Korvetten aus Deutschland sind heute in aller Welt zu finden. Bekannt sind sie für ihre hohe Qualität und Zuverlässigkeit.
Köln, Emden, Karlsruhe, Augsburg, Lübeck – so lauten die von den Fregatten der Bremen-Klasse übernommenen Traditionsnamen des zweiten Bauloses von fünf Korvetten der Braunschweig-Klasse. Die ersten beiden Einheiten der von der Arbeitsgemeinschaft K 130 gebauten neuen Korvetten befinden sich derzeit bei der Hamburger Werft Blohm+Voss in der Ausrüstung, die folgenden drei Einheiten im Bau.
In den nächsten Jahren sollen die neuen Schiffe sukzessive dem 1. Korvettengeschwader in Warnemünde zulaufen und somit die Zahl der dort stationierten Einheiten von fünf auf zehn erhöhen. Derzeit gibt es Bestrebungen, ein drittes Baulos der Braunschweig-Klasse in Auftrag zu geben, die die fünf Korvetten des ersten Loses vollständig ersetzen sollen – anstatt die ersten fünf Einheiten in langwierigen Werftliegezeiten auf den Stand des zweiten Bauloses zu bringen. Die Schiffe des ersten Bauloses könnten dann an Partnermarinen aus dem Ostseeraum abgegeben werden. Bisher scheiterte dieses Vorhaben an der Finanzierung. Die Ereignisse in der Ukraine und die vorgesehene massive Aufstockung des deutschen Verteidigungshaushalts für die kommenden Jahre lassen den Plan nun aber in greifbare Nähe rücken. Bei der Deutschen Marine haben sich die 89 Meter langen, 13 Meter breiten und 1840 Tonnen verdrängenden Korvetten zum Erfolgsmodell entwickelt. Beispielhaft seien hier die Unifil-Einsätze vor der Küste des Libanons oder aktuell der Anschluss der Korvette Erfurt an die Standing NATO Maritime Group 1 (SNMG 1) zur Verstärkung der NATO-Nordflanke genannt. Von der NATO als Light Frigate klassifiziert – daher auch die F-Kennungen – sind die Schiffe der Braunschweig-Klasse groß genug für weltweite Einsätze. Aufgrund des relativ geringen Tiefgangs von lediglich 3,4 Metern sind die Schiffe ideal geeignet für Einsätze in Randmeeren und im flachen Küstenvorfeld. Eine schlagkräftige Bewaffnung mit Seezielflugkörpern des Typs RBS 15 und eine aufgrund der hohen Automation relativ kleine Besatzungsstärke von lediglich 60 Personen machen die Braunschweig-Klasse besonders effizient.
Deutsche Korvettenentwicklung
Laut gängiger Definition handelt es sich bei einer Korvette um die kleinste Einheit, die als „richtiges“ (engl.: proper) Kriegsschiff angesehen werden kann – größenmäßig zwischen Schnellbooten, Patrouillenfahrzeugen und Fregatten gelegen. Man könnte meinen, dass die Braunschweig-Klasse, die ersten deutschen Korvetten nach dem Zweiten Weltkrieg darstellen. Tatsächlich jedoch lässt sich die deutsche Korvettenentwicklung der Nachkriegszeit bis in die 1960er-Jahre zurückverfolgen. Zählt man die fünf zwischen Juli 1961 und August 1963 in den Dienst der Bundesmarine gestellten U-Jagdboote der Thetis-Klasse mit, dann kann man von einer Korvettenentwicklung ab der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre sprechen. Die knapp 70 Meter langen, 8,2 Meter breiten und 658 Tonnen verdrängenden Boote wurden ab 1959 auf der Rolandwerft in Bremen gebaut. Diese mit U-Jagdraketenwerfern, Minen und Wasserbomben ausgestatteten Einheiten wurden von der Bundesmarine bis zu ihrer Ausmusterung Anfang der 1990er-Jahre und dem sich anschließenden Verkauf nach Griechenland abwechselnd als Torpedofangboot, Flottendienstboot und U-Jagdboot kategorisiert. Sie waren für die Bergung von Übungstorpedos, für die U-Jagd und die Konvoibegleitung konzipiert und fuhren meistens mit „P“-Kennung. 1960 wurde bei den Atlaswerken in Bremen mit der Hans Bürkner noch ein Einzelfahrzeug auf Kiel gelegt, das konstruktiv große Ähnlichkeit mit der Thetis-Klasse hatte, aber bei einer Länge von 80,60 Metern und einer Verdrängung von 1347 Tonnen fast doppelt so groß war. Bei weitgehend gleicher Bewaffnung wie die Thetis-Klasse diente die Hans Bürkner ab 1963 als Schulboot bei der Marineunterwasserwaffenschule, ehe diese Einheit bereits 1969 als Versuchsboot mit verringerter Besatzung zur Erprobungsstelle 71 in Eckernförde überstellt wurde.
Die „richtige“ westdeutsche Korvettenentwicklung begann schließlich Mitte der 1960er-Jahre mit dem Erhalt eines Exportauftrags aus Portugal, das zu diesem Zeitpunkt noch afrikanische Kolonialmacht war. Gemeinsam mit der spanischen Bazán-Werft baute man bei Blohm+Voss drei Korvetten der João-Coutinho-Klasse, die teilweise auf Entwürfen des portugiesischen Admirals Rogério de Olivera beruhten. In Hamburg wurden drei und in Ferrol drei weitere Einheiten gebaut, die alle zwischen Mai 1970 und Juni 1971 in den Dienst der portugiesischen Marine gestellt wurden. Sie nutzte die 85 Meter langen, 10,3 Meter breiten und 1380 Tonnen verdrängenden Schiffe als „Kanonenboote“ ohne jedwede Flugkörperbewaffnung in den Gewässern um Mosambik, Angola und Guinea-Bissau. Heute steht noch eine Einheit der João-Coutinho-Klasse als Hochseepatrouillenboot im Dienst, die in Kürze durch eine neue Einheit der Viana-do-Castelo-Klasse ersetzt werden soll. Interessanterweise verfügt die João-Coutinho-Klasse, inspiriert von den britischen Leander-Fregatten, über einen durch einem Knick erhöhten vorderen Teil des Backdecks, der das 76-Millimeter-Geschütz vor überkommenden Wellen schützt. Zwischen November 1974 und Februar 1976 wurden vier verbesserte Nachzügler der Baptista-de-Andrade-Klasse in Dienst gestellt, die vollständig in Spanien gebaut worden waren. Hier wurde der Schiffsentwurf in Zusammenarbeit mit Blohm+Voss als Descubierta-Klasse für die spanische Marine weiterentwickelt. Die insgesamt neun 88 Meter langen und 1230 Tonnen verdrängenden Schiffe entstanden Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre auf den Bazan-Werften in Cartagena und Ferrol, sechs Einheiten gingen an die Armada Española , zwei Einheiten wurden vor Ablieferung an die ägyptische Marine verkauft, während ein zusätzliches Schiff für die marokkanische Marine gefertigt wurde. Die Descubierta-Klasse verfügt im Gegensatz zu den Vorgängern über Flugkörper-Bewaffnung (Sea-Sparrow-Luftabwehrraketen sowie Harpoon-Seezielflugkörper) und vier statt zwei Dieselmotoren als Antrieb.
Erfolgreiches Meko-Design
Der Entwurf der João-Coutinho-Klasse bildet auch den Grundstein für die ersten nach Meko-Bauweise in Deutschland entwickelten kleinen Fregatten, die für die argentinische Marine konzipiert wurden. Argentinien hatte in den 1970er-Jahren bei Blohm+Voss bereits vier Fregatten der Almirante Brown-Klasse (Meko 360 H2) in Auftrag gegeben, da war es schlüssig, auch die geplanten kleineren Marineeinheiten des argentinischen Flottenbauprogrammes bei Blohm+Voss zu bestellen. Gebaut wurden die sechs Einheiten der Espora-Klasse (Meko 140 A16) zwischen 1980 und 1985 bei der Río-Santiago-Werft in La Plata mit Materialunterstützung von Blohm+Voss. Die Indienststellung der 91 Meter langen, 11 Meter breiten und 1560 Tonnen verdrängenden Schiffe bei der Armada de la República Argentina erfolgte aufgrund gravierender, größtenteils budgetbedingter Verzögerungen in der Ausrüstungsphase erst zwischen 1985 und 2004. Von der vorangegangenen João-Coutinho-Klasse wurde insbesondere das Antriebskonzept auf Grundlage von zwei mittelschnell laufenden, umsteuerbaren Pielstick-Dieselmotoren übernommen. Die Bewaffnung der Espora-Klasse besteht neben einem 76-Millimeter-Geschütz unter anderem aus vier Exocet-Seezielflugkörpern MM38, zwei Dreifach-Torpedorohren mit 324 Millimetern sowie einer Wasserbombenschiene. Die letzten beiden Einheiten erhielten einen ausziehbaren Teleskophangar für einen U-Jagd-Hubschrauber vom Typ Alouette III. Derzeit ist unklar, wie viele der sechs Einheiten der Espora-Klasse einsatzbereit sind. Unbestätigten Meldungen zufolge soll ein Schiff bereits 2021 zur Verschrottung vorgesehen gewesen sein.
Die Kieler Werft HDW unternahm in den 1980er-Jahren erstmals Vorstöße in den militärischen Überwasserschiffbau. Nachdem HDW ab 1972 zwei U-Boote des Typs 209 nach Kolumbien lieferte, erhielt die Werft kurz darauf den Auftrag zum Bau von vier leichten Fregatten, die 1983/84 an die Armada Nacional de la República de Colombia ausgeliefert wurden. Der Entwurf der vier als Almirante-Padilla-Klasse (Typ FS 1500) bezeichneten Korvetten entstand durch die Zusammenarbeit von HDW mit der Marinetechnik Planungsgesellschaft in Hamburg (MTG, heute als MTG Marinetechnik). Die 99,1 Meter lange, 11,3 Meter breite und 2100 Tonnen verdrängende Almirante Padilla-Klasse entsprach mit ihren „kastenförmigen“ Decksaufbauten den damals üblichen Marinestandards und ist mit einem Waffenmix aus acht koreanischen Seezielflugkörpern des Typs SSM-700K Hae Sung I (Sea Star), zwei europäischen Simbad-Luftabwehrraketen und einem 76-Millimeter-Geschütz von Oto Melara ausgestattet. Den Auftrag zum Bau von zwei weiteren Schiffen des Typs FS 1500 erhielt HDW im Februar 1981 aus Malaysia. Beide Schiffe der Kasturi-Klasse wurden im August 1984 an die Royal Malaysian Navy ausgeliefert. Sie verfügen über ein 57-Millimeter-Geschütz, acht Exocet-Flugkörpern MM40 Block 2 und schultergestützten Manpad-Luftabwehrwaffen. Während die kolumbianischen Schiffe mit jeweils einem Helikopter des Typs BO 105 von MBB aus deutscher Produktion ausgestattet sind, nutzt die malaysische Marine den britischen Westland Lnyx. Beide Marinen haben sich als Antrieb für vier Dieselmotoren MTU 20 V 1163 verschiedener Untertypen entschieden.
Offenbar war man in Malaysia mit der Qualität der Korvetten sehr zufrieden und wandte sich in den 1990er-Jahren wieder für einen Großauftrag nach Deutschland. Bereits im September 1998 schloss die malaysische Regierung einen Vertrag mit einem Firmenverbund unter Führung von Blohm+Voss für vorerst sechs Hochseepatrouillenboote, von denen die ersten beiden Einheiten größtenteils in Hamburg gefertigt werden sollten und die letzten vier Einheiten bei Penang Shipbuilding and Construction - Naval Dockyard (PCS-ND). Insgesamt waren 27 Schiffe vorgesehen, die verschiedene ältere Patrouillenboote aus der Anfangszeit der malaysischen Marine ersetzen sollten. Die neuen Korvetten basieren auf dem Meko-100-RMN-Design, das ein paar Jahre später teilweise als Grundlage für die deutschen Korvetten der Braunschweig-Klasse diente. Anders als bei den deutschen Schiffen fehlt bei den 1850 Tonnen verdrängenden, 91 Meter langen malaysischen Einheiten der Kedah-Klasse jedwede Flugkörperbewaffnung, weswegen diese Schiffe nur als Offshore Patrol Vessel (OPV) klassifiziert sind. Finanzierungsprobleme und ein Korruptionsskandal verzögerten die Fertigstellung der 2001 in Hamburg auf Kiel gelegten und zur Endausrüstung per Dockschiff nach Malaysia gelieferten ersten beiden Einheiten um insgesamt 18 Monate. Aufgrund von großem öffentlichen Druck zwang die malaysische Regierung PCS-ND, mit der halbstaatlichen Boustead Holding zu fusionieren und als Boustead Naval Shipyard die Fertigung der restlichen vier Einheiten im Land zu vollenden. Bis Dezember 2010 wurden alle sechs Einheiten der Kedah-Klasse in Dienst gestellt. Den Kauf der ursprünglich geplanten weiteren 21 Schiffe stellte man erst einmal zurück. Trotz mehrerer Versuche, die Produktion der Kedah-Klasse wieder aufzunehmen, scheiterte die malaysische Regierung immer wieder an der Finanzierung.
Reduzierte Bewaffnung
Der Meko-100-Entwurf bildet auch die Grundlage für die polnische Gawron-Klasse. Ein Bauvertrag über sieben Multifunktionskorvetten wurde am 27. November 2001 zwischen Blohm+Voss und der polnischen Marine geschlossen. Als Bauwerft für die 95 Meter langen und bis zu 2050 Tonnen verdrängenden Schiffe sollte Stocznia Marynarki Wojennej in Gdynia fungieren. Bereits ein Jahr später ging dem Projekt allerdings schon das Geld aus und im Dezember 2002 wurde das Bauprogramm auf eine einzige Einheit zusammengestrichen. Diese wurde nach einer Bauzeit von rund 18 Jahren am 28. November 2019 als ORP Ślązak (241) in Dienst gestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte man sich schon ebenfalls aus Budgetgründen von einer umfangreichen Flugkörperbewaffnung bestehend aus RIM-162 Evolved SeaSparrow Missile (ESSM), RIM-116 Rolling Airframe Missile und RBS 15 verabschiedet, weshalb die Ślązak lediglich als Hochseepatrouillenboot mit 76-Millimeter-Geschütz und schultergestützten Grom-Luftabwehrraketen in Dienst gestellt wurde. Erstmals kommt auf einer deutschen Korvette bei diesem Einzelschiff ein Combined-Diesel-and-Gas-Antrieb (Codag) bestehend aus einer Gasturbine GE LM2500+ und zwei Dieselmotoren MTU 12V595TE90 zum Zug.
Die bisher neuesten Korvetten aus deutscher Produktion sind die vier israelischen Schiffe der Sa'ar-6-Klasse, die – als Gemeinschaftsprojekt zwischen German Naval Yards und Thyssenkrupp Marine Systems in Kiel gefertigt – zwischen 2020 und 2021 an die israelische Marine ausgeliefert wurden. Diese auch als Magen-Klasse bezeichneten Boote basieren zum Teil auf der Braunschweig-Klasse; sie verfügen aber über einen Helikopterhangar und sind deutlich stärker bewaffnet als die deutschen Schiffe. Die vier Einheiten wurden bei German Naval Yards gebaut und dann nach Haifa in Israel überführt, wo ein Großteil der Sensoren und Effektoren installiert wird – darunter ein Phased Array-Radar Adir (ELM-2248), 32 Barak-8-Luftabwehrraketen. Ebenfalls an Bord ist ein C-Dome-Luftabwehrsystem, das auf dem vielfach bewährten Iron-Dome-System basiert, mit dem seit 2010 unzählige Raketenangriffe auf israelische Städte abgewehrt wurden. Die Schiffe der Magen-Klasse verfügen über eine Länge von 92 Metern und verdrängen rund 2000 Tonnen.
Ausblick
2021 startete in Brasilien die Konstruktion der ersten von vier Mehrzweckfregatten der Tamandaré-Klasse, die mit 107 Meter Länge und einer Verdrängung von 3500 Tonnen den Abmessungen einer klassischen Korvette bereits entwachsen sind. Diese ebenfalls auf dem – wenn auch deutlich vergrößerten – Design Meko A-100 basierenden Schiffe entstehen in Itajaí als Gemeinschaftsprojekt zwischen Thyssenkrupp Marine Systems und dem brasilianischen Rüstungskonzern Embraer. Die derzeit vorhandene weltweit große Nachfrage nach Schiffen in Korvettengröße macht weitere Verkäufe deutscher Meko-A-100-Schiffe wahrscheinlich.
Stefan Ulsamer ist freier Journalist mit dem Schwerpunkt Marinetechnik.
Stefan Ulsamer
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