten, die noch nie vorher zusammengearbeitet hatten, effektiv, auf ein Ziel ausgerichtet, gearbeitet haben.

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