Das rumänische Verteidigungsministerium gab am 8. August 2023 die Annullierung seiner 2019 getroffenen Korvetten-Entscheidung bekannt. Die damals erfolgreiche Naval Group und das Partnerunternehmen hätten die Frist für die Vertragsunterzeichnung nicht eingehalten, hieß es. Die erste Korvette wurde ursprünglich bis 2022 erwartet, das gesamte Programm sollte innerhalb von sieben Jahren abgeschlossen sein.
Naval Group erfolgreich
Der französischen Naval Group wurde am 2. Juli 2019 der Gewinn des rumänischen Bieterwettbewerbs über den Bau von vier Mehrzweckkorvetten sowie zur Überholung von zwei Type 22-Fregatten (ex „HMS London“ – „Regina Maria“, ex „HMS Coventry“ – „Regele Ferdinand“) mitgeteilt. In diesem Paket, dessen Kosten ursprünglich mit 1,6 Milliarden Euro beziffert wurden, waren auch ein Ausbildungs- sowie die Entwicklung eines Wartungszentrums für die rumänische Flotte enthalten. Naval Group hatte sich mit seinem Gowind-Entwurf gegen Damen (Niederlande) und Fincantieri (Italien) durchsetzen können. In den Wettbewerb war der französische Schiffbauer in Zusammenarbeit mit der Werft Santierul Naval Constanta (SNC) an der Schwarzmeer-Küste gegangen. Andere rumänische Unternehmen wie das Icepronav-Designbüro und die Bukarester Interactive (für Kommunikationssysteme) waren ebenso eingebunden. Das Programm sollte in fünf Jahren mehr als 400 Arbeitsplätze sichern.
Auch die konkurrierenden Anbieter hatten die Zusammenarbeit mit rumänischen Werften in ihre Offerten integriert - so Damen mit Damen Shipyards Mangalia (in Mangalia) und Șantierul Naval Galați (in Galati), Fincantieri mit Vard in Tulcea und Braila. Die Niederländer hatten gegen die Entscheidung Beschwerde beim rumänischen National Council for Solving Complaints eingelegt und gleichzeitig Klage beim Bukarester Tribunal erhoben. Damens Angebot (1,25 Milliarden Euro) lag nur wenig über dem der Naval Group (1,2 Milliarden Euro), Fincantieri bezifferte das Projekt mit 1,3 Milliarden Euro.
Andere Prioritäten?
Über die eigentlichen Gründe für den Abbruch wird spekuliert. Waren haushaltspolitische Überlegungen ausschlaggebend, oder stehen dahinter verteidigungspolitische Priorisierungen? Mit dem nahe gelegenen russischen Krieg gegen die Ukraine haben sich grundsätzliche Prioritäten verschoben. Ersichtlich sind derzeit folgende Beschaffungen.
Am 25. April 2023 gab die türkische Baykar den Vertragsschluss über 18 Bayraktar TB2-Kampfdrohnen in Summe von 293 Mio. Euro (321 Mio. US-Dollar) mit Rumänien bekannt. Bereits Anfang Januar 2023 erteilte das Naval Sea Systems Command der Raytheon Missiles & Defense einen Auftrag in Höhe von 187 Millionen Euro (208,74 Millionen US-Dollar) zur Lieferung des Naval Strike Missile (NSM) an Rumänien. Seit April 2023 kursieren auch Informationen über den Ankauf von 54 Abrams-Panzern (M1A2) in den USA mit einem Investitionswert von etwas mehr als einer Milliarde Euro. In diesem Zusammenhang berichteten die Naval News im Mai 2023 über eine rumänische Parlamentsentscheidung zur Beschaffung von zwei U-Booten der französischen Scorpène-Klasse und zwei britischen Minensuchern der Sandown-Klasse auf dem Gebrauchtmarkt. Da die rumänische Marine lediglich über ein nicht einsatzfähiges U-Boot der russischen Kilo-Klasse sowie vier ältere Minenräumfahrzeuge verfügt und im Zuge des russischen Krieges Seeminen wiederholt zu einer Bedrohung des Schiffsverkehrs vor der rumänischen Küste wurden, ist dies nachvollziehbar. Ansonsten bleibt abzuwarten, dass sich das nationale Lagebild konsolidiert.
Nachtrag vom 16.08.2023: Am 10. August 2023 wurde bekannt, dass das rumänische Verteidigungsministerium beim Parlament einen Antrag zur Genehmigung der Beschaffung von 32 Kampfjets des Typs F-35 Lightning 2 gestellt hat - eine Beschaffung in Höhe von ca. 5,9 Milliarden Euro. Dahin geht also die Reise!
Nachtrag vom 17.08.2023: Als Nachbar des ukrainischen Kriegsgebietes und als NATO-Mitglied hat Rumänien seinen Haushaltsanteil für Verteidigungsausgaben auf 2,5% PIB aufgestockt und einen Prozess der Modernisierung seiner Streitkräfte begonnen. Dies haben Staatspräsident Klaus Iohannis, Premierminister Marcel Ciolacu und Verteidigungsminister Angel Tilvar am 15. August 2023 in der Hafenstadt Constanza anlässlich des Tages der rumänischen Marine versichert. Tags zuvor war im Schwarzmeer-Urlaubsort Costinesti eine aus ukrainischen Gewässern abgetriebene Mine an einer Kaimauer explodiert - ohne Personenschaden, aber mit Zerstörungen an den Hafenanlagen.
Unklar ist weiterhin auch die Positionierung der französischen Group Naval in diesem Streitfall. Es wäre nach dem vertraglichen U-Boot-Desaster mit Australien eine weitere Vertragsaufkündigung bei dem staatlichen Werften-Konsortium, das der französischen Schiffbauindustrie nicht gut zu Gesicht steht.
Klingt ganz plausibel,die USA lassen sich ihre Politik von anderen Nationen absichern,die die Waffen dazu bei ihnen kaufen müssen. Maximaler Nutzen zu zweit Kosten. Läuft