Deutsches Maritimes Institut und griephan | DVV media veranstalten alljährlich die maritime Konferenz Deutschlands - und zwar mitten in Berlin, seit 2007.
Und allmählich spricht es sich herum, dass man über maritime Abhängigkeiten, maritime Wirtschaft und globale Herausforderungen über Ozeane hinweg sprechen und konferieren muss.
Das Deutsche Maritime Institut und griephan luden auch in diesem Jahr zur MARITIME CONVENTION 2023 ein. Und es gab zwei besondere Geburtstage: zum einen den eigenen 50-jährigen als auch den 175-jährigen der Deutschen Marine. Das Motto der Veranstaltung lautete: „Erwartungen an das maritime Deutschland“. Veranstaltungsort war wiederum die Vertretung des Landes Schleswig-Holstein beim Bund in Berlin.
Nach der persönlichen Begrüßung hatte der Präsident des DMI, Konteradmiral a. D. Karsten Schneider, das Vergnügen, als besonderen Gast den Staatsminister im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner vorzustellen. Tobias Lindner hatte sich bereits in vorherigen Veranstaltungen der Deutschen Marine als Kenner des „maritimen Gedankens“ erwiesen und betonte das deutsche „reichhaltige maritime Erbe“, das für Deutschland immer ein wesentliches Element für seine wirtschaftliche Kraft war. Er sprach wörtlich von: „Kooperation, Stabilität und Nachhaltigkeit“, dazu müsse man wehrhaft, robust und nachhaltig sein. In seiner Begrüßungsansprache erwähnte er auch den aktuellen Konflikt im Nahen Osten. Man sieht, dass „vermeintlich ruhende Konflikte plötzlich ausbrechen“. Daraus lerne man, wie wichtig wachsamer Schutz auch von Schiffen sei. Dies, weil die Kaperung eines Autocarriers durch Huthi Rebellen gerade eben erst stattgefunden hatte.
Das erste Panel der in englischer Sprache geführten Konferenz trug den Titel „Germany in Europe“. Eingeleitet und moderiert wurde es von Frau Dr. habil. May-Britt Stumbaum, Team Lead Asia Pacific Security der Universität der Bundeswehr München. Als Gäste begrüßte sie Generalmajor Bruno Hofbauer, National Capability Director des österreichischen Verteidigungsministeriums, ein alter Freund und Kenner der deutschen Marine und gut vernetzt in maritimen Kreisen. Ein Grund mehr, ihm als Bewerter der deutschen Rolle gut zuzuhören. Und auch diesmal konnte er – wir nennen wegen der Chatham House Rule keine Details – überzeugend darlegen, wie wichtig wirtschaftliche und sicherheitspolitische Zusammenarbeit Österreichs mit Deutschland für Europa ist. Ferner stand Kai Sauer, Botschafter Finnlands in Deutschland mit deutschen Wurzeln am Rednerpult. Seine Schilderungen eines „Frontstaates“, der die Wehrpflicht nie abgeschafft hat und nun NATO Mitglied ist, sind aktuell unter den bestehenden Bedrohungen besonders interessant. Ferner stand im Panel Rear Admiral Giuseppe Schivardi, Director of the Study Centre, Naval Staff College in Rom, Rede und Antwort. Die verblüffende vergleichende Darstellung von Baltic und Mittelmeer waren ebenso interessant wie die vergleichende gesellschaftliche Betrachtung. Insbesondere die italienische Initiative, nun auch Militärpolitik an Schulen zu lehren.
Das zweite Panel sollte die Betrachtung Deutschlands aus globaler Perspektive sein, dazu moderierte die Vizepräsidentin des Deutschen Maritimen Instituts, Dr. Sarah Kirchberger, Leiterin des ISPK in Kiel. Ihr erster Gast war Arif Havas Oegroseno, Botschafter der Republik Indonesien in Deutschland. In launigen und deutlichen Worten stellte er die Sicherheitsarchitektur im indopazifischen Raum aus seiner Sicht dar. Hier konnte klar werden, dass Deutschland im fernen Seeraum eine Rolle spielen muss, ebenso wie seine europäischen Partner, wenn wir nicht China das Spielfeld für Wirtschaft und Handel überlassen wollen.
Sie begrüßte ferner Rear Admiral Sean Wat, Befehlshaber der Marine Singapurs. Er ist zwar neu auf seinem Posten, aber kein Unbekannter in deutschen Marinekreisen und Freund seines deutschen Amtspendants Jan C. Kaack. Zeitgleich wurde bekannt, dass Singapur neue Offshore Patrol Vessels geordert hatte – und zwar bei der Fassmer Werft. Da passte der Besuch doppelt gut. Er unterstrich die guten Beziehungen, die Bedeutung von Marinen als politische Botschafter – so hatte das Tobias Lindner auch gesehen – und begrüßte außerordentlich den Besuch deutscher Einheiten im indopazifischen Raum. „Presence matters“ und „Constant open dialogue is key“ waren seine eindrucksvollen Botschaften an die Runde der Experten. Weiter war anwesend Dr. Alexandra Sakaki, Deputy Head of Research Division, Research Division Asia des SWP. Sie konnte eindrucksvoll von der gesellschaftlichen Wende in Japan berichten, die die jüngsten Krisen ausgelöste haben und stellte die japanische Rolle im Spannungsraum vor. Auch das bemerkenswert, wenn man die Rolle Chinas, das Gebaren Nordkoreas und die amerikanische Präsenz betrachtet.
Schließlich kam Vizeadmiral Jan Christian Kaack, Inspekteur der Marine zu seinem Abschlussstatement. Voran stand sein Motto, dass die Deutsche Marine "regionally rooted and globally committed” sei. Unverändert „ist und bleibt“ ihr Haupteinsatzgebiet die Nordflanke Europas mit den wichtigen Versorgungsrouten im Atlantik, der Nordsee und der Nordnorwegensee. Aufgrund der regionalen Expertise und der Bandbreite unserer vielfältigen Aktivitäten sei es selbstverständlich, dass die Deutsche Marine sich in der Ostsee engagiere. Aber die Marine sei auch ein flexibles Instrument für die Außenpolitik unserer Regierung, insbesondere im Bereich der internationalen Krisenprävention und -bewältigung. Ferner betonte er, dass das deutsche Engagement im Rahmen der Nationalen Sicherheitsstrategie sowie der Verteidigungspolitischen Richtlinien 2023 auch die Präsenz der Marine im fernen Pazifik erfordere. Der erste Einsatz 2021/22 habe gezeigt, dass die Deutsche Marine sehr wohl ein solch flexibles Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands sei. Am Ende seines Vortrages stellte er den alljährlichen Jahresbericht des Marinekommandos Rostock zur maritimen Abhängigkeit der Bundesrepublik Deutschland vor. Dieser Bericht ist hier nachlesbar. Die Schlussworte sprach Staatssekretärin Sandra Gerken, Bevollmächtigte des Landes Schleswig-Holstein beim Bund, bevor Karsten Schneider die Maritime Convention offiziell beendete und alle zum Dinner bat.
Der Abend bot umfangreichen Gesprächsstoff, denn die hochkarätigen Panelisten hatten zum Teil aufwühlend und intensiv aus ihrer Sicht die Lage analysiert und Perspektiven geboten. Und unter Berücksichtigung der aktuellen Krisen und potenziellen Gefahren in der Welt stand sehr oft das Wort „China“ im Raum, auch wenn die aktuellen Geschehnisse dichter an Deutschland sind, als man wahrhaben will. Aber auch der Indopazifik ist offenbar nicht fern.
Hintergrund:
50 Jahre Deutsches Maritimes Institut
Das Deutsche Deutsche Maritime Institut wurde 1973 gegründet, um das Bewusstsein und das Verständnis für maritime Zusammenhänge in Deutschland zu fördern. Das Spektrum der Arbeit umfasst Fragen der Maritimen Sicherheit, deutscher maritimer Sicherheitspolitik und Angelegenheiten der Deutschen Marine. Die Mitglieder gehören der Politik, der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Marine an. Das DMI ist mit seinen Experten kompetenter Ansprechpartner für Politik und Medienvertreter.
Veranstaltungen und Tätigkeiten des DMI
- Maritimes Hauptstadtforum (MHF), eine Veranstaltungsplattform von maritimen Verbänden und Institutionen, die den Dialog mit dem Expertennetzwerk der Berliner Politik führen.
- Maritimes Kolloquium Wilhelmshaven, eine Konferenzserie zum Thema maritime Sicherheit.
- Maritime Convention, eine Konferenz in Berlin in internationalem und politischem Umfeld gemeinsam mit DVV Media und griephan.
- Zeitschrift marineforum und marineforum.online, die deutsche Fachpublikation und ihr online-Portal zu maritimen Fragen und maritimer Sicherheitspolitik sowie Marinen aus aller Welt.
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