Russische Oligarchen versuchen, ihre Spielzeuge in Sicherheit zu bringen
Es mehren sich die Nachrichten über russische Superreiche, die ihre Yachten nicht mehr in Sicherheit wähnen können. Die meisten der Russen auf der jährlichen Forbes-Liste der Milliardäre wurden von den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten noch nicht sanktioniert, und ihre Superyachten kreuzen noch immer auf den Weltmeeren.
Für russische Oligarchen ist eine Superyacht unverzichtbar, denn es ist Teil des Images, eine Voraussetzung. Es gibt auch eine Art Wettrüsten, wer die größte, längste und aufwändigste Yacht hat. Deshalb trifft man die Herren an einer empfindlichen Stelle – das Sanktionieren hat begonnen:
Die italienische Polizei hat vergangene Woche Villen und Yachten im Wert von mindestens 140 Millionen Euro beschlagnahmt, was angesichts der Größe mancher Schiffe gering erscheint. Die Yachten des reichsten Mannes Russlands, Alexej Mordaschow, und des dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nahestehenden Gennadi Timtschenko wurden über Nacht in norditalienischen Häfen beschlagnahmt.
In der EU wurde schnell gehandelt, während in Großbritannien eher gezögert wurde. Zwar werden auf der Insel auch Forderungen lauter, sich von den russischen Milliardären zu trennen – man spricht von „Londongrad“ – aber der britische Premierminister Boris Johnson wurde am Samstag mit den Worten zitiert, dass dem Parlament am Montag Änderungen an der britischen Gesetzgebung zur Wirtschaftskriminalität vorgelegt werden sollen, damit die Regierung schneller handeln kann. Gegen den Berühmtesten unter ihnen, Abramowitsch, wurden noch keine Sanktionen verhängt. Mitglieder des britischen Parlaments haben Premierminister Boris Johnson dafür kritisiert, dass er nicht gegen sein Vermögen in Großbritannien vorgeht, zu dem auch der Profifußballverein Chelsea gehört. Abramowitsch kündigte in der vergangenen Woche an, dass er den 2,5 Milliarden Dollar teuren Verein verkaufen und den Reinerlös "allen Opfern des Krieges in der Ukraine zugutekommen" lassen werde.
Die Nachrichtenagentur AP hat eine Liste von 56 Superyachten zusammengestellt, von denen man annimmt, dass sie einigen Dutzend Oligarchen aus dem Kreml gehören, ein Vermögen auf See mit einem geschätzten Marktwert von insgesamt mehr als 5,4 Milliarden Dollar. Die am 07. Februar aus Hamburg abgeholte „Graceful“ gehört wohl Vladimir Putin, eine in Deutschland gebaute und unter russischer Flagge fahrende Superyacht. Sie verließ zwei Wochen vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine eine Reparaturwerft in Hamburg. Mit 82 Metern Länge und 100 Mio. $ ist die „Graceful“ nicht die einzige Yacht, über die Putin verfügen kann. bereits im oberen Segment einzuordnen. Er besitzt des Weiteren die „Chayka“, ein 54 Meter Schiff für bescheidene 10 Mio. %, gekauft 2011 von der russischen Regierung.
Zu den russischen Yacht gehört auch die enorme „Dilbar“, gebaut bei Lürssen Yachts, ist 157m lang, verfügt über zwei Hubschrauberlandeplätze, kann 130 Gäste aufnehmen und hat zudem einen 25-Meter-Swimmingpool. Sie kostete 2016 insgesamt 600 Mio. Dollar und gehört – angeblich - dem russischen Oligarchen Alisher Usmanov. Derzeit liegt sie im Dock bei Blohm& Voss in Hamburg und ihr Eigner musste sich darauf einstellen, dass ihm, dem Getreuen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, sowohl die Vereinigten Staaten als auch die Europäische Union Wirtschaftssanktionen angekündigt haben. "Wir werden uns mit unseren europäischen Verbündeten zusammentun, um Ihre Yachten, Ihre Luxuswohnungen und Ihre Privatjets zu finden und zu beschlagnahmen", sagte Präsident Joe Biden in seiner Rede zur Lage der Nation am Dienstagabend und wandte sich an die Oligarchen. "Wir werden Ihre unrechtmäßigen Gewinne abholen."
Doch die Beschlagnahmung der Yachten könnte sich als schwierig erweisen. Russische Milliardäre haben jahrzehntelang ihr Geld und Vermögen im Westen vor Regierungen geschützt, die versuchen könnten, es zu besteuern oder zu beschlagnahmen. Mehrere Medien berichteten am Mittwoch, die deutschen Behörden hätten die „Dilbar“ beschlagnahmt. Eine Sprecherin des Hamburger Wirtschaftsministeriums sagte jedoch gegenüber The Associated Press, dass noch keine derartigen Maßnahmen ergriffen worden seien, da man nicht in der Lage gewesen sei, das Eigentum an der Yacht festzustellen.
Die „Dilbar“ fährt unter der Flagge der Cayman Islands und ist bei einer Holdinggesellschaft in Malta registriert, zwei Steuer- und Bankparadiesen, in denen die Ultrareichen der Welt ihr Vermögen lagern können. Aber so etwas wie geheime Eigner gibt es nicht, denn wer etwas hat, will sich damit auch darstellen. Deshalb ist es in der Branche ein offenes Geheimnis, wem etwas gehört.
Während sich viele Luxus, Super-, Mega- und Gigayachten noch im Mittelmeer und in der Karibik befinden, waren mehr als ein Dutzend auf dem Weg zu oder bereits in abgelegenen Häfen in kleinen Ländern wie den Malediven und Montenegro angekommen, die möglicherweise außerhalb der Reichweite westlicher Sanktionen liegen. Drei liegen in Dubai
Die französischen Behörden beschlagnahmten am Donnerstag die Superyacht „Amore Vero“ in dem Mittelmeerort La Ciotat. Es wird vermutet, dass das Boot Igor Setschin gehört, einem Putin-Verbündeten, der den russischen Ölriesen Rosneft leitet, der seit der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 auf der Sanktionsliste der USA steht.
Das französische Finanzministerium teilte in einer Erklärung mit, dass die Zollbehörden an Bord der 96m langen „Amore Vero“ gingen und feststellten, dass die Besatzung seeklar machte, obwohl die Reparaturarbeiten noch nicht abgeschlossen waren.
Am Samstag beschlagnahmte die italienische Finanzpolizei im Hafen von San Remo die 45m lange Superyacht „Lena“, die unter der Flagge der Britischen Jungferninseln fährt. Die Behörden erklärten, das Boot gehöre Gennady Timchenko, einem Putin-nahen Oligarchen, der zu den von der Europäischen Union sanktionierten Personen gehört. Mit einem geschätzten Nettovermögen von 16,2 Milliarden Dollar ist Timtschenko der Gründer der Volga Group, die sich auf Investitionen in Energie, Transport und Infrastruktur spezialisiert hat.
Die 70m lange „Lady M“ wurde ebenfalls von den Italienern beschlagnahmt, als sie in der Hafenstadt Imperia an der Riviera festgemacht hatte. Das vergleichsweise bescheidene 27-Millionen-Dollar-Schiff ist Eigentum des Industriellen Alexej Mordaschow, der mit einem Vermögen von rund 30 Milliarden Dollar als reichster Mann Russlands gilt. Mordashovs große Yacht, die 140m „Nord“, lag jedoch am Freitag auf den Seychellen, die nicht in den Geltungsbereich der US- oder EU-Sanktionen fällt. Die Nord gehört zu den größten Superyachten der Welt und hat einen Marktwert von 500 Millionen Dollar. Sie wurde vor einem Jahr von Lürssen Yachts ausgeliefert.
Quellen: Reuters, AP, superyachtfan, boote exclusiv, eigene Recherchen
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