Voll besetzter Tagungsaal in Linstow, Foto: hsc

Voll besetzter Tagungsaal in Linstow, Foto: hsc

Marineworkshop Linstow 2025: „Wir sind nicht am Yukon“

Im abgeschiedenen Linstow kommen alljährlich Experten aus Verbänden, Behörden, Bundeswehr, Industrie und Beschaffung zusammen. Diesmal war der Zustrom aus der Wirtschaft besonders groß.

Das Motto „Das Maritime Gefecht: Treiber für Forschung, Rüstung und Nutzung“ hatte die Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Streitkräften zum diesjährigen, 27. Marineworkshop am 23. und 24. September im Van der Valk Resort in Linstow zusammengeführt. Es traf sich wie immer das klassische Dreieck: Marine, öffentlicher Auftraggeber und Industrie.

Begrüßung durch Konteradmiral Müller-Meinhard, Foto: hsc
Begrüßung durch Konteradmiral Müller-Meinhard, Foto: hsc

Die Aussicht auf eine sicherheitspolitische Zukunft mit mehr Investitionen, Innovationen und Chancen führte zu einem Melderekord. Der Schirmherr, Konteradmiral Christoph Müller-Meinhard, konnte beim traditionellen Barbecue-Abend über 800 Teilnehmer begrüßen. Bereits beim traditionellen Einlaufbier im Außenbereich spürte man im Gedränge, dass in diesen Zeiten wahrlich kein Klassentreffen stattfand, der Ernst der Lage, der Zeitdruck und die Verantwortung formulierte Müller-Meinhard auch in seiner Ansprache.

Die Begrüßung im Saal am zweiten Tag erfolgte durch Generalmajor a.D. Wolfgang Döring, das Grußwort sprach Staatssekretär Jochen Schulte vom Ministerium für Wirtschaft des Gastgeberlands Mecklenburg-Vorpommern. Der Staatssekretär verwies darauf, dass das Bundesland keine Randlage habe, sondern als eines der wenigen Länder alle Teilstreitkräfte beherberge. Der Organisator, Oberst a.D. Bernd Kögel, sollte zum letzten Mal das Zepter in der Hand haben und wurde am Schluss mit einem „Danke, Bernd“ gebührend verabschiedet.

Den Auftakt machte Vizeadmiral Frank Lenski, Stellvertreter des Inspekteurs der Marine und Befehlshaber der Flotte und Unterstützungskräfte. Er blickte auf die Geschichte des Workshops zurück und erwähnte den vergleichsweise kleinen Beginn in Eckernförde mit 200 Personen. Er mahnte an, dass der Workshop kein Anlass für Goldgräberstimmung sei, man sei schließlich nicht am Yukon. Man sei hier, um was zu tun. Er sprach über Verfügbarkeit, Präsenz und die Bindung durch die russische Schattenflotte. Es sei eine Epoche wie noch nie: viel Geld, aber wenig Zeit.

Vizeadmiral Frank Lenski, Foto: hsc
Vizeadmiral Frank Lenski, Foto: hsc

Da es der letzte Auftritt des scheidenden Befehlshabers war, wurde er mit stehendem Applaus verabschiedet. Ministerialdirigent Eckart Meyer-Höper, stellvertretender Abteilungsleiter Planung im Verteidigungsministerium, bemühte als Allegorie den Fußballsport, und er rief auf, dem Gegner sein eigenes Spiel aufzuzwingen. Sein Hinweis auf kleine Unternehmen und Start-ups, die ihre Exzellenz für den Rüstungsbereich noch gar nicht erkannt haben und denen man den Eintritt ermöglichen sollte, mag nicht allen Anwesenden gefallen haben – er sprach offen vom „Unbehagen der Platzhirsche“.

Vizeadmiral Carsten Stawitzki, Abteilungsleiter Rüstung im Verteidigungsministerium, nutzte die Keynote für gewohnt deutliche Worte. Er sprach über die strategische Ausrichtung und die Rüstungsplanung der Bundeswehr, insbesondere der maritimen Kräfte, im Rahmen der Zeitenwende 2.0 zur Sicherstellung einer glaubhaften Abschreckung und Bündnisfähigkeit. Er betonte die Bedeutung moderner Ausrüstung und logistischer Unterstützung. Mit Blick auf die Anpassung gesetzlicher Rahmenbedingungen brachte er eine emotionale Note ein: „Wir können der Ukraine nur helfen, weil sie nicht in der EU ist.“ Es folgte eine Schelte für mehrere Institutionen, er habe kein Verständnis für Verzögerungen.

Kapitän zur See Schmidt-Thomee und Kapitän zur See Dubnitzki mit Christina Jetzschmann von Airbus, Foto: hsc
Kapitän zur See Schmidt-Thomee und Kapitän zur See Dubnitzki mit Christina Jetzschmann von Airbus, Foto: hsc

Harald Fassmer, Präsident des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik, sprach die Keynote für die maritime Industrie. Er wiederholte die von seinem Verband bekannte Formel, dass maritime Sicherheit auch die Sicherheit des ganzen Landes sei. Er machte den Vorschlag, bei der Lösung der Probleme mit der Fregatte 126 eine zweigleisige Strategie zu wählen.

Die weiteren Keynotes sprachen Ministerialdirigent Alexander Schott, Leiter Forschungs- und Innovationshub im Verteidigungsministerium, Kapitän zur See Markus Gansow, Abteilungsleiter im Planungsamt der Bundeswehr, und Frank Menning, Direktor der Wehrtechnischen Dienststelle 71.

Die angekündigte Präsidentin des Bundesamts für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, Annette Lehnigk-Emden, war nicht in Linstow anwesend. Die sieben Keynotes zu Beginn der Veranstaltung, so inhaltsreich sie auch waren, wurden im Plenum mehr als „zuviel des Guten“ bewertet.

Weitere Vorträge hielten Flottillenadmiral Dirk Gärtner vom Marinekommando über Planung und Konzeption der Marine, der Leitende Regierungsdirektor Rainer Sacher über das kriegstüchtige Marinearsenal und Heiko Höfler von der Rechtsanwaltsgesellschaft PwC Legal über das Seerecht im Kontext autonomer Systeme.

Der fachliche Fokus der DWT liegt traditionell bei den über 30 Poster­vorträgen an zwei Tagen. Der persönliche Austausch und das Knüpfen von Kontakten geschahen auf den Ständen der mehr als 60 anwesenden Unternehmen. Die Ausstellung war ausverkauft. Abschließend sprach die estnische Botschafterin Marika Linttam über den Blick ihres Landes auf die Ostsee.

Holger Schlüter

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