NATO - Verteidigungsministertreffen 14. Februar 2023. Foto: NATO

NATO - Verteidigungsministertreffen 14. Februar 2023. Foto: NATO

NATO richtet Zentrum zum Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur ein

Ein Ergebnis des NATO-Rates auf Ebene der Verteidigungsminister vom 14. und 15. Februar 2023 ist die Einrichtung einer Koordinierungszelle zum Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur. Zu den wenigen Details aus der Ankündigung des NATO-Generalsekretärs Jens Stoltenberg gehörte die Bekanntgabe des Leiters, des deutschen Generalleutnant a.D. Hans-Werner Wiermann. Er war bis Juli 2022 Generaldirektor des Internationalen Militärstabs im NATO-Hauptquartier in Brüssel. Nach Stoltenberg soll das Zentrum Schwachstellen identifizieren, die Zusammenarbeit mit der Industrie erleichtern sowie wichtige militärische und zivile Akteure zusammenbringen. Für den NATO-Gipfel in Vilnius (11.-12. Juli 2023) kündigte der Generalsekretär eine Befassung mit dem Schutz kritischer Unterwasserinfrastruktur an.

Die Koordinierungszelle für kritische Unterwasserstruktur wird im NATO-Hauptquartier angesiedelt. Die englische Bezeichnung ist Undersea Infrastructure Coordination Cell, was das Akronym UICC anheimstellt. Mit dem neuen Organisationselement verspricht sich die NATO einen besseren Austausch über bereits existierende Verfahren und die Nutzung innovativer Technologien zur Optimierung der Sicherheit submariner Infrastruktur.

Generalleutnant Hans-Werner Wiermann, Generaldirektor Internationaler Militärstab der NATO (DGIMS). Foto: Nato

Resilienz

Zwei Jahre nach der Vorlage eines Berichtes mit der Warnung vor Mängeln in der Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastruktur in der Allianz und vier Monate nach der Sabotage an den Nordstream-Pipelines nimmt das Verteidigungsbündnis bei der Bedrohung kritischer Infrastruktur Fahrt auf. Mit der Einrichtung der Koordinierungszelle für submarine Infrastruktur kann es sich nur um einen ersten Schritt zur Stärkung der Resilienz kritischer Infrastruktur handeln. Beim NATO-Gipfel 2016 wurde "Resilienz" als eine Priorität der Allianz erkoren. In der Folge wurden die grundlegenden Anforderungen an Resilienz behandelt. Zunehmend kamen zivile Infrastrukturen, zivile Dienstleistungen und Ressourcen, Telekommunikation, Cyber-Bedrohungen gegen zivile Ziele, die Sicherheit von Lieferketten, die Risiken von ausländischem Eigentum und ausländischer Kontrolle in das Blickfeld der Resilienzbetrachtung.

In einem ersten Kulminierungspunkt berieten die Verteidigungsminister im Oktober 2020 den Bericht über die Resilienz im Bündnis. Im (nicht öffentlichen) Bericht wird der Stand der zivilen Widerstandsfähigkeit der Mitgliedsländer untersucht. Dabei werden Energieversorgung, Transport- und Kommunikationsmittel sowie andere Bereiche des öffentlichen Lebens dahingehend analysiert, wie sich eine beeinträchtigte Kontinuität ziviler Funktionen auf militärische Einsätze in Krisenzeiten auswirken kann. Der Militärausschuss wurde in der Folge mit der Erarbeitung von Empfehlungen zur Verstärkung der Zusammenarbeit und Koordinierung mit dem privaten Sektor beauftragt.

Koordinierung scheint geboten

NATO-intern.

Special Meeting of the NATO Military Committee. Foto: NATO

Ein Aspekt der Arbeit der neuen Koordinierungszelle wird die Zusammenführung der Verantwortlichkeiten und Expertise sein, die nicht nur national unterschiedlich organisiert ist. Auch innerhalb der Allianz verteilen sich Kompetenzen, die den Unterwasserbereich betreffen, auf unterschiedliche Dienststellen und ‚Centers of Excellence‘. So ist das ‚Centre for Maritime Research and Experimentation‘ in La Spezia ein Forschungs- und Technologiezentrum der NATO, das sich militärischer Aspekte der Meeresforschung widmet. Im Kieler ‚Centre of Excellence for Operations in Confined and Shallow Waters‘ bemüht sich die ‘Underwater Warfare Capability Group’ um die Entwicklung und Verbesserung der für die Kampfführung unter Wasser erforderlichen Fähigkeiten. In Vilnius bereitet das NATO Energy Security Centre of Excellence Fragen der betrieblichen Energiesicherheit auf. Um nur einige Beispiele der verstreuten Expertise zu nennen.

Mitgliedsstaaten.

Außerhalb der NATO existieren nationale Dienststellen zum Schutz kritischer Infrastruktur. Beispielsweise koordiniert das Nationale Krisenzentrum (NCCN) die Sicherheit und den Schutz der kritischen Infrastrukturen in Belgien. CISA, die ‚Cybersecurity and Infrastructure Security Agency‘ der Vereinigten Staaten befasst sich mit der „Abwehr heutiger Bedrohungen“, um „gemeinsam eine sicherere und widerstandsfähigere Infrastruktur für die Zukunft aufzubauen“.

EU.

Die EU-Kommission hat ein Warn- und Informationsnetz für kritische Infrastrukturen (CIWIN) entwickelt. Es soll ein internetgestütztes Mehrebenensystem für den Austausch von Ideen, Studien und bewährten Verfahren zum Schutz kritischer Infrastrukturen bieten. In der EU gilt zudem seit Juni 2022 die Richtlinie über die Widerstandsfähigkeit kritischer Einrichtungen (CER-Richtlinie). Mit ihr werden Vorschriften möglich, die „die Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastrukturen gegenüber einer Reihe von Bedrohungen wie Naturgefahren, Terroranschlägen, Insider-Bedrohungen oder Sabotage sowie Notfällen im Bereich der öffentlichen Gesundheit wie der jüngsten COVID-19-Pandemie stärken“.

Im Anschluss ihres gemeinsamen Treffens am 11. Januar 2023 gaben NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, die Einrichtung einer Taskforce für Resilienz und den Schutz kritischer Infrastrukturen bekannt.

Bleibt General a.D. Wiermann zu wünschen, dass der zur Orientierung in diesem Labyrinth erforderlich erscheinende Ariadnefaden auf dem Versorgungsweg verfügbar ist. Und ihm zugänglich gemacht werden kann.

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