Verteidigungsminister Boris Pistorius hat am 21. Oktober 2024 ein neues Hauptquartier in Rostock eingeweiht
Die Deutsche Marine hat heute offiziell eine regionale Führungsrolle übernommen – die Funktion "Commander Task Force Baltic" (CTF Baltic) wird sie die kommenden vier Jahre wahrnehmen. Damit trägt sie eine höhere Verantwortung in der Ostseeregion. CTF Baltic steht für Führungsaufgaben des Bündnisses in der Ostsee bereit, führt ein maritimes Lagebild und koordiniert Marineaktivitäten in der Region. Aufgabe ist es zudem, Übungen zu planen und Operationen von Seestreitkräften der NATO zu führen. Für die Bundeswehr ist dies eine Stärkung der Landes- und Bündnisverteidigung. Das unterstrich der Bundesminister der Verteidigung Boris Pistorius deutlich, in dem er die Aufstellungszeremonie persönlich vornahm. Die Ostsee sei nicht zuletzt aufgrund der russischen Aggressionen wieder im Focus. Hatte man sich nach dem Kalten Krieg auf umfassende Kooperationen in der "Baltic-Sea" eingestellt ist nun wieder militärische Stärke gefragt, "leider" konstatierte der Minister. Und da verfügt die Deutsche Marine historisch über eine umfassende, regionale Expertise und breite Fähigkeiten zur Seekriegsführung in der Ostsee. Zudem ist sie auch nach dem Beitritt von Finnland und Schweden zur NATO immer noch die größte NATO-Marine in der Ostsee.
Die NATO hat in der Anpassung ihrer Führungsstruktur seit 2017 unter anderem auch die Aufstellung von ständigen maritimen Hauptquartieren auf der sogenannten obersten taktischen Ebene entschieden. Diese Commander-Task-Force-Stäbe haben zwei Hauptaufgaben: maritime Operationen und Übungsvorhaben zu planen sowie von der NATO zugeteilte Seestreitkräfte in Frieden, Krise und Krieg zu führen. Für diese Zwecke soll CTF Baltic in der Region Ostsee dem Bündnis rund um die Uhr ein aktuelles maritimes Lagebild zur Verfügung stellen, welches militärische und zivile Daten zusammenführt. Bedauerlicherweise wurde in manchen Medien von einem neuen "NATO - Hauptquartier" gesprochen: das ist nicht korrekt. CTF Baltic ist ein nationales Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung. Es wird durch den deutschen Admiral Stephan Haisch geführt werden. Die Position seines Stellvertreters wird zunächst mit einem polnischen Admiral besetzt, die des Chefs des Stabes mit einem schwedischen Stabsoffizier. Die Deutsche Marine stellt dabei das Gros des Personals und die Führungsinfrastruktur des Einsatzstabs DEU MARFOR zur Verfügung. Neben Deutschland sind noch elf weitere Nationen personell an CTF Baltic beteiligt: Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen und Schweden. Dafür sind im CTF Baltic bereits in Friedenszeiten 180 Dienstposten besetzt, davon 60 multinational. Im Krisen- und Konfliktfall kann der Stab auf bis zu 240 Dienstposten aufwachsen. Diese Einzelabstellungen von Personal anderer NATO-Mitglieder in das deutsche Hauptquartier ist keine NATO - Truppenstationierung. Nach vier Jahren ist eine Rotation mit Polen und Schweden beabsichtigt.
Siehe dazu auch: Deutsche Welle - Faktencheck
https://www.dw.com/de/faktencheck-verst%C3%B6%C3%9Ft-nato-pr%C3%A4senz-in-rostock-gegen-zwei-plus-vier-vertrag/a-70512246
Leider ist die rechtliche Lage nicht allen Mitdiskutanten bekannt. Auch wenn die Redaktion dankenswerter Weise schon vieles richtiggestellt hat, möchte ich einiges geraderücken, was in der Diskussion, hier und anderswo, teilweise durcheinandergeht.
Weder ist das Hauptquartier ein NATO-Hauptquartier, noch gibt es, wie mancherorts behauptet, nur ein einziges NATO-Hauptquartier in Brüssel. Deshalb ein paar Hintergründe. NATO-Hauptquartiere sind solche, die als Dienststellen von der NATO selber betrieben werden. Gemeinsam bilden sie die NATO-Kommandostruktur (NATO Command Structure/NCS). (https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Kommandostruktur)
Die Truppen der NATO werden von den Nationen gestellt. Sie bilden die NATO-Streitkräftestruktur (NATO Force Structure/NFS) (https://de.wikipedia.org/wiki/NATO-Streitkräftestruktur, https://www.nato.int/cps/en/natohq/topics_69718.htm, die der NCS unterstellt und von dieser zu unterscheiden ist. Zur NFS gehören wiederum nationale und multinationale Hauptquartiere (HQ), die für die niedrigeren Führungsebenen zuständig sind. Die Streitkräfte der Bundeswehr im Beitrittsgebiet sind Teil der NATO-Streitkräftestruktur.
Das lässt der 2+4-Vertrag ausdrücklich zu wo es heißt: „Nach dem Abschluß des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins können in diesem Teil Deutschlands auch deutsche Streitkräfteverbände stationiert werden, die in gleicher Weise militärischen Bündnisstrukturen zugeordnet sind wie diejenigen auf dem übrigen deutschen Hoheitsgebiet, allerdings ohne Kernwaffenträger.“ (Art 5, Abs 3., Satz 1). Der in Rostock eingerichtete Führunsstab ist ein Teil dieser deutschen Streitkräfte im Beitrittsgebiet und damit Teil der NFS.
Hinsichtlich der Frage, ob in diesem HQ ausländische Ofiiziere tätig sein dürfen, wird häufig Art 5, Abs 3., Satz 3 zitiert: „Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.“ Daraus ein Stationierungsverbot für alle einzelnen ausländischen Soldaten gefolgert. Das ist nicht stichhaltig, insofern als diese Offiziere keine eigenständige ausländische Struktur bilden, sondern ein integraler Teil einer deutschen Dienststelle sind. Im übrigen hat nicht einmal Russland je Anstoß daran genommen, dass im Einsatzführungskommando in Potsdam seit langem ausländische Verbindungsoffiziere eingesetzt sind.
Nach Artikel 5 des 2 plus 4 Vertrages vom 21.10.1991 Absatz 3 (3) letzter Satz lautet, „Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.“ Diese Regelung ist mehr als eindeutig und die zurechtgelegte Behauptung, dass ausländische Streitkräfte nur Einzelabstellungen im Rahmen des „Bereitgestellten“ dorthin verlegt sind, ist ein Verstoss gegen das 2 plus 4 Abkommen! Der Aufenthalt von ausländischem Militär Angehörigen ist ja nicht für ein paar Tage oder wenige Wochen geplant, sondern für mehrere Jahre! Das nationale Hauptquartier wird für die nächsten 5 Jahre von einem deutschen Admiral geleitet. Und anschließend……?! Eine typische Beschwichtigungsargumentation, um die Bevölkerung für dumm zu verkaufen!
Sehr geehrter Herr Born,
zur heutigen offiziellen Aufstellung des Maritimen Hauptquartiers „für“ die NATO in Rostock folgende Klarstellung: Die in den Medien formulierte Nachricht entspricht unglücklicherweise nicht immer der mitgeteilten Sachlage – dies führt zu unnötiger Fehlinterpretation und vermeidbarer Aufregung.
Das aus dem Führungs- und Einsatzstab DEU MARFOR (German Maritime Forces) im Marinekommando Rostock jetzt hervorgegangene MHQ CTF Baltic (Maritime Headquarter, Commander Task Force Baltic) ist eine „nationale Dienststelle mit multinationaler Beteiligung“ und bedeutet keine „Stationierung ausländischer Streitkräfte“ im Sinne des 2plus4-Vertrages von 1991.
Für die nächsten vier Jahre wird die Deutsche Marine die Funktion des CTF Baltic durch einen deutschen Flaggoffizier wahrnehmen. Dieser hat die Aufgaben
erstens – das militärische Lagebild für den Operationsraum Ostsee zu erstellen,
zweitens – gemeinsame Übungen verschiedener NATO-Nationen im Operationsraum zu planen, und
drittens – diese Übungen und Einsätze der Seestreitkräfte zu führen.
Der Verschärfung der militärischen Lage in Europa geschuldet, werden jetzt dauerhaft und strukturiert – personell (Stab) sowie materiell (Gebäude) – einige maritime Aufgaben erfüllt, die bisher nur nach Aktivierung für spezifische Vorhaben und im Krisenfall wahrgenommen wurden. Dazu bedient sich der CTF neben den Räumlichkeiten in Rostock auch des Einsatzstabes DEU MARFOR im Marinekommando, das entsprechend einen Großteil des Personals des CTF-Stabes stellt. Die NATO-Marinen Frankreichs, Großbritanniens und Italiens verfahren im Übrigen in gleicher Weise.
CTF Baltic ist also ein nationales taktisches Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung – es ist ausdrücklich nicht struktureller und hierarchischer Bestandteil der NATO-Kommandostruktur. Die Einzelabstellung von Personal anderer NATO-Staaten in dieses HQ stellt daher auch keine „Truppenstationierung von NATO-Streitkräften“ im Sinne des 2plus4-Vertrages dar, und auch die Aufgabenwahrnehmung des CTF Baltic steht den vertraglich eingegangenen Verpflichtungen Deutschlands nicht entgegen.
Bei der Aufstellung des neuen Kommandos in Rostock sind 12 Bündnisnationen mit 27 militärischen Personen beteiligt – bei einem Aufwuchs auf insgesamt 180 Dienstposten könnte dieses Kontingent maximal 60 Dienstposten umfassen. Die ersten Jahre führt ein deutscher Admiral mit einem polnischen Stellvertreter und einem schwedischen Chef des Stabes. Alle vier Jahre ist eine Rotation unter diesen drei Nationen vorgesehen.
Nochmals: Die Aufstellung des CTF Baltic mit multinationalen Anteilen bedeutet keine Truppenstationierung anderer NATO-Nationen in den neuen Bundesländern. CTF Baltic ist ein Führungs- und Einsatzstab „für“ die NATO – wird ihr bei Erfordernis zur Verfügung gestellt – und nicht „der“ NATO.
Für dumm soll hier niemand verkauft werden – und bestimmt nicht von der Marine oder dem marineforum – es sei denn, er/sie will es!
Für die Redaktion
Axel Stephenson
Bei Wikipedia nachzulesen oin Ostdeutschland dürfen keine Truppen fremder staaten stationiert werden. 2+ 4 vertrag von 1990
Sehr geehrter Herr „Diwobi“, lesen Sie bitte genau: „CTF Baltic ist ein rein nationales Hauptquartier mit multinationaler Beteiligung“. Es ist also kein Hauptquartier der NATO, sondern für die NATO. Sie beziehen sich richtigerweise auf Art. 5 Abs. 3 des Zwei-plus-Vier-Vertrages, gleichwohl sind keine dauerhaften Truppen-Stationierungen vorgesehen, sondern nur Einzelabstellungen von Soldaten und Soldatinnen aus verschiedenen NATO-Nationen. Insofern verstößt das Verfahren nicht gegen den 2+4 Vertrag. Das darf die Bundesregierung im Einzelfall entscheiden (Stichwort: Streitkräfteaufenthaltsabkommen). Zugegeben – es ist kompliziert.