Im Hafen von Philadelphia liegt das erste amerikanische Flaggschiff, die Alfred. Ölgemälde von William Nowland van Powell, 1974. Abbildung: Naval History and Heritage Command

Im Hafen von Philadelphia liegt das erste amerikanische Flaggschiff, die Alfred. Ölgemälde von William Nowland van Powell, 1974. Abbildung: Naval History and Heritage Command

Die amerikanische Flotte im Unabhängigkeitskrieg

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Trotz der militärischen Unterlegenheit der jungen US-Marine siegte sie schließlich gegen die Royal Navy. Wichtige Unterstützung erhielt sie von Frankreich.

In einer Resolution des US-Kongresses vom Oktober 1775 wurde nicht nur die Entsendung eines militärisch ausgerüsteten Segelschiffs festgelegt (siehe Kasten), sondern zudem auch ein zweites für den gleichen Zweck gebilligt. Ferner wurde die Bildung eines dreiköpfigen, später auf 13 Mitglieder erweiterten Komitees beschlossen, um Erwerb, Ausstattung und Einsatz der Kriegsschiffe zu überwachen. Die Abfassung dieses kurzen Dokuments gilt offiziell als Geburtsstunde der US Navy.

Dem vorausgegangen war ein rundes Jahrzehnt ständig steigender Spannungen zwischen London und den nordamerikanischen Kolonien mit Ausnahme Kanadas. Der Kontinentalkongress entstand 1774, um die Belange der dreizehn Kolonien zwischen Massachusetts und Georgia zu koordinieren und zu vertreten. Nach den ersten spontanen Gefechten zwischen Kolonialmilizen und der britischen Armee im Frühjahr 1775 entwickelte sich der Kongress zwangsläufig zur De-facto-Regierung der amerikanischen Unabhängigkeitsbewegung.

An Land bewährten sich die Amerikaner im Kampf Muskete gegen Muskete. Im März 1776 sah sich die britische Armee sogar gezwungen, Boston und weitere große Gebiete Neuenglands zu evakuieren. Doch beherrschte die Royal Navy die Meere. Der Entsendung von Verstärkung und Nachschub stand das britische Kommando über die Seewege nicht im Wege. Die britische Flotte war auch in der Lage, die wichtigsten Häfen in den abtrünnigen Gebieten zu blockieren, um die Zuführung von Waffen und Munition aus dem Ausland zu verhindern. Auch der allgemeine Handel sollte so unterbunden werden, um die Kolonien in die Knie zu zwingen. Der wirtschaftliche Schaden betraf vor allem den Ausfuhr landwirtschaftlicher Produkte und Rohstoffen nach Europa sowie vom Handel mit den Kolonien verschiedener Nationen in der Karibik abhängig.

Insgesamt verfügte die Royal Navy 1775 über 270 einsatzfähige Einheiten, von denen nur ein Bruchteil im amerikanischen Seegebiet operierte, die aber in der Regel besser ausgestattet und bemannt waren als ihre Gegner. Die amerikanischen Kolonien verfügten über zahlreiche kleinere Handelsschiffe und über Schiffswerften, besaßen aber keine bewaffneten Einheiten. Einige Kolonialmilizen statteten ab 1775 in Eigeninitiative kleinere Handelsschiffe provisorisch mit Kanonen aus. Auch George Washington, seit Juni 1775 Befehlshaber der vereinten Landstreitkräfte der Kolonien, ließ eine unter seinem Befehl stehende Flottille aus zwölf Schiffen aufstellen. Diese Einheiten wurden jedoch nicht durch erfahrene Seeoffiziere, sondern durch Heeresoffiziere und Heeressoldaten geführt. Ihr Einsatz war weitgehend darauf beschränkt, in unmittelbarer Nähe zur Küste den britischen Nachschub zu stören.

Erste Flottille

Der Kongress erkannte die Notwendigkeit einer zentral geführten Marine, die imstande wäre, den britischen Streitkräften auf See etwas entgegenzusetzen. Zwei Wochen nach der ersten Bewilligung vom 13. Oktober 1775 wurde die Beschaffung von zwei weiteren Schiffen angeordnet. Die vier ehemaligen Handelsschiffe wurden im Hafen von Philadelphia umgerüstet. Dabei wurden die Takelage neu ausgerichtet sowie der Rumpf verstärkt und mit Geschützluken versehen. Ende Dezember 1775 wurden sie zur ersten Flottille der amerikanischen Marine zusammengestellt und in der Mündung des Flusses Delaware zusammengezogen. Das zuvor auf transatlantischer Route fahrende Handelsschiff BLACK PRINCE wurde unter seinem neuen Namen ALFRED als größte Einheit mit 30 Geschützen zum Flaggschiff designiert. Es folgten die COLUMBUS mit 28 Geschützen sowie die Brigg ANDREW DORIA und CABOT, die je über 14 Geschütze verfügten. In den nächsten Wochen kamen zwei Slups und zwei Schoner hinzu.

Logo der 250-Jahrfeier der US Navy, Grafik: US Navy
Logo der 250-Jahrfeier
der US Navy, Grafik: US Navy

An erfahrenen See­fahrern und Schiffführern mangelte es nicht. Nur wenige der Offiziere hatten zuvor bei der Royal Navy gedient, viele allerdings eine bereits beträchtliche Karriere als Kaperfahrer oder Handelsschiffskapitän hinter sich. Einige von ihnen hatten bereits während des Siebenjährigen Kriegs zwischen 1756 und 1763 gesammelt. Hierzu zählte auch Esek Hopkins aus Rhode Island. Der 57-Jährige hatte im Verlauf von fast vier Jahrzehnten als Handelsfahrer die nord- wie süd­atlantischen Gewässer und die Karibik bereist und jeden bedeutenden Hafen kennengelernt. Das Kriegshandwerk lernte er als Kaperfahrer und später als Brigadegeneral der Rhode-Island-Miliz. Der Kongress ernannte Hopkins am 22. Dezember 1775 zum Befehlshaber der als Continental Navy bezeichneten amerikanischen Flotte.

Einstand

Das Marinekomitee des Kongresses erteilte Hopkins am 5. Januar 1776 seinen ersten Einsatzbefehl. Die kleine amerikanische Flottille sollte zuerst von der Delaware Bay aus südwärts in die Chesapeake Bay fahren, um den Kampf mit britischen Schiffen zu suchen und anschließend mit dem gleichen Ziel die Küste abwärts fahren. Allerdings wurde Hopkins zugestanden, „falls widrige Winde oder stürmisches Wetter, oder jedweder weiterer Zwischenfall dies verhindern“, nach eigenem Ermessen anderweitig zu verfahren, „um dem Feind mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu schädigen“. Der Kommodore legte diesen Passus sehr großzügig aus, und setzte am 17. Februar 1776 die Segel Richtung Bahamas. Sein Ziel war es, die in Nassau gelagerten britischen Schwarzpulverbestände sicherzustellen und nach Amerika zu bringen. Tatsächlich gelang es Hopkins am 3. März, 200 Marineinfanteristen und Matrosen anzulanden, die Nassau und die beiden angrenzenden Festungen ohne nennenswerten Widerstand einnahmen. Der Kommodore verfehlte zwar sein Hauptziel (der britische Gouverneur konnte rechtzeitig 80 Prozent der Pulverfässer auf einem schnellen Segler evakuieren), doch stellten die amerikanischen Truppen 63 Festungsgeschütze sowie weitere Munitionsbestände sicher.

Commodore Esek Hoskins auf einem französischen Stich von 1777, Abbildung: Naval History and Heritage Command
Commodore Esek Hoskins auf einem französischen Stich von 1777, Abbildung: Naval History and Heritage Command

Auf der Rückfahrt Richtung Rhode Island begegnete das amerikanische Geschwader drei britischen Schiffen. Am 4. April brachte Hopkins Verband den Schoner HMS HAWK auf; es war der erste amerikanische Sieg über ein britisches Kriegsschiff.

Entgegen der üblichen Praxis wurde das erbeutete Kriegsschiff nicht durch die amerikanische Flotte übernommen, sondern als Prise verkauft, was auf starke Gefechtsschäden hindeutet. Kurz darauf wurde auch ein Transportschiff mit Pulver und Munition aufgebracht. Am 6. April erfolgte schließlich ein mehrstündiges laufendes Gefecht gegen die britische Fregatte GLASGOW, die jedoch letztendlich entkam.

Die eroberten Waffen und Munitionsbestände kamen den schlecht versorgten amerikanischen Landstreitkräften gerade recht. Die während dieser Fahrt verbuchten ersten Einsatzerfolge der amerikanischen Flotte stärkten den amerikanischen Durchhaltewillen.

Frachtschiff mit Geschützluken

Der Flottenausbau wurde gezielt fortgeführt. Noch vor der offiziellen Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 wurde ein Schiffsbestand von 27 Einheiten konstatiert. Zahlmäßig gesehen war dies auch bereits der Höchststand. Mit der Intensivierung des Seekriegs hielten sich Verluste und Neuzugänge der Continental Navy bestenfalls die Waage. Allerdings wurden mit der Zeit größere und leistungsfähigere Kriegsschiffe eingeführt, sodass die Kampfkraft der amerikanischen Marine gesteigert wurde.

Die Fregatte Columbus, ein ehemaliges Handelsschiff, bringt die britische Brigg Lord Lifford als Prise ein, Abbildung: Naval History and Heritage Command
Die Fregatte Columbus, ein ehemaliges Handelsschiff, bringt die britische Brigg Lord Lifford als Prise ein, Abbildung: Naval History and Heritage Command

Dabei wurden auch die Bezugsquellen erweitert. Die erste auf einer amerikanischen Werft von Beginn an als Kriegsschiff gebaute Einheit, die mit 32 Geschützen bewaffnete Fregatte RALEIGH, lief im Mai 1776 vom Stapel; die erste Einsatzfahrt begann im August 1777. Insgesamt wurden im Kriegsverlauf zehn Fregatten auf amerikanischen Werften fertiggestellt. Sie waren generell kleiner – und dank der Verwendung leichterer Holzsorten – schneller als ihre europäischen Gegenspieler. Amerikanischen Gesandten in Europa gelang es ferner im Verlauf des Kriegs, einige Schiffe im Ausland zu erwerben. Um die einstweilige Neutralität der europäischen Staaten zu wahren, wurden die Einheiten – insbesondere in der frühen Phase des Konflikts – beim Kauf formal als Handelsschiffe bezeichnet. Als erstes Exemplar gilt die Fregatte DEANE, die 1777 bei einer Werft in Nantes in Auftrag gegeben wurde. Örtliche Behörden wurden erst stutzig, als auffiel, dass das „Frachtschiff“ mit 32 Geschützluken ausgestattet war. Jedoch konnte der Werftbetreiber einen gefälschten Kaufvertrag vorlegen, der jede ausländische Beteiligung ausschloss. Als drittes Standbein des Flottenaufbaus kamen erbeutete britische Schiffe hinzu.

Landung amerikanischer Matrosen und Marieinfanteristen auf der Bahamas-Insel New Providence am 3. März 1776. Ölgemälde von V. Zveg, 1973, Abbildung: Naval History and Heritage Command
Landung amerikanischer Matrosen und
Marineinfanteristen auf der Bahamas-Insel New Providence am 3. März 1776. Ölgemälde von V. Zveg, 1973, Abbildung: Naval History and Heritage Command

Die Royal Navy genoss immer noch einen numerischen Vorteil von zehn zu eins, wobei auch die größten und am schwersten bewaffneten amerikanischen Einheiten nicht an die Kampfkraft und Widerstandsfähigkeit der schweren Linienschiffe der Briten herankamen. Von Anfang an war klar, dass die amerikanische Flotte auf asymmetrische Kriegsführung setzen musste. Mobilität, Geschwindigkeit und Unberechenbarkeit wurden zu den wichtigsten Attributen der Continental Navy.

Die Jagd auf britische Handelsschiffe sowie militärische Transportkonvois bildete ein wesentliches Element der amerikanischen Strategie. Hierdurch wurden wichtige Versorgungsgüter einschließlich Waffen und Munition für das amerikanische Heer und für die Navy sichergestellt, und die Versorgung der britischen Truppen entsprechend geschwächt. Die Royal Navy sah sich gezwungen, zusätzliche Einheiten für Konvoigeleitaufgaben und zur Patrouille in atlantischen wie karibischen Gewässern abzustellen, was zur Schwächung des Offensivpotenzials führte.

Hinzu kam die gezielte Jagd auf britische Kriegs- und Kaperschiffe. Während die amerikanischen Kriegsschiffe gegenüber den Kaperfahrern stets im Vorteil waren, mussten gegenüber den Kriegsschiffen der Royal Navy stets die Erfolgsaussichten und Risiken abgewogen werden. Während der ersten Kriegsphase wurde hier der Schwerpunkt auf die Bekämpfung britischer Blockadeschiffe gelegt, zumal die britische Marine in diesem Zeitraum bevorzugt leichtere Einheiten hierfür verwendete. Mit der Zeit wurden die Blockadeflotten allerdings verstärkt und weitgehend unangreifbar.

Binnen eines Jahres brachte die Slup Saratoga drei britische Kaperfahrer sowie vier bewaffnete Transportschiffe auf, Abbildung: Naval History and Heritage Command
Binnen eines Jahres brachte die Slup Saratoga drei britische Kaperfahrer sowie vier bewaffnete Transportschiffe auf, Abbildung: Naval History and Heritage Command

Ab 1777 verlegte sich die Continental Navy zunehmend auf Hochseeeinsätze, um britische Versorgungskonvois bereits mitten im Nordatlantik abzufangen. Mehrere Entsendungen zur Verwüstung britischer Versorgungsstationen und Walfanghäfen in Nova Scotia wurden ebenfalls durchgeführt, um den britischen Nachschub für Truppen in Nordamerika zu stören. Im Juli 1779 gelang Commodore Abraham Whipple ein besonders gewagtes Unternehmen. In einer Nebelbank vor Labrador begegnete seinem aus drei Schiffen bestehendes Geschwader ein unter Geleit der Royal Navy fahrender Versorgungskonvoi. Die britische Flagge hissend, mischten sich Whipples Schiffe unter die Transportschiffe und brachten insgesamt elf Einheiten auf, ohne durch die britischen Kriegsschiffe bemerkt zu werden.

In der Höhle des Löwen

Am dramatischsten waren die Vorstöße amerikanischer Kapitäne bis in britische Gewässer. Das erste einschlägige Unternehmen erfolgte bereits im Oktober 1776 mit der Entsendung der mit 18 Geschützen bewaffneten Brigg Reprisal unter Kapitän Lambert Wickes nach Frankreich. Die Reprisal erreichte Ende November Nantes, wo der designierte amerikanische Gesandte am französischen Hof, Benjamin Franklin, von Bord ging. Zwischen Januar und Juni 1777 unternahm Wickes von französischen Häfen aus zwei Kriegsfahrten, zuerst entlang der Biskaya und im Ärmelkanal und anschließend in der Irischen See. Hierbei brachte er insgesamt 19 Schiffe auf, einschließlich eines mit 16 Geschützen bewaffneten Kurierschiffs. Wickes Entscheidung, seine Prisen in damals noch neutrale französische Häfen einzubringen, führte zu heftigen Protesten der britischen Regierung. Aus diesem Grund wurde die Reprisal vorübergehend durch französische Behörden festgesetzt.

Auf Wickes folgte Gustavus Conyngham, der zwischen Juli 1777 und September 1778 von neutralen spanischen Häfen aus operierend die Nordsee, das Mittelmeer, und die Gewässer um die Azoren bereiste. In dieser Zeit brachte Conyngham 60 britische Schiffe auf, von denen er 33 versenkte und 27 als Prisen nahm. Der Wirtschaftskrieg zeigte Wirkung. Die Versicherungskosten britischer Reeder stiegen auf 28 Prozent des Frachtwerts, höher als zu jedem Zeitpunkt während des Siebenjährigen Kriegs. Britische Kaufmannsgilden fingen an, ein Ende der Kampfhandlungen zu propagieren.

Die Europafahrt von Captain John Paul Jones setzte schließlich noch einen weiteren Höhepunkt. Am 22. April 1778 drangen Matrosen und Marineinfanteristen seiner Slup Ranger in den britischen Hafen Whitehaven ein in der Absicht, die 200 vor Anker liegenden Handelsschiffe in Brand zu stecken. Das Unternehmen scheiterte letztendlich, als es seiner Mannschaft misslang, eine der Hafenfestungen einzunehmen. Dennoch löste der Angriff Panik entlang der gesamten englischen Küste aus. Bevölkerung und Stadträte verlangten Truppen zum Schutz vor künftigen Überfällen. Tatsächlich sah sich die Royal Navy gezwungen, die Patrouillen der heimischen Gewässer zu verstärken. Dies ging gezwungenermaßen auf Kosten der Offensivfähigkeit – die Rechnung der Continental Navy war aufgegangen.

Ebenbürtige Gegner

Jones verblieb in europäischen Gewässern und bedrohte von Brest aus weiterhin die britische Schifffahrt. Er errang dabei zwei vielbesungene Siege gegen britische Kriegsschiffe. Im April 1778 zwang er nach einem einstündigen schweren Gefecht die britische Slup Drake, die Flagge zu streichen. Es war der erste Sieg einer amerikanischen Einheit gegen ein ebenbürtiges britisches Kriegsschiff – und dies direkt vor einem britischen Hafen.

Zeitgenössische Abbildung der unter CaptainJohn Barry fahrenden Fregatte Alliance, angefertigt durch einen an Bord dienenden Offizier der Marineinfanterie, Abbildung: Naval History and Heritage Command
Zeitgenössische Abbildung der unter Captain
John Barry fahrenden Fregatte Alliance,
angefertigt durch einen an Bord dienenden
Offizier der Marineinfanterie, Abbildung: Naval History and Heritage Command

Im Februar 1779 übergab Frankreich eine mit 44 Geschützen bewaffnete Fregatte als Leihgabe an die USA. Jones übernahm das Kommando und verlieh dem Schiff den neuen Namen Bonhomme Richard. Zwischen August und Oktober des gleichen Jahres befehligte Jones ein aus französischen und amerikanischen Schiffen bestehendes gemischtes Geschwader in britischen Gewässern.

Am 23. September 1779 erfolgte das aus amerikanischer Sicht dramatischste Seegefecht des Kriegs. Vor der Küste Yorkshires erblickte der Späher der Bonhomme Richard einen aus 40 Transportschiffen bestehenden britischen Konvoi. Jones vermutete zu Recht, dass die Schiffe Holz, Reepwerk, Segeltuch und weitere für den Schiffbau notwendige Produkte aus dem Baltikum einführten. Geleitet wurde der Konvoi durch die 44 Geschütze starke Fregatte Serapis sowie durch das umgerüstete Handelsschiff HMS Countess of Scarborough. Die beiden Kriegsschiffe wechselten den Kurs, um die vier nahenden Gegner abzufangen.

Uniformen der amerikanischen Marine aus der Zeit von 1776 bis 1777, Abbildung: Naval History and Heritage Command
Uniformen der amerikanischen
Marine aus der Zeit von 1776 bis 1777, Abbildung: Naval History and Heritage Command

Die Serapis und die Bonhomme Richard eröffneten um 18 Uhr nahezu gleichzeitig auf 90 Meter Entfernung das Feuer und hielten weiter aufeinander zu. Im Lauf des Gefechts verfingen sich die Schiffe allerdings so ineinander, dass ihre jeweiligen Begleiter nicht eingreifen konnten. Der größte Teil des Kampfs verlief nun aus nächster Nähe unter Einsatz von Kanonen, Musketen und Handgranaten. Wiederholte Boardingversuche beider Mannschaften wurden blutig zurückgeschlagen, allerdings nahmen beide Schiffe Wasser. Endlich – nach beinahe vier Stunden – gelang es einem amerikanischen Matrosen von einer Rah aus, Handgranaten in eine Decksluke der Serapis zu werfen. Sie landeten unter Pulverfässern auf dem Geschützdeck. Die verheerende Explosion brachte die Entscheidung. Der britische Kapitän Richard Pearson strich die Flagge. Ironischerweise war es die Bonhomme Richard die unterging, sodass Jones mit seiner Flagge auf die Serapis wechselte. Nach notdürftigen Reparaturen führte Jones seine beiden Prisen – das französische Kriegsschiff Pallas hatte zwischenzeitlich die Countess of Scarborough besiegt – in den neutralen niederländischen Hafen der Insel Texel.

With a Little Help

Diese letzte große Fahrt von Jones beleuchtet einen wichtigen Faktor. Die maritimen Husarenstücke der Continental Navy hatten sowohl auf taktischer wie auf psychologischer Ebene große Wirkung, hätten aber für sich nicht ausgereicht, die britische Seeherrschaft zu brechen. Für die junge amerikanische Marine war der Krieg stets ein Kampf David gegen Goliath mit entsprechend hohen amerikanischen Verlusten. Im Verlauf des gesamten Konflikts zwischen 1775 und 1783 führten lediglich 57 Schiffe zu irgendeinem Zeitpunkt die Flagge der Continental Navy. Davon waren 21 als Fregatte eingestuft. Einige der auf amerikanischen Werften gebauten Fregatten kamen überhaupt nicht zum Einsatz, weil britische Blockadegeschwader ein Ausfahren verhinderten.

John Paul Jones, Abbildung: Library of Congress
John Paul Jones, Abbildung: Library of Congress

Der im Februar 1778 durch Paris unterzeichnete Freundschaftsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika wurde durch einen militärischen Beistandspakt begleitet. Frankreich belieferte fortan die USA offen mit Kriegsgütern und geleitete die Versorgungskonvois. Einer der bedeutendsten Aspekte des Bündnisses war der Einsatz der für den konventionellen Linienkrieg ausgerichteten französischen Flotte gegen die Royal Navy. Spanien erklärte Großbritannien 1779 ebenfalls den Krieg, 1780 folgten die Niederlande. Die britische Flotte, die bis Kriegsende auf beinahe 500 Einheiten ausgebaut wurde, war umzingelt und überfordert. Die Entsendung einer aus 28 Linienschiffen bestehenden französischen Flotte nach Amerika im Jahr 1781 zwang London zu der Erkenntnis, dass die Versorgung und Verlegung der britischen Truppen in Amerika nicht mehr gewährleistet war. London willigte in Friedensgespräche ein.

Amerika vergaß jedoch schnell wieder den Stellenwert seiner Marine. Nach dem offiziellen Kriegsende wurde die Flotte vollständig ausgemustert, um Geld zu sparen und die Kriegsschulden zu tilgen. Die Folge dieser Friedensdividende: Amerikanische Handelsschiffe waren hilflos dem Treiben der nordafrikanischen Korsaren sowie französischer Kaperfahrer ausgesetzt. Im Jahr 1794 wurde ein neues Marinegesetz verabschiedet, das den Bau von sechs starken Fregatten zum Schutz amerikanischer Interessen bewilligte. Die Entwicklung der US Navy zu einer maritimen Großmacht sollte zwar noch ein gutes Jahrhundert dauern, doch die ersten Schritte waren getan.

Sidney E. Dean

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