Paul Stillwell: Battleship Commander. The life of Vice Admiral Willis A. Lee Jr., Naval Institute Press 2021
Ein wenig verwunderlich, dass es bis 2021 brauchte, um eine erste Biographie über Vizeadmiral Willis A. Lee Jr. zu veröffentlichen, der im Zweiten Weltkrieg eine Schlüsselrolle im Pazifik-Feldzug der U.S. Navy gespielt hat. Obwohl von Flottenadmiral Chester W. Nimitz stark gefördert, finden sich nur wenige Sätze über das Wirken Admiral Lee´s in dem von Elmar B. Potter und Flottenadmiral Chester W. Nimitz veröffentlichten Werk "Seemacht, Eine Seekriegsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart", deren deutsche Fassung von Jürgen Rohwer herausgegeben wurde. Fündig und mit vielen Details über das Wirken von Admiral Lee wird man dann in dem 2018 beim USNI erschienenen Buch von Trent Hone mit dem bezeichnenden Titel: „Learning War. The Evolution of Fighting Doctrine in the U.S. Navy, 1898 - 1945“.
Paul Stillwell verfeinert das Wissen zu Lee durch Forschung, über 150 geführte Interviews mit Zeitzeugen und Wegbegleitern sowie Auswertungen der Schlachten und Gefechte im Pazifik-Krieg. Großen Einfluss auf Lee´s taktisches wie strategisches Denken hatte die Teilnahme am Senior Course des Naval War College von 1928-29. Das Schlachtschiff galt zu dieser Zeit noch als Rückgrat der Navy, die Träger entwickelten sich von der Schutzaufgabe für die Schlachtschiffe hin zu eigenständigen Operationen. Neu im Curriculum war die Aufnahme von Kriegsspielen unter schnellem Entscheidungsdruck. Hier erwies sich Lee ebenso als Meister wie in seinem ausgeprägten Gespür für technologische Neuerungen und deren Einführung auf den Schiffen der Navy. Es folgten Jahre des Dienstes an Bord von Kreuzern bevor er 1939 nach Washington in die Fleet Training Division versetzt wurde. In den nächsten drei Jahren entwickelte er nicht nur neue taktische Einsatzgrundsätze für den Überwasserkrieg, gestützt auf Erfahrungen der Royal Navy in deren Krieg gegen Hitler-Deutschland, er wurde auch ein glühender Verfechter des Einsatzes von Feuerleitradargeräten an Bord von Schiffen, weil er deren Überlegenheit gegenüber optischen Verfahren in Nachteinsätzen erkannt hatte. Seit 1940 wurde er dann auch Mitglied im neugegründeten Anti Aircraft Defense Board.
So vorbereitet, begann Mitte 1942 der Einsatz von Lee auf Schlachtschiffsgruppen. Seine Feuertaufe erhielt er in der Nachtschlacht (Guadalcanal II) vom 14. auf den 15. November 1942. Aggressivität und überlegener Einsatz seines Feuerleitradars führten zum Sieg und wurden als Beginn der Offensive amerikanischer Streitkräfte gegen Japan angesehen (Nimitz). Lee sollte nun drei Jahre im ständigen Fronteinsatz im Pazifik verbleiben. Er führte eine Operationszentrale an Bord der Kriegsschiffe ein, um ein gemeinsames Lagebild zu sichern. Neben dem Inselspringen im Pazifik war er dann an der Entwicklung von Annäherungszündern für die Flugabwehr beteiligt, bevorzugte aber die in Europa erfolgreichen 20mm und 40mm Flugabwehrgeschütze für die Schiffe der Navy. Am Ende seiner Karriere wurde er noch mit einem Untersuchungsauftrag zur besseren Bekämpfung der Kamikaze-Flieger beauftragt, der aber wegen des Kriegsendes nicht mehr weiterverfolgt wurde.
Heinz Dieter Jopp, Barmstedt, im April 2022
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