Zwei Nadelöhre dieser Welt. Grafik: Franklin Templeton

Zwei Nadelöhre dieser Welt. Grafik: Franklin Templeton

Maritime trade: two bottlenecks with influence

Der internationale Handel ist Treiber der Weltwirtschaft und verantwortlich für ca. 80 % der globalen Warentransporte auf dem Seeweg. Der Zugang zu den beiden wichtigsten Kanälen, dem Panama- und dem Suez-Kanal, ist fundamental für störungsfreie Lieferketten, und damit auch für Wirtschaftswachstum. Aktuelle Beeinträchtigungen zeigen die Verwundbarkeit dieser wichtigen Schifffahrtsstraßen.

Suezkanal

Die französische Compagnie Universelle du Canal Maritime de Suez stellte diese Schifffahrtsverbindung 1869 fertig. Er verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und wurde zur schnellsten und wirtschaftlichsten Route zwischen Europa und Asien. Rund 30 % des weltweiten Containerverkehrs, d. h. bis zu 15 % des Welthandels passiert diese Wasserstraße und generiert einen Umsatz von fast 9 Milliarden Euro pro Jahr.

Die Route von Singapur nach Rotterdam über den Suezkanal ist etwa 8.500 Seemeilen (ca. 15.750 km) lang und dauert 26 Tage. Beim Umweg über das Kap der guten Hoffnung um die Südspitze Afrikas herum, verlängert sich die Reise auf 11.800 Meilen (ca. 21.850 km) und 36 Tage. Dabei entstehen zusätzliche Treibstoffkosten für die Hin- und Rückfahrt von fast 1 Million Euro.

Aufgrund der Raketen- und Drohnenangriffe der vom Iran unterstützten Huthi-Milizen reduzierte sich der Schiffsverkehr im Dezember 2023 und Januar 2024 um rund 42%. Die US-geführte Operation Prosperity Guardian und die Operation EUNAVFOR Aspides konnten deren Angriffe zwar minimieren, stoppen bisher allerdings nicht.

Die Frachttarife sind dementsprechend in die Höhe geschnellt und beispielsweise für die Route von Shanghai nach Europa seit Dezember 2023 um über 250 % gestiegen und auch die Versicherungsprämien zogen kräftig an.

Einen weiteren Vorgeschmack auf gestörte Lieferketten erhielten wir im März 2021, als der Kanal durch den aufgelaufenen Containerriesen „Ever Given“ (200.000 Tonnen, 400 Meter lang) für sechs Tage blockiert war und sich hunderte Schiffe auf beiden Seiten des Havaristen stauten. Lloyd’s List schätzt, dass täglich Containerfracht im Wert von knapp 9 Milliarden Euro aufgehalten wurde.

Aktuell werden täglich 9,2 Millionen Barrel Öl (etwa 1,5 Millionen Kubikmeter) und 116 Millionen m3 Flüssigerdgas durch den Kanal transportiert. Das sind relevante Mengen, die bei Ausfall sofort Auswirkungen auf die Lieferketten und damit auf die Preise entfalten.

Panamakanal

Der 1914 von den USA fertig gestellte Kanal verbindet den Pazifik mit dem Atlantik und gleicht durch Binnenseen und Schleusen einen Höhenunterschied von 26 Metern aus. Daher werden erhebliche Wassermengen aus den Trinkwasserseen benötigt, um ein Schiff durch den Kanal zu schleusen.

Routen Panamakanal versus Kap Hoorn. Grafik: Research Gate

Routen Panamakanal versus Kap Hoorn. Grafik: Research Gate

Laut Research Gate beträgt die Entfernung zwischen New York City und San Francisco über den Panamakanal ca. 5.200 Meilen (etwa 8.370 km). Wenn der Panamakanal jedoch um Kap Hoorn (Südspitze Südamerikas) umfahren werden muss, legen Schiffe eine Entfernung von ca. 13.000 Meilen (etwa 20.900 km) zurück. Diese Streckenreduzierung durch den Panamakanal um mehr als die Hälfte spart viel Zeit und Treibstoff und ist daher die bevorzugte Route. Der Panamakanal wickelt schätzungsweise 5% des Welthandels ab.

Der Klimawandel bereitet Panama bereits deutliche Probleme und das derzeit vorherrschende Wetterphänomen El Niño führt zur Verschärfung der Dürreperiode, mit unmittelbaren Auswirkungen auf die Kapazität des Kanals. Normalerweise passieren etwa 14.000 Schiffe pro Jahr den Kanal, die 600 Millionen Tonnen Waren transportieren und einen Umsatz von über 4,5 Milliarden Euro generieren. Aufgrund von Wassermangel im Gatun-See werden von den sonst üblichen 36 bis 38 Schleusungen pro Tag - nach nur 18 Schleusungen im Februar 2024 - derzeit wieder 27 Schiffe (März 2024) geschleust. Die Panamakanal-Behörde führt die Reduzierungen auf höhere Temperaturen im Atlantik (El Niño) und die ausbleibenden Regenfälle zurück, die durch eine verspätet einsetzende Regenzeit noch verstärkt wurden.

Warenverkehr

Über den Suezkanal werden hauptsächlich Handelswaren, Lebensmittel und Öl transportiert, während der Panamakanal dagegen die Route für über 20% der weltweiten Sojabohnenexporte und 15% der Maisexporte ist. Zudem ist er die Hauptroute für LNG-Exporte nach Asien.

Übersicht der Störungen der maritimen Nahrungstransporte. Grafik: SWP

Übersicht der Störungen der maritimen Nahrungstransporte. Grafik: SWP

Durch die ausbleibenden russischen Gaslieferungen wurden Liefermengen auch aus dem Nahen Osten nach Europa umgeleitet. Das hatte sogar zu günstigeren Preisen in der Europäischen Union geführt.
Es gibt aber auch Hinweise, dass europäische Importeure wieder Lagerbestände aufbauen, anstatt mit der Just-in-Time-Lieferung ggf. die Produktion stoppen zu müssen.

Ein weiteres unmittelbares Problem für die US-Sojaexporteure ist der Mississippi, denn auch hier kommt es dürrebedingt zu niedrigeren Wasserständen und damit häufiger zu Einschränkungen in der Schifffahrt. Knapp 60 % der US-Getreideexporte (Weizen, Sojabohnen, Mais) werden über diese Route mit Frachtkähnen zu den Exportterminals im Golf von Mexiko transportiert.

Alternativen

Und wer profitiert davon? Möglicherweise Produzenten in Brasilien, die ihre Sojabohnen über die Atlantikroute um das Kap der Guten Hoffnung nach China verschiffen.
Die US-Farmer im Mittleren Westen können dagegen die bestehenden Eisenbahnlinien an die US-Westküste oder zu den mexikanischen Pazifikhäfen nutzen.

Folgen

Noch lässt sich nicht abschätzen, ob diese beiden Nadelöhre zu drastischen und spürbaren Einschränkungen der Lieferketten mit steigenden Preisen führen werden.

Es hängt unter anderem auch davon ab, wie sich das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf den jeweiligen Zielmärkten entwickelt und wie stark sich längere Seewege auf eine verminderte Verfügbarkeit von Transportraum auswirken.

Es wäre also vernünftig, diese Entwicklungen im Blick zu behalten.

Quellen: Franklin Templeton, Research Gate

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