Worum geht's?
Dieser Tage begann im Seegebiet um Hawaii das weltweit größte maritime Manöver Rim of the Pacific (RIMPAC) 2024. Deutschland ist daran mit einem Luftwaffenkontingent, einem Einsatzverband der Marine und mit Personal im internationalen Stab beteiligt. Die deutsche Mitwirkung ist nicht nur Ausdruck deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, und sie ist auch mehr als die Pflege und Vertiefung von Partnerschaften mit anderen Streitkräften und Regionalorganisationen: Mit ihr betreibt Deutschland strategische Kommunikation, äußert sein Interesse, einen Beitrag zur Aufrechterhaltung der regelbasierten internationalen Ordnung leisten zu wollen, und macht seine Relevanz geltend.
RIMPAC findet als multinationales Manöver alle zwei Jahre statt und wird von der US-Navy ausgerichtet. Dieses Jahr nehmen 29 Nationen, rund zwei Dutzend Marinen, über 25.000 Soldaten, 40 Schiffe und 3 U-Boote teil. Hinzu kommen über 150 Flugzeuge und Hubschrauber, darunter Eurofighter der Luftwaffe. Hauptaktivitäten sind Übungen in Überwasserkriegführung, U-Boot-Jagd, amphibische Operationen, Verteidigung von Flugzeugträgergruppen, sowie Abfangen und Kontrollieren ziviler Schiffe. Außerdem wird eine Katastrophenschutzübung integriert, die mit über 2.500 Teilnehmern die größte in der mehr als vierzigjährigen RIMPAC-Geschichte darstellt.
Für die Fregatte "Baden-Württemberg" und den Einsatzgruppenversorger "Frankfurt am Main" ist die Teilnahme an RIMPAC ein Teil des siebenmonatigen Einsatzes, der auch Hafenbesuche bei strategischen Partnern und die Überwachung der Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Nordkorea umfasst.
Das Indo-Pazifik Deployment (IPD) der Marine mit dem Titel "Pacific Waves 24" hat in der breiten Öffentlichkeit bisher wenig Wellen geschlagen. Mit wöchentlichen Logbuchauszügen wollen marineforum.online und Europäische Sicherheit und Technik die öffentliche Wahrnehmung verbessern. Den Aufschlag machen wir mit dem Beginn von RIMPAC.
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Logbuchauszug eines Mitglieds des Einsatzstabes Indo-Pacific Deployment 24/Pacific Waves 24
Woche 1 RIMPAC
Aufbruch in die erste Seewoche. Auch wenn Pearl Harbor sicher ein sehr gastfreundlicher Hafen war, herrscht nicht nur bei mir, sondern auch in den Besatzungen spürbare Aufbruchstimmung. Es kann los gehen! Jetzt ist endlich Zeit, wieder zur See zu fahren und nach der intensiven Hafenphase mit unseren internationalen Partnern in See zu üben. Jeder Seefahrer kennt dieses Gefühl. Seit Kurzem sind der Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte, Vizeadmiral Frank Lenski, und der Command Senior Enlisted Leader beim Marinekommando Rostock, Oberstabsbootsmann Lars Raabe, im Verband und laufen mit der FRANKFURT AM MAIN aus.
Das Übungsgebiet ist genauso groß dimensioniert, wie die Übung als solche. Für einen Ost- und Nordseefahrer ein operatives Paradies. Viel Platz, kaum Handelsschiff- und Sportbootverkehr stört den Übungsbetrieb, und auch Fischer sind die große Ausnahme.
Kurz nach Auslaufen kamen wir zu der nicht überraschenden Erkenntnis, dass auch andere Marinen diese Übung der Superlative mit Neugier begleiten. Auf unserem Lagebild tauchen, wie erwartet, auch Aufklärungsschiffe der chinesischen Volksmarine auf und zeigen großes Interesse an der Ansammlung der vielen grauen Schiffe und deren Serials.
Unsere Task Group besteht aus dem Ticonderoga-Klasse Kreuzer USS PRINCETOWN, einer alten Freundin, der niederländischen Fregatte HNLMS TROMP, der japanischen Fregatte JS HAGURO und dem Flaggschiff, unserer Fregatte BADEN WÜRTTEMBERG. Die FRANKFURT AM MAIN als Einsatzgruppenversorger ist bei den Logistikern der Force TG 173.1 eingereiht, wird unserer Task Group aber lageabhängig zugeordnet, und hat sich schon nach kurzer Zeit als flexible und logistische Allzweckwaffe für den Verband bewährt.
RIMPAC startet, wie fast alle großen maritimen Übungen, mit einem Force Integration Training, das sich schnell als sehr zielführend erweist. Die Führungsstrukturen müssen etabliert werden, verlässliche Kommunikation gesichert und vor allem persönliche Kontakte und Vertrauen aus der Hafenphase gefestigt und bestätigt werden. Diese Attribute sind trotz modernster Technik immer noch die wichtigsten Bausteine für die Kohärenz eines Verbandes und seinen Erfolg. Neben der Sicherheit im Verband, die alles überragt, ist das die Commander´s Top Priorität.
Als Höhepunkt der ersten Tage war das sogenannte SINKEX geplant. Der gesamte Verband sollte aus allen Rohren feuern und auch mit Flugkörpern und Torpedos die Hulk des ehemaligen und auch in unseren Gewässern gut bekannten Landungsschiffs USS TARAWA "unter Wasser drücken". Ein spektakuläres Vorhaben, auf das sich die Besatzungen sehr gefreut haben. Leider steckte mal wieder der Teufel im Detail und das Schießen musste kurzfristig gestrichen werden, weil die geforderte „clear Range“ aufgrund eines einsamen Fischers nicht gegeben war. Dies sorgte zu einer spürbaren Enttäuschung bei den Truppen. Umso besser dann die Nachricht, dass dieses Großevent nachgeholt wird.
Auch der Befehlshaber konnte an diesem Abschnitt, dem er ebenso entgegen gefiebert hatte, nicht mehr teilnehmen, denn er wurde zwischenzeitlich samt seinem Team mit einer OSPREY über den Flugzeugträger USS CARL VINSON ausgeflogen.
Nach einer Seewoche sind wir jetzt voll im Rhythmus. Jeder Tag ist ein gefühlter Wochentag und prall gefüllt mit Serials aller Art. Artillerieschießen, Flugabwehr, Uboot-Jagd und Formationsfahren stehen genauso auf dem Plan, wie individuelle Schiffssicherungs-Übungen, und lassen die Tage in der Seeroutine schnell vergehen.
Trotzdem – Starlink als Betreuungskommunikation macht es möglich: Ich werde über die Telefonate mit meinen Lieben zu Hause „geerdet“ und wieder in den Alltag daheim entführt. Und sogar die Europameisterschaft war lange nicht mehr so weit weg, wie die anderen großen Turniere, die ich auf See verpasst habe. Nach der morgendlichen Stabslage am Sonntag hatte ich sogar noch das Glück, das Siegtor der Spanier zu erleben, denen ich die Daumen gedrückt hatte.
Vor uns liegt jetzt die zweite Woche nach „Stundenplan“ bevor es in die TACEX und Freeplay Phase geht, in der wir beweisen müssen, dass wir die richtigen Grundlagen gelegt haben, unseren Auftrag durchführen und uns als Verband durchsetzen können. Doch dazu nächste Woche mehr!
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