Blockierte Seewege könnten Hungersnöte auslösen
Der Krieg ist nicht regional, er hat Auswirkungen auf ganz Europa, ja auf die ganze Welt. Vor allem die Tatsache, dass die Ukraine vor dem Krieg zweitgrößter Getreide-Exporteur der Welt war, muss näher beleuchtet werden. Gemäß den Zahlen des Wirtschaftsjahres 2019-2020 ist die Ukraine hinter den USA zum zweitgrößten Exporteur der Welt aufgestiegen. Es geht auch um globale Ernährungssicherheit. Die Ukraine hat den zweiten Platz im Gerstenexport, den vierten Platz im Maisexport und den fünften Platz im Weizenexport. 2019 wurden auf einer Fläche von 15,3 Millionen Hektar 65,4 Millionen Tonnen Getreide und Hülsenfrüchte geerntet.
Die Ukraine besitzt die fruchtbarsten Böden der Welt, die sogenannte „Schwarzerde“. Rund 70 Prozent der 603.000 Quadratkilometer großen Landfläche der Ukraine werden landwirtschaftlich genutzt, davon mehr als 55 Prozent für den Ackerbau. Und es handelt sich nicht um irgendein Ackerland, sondern um eines der besten der Welt. Die „Schwarzerde“ oder Tschernoseme (nach russisch „tschernyj“, schwarz), der einen hohen Anteil an Humus oder zersetztem Pflanzenmaterial und wichtige Pflanzennährstoffe enthält.
Die Ukraine konkurrierte vor dem Krieg mit Deutschland um die großen Importländer in Nordafrika und im Nahen Osten, die durch ein hohes Bevölkerungswachstum und durch das Klima stark begrenzten Anbaubedingungen immer mehr auf Importe angewiesen sind.
Ukraine wird durch blockierte Häfen 6 Milliarden Dollar verlieren
Wie Reuters berichtete, drohen der Ukraine Einnahmeverluste von 6 Milliarden Dollar und mehr, da die Blockade der Häfen durch die russischen Streitkräfte den Export verhindert. Millionen Tonnen Weizen und Mais für Ägypten, die Türkei und den Jemen bleiben stecken. Zum Teil liegen die Schiffe beladen fest, können nicht auslaufen, weil Besatzungen geflohen sind oder Lotsen die Kapitäne nicht mehr herausführen können. Rund 100 Schiffe unter ausländischer Flagge sind betroffen. Über die Bahn wird wegen der hohen Kosten nur ein Bruchteil verladen, 98 % des Getreides geht über den Seeweg.
Eisenbahn ist keine Alternative
Da die Schwarzmeerflotte die Südküste abgeriegelt hat, sind die Getreideexporte seit Beginn des Krieges am 24. Februar praktisch zum Erliegen gekommen. Zum Ende der Saison 2021/22 müssten 20 Millionen Tonnen Weizen und Mais zum Durchschnittspreis von etwa 300 Dollar pro Tonne exportiert werden. Das sind die Hälfte der gesamten Exporteinnahmen der Ukraine. Lieferketten sind zudem unterbrochen, weil Brücken und Züge durch Bomben zerstört wurden und viele Lebensmittelläden und Lagerhäuser leer stehen. Das verschärft das Problem durch die Corona Krise umso mehr. Für die ukrainischen Landwirte gibt es zudem nicht genug Dünger für den Winterweizen und es fehlt Diesel für die Traktoren. Es droht ein Jahr des Ernteausfalls, wenn kein Saatgut ankommt. Zwar hat man genügend Getreide- und Nahrungsmittelreserven, um ein Jahr lang zu überleben, aber exportieren wird man nicht können. Der Ukrainekrieg verändert die weltweite Lage. Ein Stopp der Weizenexporte aus Russland und der Ukraine führe in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern zu Engpässen. Man muss eine humanitäre Katastrophe befürchten.
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