Die gute Nachricht: Die vertraglich verankerte Option auf zwei weitere Schiffe kann nach der Entscheidung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages vom 12. Juni ausgelöst werden.
Am 19. Juni 2024 – genau vier Jahre nach der Unterzeichnung des Bauvertrages für das erste Los – wurde in Koblenz beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) der Vertrag über das zweite Los von zwei Schiffen F 126 unterzeichnet.
Der am 19. Juni 2020 gezeichnete Bauvertrag sah die Beschaffung von vier Einheiten vor. Über eine innerhalb von zwei Jahren zu ziehende Option wäre der Bau von zwei weiteren Einheiten möglich. Im Zusammenhang mit der Einrichtung des Sondervermögens Bundeswehr aufkommende Hoffnungen auf eine schnelle Entscheidung zur Einlösung der Option blieben bislang unerfüllt, woran teilweise die Konstruktion des Sondervermögens innerhalb des Bundeshaushalts ursächlich war.
Mit der kurz vor Toresschluss getroffenen Entscheidung kann der konzeptionelle Bedarf gedeckt werden. In dem ursprünglich als Zielbild veröffentlichten Kurs Marine 2035 beziffert der Inspekteur der Marine den Bedarf auf sechs Einheiten F 126. Er richtet sich an den Verteidigungsplanungszielen der NATO aus sowie an dem Rhythmus von Einsätzen, Ausbildungs- und Instandsetzungsphasen der Marine. Nach vorliegenden Informationen sieht die NATO für Deutschland ein Planungsziel von 15 Fregatten vor. Die Lieferung von Schiff 5 soll im Januar 2033 und von Schiff 6 im Januar 2034 erfolgen.
Finanzierung
Der Gesamtfinanzbedarf des Vorhabens Optionsausübung beläuft sich auf 3,18 Milliarden Euro, wovon sich der Auftragswert auf gerundet 2,88 Milliarden Euro beläuft. Die Differenz ergibt sich aus Beistellungen, anderen Leistungen und einer Vorsorge für Unvorhersehbares – alles nach Preisstand 12/2023. Die Gesamtsumme berücksichtigt neben den Schiffen ein Missionsmodul ASW-Lagebild und ein Missionsmodul Gewahrsam.
Zur Zeit der Vertragsunterzeichnung waren für vier MKS 180, wie F 126 damals noch bezeichnet wurde, einschließlich der Missionsmodule 5,72 Milliarden Euro im Bundeshaushalt berücksichtigt. Überschlägig ein Wert von 1,43 Milliarden Euro pro Schiff. Dem stehen 1,59 Milliarden Euro für Schiff 5+6 gegenüber.
Als ursächlich für die im Änderungsvertrag deklarierte Preiseskalation, der der Haushaltsausschuss zustimmte, wird die Inflation in Folge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges angeführt.
Die Zustimmung zum Änderungsvertrag verknüpfte der Haushaltsausschuss mit der Bedingung, dass die aus der Preissteigerung folgenden höheren Einnahmen des Hauptauftragnehmers an die deutschen Unterauftragnehmer weitergegeben werden.
In diesen Zusammenhang gehört die Anmerkung, dass Damen Schelde Naval Shipbuilding als Generalunternehmer im Projekt F 126 fungiert. Die Fertigung erfolgt gemeinsam mit der deutschen NVL Group zu hundert Prozent in Deutschland. Die Fertigung der Hinterschiffe erfolgt in der Peene-Werft in Wolgast, die Vorschiffe werden in Kiel gefertigt und dort mit den Hinterschiffen zusammengefügt. Anschließend werden die Schiffe nach Hamburg zur Endausrüstung, Inbetriebnahme und Erprobung verholt.
Angaben des BMVg zufolge wird für die Durchführung des Projekts ein Anteil von etwa 70 Prozent der Wertschöpfung in Deutschland angestrebt, womit über 65 deutsche Auftragnehmer in den Bau der Schiffe eingebunden seien. In früheren Verlautbarungen des Koblenzer Beschaffungsamtes wurde die Wertschöpfung in Deutschland noch mit 80 Prozent beziffert.
Knifflige Haushaltsführung
Anders als in Medien vielfach dargestellt waren die beiden ‚Options-Einheiten‘ seitens der Bundesregierung bereits im Regierungsentwurf für 2024, der gegen Jahresende 2023 die parlamentarische Billigung erhielt, berücksichtigt. Und zwar insofern sicher, dass sie als Verpflichtungsermächtigungen direkt im Verteidigungshaushalt (Einzelplan 14) und nicht im Sondervermögen Bundeswehr veranschlagt wurden. Denn das soll Ende 2027 aufgebraucht sein. Der finanzplanerische Zeithorizont der Schiffe 5+6 reicht aber bis ins Jahr 2035 und muss daher auch über die Laufzeit des Sondervermögens hinaus abgesichert sein.
Zu kritisieren wäre lediglich, dass im geltenden Finanzplan 2025-27 keine entsprechende Haushaltsvorsorge getroffen wurde. Was jedoch in Phasen wechselnder Legislaturen gängige Praxis gewesen ist. Aus unserer Sicht stellt die ‚plafondneutrale‘ Bereitstellung der Haushaltsmittel für die Schiffe 5+6 insofern ein Risiko dar, da sie Verdrängungseffekte auf andere Vorhaben haben könnte. Zum Beispiel auf die Litauen-Brigade. Auf unsere Nachfrage während des Pressegespräches am Rande der Kiellegungsfeierlichkeiten in Wolgast für die Fregatte „Niedersachsen“ wies Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius dies allerdings zurück.
Die parlamentarische Opposition sieht darin einen Ausdruck der Unterfinanzierung der Bundeswehr. Ingo Gädechens, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für den Verteidigungshaushalt: Nach wie vor arbeitet die Bundeswehr im Modus der finanziellen Mangelwirtschaft. Seine anlässlich der Entscheidungsfindung im Haushaltsausschuss am 12. Juni herausgegebene Presseerklärung endet mit:
„So gut der Tag heute für die Marine ist – bei einem genaueren Blick in die Details zeigt sich leider ein anderes Gesamtbild. Aus der Zeitenwende wird leider immer mehr ein Zeitenende, insbesondere mit Blick auf die Bundeswehrfinanzen. Wenn die Ampel und der Bundeskanzler so weitermachen, ist die Bestellung weiterer F126-Fregatten eine der letzten guten Nachrichten vor der – auch bereits von Boris Pistorius persönlich angekündigten – Beschaffungskatastrophe.“
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