Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik VSM hat die 76. Ausgabe seiner Verbandsnachrichten bekanntgegeben. Im Vorwort schlägt der Hauptgeschäftsführer Dr. Reinhard Lüken, alarmierende Töne an. marineforum veröffentlicht seine Mahnung an die Politik im Wortlaut.
Liebe Leserinnen und Leser,
Die Entwicklungen im Schiffbaumarkt bleiben hochgradig alarmierend. Zwar werden aufgrund der stark verbesserten Erlössituation vieler Reedereien insbesondere im Containergeschäft wieder deutlich mehr Schiffe bestellt, aber fast ausschließlich in China und Korea, also den beiden Nationen, die seit Jahren die Subventionsfüllhörner über ihren Schiffbauern ausschütten. Über 85% aller Bestellungen 2021 weltweit verteilen sich auf die beiden. Selbst Japan, das immer noch eine hohe Inlandsnachfrage aufrechterhält, trägt inzwischen keine 10% mehr bei. Und während das weltweite Bestellvolumen 2021 mehr als doppelt so hoch ausfiel wie im Vorjahr, büßten europäische Werften selbst zum sehr schwachen Vorjahr noch einmal ein Drittel an Neubauaufträgen ein.
Wir sind auf dem besten Weg immer mehr Fähigkeiten zu verlieren. So darf es nicht weitergehen!
Kein Kontinent braucht die maritime Wirtschaft mehr als Europa. Den wachsenden Abhängigkeiten muss jetzt entgegengewirkt werden. Das gilt für alle in der Wertschöpfungskette: Reeder, Werften, Zulieferer – sie sind aufeinander angewiesen und können langfristig nur gemeinsam erfolgreich sein. Fast die gesamte weltweite Handelsflotte, rund 100.000 Seeschiffe, fährt heute mit Schweröl, dem ultimativ billigsten und gleichzeitig schmutzigsten Kraftstoff. Die Flotte auf Klimaneutralität umzustellen, wird eine gewaltige Aufgabe, die enorme Investitionen erfordert. Intelligente Lösungen werden dabei besonders wichtig sein, um den Anstieg der Betriebskosten durch maximale Effizienz zu begrenzen. Die Kompetenz der europäischen Schiffbauindustrie wird also dringend gebraucht!
Deshalb ist jetzt die wichtigste Maßnahme der Politik, möglichst zügig attraktive Bedingungen für Investitionen zu schaffen und diese an eine Umsetzung in Europa zu binden. So könnte es etwas werden mit dem Green Deal. Das gerade veröffentlichte neue Förderprogramm für Betankungsschiffe für LNG und erneuerbare Kraftstoffe geht schon mal in die richtige Richtung.
Viel Spaß beim Lesen!
Dr. Reinhard Lüken
(VSM-Hauptgeschäftsführer)
Die Verbandsnachrichten sind unter vsm.de abrufbar
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