Vincent P. O`Hara and Leonard R. Heinz: Innovating Victory: Naval Technology in Three Wars, Naval Institute Press, Annapolis 2022
Die derzeitige maritime Diskussion um künftige Technologien, Plattformen und Strategien ist gekennzeichnet von Fragen der Wirksamkeit gegenüber gleichwertigen Gegnern und deren neuen Waffensystemen. Hier könnte der innovative Ansatz der beiden Autoren O`Hara und Heinz helfen, diese Problemstellung künftig erfolgversprechender zu analysieren. Beide untersuchen sechs Schlüsseltechnologien des Seekriegs aus dem russisch-japanischen Krieg, dem Ersten und Zweiten Weltkrieg wie neue Plattformen (U-Boote und Flugzeuge), neue Waffen (Torpedos und Minen) sowie neue Werkzeuge (Radar und Funk). Sie vergleichen deren frühzeitigen oder auch verspäteten Einsatz bei großen Marinen der jeweiligen Zeit. Da die Hauptaufgabe jeder Marine darin besteht, Kriege zu gewinnen, werden Technologien daran gemessen, ob und in welchem Umfang sie diese Aufgabe verbessern können. Dabei wird auch der ewige Streit der Teilstreitkräfte um begrenzte Haushaltsmittel betrachtet. So kommen die Autoren zum Beispiel bei der Analyse des Torpedos zum Schluss, dass dieser erst in der Verknüpfung mit der besten Plattform – dem U-Boot – und dessen bestem Ziel – dem Handelsschiff – seine maximale Wirkung entfalten konnte.
Neue Technologien beeinflussen Taktiken (siehe Jellicoe vor Jütland), verändern Operationen (siehe von Spee im Pazifik), oder gar Strategien (Japans Trägerangriff auf Pearl Harbor). Ihre Nutzung fördert aber auch die Entwicklung von Gegenmaßnahmen. Der Veränderungsprozess ist fortdauernd, er endet nicht mit der Einführung der Technologie auf Waffenplattformen. Marinen müssen daher offen sein für mögliche Veränderungen und Anpassungen neuer Technologien. Dies schließt aber auch die Bereitschaft zur Beendigung überholter Methoden und Denkansätze mit ein.
In welchem Kontext suchen Marinen nach neuen Technologien? Moderne Entwicklungen wie die F 35 sind sehr komplex, teuer und auch nur von finanziell starken Marinen zur Einführungsreife zu bringen. Im Vergleich benötigen Künstliche Intelligenz und Drohnen keine riesigen Entwicklungs- und Produktionseinrichtungen, sind preiswert und in den jüngsten militärischen Auseinandersetzungen recht erfolgreich. Marinen sind daher gut beraten, alle diese Entwicklungen auf globaler Basis zu beobachten, zu analysieren und Entscheidungen für eigene Notwendigkeiten zu treffen. Angesichts neuer möglicher Bedrohungen durch eine Kombination von Plattformen, weitreichenden Raketen und Marschflugkörpern, Killer-Drohnen und ähnlichen Entwicklungen kann diesen erfolgversprechend nur durch Vernetzung, gleiche Taktiken und Operative Überlegungen begegnet werden.
Dieses Buch liefert hierzu genügend Stoff zum Nachdenken oder gar Umdenken.
Heinz Dieter Jopp / August 2022
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