Das Internationale Maritime Museum Hamburg (IMMH) macht ab dem 1. Juni 2023 die "versunkenen Schätze der Monte Olivia" öffentlich zugänglich.
Die „Monte Olivia“
Das 160 Meter lange Schiff lief am 28. Oktober 1924 bei Blohm&Voss vom Stapel und wurde 1925 durch die Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft (HSDG), kurz Hamburg Süd, als Passagierschiff für 2.500 Passagiere auf Kreuzfahrten in Dienst gestellt.
Nach Kriegsausbruch aus dem brasilianischen Santos heimkehrend, gelang der „Monte Olivia“ im Oktober 1939 der Blockadedurchbruch nach Hamburg. Im selben Jahr wurden alle deutschen Schiffe von der Kriegsmarine erfasst und zu verschiedenen Zwecken als Transporter, Hilfskriegsschiff, Wohnschiff, etc. herangezogen. Die „Monte Olivia“ wurde zunächst als Wohnschiff für die Kriegsmarine und ab 1945 als Lazarettschiff eingesetzt. Nach Bombentreffern, die neben dem Schiff niedergingen und die Bordwand aufrissen, kenterte sie am 3. April 1945 im Kieler Scheerhafen. Die Besatzung befand sich zum Zeitpunkt des Angriffs in einem Luftschutzbunker. Sie wurde 1946 gehoben und verschrottet.
Ein normaler Tauchgang ...
Am 30. August 2022 machen sich Taucher der Forschungstauchervereinigung Scientific Diving Association (SDA) mit Unterstützung durch One Earth - One Ocean (OEOO) auf, um der Meldung eines Anglers nachzugehen. Dieser berichtete, dass er stets an derselben Stelle im Kieler Hafen mit seinen Angelhaken hängen bleibt. Ein Indiz auf ein potentiell verlorenes Netz, denn seit sieben Jahren arbeiten SDA und OEOO zusammen, um ehrenamtlich an bis zu 50 Tagen im Jahr verlorene Fischernetze zu suchen und zu bergen.
... mit Überraschung
Nach einer knappen Stunde geben die Taucher das Signal zum Auftauchen. Sie haben die Hände voll, aber es sind keine Netze, sondern Gegenstände aus Metall. „Ein Netz haben wir nicht finden können, aber der ganze Ostseegrund liegt hier voll mit Schrott“!
Dem Einsatzleiter, einem erfahrenen Forschungs- und Wracktaucher und Präsident der SDA fallen auf den ersten Blick die Stempel auf den Gegenständen auf. Es handelt sich um die Insignien HSDG. Dieses kennt er bereits vom Schiffswrack der „Cap Arcona“, ebenfalls Hamburg Süd. Dieser Stempel befand sich bekanntlich nur auf wertvollem Silbergeschirr und Besteck.
Die Taucher bestätigten noch einmal, dass es sich um einen größeren Bereich voller Metallteile handelt und sich darunter auch Gießkannen befänden. Diese Gießkannen stellten sich später als silberne Karaffen für Kaffee und Tee heraus.
Silber im Hafenbecken
Doch wie kam das vermeintliche Silber auf den Grund der Ostsee? Recherchen ergaben, dass genau an dieser Stelle die „Monte Olivia“ gekentert ist. Beim Bergen des Schiffes ging wohl ein Großteil der sich im Schiff befindlichen Ausstattung und Ladung über Bord.
Nach der Kontaktaufnahme mit dem Archäologischen Landesamtes (ALSH) in Schleswig erhielt die SDA relativ schnell eine Genehmigung für weitere Prospektionen, denn wer ohne Nachforschungsgenehmigung gräbt oder plündert, begeht eine Straftat.
Genauso wichtig war das Einbeziehen der Wasserschutzpolizei und des Hafenamtes, da bei Bekanntwerden des Fundes mit Plünderungen zu rechnen war.
Mitte Oktober tauchte das Team gezielt am Ort der Untergangsstelle und konnte rund 30 Gegenstände aus Silber bergen. Es wurde schnell klar, dass hunderte Gegenstände aus Silber und weitere Funde auf dem Meeresgrund lagen. Kurios war auch der Fund eines Motorrads aus dem zweiten Weltkrieg.
Seit November 2022 leisteten die Forschungstaucher der SDA in nahezu jeder Woche weitere Einsätze, um möglichst viele Gegenstände zu bergen. Dabei waren gerade im Winter die Einsatzbedingungen mit 4 Grad Wassertemperatur mit Schnee und Eisregen nicht immer angenehm. Viele der Funde waren durch Schraubenbewegungen großer anlegender Schiffe tief in die Sedimente gedrückt worden und mussten regelrecht aus dem Faulschlamm frei gelegt werden. Eine frühe Braunalgenblüte behinderte im Frühjahr die Sicht, so dass die Stücke nahezu blind ertastet wurden. Bis zum 3. Mai 2023 waren in mehr als 20 Tauchgängen dann fast 300 Gegenstände - meist Tafelsilber - geborgen.
Wohin mit den „versunkenen Schätzen“?
Auch wenn einzelne Gegenstände aus der Vergangenheit der Hamburg Süd im Internet teilweise hoch gehandelt werden, eine kommerzielle Vermarktung der Objekte lag nicht im Interesse der ehrenamtlich arbeitenden SDA - dieser einmalige Schatz sollte öffentlich zugänglich sein! Da sich schon viele wichtige Artefakte und Archivalien der Hamburg Süd im IMMH befinden, war schon bei einem ersten Treffen des SDA-Präsidenten mit dem Vorstand des IMMH klar, dass die Funde nach der Freigabe im Internationalen Maritimen Museum Hamburg ausgestellt werden.
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