Admiral Michael Gilday (r.) ist CNO

Admiral Michael Gilday (r.) ist CNO

Neuer Fahrplan der US Navy

Die neue US-Regierung ist dabei, ihre eigenen Schwerpunkte in der Planung für die Marine festzulegen. Schwerpunkte wurden bereits gesetzt.

Die gegen Ende der Trump-Präsidentschaft vorgelegte neue Flottenstrukturplanung der US Navy wurde vorerst ad acta gelegt. Nun wird die Regierung Biden eine eigene Analyse der optimalen Größe und Organisation der amerikanischen Seestreitkräfte erstellen. Dies erklärte der (zu diesem Zeitpunkt noch nominierte) Verteidigungsminister, Army General a.D. Lloyd Austin, am 19. Januar im Rahmen seiner Bestätigungsanhörung vor dem Senat.

Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Streitkräfte zwischenzeitlich im Leerlauf verbleiben können oder sollen. Navy-Stabschef Admiral Michael Gilday stellte folglich am 11. Januar einen neuen „Navigationsplan“ (Navplan) vor, der, unabhängig einzelner Beschaffungsprogramme, grundsätzliche Schwerpunkte zur Stärkung der Einsatzkraft setzt. Hauptziel ist die Ausrichtung der Seestreitkräfte auf einen potentiellen Konflikt mit Russland oder China. Es müsse verhindert werden, dass diese beiden Rivalen eine Vormachtstellung auf See erringen. Die nächsten zehn Jahre werden diesbezüglich ausschlaggebend sein, erklärte Gilday. „Wenn wir den Blick fürs Wesentliche verlieren, sind die entstehenden Rückschläge eventuell im Verlauf des Jahrhunderts nicht mehr wettzumachen“, warnte der Admiral. Gilday setzt mehrere Prioritäten, um die offensive wie defensive Kampfkraft und Einsatzbereitschaft zu steigern.

Einsatz einer Drohne auf der USS Sioux

Einsatz einer Drohne auf der USS Sioux

Von Personal bis Flottenstruktur

Hinsichtlich der Personalentwicklung nennt Gilday zwei Vorsätze. Einerseits soll – mit Blick auf aktuelle Klagen über Rassismus oder geschlechtsbedingte Benachteiligung – jegliche verbliebene Form der Diskriminierung innerhalb des Militärs eliminiert werden. Andererseits soll die Ausbildung laufend an neueste technologische und operative Entwicklungen angepasst werden. Unter anderem sollen Schiffsbesatzungen bis Ende des den Umgang mit unbemannten Systemen souverän beherrschen.

Schiffe, Flugzeuge und Ausrüstung müssen besser und schneller gewartet werden, um den einsatzbereiten Anteil der Flotte zu steigern. Um dies zu erreichen, müssen auch die Wartungseinrichtungen und Depots selbst instand gesetzt, modernisiert und ausgebaut werden.

Die Navy soll sich künftig auf die beiden Kernaufgaben Seeherrschaft und Machtprojektion konzentrieren. Sekundäraufgaben, die hiervon ablenken, sollen abgestoßen werden. Unter anderem will Gilday in diesem Sinne den Betrieb der landgestützten Aegis-Ashore-Raketenabwehrstellungen an die Army übergeben. Das US-Heer zeigt allerdings bislang keine Bereitschaft, den Betrieb der in Polen und Rumänien befindlichen Anlagen zu übernehmen.

Navplan betont die Notwendigkeit der Interoperation mit gleichgesinnten Verbündeten und Partnern. Gilday verwendet bewusst den Begriff operate interchangeably. „Austauschbar“ bedeutet in diesem Kontext das Ziel einer vollständigen Integration in gemeinsame Flottenverbände. Ein praktisches aktuelles Beispiel ist die für dieses Jahr geplante Einsatzentsendung des britischen Flugzeugträgers HMS Queen Elizabeth mit einer Flugstaffel des US Marine Corps und einem amerikanischen Zerstörer als Begleitschiff. „Unsere robuste Konstellation Verbündeter und Partner stellt weiterhin einen wesentlichen strategischen Vorteil“ für die USA dar, stellt das Papier fest. Auch innerhalb der US-Streitkräfte ist sowohl eine engere operative Verflechtung der Navy, des Marine Corps und der Coast Guard einerseits sowie der Seestreitkräfte und der übrigen TSK andererseits erforderlich, um eine wirksame Einsatzstrategie gegen hochgerüstete Gegner in weitläufigen Einsatzgebieten zu gewährleisten. Diese Interoperabilität soll durch zusätzliche TSK-gemeinsame Großübungen gefestigt werden.

Offensive und defensive Kampfwertsteigerung soll durch zügige Integration neuer Technologien gewährleistet werden, unter anderem in den Bereichen elektronische Kampfführung und Cyberkriegführung, Richtenergiewaffen zur Bekämpfung von Marschflugkörpern, künstliche Intelligenz für die autonome Führung unbemannter Systeme, leistungsstarkes und störsicheres Daten- und Kommunikationsnetzwerk sowei Hyperschallwaffen für die Bekämpfung von Land- und Seezielen.

Flottenstruktur und Ausrüstung müssen ganzheitlich betrachtet werden. Um Ressourcen und Personal für Beschaffung und Einsatz neuer Ausrüstung freizusetzen, muss wartungsaufwendiges und veraltetes Inventar, das nur noch begrenzt zur Kampfkraft der Flotte beiträgt, rigoros ausgemustert werden. Gilday zitiert ausdrücklich Ticonderoga-Kreuzer, ältere Docklandungsschiffe sowie die vier ältesten LCS-Einheiten, die aufgrund struktureller Mängel ausschließlich zu Versuchszwecken genutzt werden.

Grundsätzlich soll Anzahl der Einheiten erhöht werden, um mit den expandierenden russischen und vor allem chinesischen Flotten Schritt zu halten. Doch ist die Zusammensetzung und Gesamtleistung der Flotte wichtiger als die reine Zahl der Schiffe. Gilday betont ausdrücklich den Wert von atomgetriebenen Flugzeugträgern und Großkampfschiffen, die ein umfangreiches und diverses Offensivarsenal mitführen können. Der Anteil der Großkampfschiffe an der Flotte soll jedoch reduziert werden zugunsten einer größeren Anzahl kleiner aber kampfstarker Schiffe die dezentral aber koordiniert innerhalb des Einsatzgebietes operieren können. Die Anzahl der Jagdunterseeboote und der unbemannten Systeme soll ausgebaut werden, um auch innerhalb der gegnerischen Abwehrzone zu operieren.

Beschaffungsprogramme sollen zügig, aber nicht überhastet durchgeführt werden. „Dies ist ein sehr gezielter Ansatz“, erklärte Gilday. „Mir liegt mehr daran, das Ganze richtig anstatt schnell durchzuführen.“ Er warnte auch davor, sich auf eine bestimmte Zielgröße festzulegen. Der optimale Flottenumfang soll jährlich mit Blick auf Entwicklung des globalen Sicherheitsumfelds geprüft und die Beschaffungsplanung entsprechend angepasst werden.

Fiskaldisziplin wird künftig eine wichtige Voraussetzung für Flottenausbau und Modernisierung sein. In den nächsten Jahren werden nur nominale Erhöhungen des Verteidigungsetats erwartet. „Wir können uns keine Kostenüberschreitungen leisten“, warnte Gilday. „Neue Systeme müssen fristgerecht und gemäß der Kostenplanung ausgeliefert werden und von Anfang an die erforderliche Leistung erbringen.“

Text: Sidney E. Dean; Fotos: US Navy

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