Vizeadmiral Igor Osipov, Kommandeur Schwarzmeer-Flotte. Foto: socialmedia/East2west-News

Vizeadmiral Igor Osipov, Kommandeur Schwarzmeer-Flotte. Foto: socialmedia/East2west-News

Kommandeur der Schwarzmeer-Flotte seines Amtes enthoben

Moskauer Einblicke – Schicksale und Fragen

Seit dem schweren Schlag, den die Marine der Russischen Föderation mit dem Untergang des Slava-Klasse-Kreuzers und Flottenflaggschiffes „Moskwa“ am 14. April erlitten hatte, gibt es kaum verlässliche Informationen zum Verbleib des Kommandanten des Kreuzers und des Kommandeurs der Schwarzmeer-Flotte, sowie Teilen der Besatzung. Ukrainische Dienste berichteten schon recht früh über eine Amtsenthebung und Festsetzung des Flottenchefs, der bekanntlich auch nicht anlässlich der großen Siegesparade am 9. Mai weder in Moskau noch in Sewastopol öffentlich zu sehen war. Nun bestätigen westliche Dienste, insbesondere das Londoner Verteidigungsministerium, dass Vizeadmiral Igor Ossipow seines Amtes enthoben wurde.

Totgesagte leben länger

Zwischendurch vermuteten verschiedene Medien, dass Ossipow während des Beschusses der „Moskwa“ an Bord seines Flaggschiffes eingeschifft war und zu den Opfern des Untergangs zählte. Das leitete man ab aus den mysteriösen Formulierungen zur Begründung seiner Abwesenheit bei den offiziellen Terminen: Ossipow befinde sich auf seinem „Kampfposten“ und sei nicht in der „Verfassung“, an solchen „Feierlichkeiten“ teilzunehmen. Man habe ihn seit dem Untergang der „Moskwa“ eben nicht mehr lebend gesehen – und folgert daraus das Schlimmste!

Kommandant ist wohl an Bord geblieben

Wie sich allerdings immer mehr herausstellt – zumindest nach britischen Medienberichten, die sich auf ukrainische Angaben stützen – zählt wahrscheinlich zu den Toten des Flaggschiffes auch der Kommandant, Kapitän Ersten Ranges Anton Kurpin. Eine Bestätigung aus Moskau gibt es dazu natürlich nicht, ebensowenig wie weitere Angaben zu den tatsächlichen Opfer- und Verletztenzahlen des Untergangs. Das bietet immer wieder Raum für spekulative Äußerungen.

Nukleare Befürchtungen

Ebenso unklar ist die Qualität der auf der „Moskwa“ mitgeführten und möglicherweise beschädigten, aber sicher untergegangenen Munition: Hatte der Kreuzer nukleare Bewaffnung an Bord? Wieviele Köpfe waren es – waren zwei der 16 großen Seeziel-Flugkörper SS-N-12B/P-1000 Sandbox/Vulkan mit atomaren 350 kT-Sprengkörpern bestückt, wie befürchtet wird? Wie waren sie gelagert – oder waren sie gefechtsbereit im Silo? Wo liegt diese Munition jetzt, und in welchem Zustand befindet sie sich? Das sind Fragen, die nicht nur die beiden Kontrahenten betreffen, sondern alle Anrainer des Schwarzen Meeres brennend interessieren. Der Vorfall dürfte ohnehin ein Fall für internationale Gremien werden, wie die Vereinten Nationen und Atomenergie-Aufsichtsbehörden.

Kein Einzelfall

Ähnlich wie dem Chef der Schwarzmeer-Flotte soll es übrigens auch dem Kommandeur der russischen Truppen im Raum Charkiw ergangen sein, der den zuvor eroberten Raum in den letzten Wochen unter ukrainischem Druck wieder gen Russland verlassen musste.

Öffentliche Einblicke

Erst Anfang der Woche hatte der Militärjournalist Oberst a.D. Michail Chodarenok im staatlich-russischen Fernsehen in einer beliebten Talk-Show gegen verbalen Widerstand der Moderatorin auf die vielen Ungereimtheiten des „alles läuft nach Plan bei der militärischen Spezialoperation“, die Professionalität der ukrainischen Streitkräfte und die internationale Sanktionierung Russlands durch 42 Staaten hingewiesen. Zwei Tage später durfte er an gleicher Stelle seine Äußerungen erheblich relativieren – es waren lediglich russische Anfangsfehler, jetzt werde alles besser, alles sei gut! Auf seine Bewertungen wird man in Russland wohl für eine Zeit lang verzichten müssen. Chodarenok, Jahrgang 1954, war Luftwaffenoffizier, diente in der Hauptdirektion des Generalstabes der russischen Streitkräfte und ließ sich bereits 2000 früh in die Reserve versetzen, um journalistisch tätig sein zu können. Von ihm stammte übrigens auch die Grundlage für für die hier im marineforum.online am 14.02.2022 vor dem Überfall auf die Ukraine gegebene Analyse der Schwarzmeer-Flotte der Russischen Föderation.

Zum Video auf n-tv.de:

https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Kritische-Meinung-im-russischen-Staats-TV-Ex-Oberst-widerspricht-Propaganda-oeffentlich-article23338002.html?dicbo=v2-2cd52899df3fa1e3d7d419881affecc8

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