Am letzten Januar-Wochenende konnte man das große Werkstattschiff „PM-82“ der russischen Marine im Fehmarnbelt ostwärts fahrend beobachten. Begleitet wurde das Schiff der Amur-Klasse (Projekt 304, 122 Meter, 5.600 Tonnen) auf seinem Weg vom syrischen Tartus nach Baltiysk durch das seit fast einem Jahr zwischen Ostsee und Nahem Osten pendelnde Unterstützungsschiff „Sergey Balk“.
Mädchen für alles
„Sergey Balk“ hatte im Herbst erst das Kilo-3-Klasse U-Boot "Krasnodar" - eines von ehemals sechs Booten des ersten Loses der für die Schwarzmeer-Flotte gebauten modifizierten Kilo-Klasse (Projekt 636.3, 74 Meter, 3.100 Tonnen getaucht) - zur Instandsetzung von Tartus nach Sankt Petersburg geleitet. Postwendend begleitete "Sergey Balk" im Dezember dann das frisch in Dienst gestellte U-Boot „Ufa“ auf seiner Fahrt nach Tartus, dem ersten Teil des langen Weges bis nach Wladiwostok. "Ufa" ist das vierte von sechs für die Pazifikflotte bestimmten U-Boote dieser Klasse. Nun ist der Hochsee-Bergungsschlepper wieder in der Ostsee.
Amur-Klasse in Tartus
Die „PM-82“, das mittlerweile auch schon 50 Jahre zählende, in Stettin/Polen gebaute Werkstatt-, Versorgungs- und Wohnschiff, diente seit August 2023 als logistische Basis und Instandsetzungs-Plattform der ‚Mittelmeer-Eskadra‘ der Russischen Marine, die sich ohne eigenen Stützpunkt traditionell auf Tartus und dorthin verlegte Einheiten abstützt. Die zehn Einheiten der Amur-Klasse sind weltweit verteilt auf alle Flotten der Russischen Föderation zu finden. Derzeit ist das Aufgebot in Tartus allerdings reduziert auf den Tanker "Kama" (Kaliningradneft-Klasse, 116 Meter, 9.000 Tonnen) und die „Kildin“, ein Aufklärungsschiff der altbekannten Moma-Klasse.
Werkstatt - oder mehr?
Was macht ein Werkstattschiff nach relativ kurzer Stehzeit im Behelfsstützpunkt wieder auf Werftbesuch im Baltikum? In der Verlautbarung des russischen Verteidigungsministeriums nach Einlaufen in Baltiysk am 29. Januar 2024 hieß es, dass die Einheit „nach Auffüllen bereit sei, ihre vorgesehenen Aufgaben auszuführen“. Kehrt sie also den langen Weg nach Tartus wieder zurück? Und mit welcher wichtigen Ladung? Zwar gelten derartige Bewegungen als Routine, denn auch Werkstattschiffe unterliegen einem materiellen Überholungszyklus, aber diesen Vorgang zu hinterfragen kann nicht schaden. Zumal Moskau sich trotz des für Kriegsschiffe geschlossenen Bosporus in logistischen Dingen sehr wohl zu helfen weiß: Ankara gewährt russischen Militärflugzeugen Überflugrechte und mit dem Regime in Damaskus läßt sich trefflich handeln - mit Waffen und (ukrainischem) Getreide. Insofern mag die aktuelle Reise der „PM-82“ anderen Zwecken dienen, als der Versorgung der im Mittelmeer eingesetzten Einheiten mit normalem Verbrauchsmaterial. Machen für den Einsatz in der Ukraine oder in Syrien benötigte besondere Güter oder neue Waffentechnik die Rückbeorderung nach Baltiysk erforderlich?
Mittelmeer-Eskadra
Das im Mittelmeer eingesetzte Kontingent der russischen Marine besteht momentan aus einer Sammlung von Neubauten auf der Warteliste für die Einfahrt in das Schwarze Meer: der Fregatte „Admiral Grigorovich“ (2016, Projekt 11356M, 125 Meter, 4.000 Tonnen), der Korvetten „Merkury“ der Steregushchiy-Klasse (2023, Projekt 20381, 104 Meter, 2.200 Tonnen) und „Orekhovo-Zuyevo“ der Buyan-M-Klasse (2018, Projekt 21631, 74 Meter, 950 Tonnen), dem Kilo-3-Klasse U-Boot „Ufa“ sowie dem Tanker „Kama“ und der „Kildin“.
Optionen
„Sergey Balk“ könnte sich nun mit der „Mozhaik“, einem ebenfalls für die Pazifikflotte bestimmten U-Boot der verbesserten Kilo-Klasse auf den Weg in das Mittelmeer machen. Dann wären Baunummern vier und fünf ihrem Ziel Wladiwostok etwas näher gekommen, wenn es denn nach Plan ginge. Gleichzeitig hätte man die U-Bootbedrohung im Mittelmeer verdoppelt. Andererseits ist die "Ufa" bisher operativ noch nicht aufgetreten und nach ihrer Ankunft in Tartus verblieben. Vor der "Ufa" befand sich seit Februar 2022 die „Krasnodar“ im Mittelmeer. Sie gehört eigentlich zur Schwarzmeer-Flotte, wurde aber noch unmittelbar vor Kriegsbeginn in das Mittelmeer verlegt und war damit wider Erwarten vom Kriegsgeschehen "ausgesperrt" worden. Durch ukrainischen Beschuss ist in Sewastopol ohnehin ein weiteres russisches U-Boot im Schwarzen Meer ausgefallen.
Es bleibt abzuwarten, ob sich die drei, „Mozhaik“, „Sergey Balk“ und „PM-82“ gemeinsam auf den Weg ins Mittelmeer machen werden. Und ob die konventionellen U-Boote sich überhaupt auf den weiten Sprung zur Pazifik-Flotte wagen, oder für einen Ersatz im Ukraine-Krieg in der Nähe verbleiben.
0 Kommentare