Vor einigen Wochen war man sich noch spinnefeind, nun geht es wieder herzlicher zu. Als der britische Zerstörer HMS Defender Ende Juni die küstennahen Gewässer vor der Krim im Schwarzen Meer durquerte, forderten russische Soldaten das Schiff mit einigem Nachdruck und wenig freundlichen Worten zum Verlassen des von Putin beanspruchten Seegebiets auf.
In der Barentssee hingegen zeigte sich nun die russische Marine von ihrer kameradschaftlichen Seite. Dort ging das britische Vermessungs- und Aufklärungsschiff HMS Echo seinen Arbeiten nach, als der Raketenkreuzer Marschall Ustinow (zufällig?) vorbeischaute. Statt Ermahnungen oder Drohungen gab es diesmal jedoch eine Gratulation zum Jubiläum.
Anlass war der 80. Jahrestag des Eintreffens eines ersten alliierten Hilfskonvois in der russischen Hafenstadt Archangelsk. Die sechs britischen und niederländischen Frachter wurden damals von Kriegsschiffen der Royal Navy vor Angriffen der deutschen Kriegsmarine geschützt. Die Operation Derwisch getaufte Aktion war der Auftakt zu weiteren 41 Transporten dieser Art in den folgenden vier Jahren. Mit den Lieferungen wurde die Sowjetunion auch beim Aufbau einer zweiten Front im Kampf gegen Nazi-Deutschland unterstützt.
In englischer und russischer Sprache übermittelte der Kommandant des Kreuzers seine Worte: „Die Matrosen der Nordflotte erinnern sich an die Opfer, die unsere Verbündeten im Kampf gegen den gemeinsamen Feind erlitten haben und trauern um sie.“ Auch die Echo war nicht zufällig vor Ort. Aufgestoppt lag sie an der Stelle, wo am 2. Mai 1942 der Kleine Kreuzer Edinburgh nach mehreren Torpedotreffern von U 456 und Artilleriefeuer des Zerstörers Z 7 aufgegeben und versenkt werden musste.
Bevor der russische Kreuzer sich wieder entfernte, bedankte sich der Kommandant der Echo. Die Erinnerung an eine gemeinsame Vergangenheit wiegt also immer noch schwerer als aktuelle Dispute.
Text: mb; Fotos: MoD Russland, Royal Navy/Crown Copyright
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