Nur wenige Staaten verfügen über Hospitalschiffe, trotz der großen Vorteile. Eine Möglichkeit für Deutschland?
Vor 50 Jahren endete der Einsatz der Helgoland in Vietnam. Sie war von 1966 bis 1972 als Hospitalschiff im Vietnamkrieg die deutsche Antwort auf die amerikanische Bitte nach militärischem Beistand. Die Bundesregierung ließ das Seebäderschiff zum Hospitalschiff mit 150 Krankenbetten umrüsten. Das Deutsche Rote Kreuz übernahm die Trägerschaft. Der erste Auftrag der Helgoland führte sie nach Saigon, anschließend wird sie ins nördlicher gelegene Da Nang verlegt. Der damals wichtige Stützpunkt der US Army mit seinen 350 000 Einwohnern verfügte da gerade einmal über 500 Krankenhausbetten für die Bevölkerung. Ungefähr 12 000 Menschen wurden stationär behandelt, hinzu kamen 70 000 Erst- und 130 000 Mehrfachkonsultationen in der Ambulanz. Es wurden rund 56 000 Röntgenaufnahmen gemacht, fast 11 000 Operationen durchgeführt und ebensoviele Vollblutkonserven eingesetzt.
Der Begriff Hospitalschiff geht auf den Orden des Heiligen Johannes von Jerusalem zurück, der 1523 mit der Santa Maria ein Truppentransportschiff stiftete, das als Lazarett dienen sollte. Ende des Jahres 1608 begleitete die als Lazarettschiff registrierte HMS Goodwill kurzzeitig ein Geschwader der Royal Navy ins Mittelmeer. Sie diente damals eher dem Transport von Verwundeten in den nächsten Hafen als deren medizinischer Versorgung. Im Ersten Weltkrieg fuhren über 90 Hospitalschiffe in der Royal Navy.
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Ich halte die Diskussion über eine Hospitalkomponente für sinnvoll – nicht zwingend als Fähigkeit der Deutschen Marine, aber als maritimes Mittel im Werkzeugkasten der europäischen (!) maritimen Sicherheitsstrategie.
Die Amerikaner machen es uns wieder mal vor, mit dem „Fast Expeditionary Hospital Ship“ (derer zwei sollen beschafft werden) hier kleiner, neuer, agiler zu denken. Nicht mehr Massenanfall von Verletzten, sondern konzentrierte Wirkung und Linderung als Thema.
https://www.thedrive.com/the-war-zone/the-navys-first-medical-ship-in-35-years-will-be-unlike-any-before-it
Denn, ein Nebeneffekt der sich veränderten Weltlage und der schrumpfenden (US-)Flotten: Es stehen auch weniger Plattformen als schwimmende Hospitäler oder Lehrsäle zur Verfügung, so wie es das Global Partnership Station – Konzept der späten 2000er vorschlug!
Das Thema Hospitalschiff zieht in Deutschland gern die Aufmerksamkeit von Marineexperten auf sich. Die Forderung, die deutsche Marine brauche so ein Schiff, steht immer wieder im Raum. Ist es nicht in der Tat so, dass es Deutschland, und damit auch der EU, gut zu Gesicht steht, eine solche humanitäre Kapazität zu besitzen ganz im Sinne der Ausrichtung als Friedensmacht?
Als Beispiele werden gern die U.S.-Schiffe „Mercy“ und „Comfort“ angeführt, wobei übersehen wird, dass es die Hauptaufgabe dieser Schiffe ist, verwundete U.S.-Soldaten bei Einsätzen in Übersee zu versorgen. Erst danach stehen sie für humanitäre Einsätze zur Verfügung.
Damit stellen sich zwei Fragen. Erstens ist zu prüfen, ob die Bundeswehr in den angenommenen Kriegsszenarien eine solche schwimmende Verwundetenversorgung braucht. Sollte das nicht der Fall sein, stellt sich die Frage, ob Deutschland dessen ungeachtet diese Fähigkeit für zivile Katastrophen unterhalten sollte.
Die erste Frage wird man eindeutig verneinen dürfen. Große Einsätze in Übersee gehören noch weniger als in den vergangenen 25 Jahren zu den wahrscheinlichen Aufgaben der Bundeswehr. Der größte Anfall von Verwundeten dürfte im europäischen Landkrieg zu erwarten sein, und da sind die bereits in der Überlegung befindlichen Lazarettzüge sehr viel geeigneter.
Bleibt also die Frage, ob Deutschland trotzdem ein Hospitalschiff unterhalten sollte. Das kann durchaus ein gutes Mittel sein, politischen Goodwill zu zeigen. Deshalb ist es eine politische Entscheidung, ob man den Aufwand betreiben möchte. Wenn ein solches Schiff allerdings nicht vorrangig einen militärischen Auftrag hat, sollte es auch nicht Teil der Bundeswehr sein. Das gilt besonders vor dem Hintergrund der angespannten Personallage nicht nur in der Marine, sondern auch im Sanitätsdienst und nicht zuletzt im Beschaffungswesen.
Gerade angesichts der Konzentration aller Kräfte der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung sollte sie nicht mit dem aus der Beschaffung und dem Betrieb eines solchen Schiffes verbundenen Aufwand belastet werden.