Anlandung von Hilfsgütern über die Schwimmpier port-Gaza. Foto: US-Navy/A.Cohen

US-Schwimmpier vor Gaza wird abgebaut

Die USA sprechen von einem großen Erfolg – Hilfsorganisationen bezeichnen jedoch "Port Gaza" als ein "230-Millionen-Dollar-Versagen"! Und warum wird diese Pier dann jetzt wieder zerlegt und abgezogen?

Vizeadmiral Brad Cooper, Stellvertretender Befehlshaber des United States Central Command (Tampa/Florida), spricht von der amerikanischen Anlegestelle vor Gaza in den höchsten Tönen und lobt ihre Leistungsfähigkeit: Ein Volumen von 9.000 Tonnen Hilfsgütern sei über diese Pier umgeschlagen worden, entsprechend etwa 425 voll beladenen Sattelzügen. Natürlich musste die Schwimmpier wegen der durch schlechte Wetterverhältnisse verursachten Schäden gelegentlich gesperrt oder auch repariert werden und sei dadurch zeitweise ausgefallen. Jetzt aber sei diese maritime Mission erfolgreich beendet, denn "es gebe nun keine Notwendigkeit mehr für diese Pier"!

Das lässt aufmerken, denn an kaum einer anderen Stelle der Welt ist die Not der Menschen augenblicklich größer als in der Zivilbevölkerung des Gazastreifens!

Satellitenbild Port-Gaza. Foto: US-Navy/PD

Satellitenbild Port-Gaza. Foto: US-Navy/PD

Warum die Kehrtwende?

Eine kurze Rechnung legt die Wunde offen: Bei 230 Millionen Dollar Gesamtkosten entfallen auf die umgeschlagene Tonne Hilfsgüter ziemlich genau 25.000 Dollar Zusatzkosten – oder anders gerechnet wären das bei 25 Tagen tatsächlichem Betrieb der Pier auch wiederum ziemlich genau eine Million Dollar Kosten pro genutztem Tag! Obendrein waren nach vorliegenden Angaben von den 25 Tagen wegen Sicherheitsbedenken seitens der Hilfsorganisationen auch nur die Hälfte dieser Tage effektiv nutzbar. Kann man das ernsthaft als Erfolg bezeichnen?

Es liegen in der Redaktion keine Angaben zu Kosten anderer Verfahren der Hilfsversorgung vor, aber das Air-Drop-Verfahren von Paletten dürfte dagegen ein Schnäppchen gewesen sein. Folgerichtig wird der Seeweg der Hilfsgüter nun über den südisraelischen Hafen Ashdod mit ausreichenden Pieranlagen verlagert – die Hilfsgüter müssen ohnehin mehrfach israelische Kontrollen durchlaufen, bevor sie in den Gazastreifen hineingelassen werden.

Mal anders betrachtet

Internationale Hilfsorganisationen machen aber noch eine ganz andere Rechnung auf, denn die Hilfslieferungen kommen oftmals nicht bei den bedürftigen Menschen an, weil die Konvois auf ihrem Weg bei nicht existenter öffentlicher Ordnung von der Hamas und anderen bewaffneten Gruppen geplündert werden.

Insgesamt betrachtet funktionieren derzeit von den vier Grenzübergängen nur West-Erez (Nord) und Kerem Shalom (Südost) – die beiden weiteren Zugänge Erez im Norden und Rafah im Süden sind geschlossen, so die Neue Züricher Zeitung. Die nördlichen Zugänge waren ohnehin nie für den Gütertransport vorgesehen – entsprechend mager sei dort das Kontroll- und Passagevolumen. Während im Süden eine Verteilung von Hilfsgütern an die Bevölkerung als schwierig bezeichnet wird, sei sie im Norden des Gazastreifens nahezu inexistent.

Humanitärer Bankrott

Als Gradmesser der Katastrophe mag auch folgende Angabe dienen (israelische Regierungsbehörde Cogat): Während der bisherigen neun Monate Krieg erreichten etwa 41.000 LKW den Gazastreifen – in den neun Monaten vor dem Krieg sollen es doppelt so viele gewesen sein – und auch damals herrschten bereits prekäre Zustände, aber es waren noch relativ sehr ruhige Zeiten, und es gab noch keine wirkliche Notlage!

A good try – aber kein Versagen

Die grundlegenden Probleme der unzureichenden Hilfslieferungen und der schwierigen Verteilung konnte die amerikanische Schwimmpier an der Küste von Gaza in dem heute immer noch bestehenden Kriegszustand nicht lösen. Auch die Verlagerung des Umschlags nach Ashdod lässt wegen der Nadelöhre Erez und West-Erez als kaum belastbare Grenzübergänge wenig Hoffnung aufkommen. Aber der Versuch der USA war ein respektabler und bei Weitem kein Versagen – und das sollte man sehr wohl auch honorieren! Eine vermeintlich menschenverachtende Aufrechnung "Dollar-pro-Tonne" muss zulässig sein – um den Weg frei zu machen für bessere Lösungen! Es hätte ja auch alles schon beendet sein können . . .

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