Auswirkungen auf Schifffahrt und Handel – impacts on global shipping markets - Von Prof Dr. Uwe K. Jenisch
Seehandel mit Russland
Die Lieferungen von Öl-. Gas-, Kohle, Getreide und Rohstoffen aus Russland per Schiff entfallen weitgehend, ebenso der Container-, Fähr- und Feederverkehr mit russ. Häfen. Neue Ladungen für und aus Russland werden abgelehnt. Russische Schiffe werden in vielen Häfen der Welt abgewiesen. Pipelines bleiben vorläufig offen. Das nördliche Schwarze Meer einschl. Azowsches Meer sind versicherungsrechtlich „war zone“, womit dort jeglicher Verkehr zum Erliegen kommt. Mindestens 4 Schiffe wurden beschossen. No go area mit AIS spoofing.
Bedeutung der russ. Handelsflotte einschl. Seeleute, Anteile am Handel
- Ladungsanteile am Weltmarkt: Tanker 5,2%, LNG 6%, Bulker 3,7%, Container 3%
- Eigentumsanteile: Tanker 7,4%, LNG 3,5%, Bulker 0,8%
- Anteil an Superyachten: 7-10%, derzeit auf der Flucht.
- Russ. Seeleute: 10,5% von 1,9 Mio. Seeleuten arbeiten weltweit auf 74.000 Seeschiffen (Ukraine 4% Seeleute). Diese Seeleute sind besonders betroffen, da ihre Bezahlung, Heimflüge und Crewwechsel notleidend werden.
- Meerengen: Türkische Meerengen sind für russ. Kriegsschiffe gesperrt (mit Ausnahmen). Straße von Kertsch geschlossen. Der Kiel Canal könnte gesperrt werden, falls erforderlich, da keine internationale Wasserstraße. Dänische Meerengen können derzeit nicht gesperrt werden.
Schiffbau und Werften
Schiffbauaufträge russischer Eigner z. B. bei Werften in Asien können notleidend werden ebenso wie laufende und zukünftige Neubauaufträge für Kriegs- und Handelsschiffe auf russischen Werften. Dazu kommt eine allgemeine Ungewissheit über die weitere Entwicklung des Seehandels und den Bedarf an Transportraum. Beschleunigung des maritimen Wettrüstens.
Seeverkehr/Welthandel allgemein
Der enorme Anstieg der Frachtraten und der Treibstoffpreise (Schweröl und Diesel) verteuert ab sofort alle Güter. Einbruch in der Kreuzfahrt. Flucht von Kapital und Firmen aus Russland. Keine neuen Geschäfte mit Russland. Überdenken des Chinahandels, Störung auch der Seidenstraße(n). Die Ukraine verliert ihre Häfen. Viele Lieferketten sind unterbrochen und erfordern Neuorientierung.
Die Folgen sind starke Verteuerung des internationalen Seeverkehrs und allgemeiner Attentismus. Die Neuorientierung für Energieversorgung und für Rohstoffsicherheit wird dringlich (neue Bezugsmöglichkeiten?) Die Umstellung auf „green econonmy“ und Kampf gegen Klimawandel werden zurückgeworfen. Betroffen sind alle Staaten, besonders seeabhängige Staaten wie China und Deutschland/EU. Chinas Haltung bleibt diffus, obwohl der Staat (eigentlich) ein Interesse an sicheren und ungestörten Handelswegen hat. Die Auswirkungen auf Dritte Welt sind voraussichtlich katastrophal, wenn Nahrungsmittel und Energie deutlich teurer werden. Alle Auswirkungen werden lange Zeit spürbar sein.
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