USA genehmigen Verkauf von SM-6/SM-2
Das US-Außenministerium hat im Rahmen seiner Foreign Military Sales (FMS) eine mögliche Ausfuhr von bis zu 173 „SM-6 Block I“ und 577 „SM-2 Block IIIC“ im Wert von bis zu 3,5 Milliarden US-Dollar an Deutschland genehmigt und wie im Arms Export Control Act vorgesehen dem Kongress zur Prüfung vorgelegt. Das Paket beinhaltet auch die Vertikalstart-Kanister, technische Dokumentation, Schulungs- und Logistik-Unterstützung. Die Defense Security Cooperation Agency (DSCA) veröffentlichte hierzu am 14. November eine Mitteilung.
Die Flugkörper sind als Bewaffnung für die sechs Fregatten der zukünftigen F127-Klasse vorgesehen, die Mitte bis Ende der 2030er Jahre als Nachfolgerin der F124 Sachsen-Klasse zulaufen soll.
Die Fregatten F127 sind gemäß Zielbild Marine 2035+ die Hauptträger der Air- & Missile-Defence-Fähigkeit (A&MD) der Deutschen Marine und sollen mit dem Multifunktionsradar AN/SPY-6(V)1 von RTX (ehemals Raytheon Missiles & Defense) und dem Führungs- und Waffeneinsatzsystem (FüWES) CMS 330 ausgestattet werden. CMS 330 nutzt die Systemarchitektur von Aegis, wird jedoch vollständig bei Lockheed Martin Canada entwickelt und produziert.
In der Verbindung von AN/SPY-6(V)1 und den SM-6/SM-2-Flugkörpern entsteht ein Sensor-Effektor-Verbund, mit dem Flugziele in unterschiedlichen Höhen- und Geschwindigkeitsbereichen gleichzeitig erkannt, verfolgt und bekämpft werden können.

Beschaffungssicherheit und Souveränität
Die Auswahl der außereuropäisch hergestellten Kernkomponenten FüWES und Flugkörper legt ein Spannungsfeld offen: Gesicherter Zugewinn benötigter Fähigkeiten versus technisch-logistische Abhängigkeiten.
Europa verfügt mit ASTER 30 und der neueren Version SAMP/T NG (Sol-Air Moyenne-Portée/Terrestre - Nouvelle Génération, Frankreich/Italien) zwar über moderne Boden-Luft-Effektoren, aber derzeit über keine maritime Mehrzweck-Waffe mit tatsächlicher BMD-Fähigkeit (Ballistic Missile Defence).
Derzeit sucht man in Brüssel zwar über EDIP (European Defence Industry Programme), über „Buy-European-Regeln“, oder das „White Paper on Defence 2026“ nach einem Mehr an europäischen Lösungen – spricht sogar über einen europäischen Raketenabwehrverbund –, aber da liegt wenig Verfügbares auf dem Tisch.
Mit SM-6/SM-2 wird Deutschland – und damit Europa – eine dringend benötigte, robuste Fähigkeit erhalten, deren technologische Wurzeln allerdings in Nordamerika liegen, wo dann zukünftig Deutsches Geld in die wertschöpfenden System-Entwicklungen investiert wird. Die Folge sind langfristige technische und logistische Abhängigkeiten von kanadischen und US-amerikanischen Zulieferketten und Exportkontrollregimen, sowie nicht abgestimmten System-Aufdatierungszyklen.

Die Deutsche Marine hat solche Abhängigkeiten in der Vergangenheit pragmatisch handhaben können. Angesichts verschärfter geopolitischer Rahmenbedingungen präsentieren sich diese heute jedoch in einem „kälteren“ Licht.
Leider setzt sich mit dem aktuellen Kurs eher die Linie Europas als Premium-Kunde durch, als die des Architekten der eigenen Schlüsseltechnologien.
Die Wertschöpfung bei der F127 konzentriert sich in Deutschland vor allem auf den Plattformbau. Europäische Marken wie MBDA, Hensoldt, oder Indra spielen im Effektor- und Sensor-Bereich keine tragende Rolle – ein deutlicher Fingerzeig in Richtung industriepolitischer Untiefen wie ausbleibende Investitionen, bürokratischer Lieferkettenschutz und europäische Autarkie-Debatten.
Fazit
Deutschland erwirbt mit SM-6/SM-2 eine militärisch notwendige Fähigkeit. Während die F127-Klasse in der NATO eine Fähigkeitslücke bei A&MD schließt, wächst die technologische Bindung an Nordamerika. Auf der Suche Europas nach Kernfähigkeiten in eigener Gestaltungshoheit hätte vielleicht ein über EDIP/EDF budgetiertes A&MD-Gemeinschaftsprojekt ein erstes Signal setzen können – wofür allerdings mehrere Entscheider zwischen Stockholm und La Valetta über ihre Schatten springen müssten.
hum/ajs



