Fregatte "SACHSEN-ANHALT" der Klasse 125 in Wihelmshaven in Dienst gestellt -
Fast zwei Jahre nach der „Baden-Württemberg“ (F222) und elf Monate nach der „Nordrhein-Westfalen“ (F 223) stellt die Deutsche Marine am 17. Mai 2021 die dritte Fregatte der Klasse F125 in Dienst. Wie ihre Schwesterschiffe wird die „Sachsen-Anhalt“ (F 224) zur Einsatzflottille 2 im Marinestützpunkt Wilhelmshaven gehören."Ich freue mich sehr über die Indienststellung der dritten von vier Einheiten. Wir brauchen die Einheit dringend, um einerseits unsere Bestandseinheiten von Verpflichtungen zu entlasten und andererseits aufgrund der fehlenden Ausbildungsinfrastruktur an Land auch diese Plattform zur Ausbildung unserer Besatzungen zu nutzen", erklärt Flottillenadmiral Ralf Kuchler, Kommandeur der Einsatzflottille 2. Wegen der aktuellen Covid-19-Lage wurde die „Sachsen-Anhalt“ im kleinen Kreis in Dienst gestellt. Zu den Gästen gehören unter anderem der Ministerpräsident des Patenlandes des Schiffes, Reiner Haseloff, die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, und die Abgeordnete Siemtje Möller, verteidigungspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion.
Ein Projekt mit Herausforderungen
Das Rüstungsprogramm Fregatte F125 ist im aktuellen Rüstungsbericht des Verteidigungsministeriums trauriger Spitzenreiter bei den Systemen, die gegenüber der Finanzplanung aus dem Ruder gelaufen sind. Verglichen mit der 25-Millionen-Euro Vorlage, die der Bundestag gebilligt hat, hat sich das Projekt um 1,117 Milliarden Euro verteuert. Das entspricht einer Steigerung von 51 Prozent.
Am 20. Juni 2007 genehmigte der Haushaltsausschuss des Bundestages den Bau der vier Fregatten Klasse F125 im Umfang von 2,6 Milliarden Euro. Baubeginn des Typschiffes war am 9. Mai 2011. Die „Sachsen-Anhalt“ wurde am 4. März 2016 in Hamburg von der Gattin des Ministerpräsidenten Reiner Haseloff, Gabriele Haseloff, getauft.
Die Fertigstellung der Fregatte F125 hat sich, so der 12. Rüstungsberichts der Bundesregierung, um 67 Monate gegenüber der Planung bei der parlamentarischen Befassung verzögert. Dies entspricht einer Steigerung um 73%. Die Verzögerung - im 8. Rüstungsbericht war von 51 Monaten die Rede - hat eine Ursache in der Veränderung der Berechnung: Galt früher der Beginn der Auslieferung als Stichtag, so ist es nunmehr die erste Einsatzreife (Initial Operational Capability). Gegenüber dem 11. Rüstungsbericht aus dem Frühjahr 2020 hat sich die Verzögerung um 38 Monate reduziert! Dafür sei ursächlich, dass u.a. neue Auslieferungstermine vereinbart wurden.
Aufgrund der geforderten Intensivnutzung (d.h. zwei Jahre Stehzeit im Einsatz, 5.000 Betriebsstunden pro Jahr, weltweiter Einsatz; Betriebserhaltungsperiodennorm (BEPN) 68 Monate, Umsetzung eines Zweibesatzungskonzepts) kommen dem Betriebsmanagement und der Instandhaltung des Schiffes und der Geräte bei gleichzeitig niedriger Besatzungsgröße (Besatzungsstärke von 120 Frauen und Männern) große Bedeutung zu. Dies erforderte bei Wartung und Erhalt der Funktionsfähigkeit sowie bei der Auslegung der betriebenen Systeme neue technische Konzepte. Eine Vielzahl der Systeme und Untersysteme sind Neuentwicklungen und individuell für diese Klasse konzipiert worden. So ermöglichen zum Beispiel 28.000 Sensoren den sehr hohen Automatisierungsgrad. Die CODLAG-Antriebsanlage, bei der die Elektrofahrmotoren von Dieselmotoren gespeist werden, ist eine Neueinführung in der Marine. Die Herausforderung wird unterlegt durch die beeindruckende Zahl von Änderungsanträgen. Im 12. Rüstungsbericht aus dem Dezember 2020 werden 194 Änderungsanträge aufgelistet.
Zur Einordnung von Kostensteigerungen und Verzögerungen
Kostensteigerung für Rüstungsprogramme sind durch Leistungsänderungen, der vertraglich vereinbarten Preiseskalation, die Umwandlung des Preistyps, Wechselkursänderungen und nicht zurechenbare Ursachen begründet. Im 12. Bericht des Bundesministeriums der Verteidigung zu Rüstungsangelegenheiten (Dezember 2020) werden Kostensteigerungen in Höhe von 7,994 Milliarden Euro aufgrund der Preiseskalation für alle Rüstungsprogramme aufgelistet. Daneben kumulieren sich Leistungsverbesserungen und Leistungsänderungen für alle Rüstungsvorhaben auf ca. 3,339 Milliarden Euro. Diese Änderungen beruhen auf zusätzlichen Leistungen, mit denen auf die militärischen und technologischen Entwicklungen während des Beschaffungsprozesses reagiert wird. Grundsätzlich kann sich der finanzielle Bedarf auch reduzieren, etwa bei Wegfall ursprünglich gestellter Forderung oder bei mangelnder technischer Realisierbarkeit. Nicht zurechenbare Ursachen ergeben einen zusätzlichen Bedarf von 1,669 Milliarden Euro.
Die Abweichung der aktuellen haushälterischen Abbildung aller im 12. Rüstungsbericht ausgewerteten laufenden Rüstungsprojekte beträgt 2020 13,745 Milliarden Euro, das sind rund 27% im Vergleich zur ursprünglichen Veranschlagung der Projekte bei Projektbeginn – also der ersten 25-Millionen-Euro-Vorlage.) Beispielsweise steigerten sich die Kosten für den Transportflieger des A400M , der 2003 im Haushaltsausschuss beschlossen wurde, um 1,627 Milliarden Euro, was einem Plus von 19% entspricht. Beim Eurofighter, der 1988 parlamentarisch behandelt worden war, steigerten sich die Kosten um 7,671 Milliarden Euro – das sind. 29%. Beim Puma, der 2002 parlamentarisch gebilligt wurde, steigerten sich die Kosten um 1,393 Milliarden Euro – das entspricht 36%. Beim NH90 TTH, der 2000 durchs Parlament ging, steigerten sich die Kosten um 1,331 Milliarden Euro – das sind mit 32% nahezu ein Drittel.
Die Entwicklungs- und Beschaffungszeit der Rüstungsprojekte benötigen 53 Monate mehr als bei der ersten parlamentarischen Behandlung angegeben (Stand Oktober 2020). Der A400M kommt auf eine Verzögerung von 148 Monaten (ein Plus von 176%), der NH90 TTH – 134 Monate (106% mehr), der Puma – 61 Monate (38% mehr gegenüber dem ursprünglich kalkulierten Zeitaufwand).
Fotos: Deutsche Marine/4. FGschw
Details der Baden-Württemberg-Klasse (F 125)
Einheiten: |
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Länge: | 149,6 m |
Breite: | 18,8 m |
Tiefgang: | 5,4 m |
Höchstgeschwindigkeit: | >26 kn |
Antrieb: | CODLAG (Combined Diesel-eLectric And Gasturbine) |
Verdrängung: | ca. 7100 t |
Besatzung: | max. 190 Personen(davon bis zu 120 Personen Stammbesatzung) |
Sensoren: |
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Effektoren: |
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