Ein Bild aus längst vergangenen Tagen - oder nicht? (U.S. Naval History and Heritage Command). www.historynet.com

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What shall we do with the drunken sailor?

Die Geschichte eines Shanty

Die Seefahrt steht seit jeher in Verbindung mit dem Gebrauch von Alkohol an Bord von Schiffen, aus gutem Grund, wie sich später zeigt. Verewigt hat sich dieser Brauch natürlich auch im maritimen Liedgut. Eines der beliebtesten Seemannslieder aller Zeiten ist der traditionelle Shanty "What shall we do with the drunken sailor". Das alte Arbeitslied der Seefahrer in mittelalterlicher (dorischer) Tonlage stammt angeblich von einer irischen Melodie namens "Oró Sé do Bheatha 'Bhaile", was so viel bedeutet wie "Óró, willkommen zu Hause" - aber das passt ganz und gar nicht zum betrunkenen Seemann!

Die Überlieferung des Liedes reicht bis in die frühen 1800er Jahre zurück, aber es gibt nur wenige sichere Hinweise. Sein Refrain wird allerdings bereits um 1840 erwähnt in einigen Aufzeichnungen von Walfangschiffen aus New London, Connecticut, wie die Financial Times berichtet.

Warum Alkohol

Warum Seeleute so oft mit übermäßigem Alkoholkonsum in Verbindung gebracht werden, ist leicht zu erklären. Vor der Einführung von Filtersystemen, Entkeimungszusätzen und der modernen Wasserspeicherung an Bord von Schiffen war es einfach erforderlich, Flüssigkeitsvorräte mit Alkohol zu versetzen - um sie zumindest für eine gewisse Zeit haltbar zu machen. Dass diese Konservierungsmethode nicht ohne Entgleisungen bleiben konnte, ist ebenso ersichtlich. Behördliche Regelungen insbesondere für Seeleute in staatlichem Auftrag waren notwendig.

Royal Navy

In der Royal Navy gibt es wohl die längste Geschichte des Umgangs mit Alkohol an Bord, zumal man sehr früh feststellte, dass gerade der leckere Rum - verabreicht vor einer Kampfsituation - mutig bis angstfrei macht, übermütig bis verantwortungslos werden lässt, und obendrein auch noch höchst effektiv Schmerzen und Sorgen unterdrückt. Alles Ingredienzien für eine erfolgreiche Seeschlacht! Allerdings auch das Rezept für einen verbreiteten Alkoholismus. Denn die von 1850 bis 1970 geltende mittägliche Ration von 1/8 Pint (71 ml) 55%-iger Rum, der "Tot", reduziert bekanntlich nicht nur Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit bei anspruchsvollen Tätigkeiten, sondern macht als Drogenkonsum auch stark abhängig! Vor 1823 galt übrigens noch die vierfache Menge als täglich den Mannschaften und Unteroffizieren der Royal Navy zustehende Ration - ein Privileg, das zu der Zeit auch für Nachwuchs sorgte und noch keineswegs rufschädigend war.

United States Navy

Was die andere Seite des Atlantiks anging, so erließ am 27. März 1794 der amerikanische Kongress eine tägliche Getränkeration, die "ein halbes Pint Branntwein" (ein Viertele) oder "ein Quart Bier" (eine Maß) umfasste. Danach wurden die Beschränkungen für Alkohol immer weiter verschärft, bis die U.S. Navy den "Genuss von Alkohol an Bord" schließlich am 1. Juli 1914 durch die "General Order 99" vollends verbot. Darin hieß es: "Der Gebrauch oder die Mitnahme von alkoholischen Getränken an Bord eines Marineschiffs, in eine Marinewerft oder in einen Marinestützpunkt zu Trinkzwecken ist streng verboten. Die kommandierenden Offiziere werden für die Durchsetzung dieser Anordnung direkt verantwortlich gemacht."

Was tun?

Seeleute in Uniform und ohne haben jedoch seither nicht minder mit dem Alkohol geliebäugelt - normalerweise im Hafen. Was macht man also mit einem betrunkenen Matrosen?

Dem Lied zufolge kann man mit einem betrunkenen Matrosen immerhin doch noch mehrere Dinge anstellen: ihm den Bauch mit einem rostigen Rasiermesser rasieren, ihn in einen Rettungskutter packen, bis er nüchtern ist, man kann ihn auch vor ein Speigatt rollen und mit dem Wasserschlauch abspulen, oder eben mit der (vermeintlich häßlichen) Tochter des Kapitäns ins Bett stecken. Es ist nicht bekannt, ob die U.S. Navy jemals eine dieser Bestrafungsmethoden angewandt hat, oder nicht. Aber jeder Kapitän, der einen betrunkenen Matrosen mit seiner Tochter im Bett erwischt, wird wahrscheinlich selbst zur Flasche greifen - so, oder so.

Quelle: Military Times, Sicard, und viele andere

 

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