Explosion Seemine (Bild: Koninklijke Marine)

Explosion Seemine (Bild: Koninklijke Marine)

Sichere Seefahrt durch Seeminenortung

Am Institut für Angewandte Informatik der Universität der Bundeswehr München forschen Professor Andreas Karcher und sein Team in Kooperation mit der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) an einem System, das dabei hilft, Seeminen unter Wasser effektiver als bislang möglich aufzuspüren.

Seeminen sind eine Gefahr für die Schifffahrt. Sie haben gravierende Auswirkungen auf die Durchführbarkeit von Einsätzen und auf operationelle Prozeduren. Je automatisierter sie unschädlich gemacht werden können, desto weniger Personalaufwand ist erforderlich. Einer automatischen Erkennung dieser Gefahr kommt dabei die Schlüsselrolle zu. Diese muss im operationellen Systemkontext untersucht werden.

Mit demselben systemischen Ansatz, den das Forschungsteam der Universität entwirft, lassen sich auch weitere Gefahrengüter auf dem Meeresboden entdecken. Die Menge der in deutschen Meeresgewässern lagernden konventionellen Kampfmittel aus zwei Weltkriegen wird vom Expertenkreis Munition im Meer des Bund-Länder Ausschusses Nord- und Ostsee auf bis zu 1 600 000 Tonnen geschätzt. Diese Kampfmittel gefährden die wirtschaftliche Nutzung der Meere, die Küstenbewohner und nicht zuletzt die Umwelt. Somit ist die aktuelle Studie ein gutes Beispiel für militärische Forschung, die auch im zivilen Bereich eingesetzt werden kann und Nutzen für alle bringt.

Studie passt den Architektur-Rahmen an

An der Professur für Integrierte Anwendungen im Bereich Informatik bei Professor Karcher wird in der Studie „Architecture-based reference Models for Target Recognition and Localisation Services“ (ARTaLoS) die Arbeitsweise der Marinesoldaten mit zukünftigen Minenjagdsystemen analysiert. Sie werden die komplexen IT-Systeme, die hinter der Steuerung der unbemannten Fahrzeuge stecken, bedienen müssen. Die Studie beschreibt zum einen das Vorgehen der Marinesoldaten bei der Detektion von Seeminen mittels Bilderkennungsverfahren modellhaft und verbindet es zum anderen mit den detaillierten Abläufen innerhalb der komplexen IT-Systeme. Die grundsätzliche Motivation für diese beiden Arbeitspakete innerhalb der ARTaLoS-Studie, die von der WTD 71 finanziert wird, liegt darin zu untersuchen, wie aus dem Zusammenbringen der operationellen Praxis und der wehrtechnischen Forschung ein Anforderungskatalog erstellt werden kann, der genau aufschlüsselt, welche Eigenschaften unbemannte Fahrzeuge haben müssen, die in Zukunft für das Aufspüren von Seeminen angeschafft werden sollen.

Architektur-Rahmenwerke, sogenannte Enterprise Architecture Frameworks (EAF), ermöglichen es, komplizierte Sachverhalte systematisch darzustellen. Damit sind die EAFs das geeignete Werkzeug zur Bearbeitung der beiden ersten Arbeitsschritte der ARTaLoS-Studie: Über die systematische Herangehensweise, die den EAFs zugrunde liegt, wird eine abstrahierte Beschreibung des unbemannten Systems erreicht. Gleichzeitig wird aber auch die Speicherung der detaillierten Abläufe innerhalb der komplexen IT-Systeme in einer maschinenlesbaren Form innerhalb der EAFs durchgeführt.

Studie zeigt Referenzmodelle auf, die auch in anderen Bereichen anwendbar sind

Im dritten Arbeitsschritt der ARTaLoS-Studie werden, ausgehend von dem Fokus auf der Klassifizierung von Seeminen, Referenzmodelle erstellt. Durch die Berücksichtigung der Vorgaben der „Methode Architektur“, die die Bundeswehr für die einheitliche Modellierung eingeführt hat, gelingt es, anhand von Anwendungsbeispielen wie der Klassifizierung von Minen-Objekten aus den SONAR-Bildern eines unbemannten Systems) Anforderungen an Dienste (Services) für eine derartige automatische Zielerkennung (Automatic Target Recognition, ATR) systematisch zu analysieren und in Form von Referenz-Bausteinen zu beschrieben (ATR-as-a-Service). Diese Referenz-Bausteine, ähnlich wie Lego-Bausteine, haben definierte Schnittstellen, die sowohl für die Minenortung als auch für andere Anwendungsgebiete (z.B. Zielerkennung von Radar-Bildern) genutzt werden können. Das heißt, dass die Bausteine aufgrund ihrer definierten festen Eigenschaften auch bei anderen Anwendungen genutzt werden können. Dieses Vorgehen bildet die Grundlage für Wiederverwendbarkeit von Wissen, Standardisierung von Diensten sowie Einbettung in übergeordnete operationelle Zusammenhänge wie NATO-Missionen. So wird eine nachhaltige, systematische Anpassung von Entwicklungsprozessen an die sich ändernden Anforderungen der Bundeswehr ermöglicht.

Sicherheit durch Übersicht

Bislang spielt die Erfahrung der Soldaten eine große Rolle beim Aufspüren von Minen

Bislang spielt die Erfahrung der Soldaten eine große Rolle beim Aufspüren von Minen (Bild: Bundeswehr/Björn Wilke)

Die Sicherung der Seewege, zu der unbemannte Systeme in Zukunft einen wesentlichen Anteil beitragen könnten, hängt also auch mit der durchgängig korrekten Beschreibung der Verknüpfung von operationellen Forderungslagen mit den detaillierten Abläufen innerhalb komplexer IT-Systeme zusammen. Die systematische Herangehensweise basierend auf Architektur-Rahmenwerken ist ein geeignetes Mittel, um bei diesen Zusammenhängen kein wichtiges Detail zu übersehen.

Beitrag von Dominik Ascher, Erik Heiland, Peter Hillmann, Andreas Karcher und Frank Ehlers

Dominik Ascher und Erik Heiland sind wissenschaftliche Mitarbeiter, Dr. Peter Hillmann Laborleiter, Prof. Andreas Karcher Lehrstuhlinhaber für Softwareentwicklungswerkzeuge und Methoden für Integrierte Anwendungen an der Universität der Bundeswehr in München.
Regierungsdirektor Dr. Frank Ehlers ist zuständig für automatische Zielerkennung bei der WTD 71.

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