Russisches Aufklärungsschiff "Vasiliy Tatishchev" auf Station südlich Langeland. Foto: Michael Nitz

Russisches Aufklärungsschiff "Vasiliy Tatishchev" auf Station südlich Langeland. Foto: Michael Nitz

Kieler Woche: Nachklapp Russische Aktivitäten

Ende letzter Woche waren direkt vor der Haustür der Kieler Bucht im Fehmarnbelt erneut ungewöhnliche Bewegungen der russischen Marine bzw. russischen Staatsschiffe zu beobachten. Am 22. Juni 2024 hat der russische Öltanker (RFS) "Yaz" zusammen mit der Steregushiy-Klasse Korvette RFS "Stoikiy" den Fehmarnbelt in Richtung St. Petersburg passiert. Zuvor hatte die Korvette aus Richtung des Marinestützpunktes Baltiysk kommend am 19.06.2024 die Dänischen Meerengen in Richtung Norden passiert. Anzunehmen war, dass die RFS "Stoikiy" zum Schutz des zum diesem Zeitpunkt im Anlauf auf den Skagerrak befindlichen Öltanker RFS "Yaz" entsandt war.

Russisches Tankschiff "Yaz" in Begleitung der Korvette "Stoikiy". Foto: Michael Nitz

Russisches Tankschiff "Yaz" in Begleitung der Korvette "Stoikiy". Foto: Michael Nitz

Der Tanker "Yaz" verlegte Ende Mai aus Tartus (Syrien) in Richtung Norden und passierte dazu am 13.06.2024 Gibraltar, fünf Tage später folgend die Straße von Dover. Bevor der Öltanker am 21.06.2024 Skagen passierte und in die Ostsee einlief, fand im Skagerrak Tags zuvor das Rendezvous mit dem Kampfschiff der Baltischen Flotte statt. Der kleine Konvoi passierte nach einer Nachtdurchfahrt des Großen Beltes am 22.06.2024 den Fehmarn Belt in Richtung Mittlere Ostsee mit Fahrtziel St. Petersburg.

Durch den Fehmarnbelt bis in die Pommersche Bucht wurde der russische Verband durch das Einsatzschiff FGS "Bayreuth" der Bundespolizei See eskortiert. Die Kräfte der Bundespolizei sind dieser Tage durch die zahlreichen Bewegungen der russischen Marine und russischer Staatsschiffe stark gefordert. Vor der Haustür der Kieler Bucht, wo sich Ende letzter Woche die internationalen Marineeinheiten des Großmanövers BALTOPS sammelten und für das Einlaufen in den Kieler Marinestützpunkt am Freitag vorbereiteten, hatte bereits am Donnerstagmorgen, am 20.06.2024, zudem eines der kapazitätsstärksten Aufklärungsschiffe der russischen Marine Position bezogen.

Russische Korvette "Stoikiy" (Steregushchiy-Klasse) als Geleitschiff. Foto: Michael Nitz

Russische Korvette "Stoikiy" (Steregushchiy-Klasse) als Geleitschiff. Foto: Michael Nitz

Die RFS "Vasiliy Tatishchev" hat in internationalen Gewässern nordwestlich von Fehmarn und südöstlich der dänischen Insel Langeland zur Informationsgewinnung eine Reede-Position bezogen. Durchgehend bis zum Verlassen dieses Seegebietes wurde das 91,5 Meter lange und 3.470 Tonnen verdrängende Schiff von der dänischen Marine und der Bundespolizei See rund um die Uhr beobachtet. Nachdem der Großteil der kampfstärksten NATO-Schiffe, die nach Manöverende zur Kieler Woche zu Gast waren, sich am Montagnachmittag (24.06.2024) auf den Rückweg in ihre Heimathäfen oder die nächsten Einsatzgebiete gemacht hatten, verlegte die russische Aufklärungseinheit taggleich am späteren Abend ostwärts.

Was sonst noch bemerkenswert ist: Während die "Vasiliy Tatishchev" fünf Tage ihrer Informations- und Aufklärungstätigkeit nachging, hat u.a. das deutsche Vermessungsschiff FGS "Deneb" des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) im Rahmen ihres Auftrages den Meeresuntergrund im entsprechenden Seegebiet überwacht.

Text/Fotos. Michael Nitz Naval-Press-Service

3 Kommentare

  1. Liebe Diskutanten, in meinen Augen haben Sie beide einen Punkt. Natürlich ist es eine Aufgabe der Marine, militärische Aktivitäten vor unseren Küsten zu beobachten und, wenn man es so ausdrücken will, fremde Kriegs- und Hilfsschiffe in diesem Bereich zu beschatten. Das hat mit den zivilen, polizeilichen Aufgaben der Bundespolizei (See) zunächst einmal gar nichts zu tun. Deren Aufgabe ist es festzustellen, ob sich derartige Fahrzeuge an geltendes Recht halten. Militärische Aktivitäten klärt die BPol (See) nicht auf.

    Aufgrund der verschärften Sicherheitslage stimmen sich Marine und BPol (See) inzwischen sehr viel enger ab als in der Vergangenheit, und offensichtlich ist das BSH auch in diese Abstimmung einbezogen (FS Deneb). Die wichtige Nachricht an die Russen ist, dass sie von den deutschen Behörden genau im Auge behalten werden.

    Früher hatte die Marine für solche Aufträge mehr eigene Kapazitäten, so z.B. immer ein Bereitschaftsboot Ostsee. Dafür gibt es zzt. einfach zu wenige Flaggenstöcke. U.a. deshalb plant sie ja in ihrem Konzept Kurs 2035+ mit einer größeren Zahl optional bemannter Überwasserfahrzeuge. Es geht darum, wieder mehr Marinepräsenz in unseren eigenen Gewässern zeigen zu können.

    Im übrigen glaube ich nicht, dass sich die Russen totlachen über unsere Präsenz. Die Tatsache, dass sie einen alten Tanker, der aus dem Mittelmeer kommt, durch eine Korvette begleiten lassen, zeigt, dass sie uns sehr ernst nehmen. Sie sind sich nicht mehr sicher, wie wir auf einen solchen Transit reagieren, der in früheren Zeiten ein problemloser Standard war. Ich gehe davon aus, dass die Lage an Bord eher angespannt war als zum Lachen.

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  2. Wieso erfolgte die Beschattung durch ein Schiff der BP See? Hatte die Marine „nix mehr greifbar“ (wegen der Kieler Woche) oder war „Deeskalation befohlen“ (Polizeiboot statt Kriegsschiff)? Ich finde das nicht gut, das hat bei der russischen Besatzung sicher nur für allgemeines Feixen über die Deutschen gesorgt.

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    • Sehr geehrter Herr Kapitänleutnant der Reserve Roesner,

      als ehemaliger Marineoffizier wissen Sie, dass die Streitkräfte nach Artikel 87a GG zur Verteidigung eingesetzt werden und der Einsatz im Inneren der Bundesrepublik Deutschland durch Artikel 35 GG (gegenseitige Rechts- und Amtshilfe) geregelt wird.
      Ergo ist es in Friedenszeiten keine Aufgabe für die Marine und hat deshalb auch nichts mit „Deeskalation befohlen“ zu tun. Es ist gem. Bundespolizeigesetz schlicht Aufgabe der Bundespolizei See, die seewärtigen Außengrenzen unseres Landes zu schützen. Darunter fällt auch die Überwachung und Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs an der maritimen Schengen-Außengrenze und die Überwachung der Seegebiete und des Schiffsverkehrs in Ost- und Nordsee bezüglich der Einhaltung der schifffahrtpolizeilichen Bestimmungen außerhalb des Küstenmeeres.

      Die Bundespolizei See hat dazu einen informativen Link:
      https://www.bundespolizei.de/Web/DE/03Unsere-Aufgaben/05Grenzpolizei-auf-See/Grenzpolizei-auf-See_node.html

      Mit freundlichem Gruß
      Klaus Klages
      Redaktion marineforum.online

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