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Alles Gute zum Geburtstag

Am 14. Juni 1848 entschied die Nationalversammlung in der Paulskirche zu Frankfurt am Main die Gründung einer gesamtdeutschen Marine. Dies geschah zum Schutz der deutschen Handelsflotte und war mit dem Schleswig-Holsteinischen Krieg gegen Dänemark wohlbegründet. Damit gilt die Deutsche Marine als die älteste Teilstreitkraft der Bundeswehr. Feiern wird man es in Berlin, Rostock und Hamburg, allerdings diesmal nicht wie 2008 in der ehrwürdigen Frankfurter Paulskirche. Der damals im Mittelpunkt stehende Schutz der Seewege und die damit verbundene Landesverteidigung haben heute wieder frappierende Aktualität.

Auch eine Rüstungsplanung mit den USA im Jahr 1849 ist eine bemerkenswerte Analogie. Und schmunzelnd nimmt man zur Kenntnis, dass das Ziel, sechs Millionen Taler für den Aufbau der Marine bereitzustellen, nie erreicht wurde und nur Küstenländer einen Beitrag leisten wollten. Nein, der eigentliche Grund zum Feiern ist, dass es die demokratische Entscheidung eines Parlamentes war, und dass nicht nur die seewärtige Präsenz, sondern die Wehrhaftigkeit an sich eine gesamtdeutsche Einsicht gewesen ist. Das ist die Botschaft für die zunehmend sicherheitspolitisch interessierte deutsche Öffentlichkeit. Streitkräfte unter parlamentarischer Kontrolle sind erfolgreich, wenn sie mandatiert und gewollt sind. Dies feiern wir, denn Alter allein ist kein Verdienst. Auch dass die Geschichte wahrlich nicht bruchfrei verlief, ist ein weiterer Beweis für die Traditionsfähigkeit des Jahres 1848. Was gibt uns mit einer relativ jungen Marine also das Selbstbewusstsein, groß zu feiern, während die Schweden letztes Jahr ihre 500-Jahr-Feier völlig unprätentiös begingen?

Mit Blick auf die die ersten Fregatten, die der amerikanische Präsident James Monroe 1784 für die US Navy orderte, oder den in der Tiefe der Geschichte nur schwer verortbaren Gründungstagen der Royal Navy haben wir kein vergleichbares Kontinuum. Schon gar kein demokratisches, denn erst mit unserer heutigen Marine haben wir eine legitimierte Exekutive der deutschen Außen und Sicherheitspolitik – die mittlerweile länger als jede andere deutsche Marine vor ihr existiert. Wenn auch die Gründungsideen von 1848 und 1956 historische Ähnlichkeiten aufweisen, einen gekünstelten Geburtstag haben wir nicht nötig. Seit Anbeginn steht die heutige Marine für internationale Präsenzaufgaben und seit 1990 zudem für bewaffnete Einsätze, auch wenn nicht jeder dieses Jahresdatum wahrhaben will. Einsätze in der Adria 1992, Somalia 1994, die Präsenz am Horn von Afrika gegen internationalen Terrorismus und Piraterie, ferner Stabilisierung vor dem Libanon, Schleuserbekämpfung vor Libyen und ganz aktuell sogar Landoperationen auf dem afrikanischen Kontinent werden seit Jahrzehnten bewältigt. Unter parlamentarischer Kontrolle, mit den Alliierten, mit UN-Mandat und selten als Teilstreitkraft allein, sondern im Zusammenwirken aller Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche der Bundeswehr.  Die Marine hat sich weiterentwickelt, ihr Image wird nicht mehr von maritimer Folklore, sondern von der Nutzung moderner Medien bis hin zu einer zeitgemäßen Kommunikationskultur bestimmt. Nicht mehr die ohnehin überbewertete Romantik der Seefahrt, sondern Einsatzfähigkeit und Attraktivität als Arbeitgeber stehen im Fokus.

Die Marine hat einige Einbrüche hinnehmen müssen – sinnbildlich steht dafür die Aussetzung der Wehrpflicht. Sicherlich traf dies alle Teilstreitkräfte, aber die kleinste von ihnen musste mit ihrer regionalen Abhängigkeit und dem integrierten Einsatz der Rekruten ganz besonders leiden. Und die Marine musste in den letzten Jahren mehrfach hinnehmen, dass „streitkräfteübergreifend“ durchaus mit Übergriffen zu tun hatte und viel Geliebtes und Bewährtes abzugeben war. Externe Einflüsse verursachten in der Marine mit dem Fluch der kleinen Zahl oft Verdruss – und das nicht nur bei Instandsetzungsvorhaben. Trotz Arbeitszeitverordnungen, die das Leben an Bord völlig neu definierten, geplatzten Rüstungsprojekten, Fachkräftemangel oder enttäuschenden Haushaltsbeschränkungen: Die Marine wurde und wird gebraucht, sie findet Gehör in der Politik und hat strategisches Gewicht. Und sie macht aus dem, was sie hat, das Beste zur Erfüllung ihres Auftrags. Jüngst bewiesen hat dies der ungeplante Evakuierungseinsatz des Einsatzgruppenversorgers Bonn: flexibel und schnell vor Ort, medial unauffällig und professionell. Dass die Bonn es am Ende nicht in die Schlagzeilen schaffte, war ein Glück für die Evakuierten. Mission erfüllt, ohne Tamtam. Oder wie es der Bundespräsident mit Blick auf die Seestraßenordnung einmal sagte: leuchten, ohne zu blenden. In diesem Sinne, liebe Bundesrepublik Deutschland: Herzlichen Glückwunsch zu dieser Marine!

Holger Schlüter

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