Taufe des dritten Einsatzgruppenversorgers Bonn der Deutschen Marine am 17. April 2012 in Emden.

Taufe des dritten Einsatzgruppenversorgers Bonn der Deutschen Marine am 17. April 2012 in Emden. (Quelle: © 2012 Bundeswehr / Sophie Fiebeler)

EGV "Bonn" vervollständigt neue Traditionslinie

20. Apr 2012 | Blog | 6 Kommentare

Am Dienstag den 17. April 2012 war es soweit: Mit einer feierlichen Zeremonie wurde der dritte Einsatzgruppenversorger (EGV) der Deutschen Marine auf den Namen Bonn getauft. Wie wichtig Tradition und Identität auch in modernen Zeiten sind, wurde bei dieser Gelegenheit nochmal deutlich, denn natürlich fand die Taufe durch Hanne Hufschmidt, die Ehefrau des Bonner Oberbürgermeisters, mit einer Sektflasche und dem Segen "Ich taufe dich auf den Namen „Bonn“ und wünsche dir und deiner Besatzung allzeit gute Fahrt und immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel," statt! Auch die Tatsache, daß über 100 Bonner sich unter der Woche frei genommen haben, um bei der Taufe in Emden dabei zu sein, spricht für das Interesse der Menschen und der Stadt Bonn an "ihrem" Schiff. Nebenbei wurde auch eine neue Traditionslinie vervollständigt.

Die gängige Praxis für die Auswahl von Schiffsnamen sieht so aus:

Die Namensgebung für Einheiten der Marine orientiert sich in der Regel an geografischen Bezeichnungen wie Länder-, Städte- und Flussnamen oder Nummern (Uboote). Bundesländer, Städte und Gemeinden können sich für die Übernahme einer Patenschaft, die Voraussetzung für eine entsprechende Namensgebung ist, bewerben.
Deutsche Marine

Kritiker werfen der Marine dabei eine Art seelenloses Stadt-Land-Fluss Spiel bei der Auswahl der Namen für ihre Einheiten vor. Das führe zu so sperrigen und emotionslosen Namen wie Nordrhein-Westfalen, wie er geplant ist für die zweite Einheit der neuen Fregatte 125 der Baden Württemberg-Klasse. Die grundsätzlichen Richtlinien, die auch für die Namensgebung von Schiffen gelten, gibt dabei der Traditionserlass der Bundeswehr vor. Mit der Außerdienststellung des Lenkwaffenzerstörers Lütjens, benannt nach Admiral Günther Lütjens, im Dezember 2003, beendte die Marine die Tradition, ihre Schiffe nach Personen zu benennen. Dieser Schritt erscheint in einer post-heroischen Gesellschaft konsequent.

Die Wahl des Namens Bonn war deshalb aus genau diesen Gründen richtig, denn sie beschließt und vervollständigt gleichzeitig die Bildung einer neuen, republikanischen Traditionslinie: Die drei EGVs der Berlin-Klasse heißen Berlin, Frankfurt am Main und Bonn! Wir erinnern uns:

  • In Folge der Märzrevolutionen von 1848 tagte in Frankfurt am Main die Nationalversammlung vom 18. Mai 1848 bis zum 31. Mai 1849 als erstes frei gewähltes deutsches Parlament in der Paulskirche
  • Von 1949 bis 1990 war Bonn Bundeshauptstadt mit einem bewusst provisorischen Charakter, hier wurde unser Grundgesetz geboren
  • Im Zuge der Wiedervereinigung wurde Berlin 1990 wieder die alte und neue Hauptstadt eines republikanischen Deutschlands

Die Namen der für die deutsche republikanische Geschichte zentralen Städte in einer Schifssklasse zu würdigen, ist richtig! Berlin, Frankfurt am Main und Bonn stehen für eine neue Traditionslinie im besten republikanischen Sinne!

Weitere Links:
- Deutsche Marine:
Technische Daten Einsatzgruppenversorger BERLIN-Klasse (702)
- Deutsche Marine:
Neuer Einsatzgruppenversorger auf den Namen "Bonn" getauft
- General-Anzeiger Bonn:
Der neue Einsatzgruppenversorger der Bundesmarine heißt "Bonn"

6 Kommentare

  1. Zunächst einmal glaube ich auch nicht, dass es seitens der Marine einen „Masterplan“ in dieser Beziehung gegeben hat – andererseits sind diese drei Namen nunmal vergeben und es bietet sich die Chance etwas vernünftiges daraus zu machen!

    Zu der Diskussion um die Vergabe von Personennamen:
    Ich vermute, die Frage stellt sich in der Gesellschaft gar nicht mehr. Einerseits, weil wir in einer post-heroischen Gesellschaft (à la Herfried Münkler) leben – andererseits, weil der gesellschaftlich-geschichtliche Abstand zu groß geworden ist. Preußen zum Beispiel kommt nur noch in Themenausgaben des Spiegels und bei Guido Knopp vor, eine echte gelebte Verbindung zu unserer Geschichte fehlt.

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  2. Tirpitz – umstritten? Er ist der Vater des Flottenbauprogramms, welches zum Ergebnis hatte, dass die deutsche Flotte ein Drittel des Umfangs der britischen Flotte darstellte. Kein ernst zu nehmender Gegner aus britischer Sicht, gleichwohl wirft man ihm vor „Kriegstreiber“ gewesen zu sein. Vielleicht wäre es endlich mal an der Zeit, nach über 100 Jahren, zu mehr Sachlichkeit zu kommen. Im Übrigen teile ich ja durchaus mit Vehemenz die korrekte Namensgebung, aber dennoch … s.o.

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  3. Es spielt eigentlich keine Rolle, aus welchem Grund man sich entschieden hat, wenn daraus – später – eine nachvollziehbare Argumentationslinie entsteht. Ich glaube, dass man eine kleine Zahl von Traditionsnamen bestimmen sollte, die man neben den Bundesländern und republikanischen Hauptstädten beibehält. Ich plädiere für Emden, Karlsruhe, Dresden und Köln.
    Im großen und ganzen passt die Namensgebung der Marine.

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  4. Ja wenn die republikanische Tradition mal Absicht gewesen wäre … ich fürchte eher, dass die Namensgebung das Produkt erfolgreichen lobbyings entsprechender Gemeindevertreter war. Aber ist doch schön, wenn’s nachträglich doch noch Sinn macht. Jedenfalls sind Städte und Ländernamen unverfänglicher als Personennamen, wenngleich ich persönlich eine Fregatte Tirpitz oder Heinrich von Preußen auch gut fände 🙂

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    • Da kommt eines zum Anderen. Natürlich steht der Wunsch der Marine dahinter, Kontakte ins Binnenland zu knüpfen, wo sie ja anders als die anderen Teilstreitkräfte nicht präsent ist. Der Patenschaftsbesuch von Besatzungsdelegationen beim Bürgermeister oder gar Ministerpräsidenten ist immer ein Presseereignis. Insofern ist diese Namenswahl zum gegenseitigen Vorteil. Außerdem haben viele Städtenamen in der deutschen Marine lange Traditionen wie z.B. fünfmal Karlsruhe. Die Briten, von vielen als Vorbild in Sachen Traditionspflege gesehen, sind übrigens in den vergangenen Jahren immer mehr weg von martialischen Traditionsnamen („Battleaxe“) hin zu Städte- und Grafschaftsnamen (County-Klasse) übergegangen. Das hat wohl denselben Grund. Und umstrittene Persönlichkeiten wie Tirpitz helfen in unserem Land nicht weiter, sondern schaden in der öffentlichen Debatte.

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  5. Ich stimme der Erläuterung einer „Republikanischen Tradition“ bei der Namensgebung zu. Bei den Bezeichungen der Bundesländer sollte man Tradtionsnamen wie Emden, Karlsruhe, Dresden oder Köln berücksichtigen. Namen wie „Frauenlob“ hingegen sind nicht mehr vermittelbar.

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