Seit 2014 misst das BSH den Anteil von Schwefel in Schiffsemissionen. Ende 2020 bestand das Messnetz aus drei festen und einer mobilen Station sowie der neuen Messstation auf der Atair.
Die zulässige Höchstgrenze für den Anteil von Schwefel in Schiffskraftstoffen liegt seit dem 1. Januar 2020 weltweit bei 0,5 Prozent. Für Nord- und Ostsee als Schwefelemissionsüberwachungsgebiet (Sulphur Emission Control Area, SECA) gilt bereits seit 1. Januar 2015 der Grenzwert von 0,1 Prozent. SECAs sind Sonderzonen der Schifffahrt mit besonders niedrigen Schwefelgrenzwerten, die von der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (International Maritime Organization, IMO) festgelegt wurden. Mit der Verringerung der Schwefelkonzentration in der Atmosphäre soll neben dem Schutz der Küstenanwohner vor allem auch die weitere Versauerung der Meere gestoppt werden. Seit dem 1. Januar 2021 sind Nord- und Ostsee auch Stickoxidemissionskontrollgebiete (Nitrous Oxide Emission Control Area, NECA), ebenfalls festgelegt von der IMO.
Überwachung von Einträgen aus der Luft gewinnt an Bedeutung
Neben den Einträgen von belastenden Stoffen von der Landseite geraten zunehmend auch Einträge aus der Luft in die Meere in den Fokus der Untersuchungen. Ein verhältnismäßig junger Untersuchungsbereich sind die Auswirkungen von Schiffsemissionen auf die Meere, die über die Luft in das Meerwasser eindringen.
Bereits 2014 hat das BSH in Zusammenarbeit mit der Universität Bremen im Rahmen des vom BSH finanzierten Forschungsprojektes MeSMarT in Wedel an der Elbe eine Messstation aufgebaut, die den Anteil von Schwefel in der Abgasfahne von vorbeifahrenden Schiffen misst. Heute verfügen wir über ein Messnetz aus bisher drei ortsfesten Stationen. Neben Wedel messen Messstationen, sogenannte Sniffer, in Bremerhaven und Kiel. Ein weiterer Messplatz soll in Rostock entstehen. Darüber hinaus richtete das BSH eine mobile, landbasierte Messstation ein, die seit September 2020 in Wedel im Probetrieb ist. Neben Schwefel erfassen die Stationen unter anderem auch Stickstoffoxide. Eine weitere Station wird auf dem 2021 in Dienst gestellten neuen Vermessungs-, Wracksuch- und Forschungsschiff Atair Schiffsabgase über Nord- und Ostsee messen.
Die Daten werden erhoben und automatisch analysiert. Bei unzulässigen Abweichungen von den Grenzwerten in Schiffsabgasen sendet das System eine Mail an die Wasserschutzpolizei. Das verursachende Schiff wird über das Identifikationssystem AIS und die Wetterdaten ermittelt. Im nächstmöglichen Hafen nimmt die Wasserschutzpolizei zur Verifizierung der Messergebnisse Kraftstoffproben.
Probemessungen von Schiffsabgasen auf Polizeischiff
Vom 6. bis 11. Juni 2019 installierte das BSH vorübergehend ein Schiffsabgasmessgerät (Sniffer) auf einem Schiff der Bundespolizei-See. Das Schiff war im Bereich der Kadetrinne in der deutschen Ostsee für die normale Polizeiarbeit eingesetzt. Im Rahmen dieses Einsatzes führte es auch Abgasmessungen von Schiffen durch. Um verschiedene Einsatzszenarien zu erproben, fuhr es unterschiedliche Manöver. Ziel der einwöchigen Erprobung war es, herauszufinden, ob die Schiffe der Bundespolizei und deren Aufgabengebiet potenziell für die Marpol-VI Überwachung des Schiffverkehrs in Nord- und Ostsee mittels Fernmesstechnik geeignet sind, was sich grundsätzlich bestätigte. Insgesamt überprüften BSH und Bundespolizei mit dem Sniffer rund 100 Abgasfahnen. Auch in dieser Untersuchung zeigte sich, dass über 99 Prozent der untersuchten Abgasfahnen auf die regelkonforme Nutzung von Treibstoff hinweisen.
Aber Schwefel ist nicht die einzige Substanz, die zu Verschmutzungen im maritimen Umfeld führt. Aus diesem Grund arbeitet das BSH im Rahmen des von der Europäischen Union geförderten Projekts Shipping Contributions to Inland Pollution Push for the Enforcement of Regulations (Scipper) mit 17 weiteren internationalen Projektpartnern im Bereich der Atmosphärenforschung und Luftüberwachung zusammen. Untersucht werden die Auswirkungen von Schiffsabgasen auf die marine Umwelt, aber vor allem auch auf die Hafenstädte und Küstengebiete. Von besonderem Interesse sind neben Luftemissionen von Schwefel auch Stickoxid- und Partikelemissionen der Schiffe. Bei Letzteren ist derzeit noch unklar, wie sich der Einsatz alternativer Kraftstoffe auf das Emissionsverhalten auswirkt. Deswegen hat das BSH seine Messungen an der Station in Wedel inhaltlich um Aerosol-, also Ultrafeinstaubmessungen erweitert.
Internationale Vergleichsmessungen mit unterschiedlichen Systemen
Auf Initiative des BSH fand zwischen dem 7. September und dem 15. Oktober 2020 gemeinsam mit wissenschaftlichen Teams aus Schweden, den Niederlanden und Dänemark im Rahmen des Scipper-Projekts die erste internationale Vergleichskampagne zur Messung von Schiffsabgasen in Wedel bei Hamburg statt.
Dabei wurden die Emissionen derselben Schiffe mit verschiedenen derzeit verfügbaren Messtechniken und -strategien bei denselben Umgebungsbedingungen gemessen. Dadurch soll die Meldung auffälliger Schiffe international besser harmonisiert werden. Das BSH und die anderen Projektpartner setzten dabei fünf Sniffer, ein Laser-Spektrometer, drei Ultrafeinstaub-Messgeräte und differentielle optische Absorptions-Spektroskopie-Techniken ein. Zusätzlich wurden vom 14. bis 18. September zwei Drohnen eingesetzt, um über der Elbe direkt in die Abgasfahne von Schiffen zu fliegen und die Werte zu messen.
Insgesamt wurden etwa 900 Abgasfahnen von mehr als 400 verschiedenen Schiffen untersucht. Davon flogen zwei drohnengestützte Systeme in insgesamt 70 Abgasfahnen von 58 verschiedenen Schiffen und analysierten deren Zusammensetzungen. Auch die Wasserschutzpolizei Hamburg unterstützte die Vergleichsmesskampagne und zog 55 Kraftstoffproben von 32 ausgewählten Schiffen. Während der Messkampagne zeigte sich, dass die Schiffe ganz überwiegend mit regelkonformem Treibstoff fahren.
Um die verschiedenen eingesetzten Messsysteme noch besser vergleichen zu können, wurden während der Messkampagne auch künstliche Abgasfahnen mit bekannter Zusammensetzung erzeugt. Zur Durchführung statistischer Analysen vorhandener Daten im Rahmen dieses Projekts stellt das BSH seine Messdaten umfassend zur Verfügung. In einem weiteren Schritt werden aus den international erhobenen Daten Emissions- und Ausbreitungsmodelle weiterentwickelt und validiert.
Das BSH nutzt in dem Projekt gewonnene Erkenntnisse, um Werkzeuge zu entwickeln, mit denen die Einhaltung von Emissionsgrenzen durchgesetzt werden kann.
Dr. Jörg Beecken ist Wissenschaftler im Projekt Scipper des BSH. Dr. Andreas Weigelt ist Wissenschaftler und Leiter des Schiffsabgasmessnetzes des BSH.
Fotos: BSH/Thomsen
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