Es geht um ihre Nachfolge - die niederländische Walrus-Klasse. Foto: Royal Netherlands Navy

Es geht um ihre Nachfolge - die niederländische Walrus-Klasse. Foto: Royal Netherlands Navy

Niederlande: Walrus-Nachfolge – Angebotsabfrage ab Mitte November zu erwarten

Nachlesbar seit dem 30. September 2022 auf dem Internetauftritt des niederländischen Verteidigungsministeriums: Mitte November 2022 werde die Angebotsaufforderung (request for quotation) an die drei konkurrierenden Werften versandt. Den Haag erwartet von Damen, Naval Group und tkMS eine Vorlage bis Sommer 2023. Für vier U-Boote – Erwägungen, die Stückzahl zu reduzieren, wurden verworfen.

In einem Brief an die Zweite Kammer des niederländischen Parlaments erläutert Staatssekretär Christophe van der Maat die Vorgehensweise. Bis zum Abschluss der Auswertung werde es einige Zeit dauern. „Das U-Boot ist eines unserer wichtigsten strategischen Waffensysteme. ... Es geht um ein wichtiges Projekt und um viel Geld. Deshalb sind wir bei der Angebotsanfrage kein Risiko eingegangen, um festzulegen, welche Art von U-Booten wir wollen, und wie viel wir bereit sind, dafür zu zahlen. Darüber hinaus möchten wir, dass das Boot bewaffnet werden kann (Anmerkung des Verfassers: Gemeint ist die freie Wahl der Bewaffnung; es soll keine Bindung zwischen Hersteller bzw. -land und der möglichen Waffenausstattung bestehen.), dass die Boote pünktlich geliefert werden, und dass die niederländische Industrie in den Bau und die Wartung einbezogen wird.“

Damit geht das Projekt Walrus-Nachfolge in den Niederlanden in die vorletzte Phase vor einer endgültigen Entscheidung. Nun haben die drei verbleibenden Werften bis zum nächsten Sommer Zeit, ihre Kalkulation auszuarbeiten und vorzulegen. Hernach wird in den Niederlanden noch einige Zeit verstreichen, bevor eine Entscheidung fällt. Also zum Jahresende 2023 oder im Frühjahr 2024.

Nach früheren Verlautbarungen des Ministeriums soll sich das Projekt auf mehr als 2,5 Milliarden Euro belaufen. Medien bezifferten anfänglich mehr als 3,5 Milliarden Euro. Der üblicherweise gut unterrichtete niederländische Blogger Jaime Karremann bemüht "De Telegraaf", der 4,5 Milliarden Euro anführt. Noch sei dieser Betrag nicht bestätigt. DMO, die niederländische Rüstungs- und Beschaffungsagentur, hielte die Projektsumme geheim, um die Verhandlungen nicht zu beeinflussen, so Karremann.

Inwieweit die Sensoren- und Effektorenausstattung eingepreist ist, bleibt eine Frage. Die Niederländische Marine möchte ihre eigene Wahl treffen und keine Bindung zu einem vom zukünftigen Hersteller präferierten Lieferanten eingehen. Ausnahmen bestehen zum Beispiel in der Auslegung des Sonars oder des Führungs- und Waffeneinsatzsystems (CMS – Combat Management System), da dies designbestimmend sein kann. Fest steht, dass die niederländische Marine beim US Torpedo Mk 48 bleiben wird. Über die Flugkörperbewaffnung, angedacht sind Marschflugkörper, ist noch keine Entscheidung getroffen worden.

Ohnehin ist das Projekt schon so eine große Herausforderung. Wie ihre Vorgänger sollen die Walrus-Nachfolger weltweit einsetzbar sein. Dieses Auswahlkriterium ist durch eine ministerielle Vorgabe aus dem Jahre 2019, als sich erste Probleme abzeichneten, soweit abgeschmolzen, dass ‚weltweit‘ nicht mehr gleichlautend ist mit ‚abgestützt auf Den Helder‘. Die Niederlande schluckten die Einschränkung "weltweiter Einsatz bei Abstützung auf eine vorgelagerte Basis" (FOB – Forward Operating Base). Es bleibt für Den Haag - ebenso wie die nunmehr relativierte Multi-Missions-Fähigkeit - dennoch ausschlaggebend.

Der Zeitplan ist ohnehin ins Rutschen geraten. Hieß es früher Vertragsunterzeichnung in 2022, erstes Boot verfügbar 2028 und vollständige Ablösung der aktuellen Walrus-Klasse im Jahr 2031, so sollen die beiden ersten Boote der neuen Walrösser erst zwischen 2034 und 2037 ausgeliefert werden. Im April 2022 gab das Verteidigungsministerium bekannt, dass mit der unausweichlichen Dienstzeitverlängerung der Walrus-Klasse eine Kannibalisierung der beiden ältesten Boote einhergehen werde. Damit könne die Einsatzfähigkeit der beiden übrigen Boote sichergestellt werden.

Europaweite Ausschreibung mit Auflagen zugunsten heimischer Industrie

Den Haag hatte sich für eine europaweite Ausschreibung entlang §346 EUV entschieden. Wobei man der Beteiligung des niederländischen Schiffbauclusters, einschließlich KMU (kleine und mittlere Unternehmen) und Forschungsinstituten, für Planung, Bau und die spätere Wartung große Bedeutung beimessen wollte. Zum Schutz vitaler maritimer Infrastruktur führte die damalige Staatssekretärin Barbara Visser im Dezember 20219 in einem Schreiben an das Parlament aus: „Der niederländische Schiffbau muss die bestmögliche Position in den Lieferketten ausländischer Werften erreichen. Eine gute Position als Zulieferer bietet niederländischen Unternehmen und Wissensinstituten die Möglichkeit, ihre eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern, wovon auch die Verteidigungsorganisation profitiert.“

Die Wettbewerber hatten sich darauf bereits mehr oder weniger eingerichtet. tkMS trat nicht nur mit einem an U212 CD angelehnten Design an. Anspielend auf Silicon Valley wollen die Kieler die Region Den Helder zu einem „U-Boot-Tal“ ausbauen und niederländische Industriebeteiligung sicherstellen. Den Helder soll sich zu einem europäischen Hub für Unterwassertechnologien, angeführt von der niederländischen Marine und der Industrie, entwickeln. 500 direkte und 1500 indirekte Arbeitsplätze sollen in Nordholland entstehen.

Saab-Kockums scheint demgegenüber einen Heimvorteil in der Verbindung mit der niederländischen Damen zu genießen, die in das holländische Schiffbaucluster integriert ist. Im SAAB-Firmenauftritt zur Walrus-Nachfolge empfehlen sich die Schweden mit dem Konsortium SAAB-DAMEN und der Ausrichtung identischer Dreifachhelixen: Beschaffungsbehörden - Forschungs-/Entwicklungsinstitute - Industrie.

SAAB-DAMEN Konsortium. Illustration: SAAB

Naval Group hat sich mit dem örtlichen Schiffbauer Royal IHC (Schwerpunkte sind die Entwicklung und der Bau von Schiffsbaggern und Zubehör für die Offshoreindustrie) zusammengetan. Man geht davon aus, dass das französische Unternehmen das Design der Attack-Klasse, einem modifizierten Baracuda-Entwurf, mit dem sie in Australien bis zum Ausstieg der Australier erfolgreich war, vorlegte.

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