Die Marine tastet sich mit der OPEX-Versuchsreihe an den künftigen Einsatz unbemannter Boote heran. Der „Tamsen Jet“ von Tamsen Maritim und Anschütz demonstriert, was nationale Industrieinitiative leisten kann.
OPEX als Testfeld für maritime Autonomie
Mit der Versuchsreihe Operational Experimentation (OPEX) treibt die Deutsche Marine die Integration unbemannter Überwasserfahrzeuge in ihren Fuhrpark voran. In zwei Kampagnen mit unterschiedlichen Anforderungen und Einsatzprofilen testet sie vorhandene Plattformen und Demonstratoren, um den aktuellen Stand industrieller Fähigkeiten unter realen Einsatzbedingungen zu bewerten. Die Ergebnisse fließen in ihre Fähigkeitsentwicklung ein und sollen sicherstellen, dass kommende Beschaffungen auf zielsicheren Ausschreibungen aufzusetzen.
In der ersten Kampagne im September war der von Tamsen Maritim in Kooperation mit dem Kieler Systemintegrator Anschütz GmbH entwickelte „Tamsen Jet“ beteiligt – eine jetgetriebene Kampfbootplattform vom Typ Combat Boat 90, die in Eigenleistung für Automatisierungs- und C2-Erprobungen modifizierte wurde. Das autonome Navigations-, Führungs- und Missionskontrollsystem AUTONOMICS von Anschütz, das auf verfügbaren, zertifizierten und militärischen Anforderungen entsprechenden Komponenten basiert, wurde dieses Jahr bereits in Zusammenarbeit mit der französischen Werft CMN bei einer Hochgeschwindigkeits-Demo bis zu 50 Knoten vor Cherbourg präsentiert.
Die zweite Kampagne (Herbst 2025) umfasst weitere internationale Systeme, darunter ein Kooperationsentwurf von Fassmer mit ST Engineering aus Singapur.

Mehrrollenfähig und missionsflexibel
In der Aufklärungsmission (ISR/MSA) kann ein „Tamsen Jet“ Küstengewässer, Hafenzufahrten oder offene Seegebiete autonom patrouillieren. Ausgestattet mit einem taktischen Radar, Minenabwehr-Sonar, AIS, Nachtsichtkameras und Drohnensensoren spürt es Eindringlinge, Schmugglerboote oder maritime Gefahrensituationen auf. Mehrere „Tamsen Jet“ Einheiten könnten gemeinsam einen Verband oder ein wertvolles Marineschiff eskortieren und auch asymmetrische Angreifer frühzeitig abfangen. Trotz Automatisierung bleibt die Option auf bemannte Nutzung als Transport für Truppen und Spezialkräfte in der Kabine bestehen.
Leistungsprofil und Testergebnisse
Für den OPEX-Durchlauf galten klare Leistungsanforderungen: Das System musste autonome Betriebsmodi (ferngesteuert/teil-/vollautonom) einschließlich regelkonformer Kollisionsvermeidung beherrschen und sich in eine Leitstellenarchitektur einbinden lassen sowie hohe Fahrleistungen (30+ Knoten, 300 Seemeilen) erbringen.
Der „Tamsen Jet“ legte weite Strecken im autonomen Modus bzw. ferngesteuert zurück, nur das Einsteuern in die Parkbox wurde noch manuell vorgenommen. Modellbedingte Grenzen zeigten sich bei stärkerem Seegang.
Marine im technologischen Wandel – mit deutschem Fingerabdruck
Die OPEX-Versuchsreihen erlauben es der Marine, nationale und internationale Entwicklungen unter vergleichbaren Bedingungen zu bewerten und realistische Anforderungen an künftige Serienplattformen abzuleiten. Für die beteiligte Industrie sind die Tests zugleich eine Gelegenheit, ihre Systeme unter operativen Bedingungen zu verifizieren und sich an den militärischen Anforderungen zu messen.
Ob aus den Demonstratoren künftig Serienplattformen hervorgehen, bleibt offen. Doch die OPEX-Reihen bestätigen, dass die Marine den technologischen Wandel aktiv gestaltet – gemeinsam mit einer Industrie, die bereit ist, Innovationen in Vorleistung zu bringen. Und bereit ist für den Dialog mit der Marine vor dem Wettbewerb.
hum, ajs



