Putins Krieg – Auswirkungen auf die globale Wirtschaft
Bislang dominiert das Bild des Landkrieges die politische und mediale Wahrnehmung von dem Überfall der Ukraine durch Russland am 24.02.2022: Die Welt staunt über die endlosen Kolonnen russischer Kampffahrzeuge und Unterstützungskräfte und verfolgt gebannt den Abwehrkampf des ukrainischen Volkes. Innerhalb dieser Dramatik gehen die Nachrichten und Bilder von der wirtschaftlichen und maritimen Seite dieses Konfliktes unter.
In seinem News-Beitrag „Putins Krieg gegen die Ukraine“ legt Prof Dr. Uwe Jenisch hier bei MarineForum online in einer ersten Übersicht die zu erwartenden Auswirkungen auf Schifffahrt und Handel dar:
Seehandel mit Russland
Die Lieferungen von Öl-. Gas-, Kohle, Getreide und Rohstoffen aus Russland per Schiff entfallen weitgehend, ebenso der Container-, Fähr- und Feederverkehr mit russ. Häfen. Neue Ladungen für und aus Russland werden abgelehnt. Russische Schiffe werden in vielen Häfen der Welt abgewiesen. Pipelines bleiben vorläufig offen. Das nördliche Schwarze Meer einschl. Azowsches Meer sind versicherungsrechtlich „war zone“, womit dort jeglicher Verkehr zum Erliegen kommt. Mindestens 4 Schiffe wurden beschossen.
Welthandel allgemein
Die Folgen sind starke Verteuerung des internationalen Seeverkehrs und allgemeiner Attentismus. Die Neuorientierung für Energieversorgung und für Rohstoffsicherheit wird dringlich (neue Bezugsmöglichkeiten?) Die Umstellung auf „green econonmy“ und Kampf gegen Klimawandel werden zurückgeworfen. Betroffen sind alle Staaten, besonders seeabhängige Staaten wie China und Deutschland/EU. Chinas Haltung bleibt diffus, obwohl der Staat (eigentlich) ein Interesse an sicheren und ungestörten Handelswegen hat. Die Auswirkungen auf Dritte Welt sind voraussichtlich katastrophal, wenn Nahrungsmittel und Energie deutlich teurer werden. Alle Auswirkungen werden lange Zeit spürbar sein.
Tatsächlich können mittlerweile hunderte Handels- und Containerschiffe ihre Häfen aufgrund der militärischen Situation nicht mehr anlaufen und ihre Fracht löschen, was im modernen, miteinander verwebten Welthandel eine Kaskade auslösen kann. Neben dem Energiesektor ist kurzfristig auch der Agrarrohstoffmarkt betroffen – Russland und die Ukraine produzieren zusammen etwa ein Drittel des weltweiten Weizenangebotes. Wie geht es weiter? Wir lesen online im Ukraine-Update der Deutschen Verkehrs-Zeitung:
Ukraine-Krieg fördert "Neuordnung globaler Handelsbeziehungen"
Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine dürfte den Trend zu einer stärkeren Regionalisierung der Produktion und zu einer Flexibilisierung der Beschaffung verstärken. Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank Donner & Reuschel, rechnet mit einer "Neuordnung globaler Handelsbeziehungen" als Folge des Ukraine-Krieges: "Der Trend zur Regionalisierung von Produktion und das Bestreben von Volkswirtschaften und Unternehmen, weniger abhängig von einzelnen Zulieferstaaten und damit resilienter zu werden, dürfte eine der treibenden wirtschaftlichen Kräfte der kommenden Jahre sein", sagt er. Hiesige Unternehmen und die deutsche Wirtschaft werden ihre Abhängigkeit von Russland reduzieren, so die Meinung vieler Wirtschaftsexperten. Für Russland heißt das im Umkehrschluss, so Mumm: "Mittelfristig wird sich Russland mangels Alternativen enger an China binden müssen. Da China aber deutlich weniger auf Russland angewiesen ist, dürfte Peking die Konditionen der künftigen Zusammenarbeit bestimmen."
Man merkt, dass nicht nur sicherheitspolitisch Veränderung in der Luft liegt. Die vom Westen begonnenen Sanktionen sind mittel- bis langfristig ausgelegt, ein schnelles Zurück zur Tagesordnung in der Zeit vor der russischen Invasion ist nicht möglich. Das hat Konsequenzen, die der normale europäische Bürger bereits jetzt bei den Energiepreisen spürt. Die Herausforderung liegt in der Neuordnung der Verhältnisse um ein zunehmend isoliertes Russland herum, ohne dabei China zu stark durch eine Anlehnung Russlands profitieren zu lassen. Ein enger Umgang Chinas mit Russland wiederum wird es für westliche (sprich: amerikanische) Sanktionen anfällig machen. Eine Gefahr, der sich westliche Firmen nicht aussetzen werden. Die Folge könnte eine Reduktion der Abhängigkeiten sowohl von Russland, als auch von China bedeuten.
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