Am 3. Oktober 2025 wurde in Cartagena die S-82 „Narciso Monturiol“ feierlich getauft. Das zweite Boot der S-80-Plus-Klasse markiert nach jahrzehntelanger Abhängigkeit von französischen Lizenzen einen nicht nur technologischen Wendepunkt für Spanien.
Konstruktion und Antrieb
Die 81 Meter langen Boote verdrängen getaucht rund 3.000 Tonnen. Sie verfügen über einen Druckkörper aus hochfestem Stahl (80 HLES). Das Design folgt einem Einhüllen-Konzept mit hydrodynamisch optimierter Spindelform. Der Hauptantrieb besteht aus einem dieselelektrischen System mit 120 Zellen umfassenden Batteriebänken, ergänzt durch ein modernes AIP-System (Air Independent Propulsion), das auf Bioethanol basiert.
Dieses sogenannte BEST-AIP (Bio-Ethanol Stealth Technology) nutzt einen Reformierungsprozess: Aus Bioethanol wird hochreiner Wasserstoff erzeugt, der in Brennstoffzellen mit flüssigem Sauerstoff reagiert. Damit entsteht nahezu geräuschlos elektrische Energie für den Fahrmotor. Ab dem dritten Boot (S-83) wird das System regulär verbaut, bei den beiden ersten Einheiten dann später nachgerüstet. Im Betrieb sollen getauchte Operationen von bis zu drei Wochen ohne Schnorcheln möglich sein.
Sensorik und Gefechtssystem
Die S-80-Klasse nutzt SUBICS (Submarine Integrated Combat System), ein offenes Gefechts- und Führungssystem von Navantia/Lockheed Martin auf Basis adaptierter Virginia-/Seawolf-Technologie.
SUBICS führt in einer einheitlichen Datenfusionskette alle Sensoren und Waffensysteme zusammen: Die akustische Kette (ein zylindrisches Bugsonar, Flankenarrays, passives Schleppsonar, Minenmeidesonar), das elektromagnetische Spektrum mit der ESM-Suite PEGASO von Indra und dem Radar Aries-S (ebenfalls Indra), die Optronik über einen nicht-penetrierenden Mast (Tageslicht/Restlicht/Wärmebild). Ergänzt wird die Lagebilderstellung durch ein klassisches Periskop. Das Waffeneinsatz-System ist auf NATO-Datenlinks (Link-11/16/22) ausgelegt und unterstützt den Einsatz schwerer Torpedos (DM2A4) sowie eines Seezielflugkörpers. Die Integration landzielfähiger Marschflugkörper ist perspektivisch vorgesehen.
Dazu eine Anmerkung: In den ursprünglichen Entwürfen der S-80 war die Interventionsfähigkeit mittels UGM-84 Sub-Harpoon vorgesehen; Boeing erhielt 2021 einen Auftrag zur Integration. Aktuelle Planungen favorisieren Alternativen (u. a. NSM von Kongsberg bzw. Prüfungen zum JSM), so dass die endgültige Waffenkonfiguration noch nicht abschließend feststeht.
Stealth und Schutz
Besonderes Augenmerk liegt auf der akustischen Tarnung. Trägt schon der AIP-Betrieb, der die Zahl der Schnorchelphasen deutlich senkt, bereits zur Signaturreduzierung bei, so verfügt die S-80-Klasse neben dem schwingungsisolierten Propulsionsstrang über schallabsorbierende Außenverkleidung (Verwendung von Anechoic Tiles), Körperschalldämpfung, lärmarme Antriebsaggregate sowie ein System zur permanenten Selbstrausch-Überwachung. Damit entsprechen die Quieting-Maßnahmen dem Stand moderner U-Boottechnik. Für den Selbstschutz verfügt das Boot über ein Torpedoabwehrsystem mit Täuschkörperwerfern.
Verzögerungen und industrielle Bedeutung
Das Programm begann 2004, doch die S-81 „Isaac Peral“ konnte erst Ende 2023 – nach fast 20 Jahren – in Dienst gestellt werden. Ursache war ein gravierendes Gewichtsproblem: Das Boot war rechnerisch nicht schwimmfähig. Mit Hilfe von General Dynamics Electric Boat (USA) wurde der Rumpf um sieben Meter verlängert, um Auftrieb und Stabilität sicherzustellen.
Industriepolitisch ist das Programm von hoher Bedeutung: Über 6.000 Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt an der Serie, und mehr als 100 Zulieferbetriebe sind beteiligt.
Mit der S-80-Klasse reiht sich Navantia in den kleinen Kreis europäischer Entwickler und Hersteller konventioneller U-Boote ein – neben TKMS (Deutschland) und Naval Group (Frankreich) auch Saab Kockums (Schweden). Fincantieri baut mit U212 NFS zudem in nationaler Fertigung auf der deutsch-italienischen Linie auf; Großbritannien (BAE Systems) fokussiert auf nukleare Boote.
Sicherheitspolitischer Kontext
Die Armada musste wegen der Bauverzögerungen ihre veralteten Agosta-Boote weit über die technische Lebensdauer hinaus im Dienst halten. Mit der S-80-Klasse erhält sie nun Plattformen, die in verdeckten Operationen, bei der Seeaufklärung und bei NATO-Missionen im Mittelmeer und Atlantik neue Handlungsmöglichkeiten eröffnen.
Bei der Taufe betonte Admiral Piñeiro, das U-Boot sei „das ultimative Abschreckungsmittel: Unauffällig und tödlich“. Diese Aussage verdeutlicht den Anspruch, die U-Boot-Waffe als strategisches Werkzeug zur Seeherrschaft einzusetzen. Nüchtern betrachtet reiht sich die S-80 in das obere Segment konventioneller AIP-Boote ein – vergleichbar mit dem deutschen Typ 212CD oder dem südkoreanischen KSS-III.
Internationale Reaktionen
- Frankreich (Mer et Marine) verwies auf die massiven Verzögerungen und erinnerte an die frühere Kooperation beim Scorpène. Der Respekt für die technische Leistung mischt sich mit der Sorge vor neuer Konkurrenz im Exportgeschäft.
- Großbritannien hob die Beteiligung von Babcock hervor und betonte den Mehrwert für NATO: Konventionelle AIP-Boote decken Einsatzprofile ab, die nukleare Einheiten nicht effizient leisten können.
- Russland kommentierte nüchtern: Man verweist auf die lange Entwicklungszeit und US-Hilfe, erkennt aber an, dass die Boote mit AIP und moderner Sensorik „zu den besten nicht-atomaren U-Booten weltweit“ gehören. Geopolitisch wird die spanische Entwicklung als Verstärkung im regionalen NATO-Kontext gesehen, nicht als globale Verschiebung.
Fazit
Mit der „Narciso Monturiol“ gewinnt Spanien ein modernes Seekriegsmittel und sichert sich gleichzeitig eine eigenständige industrielle Kompetenz. Technisch gesehen schließt die S-80-Klasse zu den etablierten AIP-Designs auf. Politisch unterstreicht sie den Anspruch Spaniens, nicht nur als Anwender, sondern als Entwickler maritimer Hochtechnologie aufzutreten.
hum