Marsec-USV Singapur. Foto: DSTA

Marsec-USV Singapur. Foto: DSTA

Zeitenwende: Singapurs unbemannte Überwachung auf See

Als Ergebnis seiner Bemühungen um maritime Sicherheit vor der Haustür und eines jahrelangen Entwicklungsprozesses patrouilliert die singapurische Marine (RSN – Republic of Singapore Navy) seit Januar 2025 die strategisch wichtige Meerenge mit neuen unbemannten Überwasserdrohnen (USV).

Die USV können Patrouillen durchführen, verdächtige Schiffe überwachen und bei Bedarf Maßnahmen ergreifen – alles in einer der weltweit meistbefahrenen Wasserstraßen. Die Singapur-Straße wird täglich von etwa 1.000 Schiffen passiert – das erfordert eine kontinuierliche Überwachung. Durch den Einsatz von USV kann die RSN ihre bemannten Schiffe für komplexere Missionen im Küstenvorfeld und darüber hinaus freistellen.

Marsec-USV Singapur. Foto: Screenshot www.dsta.gov.sg

Ausrüstung

Ausgestattet mit moderner Technologie, darunter Navigationsradare, elektro-optische Sensoren und einen speziell entwickelten Kollisionsvermeidungs-Algorithmus (CDCA – Collision Detection and Collision Avoidance), setzen sie neue Maßstäbe in der autonomen Schifffahrt. Offiziell als USV MARSEC (Maritime Security) bezeichnet, wurden die Drohnen von der Defense Science and Technology Agency (DSTA) und der Defense Science Organisation (DSO) des Stadtstaates entwickelt. Die unbemannten Fahrzeuge zeichnen sich durch ihre kompakte Bauweise aus: Mit einer Länge von 16,9 Metern, einer Breite von 5,2 Metern und einem Verdrängungsgewicht von etwa 30 Tonnen überzeugen sie durch Wendigkeit und Robustheit. Eine Höchstgeschwindigkeit von über 25 Knoten und eine Einsatzdauer von 36 Stunden ermöglichen es den Drohnen, auch in einem dichten und dynamischen Schiffsverkehr eigenständig zu operieren. Von einem zentralen Kommando an Land aus werden sie präzise gesteuert, wobei ein spezielles Missionsvorbereitungssystem die schnelle Planung von Patrouillenprofilen und die Verfolgung von Zielschiffen erlaubt.

Die USV nutzen ein autonomes Navigationssystem, das traditionelle maritime Sensoren wie Radare und das automatische Identifikationssystem (AIS) mit neuesten Algorithmen kombiniert. Diese Technologie gewährleistet, dass die Steuerung der Drohnen den internationalen Vorschriften für die Vermeidung von Zusammenstößen auf See entsprechen. Um flexibel auf potenzielle Bedrohungen reagieren zu können, sind sie mit einer ferngesteuerten 12,7-mm-Maschinengewehrstation, einem Ultraschallsystem (LRAD) sowie Licht- und Sirenensystemen ausgestattet.

Autonom, ausdauernd, und auch noch clever

Die Überwasserdrohne MARSEC-USV kann mit nur zwei Mann Besatzung betrieben werden. Sie ist in der Lage, autonom zu navigieren, während die operativen Systeme, z. B. akustische Warnungen, ferngesteuert werden. Das Design der Unmanned Systems Mission Control  ermöglicht den Bedienern eine schnelle Planung und Ausführung von Patrouillenprofilen, die Verfolgung von auffälligen Schiffen auf See sowie deren Fernwarnung, -abfrage und -untersuchung (visuell). Die Einbindung Künstlicher Intelligenz über das Einsatzzentrum bietet weiteres Entwicklungspotenzial.

Ein wesentlicher Teil der Entwicklung war die umfangreiche Verifizierung und Validierung der Systeme. Nach Angaben des singapurischen Verteidigungsministeriums wurde der CDCA-Algorithmus in Simulationen über 12 Millionen Kilometer getestet, um seine Zuverlässigkeit zu gewährleisten. Zusätzlich wurden über 1.000 Stunden autonome Operationen in realen Bedingungen durchgeführt, ohne menschliches Eingreifen.

Marsec-USV Singapur. Foto: DSTA

Marsec-USV Singapur. Foto: DSTA

Internationale Experten aus verschiedenen Ländern berieten bei den Verifizierungs- und Validierungsverfahren, damit der CDCA-Algorithmus auch internationalen Standards entspricht. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen künftig auch zur Weiterentwicklung anderer unbemannter Plattformen beitragen – etwa in der Luft- und Unterwassertechnik. Die Kombination aus Robotik und KI eröffnet neue Perspektiven bei der frühzeitigen Erkennung von Bedrohungen, was in geopolitisch sensiblen Regionen von enormer Bedeutung ist.

Paradebeispiel modernes Einsatzmittel See

Das MARSEC-USV ist ein Paradebeispiel moderner maritimer Technologie. Seine Entwicklung, Systemintegration und Erprobung belegen, wie innovative Algorithmen, moderne Sensortechnik und globale Kooperationen zusammenwirken, um insbesondere asymmetrische Herausforderungen der maritimen Umgebung zu meistern. Diese Drohnen leisten einen gewichtigen Beitrag, um Risiken zu minimieren und die Effektivität der maritimen Überwachung zu erhöhen. Für Singapur in seiner geografischen Lage als entscheidender Knotenpunkt des globalen Handels bedeuten diese USV einen erheblichen Zugewinn an Sicherheit.

Jeder Schattentanker in der Ostsee sollte so einen "Kumpel" haben! Wir sollten einen Deal machen – gegen deutsche U-Boote!

Nachtrag vom 31.03.2025 durch den Redakteur:

Aufgrund einiger Nachfragen aus dem Leserkreis zur letzten Anmerkung des Beitrags hier nun eine Klarstellung.

Der Stadtstaat Singapur hat in Deutschland für seine Marine bei tkMS (ThyssenKrupp Marine Systems, Kiel) vier der weltweit neuesten U-Boote bauen lassen – weil unsere Industrie das nun mal richtig gut kann. Was wir nicht so gut hinkriegen, das sind schnelle technische Neuerungen umzusetzen in brauchbare Gerätschaften! Wie zum Beispiel so eine unbemannte Plattform mit zusammengeschusterten Sensoren und pfiffigen Programmen verpackt in eine Plastikhülle und ausprobiert, bis es funktioniert.
Das Bauprogramm der singapurischen U-Boote Typ 218SG beläuft sich auf mehrere Milliarden Euro – da sollte es nicht weit her sein, aufeinander zu zu gehen und zu sagen: Wir können dies – ihr könnt das; wir zeigen euch, wie unsere U-Boote funktionieren, und ihr zeigt uns, wie eure USV laufen; ihr kauft unsere – wir würden gerne eure kaufen. Wäre doch wirklich keine große Sache. Denn brauchen werden wir sie allemal, ob in der Deutschen Bucht oder in der Ostsee. Und was sind schon ein paar Hunderttausend im Vergleich zu mehreren Milliarden Euro. Die Rechnung würde sogar auf einen Bierdeckel passen.
Und da nun mal jeder zur russischen Schattenflotte zählende Tanker oder Frachter in unseren Gewässern zweifelsfrei ein Risiko für unsere kritische Infrastruktur darstellt, sollte eigentlich jeder einzelne eng begleitet werden – wenn es nicht zu aufwändig wäre, Küstenschutz, Bundespolizei und letztendlich auch die Marine ständig mit dieser Aufgabe zu betrauen. Da wären diese USV "made in Singapur" schon recht hilfreich. Ich hätte da durchaus einige Ideen!
So war das gemeint.
Mittlerweile haben wir aber in Westeuropa und gerade auch in Deutschland nach eigenen Konzepten autonom navigierende und erfassende Systeme entwickelt, die an das singapurische USV heranreichen. Nur mit dem frühzeitigen politischen Willen und der finanziellen Entscheidung haben wir uns bisher etwas schwer getan – aber da sollte sich in der nächsten Zeit einiges bewegen!
Redaktion marineforum

14. März 2025 | 0 Kommentare

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