Elliot Ackerman, Admiral James Stavridis: 2034 A novel of the next World War, PENGUIN PRESS New York 2021, 303 p.
Mitte der 1980er Jahre wurde mit dem Erscheinen von Tom Clancy's „The Hunt for Red October“ und „Red Storm Rising“ ein neues Genre in die Literaturwelt eingeführt: Der Einfluss neuer Technologien auf militärische Operationen und deren Auswirkungen auf politische Entscheidungen. Der nächste Schritt erfolgte mit den Büchern von Peter W. Singer und hier speziell seinem Buch mit August Cole „Ghost Fleet. A Novel of the next World War“ 2015, das den möglichen Ablauf künftiger Militäroperationen auf der Grundlage von Technologieentwicklungen und deren konsequenter Umsetzung in Waffensysteme aufzeigt. Politik und ihre Akteure werden hierbei eher als Getriebene als denn vorausschauend Handelnde dargestellt.
2021 erscheint nun ein weiteres Buch mit einem Erzählfaden über neue Technologien und deren Einsatz gegen einen bis dato übermächtigen Staat, die USA und ihre Marine. Geschrieben von Elliot Ackermann, vormaligem U.S. Marine und Mitarbeiter im Stab des Weißen Hauses, sowie Admiral (ret) James Stavridis, ehemaligem SACEUR und mehrjährigem Dean der Fletcher School of Law and Diplomacy der Tuft University in den USA, werden die Entscheidungsabläufe in den Machtzentren der USA und Chinas in ihren jeweiligen Perzeptionen und Missperzeptionen dargestellt. Das Südchinesische Meer und eine Freedom of Navigation Patrol von drei Zerstörern der U.S. Navy, die von der amerikanischen Befehlshaberin klar als Provokation bezeichnet wird (S. 2), sind Auslöser einer Kette von Marineoperationen, die zur schnellen Eskalation bis hin zum Einsatz taktischer Nuklearwaffen beider Großmächte führt. Wie ein Flächenbrand folgen andere Regionen und ihre Akteure. Die Ausschaltung von Satelliten, Flugzeugen der 5. Generation (F 35) und modernen Waffensystemen durch Cyberkriegführung, Unterbrechung von Unterwasserkabeln und Ausschaltung politischer Führungssysteme im weltweiten Format seien als Beispiele aufgeführt, ohne dem Leser die Spannung zu nehmen.
Beide Autoren legen sehr bewusst den Finger in die Technologie- und damit Überlegenheitsgläubigkeit von Militärs, politischen Beratern und agierenden Staatschefs. Militärische Planspiele mit dem Hintergrund von Studien großer Beratungseinrichtungen bilden die Grundlage ihrer Erzählung. Die unselige Einflussnahme von Hardlinern in den politischen Entscheidungsgremien gewinnen ihr zusätzliches Gewicht über die gemachten realen Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit. Die imaginäre Extrapolation auf das Jahr 2034 wird sehr glaubhaft, die bekannte Strategie der Eskalationsdominanz umso fragwürdiger. Der vermeintliche Zwang zur Gesichtswahrung und „Sieger“ einer beginnenden nuklearen Auseinandersetzung sollte uns allen vor Augen führen, dass wir in unserer heutigen Welt andere Kriterien für den politischen Umgang mit anderen Staaten benötigen als die alleinige Nutzung des „militärischen Hammers“.
Dieses Buch kann daher allen als Lektüre empfohlen werden, die in derartige Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Gerade der künftige Umgang mit China bedarf vielfältiger Instrumente, um dessen Machtstreben einzugrenzen. Der überraschende Ausgang der Erzählung des vorliegenden Buches sollte den Glauben an Diplomatie und Deeskalation wieder ein wenig stärken.
Heinz Dieter Jopp Barmstedt, im April 2021
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