Lima - Das chinesische Staatsunternehmen Cosco Shipping baut seit 2019 als Mehrheitseigner den Tiefwasserhafen Chancay an der peruanischen Pazifikküste, etwa 75 km nördlich der Hauptstadt. Ein Megahafenprojekt für umgerechnet ca. 3,3 Milliarden Euro als Tor von Südamerika nach Asien.
Drehkreuz
Chancay soll zum wichtigsten Containerhafen an der südamerikanischen Pazifikküste sowie zu einem wichtigen Wachstumsmotor für Peru werden und ist Teil der chinesischen strategischen Initiative Neue Seidenstraße.
Cosco hat in der ersten Bauphase bereits über 1,2 Milliarden Euro investiert, wobei mehr als 80 % der Bauarbeiten abgeschlossen sind. Der Hafen soll im November 2024 eröffnet werden, wenn Peru Gastgeber des Gipfels der asiatisch-pazifischen Wirtschaftskooperation ist. Nach der Eröffnung ist die Abfertigung von vier großen Frachtern gleichzeitig vorgesehen, nach dem vollen Ausbau in einigen Jahren sollen insgesamt fünfzehn Anlegestellen zur Verfügung stehen. In Chancay können dann pro Jahr 1,5 Millionen 20-Fuss-Container bzw. 6 Millionen Tonnen Fracht abgefertigt werden.
Hafenareal
Der Hafenkomplex entsteht auf einer Fläche von fast zehn Quadratkilometern und besteht aus zwei Teilen, der eigentlichen Hafenanlage und dem Eingangsterminal landeinwärts.
Im Hafenbereich werden die Schiffe mit modernster Technik be- und entladen, mit Stellplätzen für Container und andere Güter, sowie mit weiteren Liegeplätzen für Wartung und Instandsetzung.
Im Eingangsterminal befinden sich Hafenverwaltung und Logistikunternehmen. Hier werden die Ladungen umgeschlagen, inspiziert und die Zollformalitäten durchgeführt. Beide Hafenteile werden durch einen 1,8 Kilometer langen Tunnel miteinander verbunden.
Durch diesen führen drei Fahrstreifen für LKW, zwei Fließbänder für offene feste Ladungen und eine Pipeline für Flüssigkeiten.
Knotenpunkt
In Chancay werden nach dem Willen des Betreibers Cosco zukünftig Bergbauprodukte und Landwirtschaftsgüter aus Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Ecuador, Kolumbien und Peru nach Asien, insbesondere nach China, verschifft und chinesische Industrieprodukte für den südamerikanischen Markt umgeschlagen. Peru ist der zweitgrößte Kupferproduzent der Welt, der Nachbar Chile sogar der größte. In den Salzseen des sogenannten „Lithium-Dreiecks” von Argentinien, Bolivien und Chile, liegen die weltweit größten Lithiumreserven.
Der neue Hafen von Chancay zeigt deshalb exemplarisch, wie China sich den Nachschub an benötigten Rohstoffen für seine weitere Entwicklung langfristig zu sichern versucht.
Risiken
Die massive Infrastrukturentwicklung und der erwartete Anstieg des Schiffsverkehrs könnten die marine Biodiversität gefährden sowie Schadstoffemissionen und Lärmpegel erhöhen. Gegner des Projektes beanstandeten 2018 mit der Studie eines deutschen Meeresbiologen die Umweltverträglichkeitsprüfung von Cosco. Die Studie kam zu dem Schluss, dass der Bau des Hafens dem Feuchtgebiet Santa Rosa irreparablen Schaden zufügen werde. Außerdem würden die riesigen Erdbewegungen die Erosion des Küstengebietes vorantreiben und der intensive Schiffsverkehr die Meeresfauna gefährden. Cosco wurde vorgeworfen, bei der Umweltverträglichkeitsprüfung eine ungeeignete Methodologie verwendet zu haben, um schädliche Auswirkungen gegenüber den peruanischen Behörden zu verschleiern.
Die chinesische Botschaft in Lima bestritt die Vorwürfe. Die Studie von Cosco sei allen Vorgaben der peruanischen Gesetze nachgekommen und erfülle die höchsten internationalen Standards.
Herausforderungen
Während sich China nun auch in Lateinamerika einkauft, sollten die USA und Europa ihre bisherigen Handelsbeziehungen und Investitionsstrategien in der Region überdenken und neue Kooperationsmöglichkeiten suchen. Nichtstun könnte nach der Eröffnung des Hafens die Balance im internationalen Handel verschieben und zu einem verstärkten Wettbewerb führen.
Fazit
Die strategische Lage und die fortschrittliche Infrastruktur des Hafens bietet beste Chancen für Wachstum und Kooperation. Das Bauprojekt wirft aber auch Fragen auf hinsichtlich der geopolitischen Balance, der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit und der ökologischen Verantwortung.
Bleibt zu hoffen, dass Peru nicht in die sogenannte „Schuldenfallen-Diplomatie“ gerät, durch die Länder in finanzielle Abhängigkeit von China geraten können.
kdk
Quelle: gCaptain, NZZ, liquid-news
0 Kommentare