In die Beschaffungen der Marine scheint Bewegung zu kommen. Über das ‚offene‘ Vorhaben Betriebsstofftransporter hinaus bleiben die Flottendienstboote im Fokus, auch wenn es um das Programm zwischenzeitlich ruhig geworden war. Dem Vernehmen nach wird zwischen Rostock, Berlin und Koblenz daran gearbeitet, die Beschaffung der Aufklärungseinheiten noch vor der parlamentarischen Sommerpause in die zuständigen Bundestagsausschüsse zu bringen. Während die Betriebsstofftransporter bisher an der Vergabe strauchelten, fanden die Aufklärungseinheiten in einschlägigen Anfragen an die Bundesregierung eine positive Würdigung. Das Bundesverteidigungsministerium kommentiert auf seinem Internetauftritt zum Verteidigungshaushalt 2021 (https://www.bmvg.de/de/themen/verteidigungshaushalt/verteidigungshaushalt-2021): „Außerdem sind [die Eurodrohne, das deutsch-norwegische Vorhaben U 212 Common Design nebst Flugkörper und] die Beschaffung neuer Flottendienstboote berücksichtigt.“
Ohnehin stehen die Einsatzfahrzeuge für das Seebataillon und für die Spezialisierten Einsatzkräfte Marine auf dem Wunschzettel des Marinekommandos. Mit einer europaweiten Ausschreibung, die am 20. Juli 2020 endete, beabsichtigt das Bundesverteidigungsministerium, für das Kommando Spezialkräfte der Marine über einen Rahmenvertrag mindestens neun Einsatzboote mit mittlerer Reichweite nebst Ausrüstung und weiteren, den Booten dienenden Leistungen zu beschaffen. Es sind Abrufleistungen von bis zu zwölf weiteren baugleichen Booten vorgesehen. Die Beschaffung wird als erstes Vorhaben in der Projektgruppe S4 der Abteilung See des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr umgesetzt.
Nach Informationen von Griephan (Ausgabe vom 8. Januar 2021) könnten diese Marinebeschaffungsvorhaben im ersten Halbjahr 2021 in den parlamentarischen Ausschüssen beraten werden:
- Beschaffung von zwei Marinebetriebsstofftransportern Klasse 707
- Entwicklung und Beschaffung zwei U-Booten Klasse 212CD
- Beschaffung von Festrumpfschlauchbooten als Ersatz für RHIB 1010
- Beschaffung von drei Flottendienstbooten der Klasse 424
- Beschaffung des Lenkflugkörpersystems NSM
- Entwicklung und Beschaffung eines unbemannten Hubschraubers zur Aufklärung für die Korvetten 130
- Materialerhaltung Flugkörper RBS 15
- Obsoleszenzbeseitigung Radar Smart-L auf der Fregatte Klasse 124
- Obsoleszenzbeseitigung bei den taktischen Radaren der Fregatten Klasse 123
Am 1. Februar 2021 wurde bekannt, dass die MTG Marinetechnik GmbH nach europaweiter Ausschreibung zur Durchführung von Studien in insgesamt zwölf Themengebieten beauftragt wurde. Für ‚Zukünftige Überwasserkampfschiffe‘ (ZÜKS) sollen Kosten- und Leistungsanalysen den Boden für Planungsentscheidungen bereiten. Namentlich erwähnt werden die Bereiche Hafenschlepper, Minenräumdrohne, Mittlere Unterstützungseinheit seegehender Einheiten (MUsE), Mehrzweckkampfboot, Wohnboot, „verschiedene Ausbildungsanlagen und Einheiten“, Hafentanker, Versetzboot und das Projekt ‚Next Generation Frigate‘.
Im Bereich der Unterstützungsfahrzeuge, so wurde Mitte Januar bei der Konferenz „Surface Warships“ in Londoner bekannt, bemüht sich Rostock um die überfällige Ersatzbeschaffung der (Hafen-)Betriebs- und Ausbildungsschiffe. Über den Hinweis zivilen Designs und der Möglichkeit zum Leasing, also weg von der Selbstverwaltung derartiger Fahrzeuge – wurden keine Details bekannt gegeben.
Betriebsstofftransporter Klasse 707
Konkreter sind Vorstellungen zur Nachfolge der Betriebsstofftransporter, der Flottendienstboote und der Tender Klasse 404. Die geplanten Betriebsstofftransporter der Klasse 707 werden die schwimmenden Tankstellen der Marine sein. Sie heben sich sowohl optisch als auch im Leistungsvermögen deutlich von ihren Vorgängern „Rhön“ und „Spessart“ der Klasse 704 ab – und dies nicht nur wegen ihrer Doppelhülle. Sie erfüllen auch die NATO-Vorgabe der ABC-Tauglichkeit.
Mit dieser Auslegung sind die Vorgaben gegenüber den früher bekanntgemachten Parametern an zwei Positionen wesentlich verändert. Aus den ehemals geforderten 20 Knoten Geschwindigkeit sind nun maximal 18 Knoten geworden. Der Tiefgang vergrößert sich auf 9,5 Meter. Dies ermöglicht zwar einerseits, dass sich die am Auftrag interessierten Werften an gängigeren Entwürfen orientieren können, was sich in geringeren Bau- und Entwicklungskosten niederschlagen soll. Andererseits muss die Marine sich nun mit der Stationierung der Schiffe auseinandersetzen. Die militärische Forderung sah bislang vor, dass auch die neuen Betriebsstofftransporter einen Tiefgang von acht Metern aufweisen, um eine Vertiefung des Marinestützpunkts in Wilhelmshaven zu vermeiden.
Betriebsstofftransporter | Klasse 707 | Klasse 704 |
---|---|---|
Länge | 160 m | 130 m |
Breite | 23 m | 19 m |
Verdrängung | 20.000 t | 14.200 t |
Max. Geschwindigkeit | 18 kn | 16 kn |
Reichweite | 8.000 nm | |
Besatzung | 42 (zivil) | 42 (zivil) |
Einschiffungskapazität | 23 | 14 |
Kraftstoff | 12.000 cbm | 10.400 cbm |
Schmierstoffe | 100 cbm | 55 Fass |
Flugkraftstoffe | 500 cbm | |
Containerstellplätze | 10 TEU | 2 TEU |
Flugdeck | für NH90 | - |
Flottendienstboote der Klasse 424
Die Auswahlentscheidung für einen Realisierungsvorschlag wird Anfang 2021 erwartet, sodass – nach parlamentarischer Billigung – anschließend ein Vertragsschluss mit der Industrie erfolgen kann. Mit der Auslieferung der Baunummer eins wird 2025 gerechnet. Zuvor ging man davon aus, dass die beiden nachfolgenden Einheiten im Abstand von jeweils einem Jahr der Flotte zugehen. Nach uns vorliegenden Informationen steuert die Planung auf ein Design von 140 Meter Länge bei 4000 Tonnen Verdrängung zu. Die Fahrbesatzung der "Boote" soll bei 50 liegen, die einzuschiffende Aufklärungsmannschaft soll eine ähnliche Stärke umfassen.
Ersatz für Tender Klasse 404
Sechs Einheiten mit begrenzten Führungsfähigkeiten für kleine Einsatzgruppen sollen die vorhandenen Tender der Klasse 404 ab 2029 ersetzen. Das CPM-Dokument „Fähigkeitslücke und Funktionale Forderung“ für die „Mittlere Unterstützungseinheit schwimmende Einheiten“ (MUsE) soll erstellt und gezeichnet sein.
Tender | MUsE | Klasse 404 |
---|---|---|
Länge | 130 m | 100 m |
Verdrängung | 10.000 t | 3.170 t |
Max. Geschwindigkeit | 18 kn | 15 kn |
Besatzung | 70 | 36 |
Einschiffungskapazität | 70 | 30 + 12 |
Kraftstoff | 2.400 cbm | 700 cbm |
Flugkraftstoffe | 75 cbm | 60 cbm |
Frischwasser | 200 cbm | 280 cbm |
Flugdeck | für NH90 | ja |
Neue U-Boote der Klasse 212CD
Nach langem Warten soll im ersten Halbjahr 2021 das deutsch-norwegische Vorhaben U 212CD (Common Design), das ursprünglich bereits 2019 endverhandelt sein sollte, die parlamentarische Hürde nehmen. Im September 2020 hieß es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP, dass die parlamentarische Befassung bis zum Sommer 2021 geplant sei. Voraussetzung ist die Einigung der beiden Marinen mit dem Auftragnehmer Thyssenkrupp Marine Systems. Im vergangenen Herbst wurden Sorgen des Kieler Unternehmens laut, dass die Verhandlungen um Projektdetails die Erteilung eines Auftrags noch vor der Bundestagswahl gefährden könnten. Für die Marine hat das Projekt einen hohen Stellenwert. Für Thyssenkrupp Marine Systems und für Deutschland ist es von industriepolitischer Bedeutung.
Text: Hans-Uwe Mergener; Abbildungen: MTG/BAAINBw
Die neuen Klasse 424 Flottendienstboote scheinen mir auch ein Entwurf von vor 15 Jahren zu sein . Von Stealth Eigenschaften die für Aufklärung von Vorteil wären ist hier nichts zu sehen . Über die Abmessungen steht leider nichts Geschriebenes. Mir erschließt
sich auch nicht warum jeder neuer Schiffsentwurf mit neuen Rumpfproportionen einher gehen muß . Mal 140 m lang mal 150 m lang . Ein ausgereifter Rumpfentwurf gleicher Proportion und Antriebssektionen kann durchaus verschiedene Ausrüstungen tragen.
Hier bei der Klasse 424 die sowieso schon vor 15 Jahren entworfen zu sein scheint hätte man auch den Rumpf und Antrieb der Klasse 130 verwenden können. Das wäre in vielen Ansichten kostengünstiger .
Meines Erachtens wichtig wäre es auch endlich mal ein richtiges Schiff für das Seebataillon zu bauen mit ordentlich Transport und Hubschrauberkapazität ähnlich Landungs und Dockschiffen und sich nicht immer von den Niederländern abhängig zu machen. Deutschland sollte endlich sein Provinzmarinedenken ablegen . In Berlin sitzen leider immer noch zu viele Feiglinge ,die denken Deutschland hätte den Krieg gerade erst verloren
Neben dem unbemannten Hubschrauber für Korvetten (eigentlich eine Drohne) vermisse ich Aussagen zu Fragen der Marineflieger. Wann soll es denn endlich zu einer Beschaffung Nachfolge P 3 kommen, wenn diese bereits heute kaum noch fliegt? Was ist mit einer unbemannten Drohne zur großflächigen Seeraumüberwachung aus der Luft ( zum Beispiel Triton der U.S. Navy)ß